Spieltag 28 von 34 - und man fühlt sich wie im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Das Heimspiel gegen Mainz 05 bot all das, was uns in dieser Saison immer wieder hin- und herreißt. Eine überlegene erste Halbzeit, die zu den besten dieses Spieljahres zählt. Eine zweite Halbzeit, die den schlechtesten noch keine Konkurrenz macht, aber auch nicht allzuweit davon weg war.
Die ersten 45 Minuten knüpften nahtlos an die jüngsten mutigen Auftritte an, wo nicht nur die Physis gegen körperbetonte Gegner stimmte, sondern auch der Spielwitz zurück im Team schien. Zwar gab es außer dem Führungstreffer zum Zunge schnalzen nur wenige Angriffe, die wirklich zu Ende gespielt werden konnten. Aber die schnellen, variablen, vertikal und direkt platzierten Anspiele machten Mainz große Probleme, sodass diese sich nur durch Fouls in fast jedem Zweikampf und lang geschlagene Bälle zu helfen wussten.
Einziges Manko wieder einmal: Zur Halbzeit stand nur eine knappe 1:0-Führung.
Dann geschah das, was auch schon diverse Male in dieser Saison zu beobachten war. Der Gegner analysierte in der Pause seine Fehler, stellte taktisch um, griff früher und aggressiver an, und er wechselte (mit Burkardt und Lee) technisch versiertere Spielertypen ein. Bei Borussia geschah sichtbar: nichts dergleichen. Und so bestimmte der Gast vom Wiederanpfiff an den Takt des Spiels, übernahm die Kontrolle, ließ die Gladbacher Offensive ins Leere laufen und kam selbst zu einer Reihe von Chancen, sodass ein Mainzer Sieg am Ende alles andere als unverdient gewesen wäre.
Die Gladbacher Saison "in a nutshell" also. Wir sahen die strahlenden Seiten und die, die das Team von Adi Hütter überhaupt erst in die prekäre Tabellensituation geführt haben. Das ist keine gute Nachricht. Denn auch wenn heute eine Reihe Stammelf-Anwärter gefehlt haben: Weder war ein Fortschritt in der Stressresistenz gegen einen plötzlich 30 Meter weiter vorn angreifenden Gegner zu sehen. Noch war das Coaching in der zweiten Halbzeit geeignet, den Glauben an die Lösungskompetenz des Trainerteams zu steigern.
Es war natürlich ein nachvollziehbarer Wechsel, Lars Stindl nach seiner langen Pause nach einer Stunde vom Feld zu nehmen, zumal er sichtlich pumpte. Den jungen kombinationsstarken Conor Noß auf dessen Position endlich mal zu bringen, war in der Theorie auch ein guter Zug. Doch da es die gesamte Mannschaft in keiner Phase des Spiels mehr verstand, einen klar strukturierten Angriff aufzubauen, versandeten auch die Stärken des jungen Iren völlig. Warum ein Christoph Kramer wieder erst in der 80. Minute ins Spiel kam, lange nachdem Borussia angefangen hatte, um ein Gegentor zu betteln (und dies schließlich auch erfolgreich), erschließt sich mir leider auch nicht.
Angesichts der heutigen 90 Minuten zeigt sich einmal mehr, dass man die Verbesserungen in den vergangenen Spielen richtig einordnen muss und es weiterhin keinerlei Grund für irgendwelche übertriebene Hoffnungen gibt. Denn so wie Embolo und Co. für ein paar Minuten vorne die Sterne zum Himmel spielen könnten, so schnell kann das ganze Kontrukt auch wieder wie ein Soufflé in sich zusammenfallen.
Und aus dieser plötzlich auftretenden Schwäche kann sich die Mannschaft selbst nur selten wieder befreien. Und das Trainerteam offensichtlich auch nicht. Also liegt es wie heute an Weltklasse-, nein Universumsklasse-Paraden von Yann Sommer, wie ein solches Licht-und-Schatten-Spiel ausgeht.
Mit dem Spiel von heute wird auch klar, wie gut es war, dass das Bochum-Spiel nicht über die volle Distanz ging - so klar die Führung in dem Becherwurfmoment auch wirkte. Und wie gut es war, dass in dieser Saisonphase dann doch eher die Teams mit dem VfL die Klingen kreuzten, die nicht so effektiv waren oder nicht in der Lage, die Defensive Borussias mehr zu beschäftigen.
Der Spielausgang war auch heute nicht vom Schiedsrichter beeinflusst. Dennoch empfand ich die Leistung von Daniel Schlager oder besser gesagt seine ungleiche und oft einfach falsche Zweikampfbewertung - wieder einmal - als unterirdisch. Gerade in der ersten Halbzeit, als die Mainzer eigentlich in jedem Zweikampf zum Foul gezwungen waren, war das eine Katastrophe. Gerade in solch nickligen Spielen braucht es Unparteiische, die nicht möglichst viel laufenlassen wollen, sondern eine klare Linie haben. Die hatte Schlager zu keiner Zeit. Anfangs verteilte er Verwarnungen für das erste Allerweltsfoul, in der zweiten Halbzeit blieb der Karton auch in den hitzigsten Situationen stecken. Es ist in der Bundesliga inzwischen manchmal anstrengender, die Aktionen des Referees zu ertragen als das Gepöhle der beiden Mannschaften. Das kann es doch auch nicht sein.
Für Borussia ist der Punkt am Ende ein gewonnener, was den Ärger nach der guten ersten Hälfte natürlich nicht mildert. Aber es war auch zu sehen, wie es gehen kann. Wenn die Mannschaft von Adi Hütter konzentriert bleibt, aktiv und aggressiv den Gegner anläft und zu Fehlern zwingt, steht sie in der Dreierkette inzwischen deutlich stabiler und findet auch immer öfter zu ihrer Selbstverständlichkeit im schnellen Spiel nach vorne.
Doch sobald sich das Geschehen mit mehr Gegnerdruck stärker in die Gladbacher Hälfte verlagert, gibt es den Rückfall in die schlechten alten Zeiten. Gutes Beispiel war der völlig überflüssige Befreiungs-Fehlpass von Stevie Lainer, den er überhastet und unkonzentriert genau in die Füße eines Mainzers schoss.
In der Wiederholung der Szene von der Hintertorkamera sieht man genau, dass seine Mitspieler in dem Moment "abschalten" und sich entspannen, weil sie (zurecht) glauben, dass der Ball ja weit aus der Gefahrenzone geschlagen wird und möglicherweise eine Kontersituation entstehen kann. Doch dieser kleine Moment der Unaufmerksamkeit reichte den Gästen aus, ihren klasse durchgezogenen Spielzug zum 1:1 abzuschließen.
Nicht, dass das der erste Fehler im Spiel gewesen wäre. Aber es war einer der vermeidbarsten und der ärgerlichsten. Und mit der Fähigkeit, solche Situationen zu erkennen und solche Fehler abzustellen, steht und fällt das Gladbacher Spiel und ergo das Abschneiden am Ende der Saison. Es gibt Fortschritt, auch heute gab es die. Aber es gibt eben auch noch genug, bei dem uns das Murmeltier freundlich lächelnd grüßt. Und das von außen zu verfolgen, liebe Freunde, ist auf Dauer sehr, sehr anstrengend.
Bundesliga, 28. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FSV Mainz 05 1:1. Tor für Borussia: 1:0 Embolo.
Ein weiteres Embolo-Törchen machen die Schnapszahl perfekt. Und den Schnaps kann man heute auch wieder gut gebrauchen. Neuer Stand: 111 Euro.
Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
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