Halbwegs friedlich gehe ich ins Restwochenende - nach einem Unentschieden gegen einen abstiegsgefährdeten Gegner, der auch heute zeigte, warum er so weit unten in der Tabelle steht.
Am Ende nehme ich den Punkt gern mit und will zufrieden sein, obwohl ich auch der Meinung bin, dass nur Borussia heute ein logischer Sieger der Partie gewesen wäre. Und Lars Stindl und Co. es auch verdient gehabt hätten - durch irgendein krummes Ding, sei es ein zweiter Elfmeter oder auch ein Neuhaus-Schuss in den Winkel nach dessen kurioser Ballmitnahme ein paar Minuten vor Schluss. Ja verdammt: Gladbach wäre auch mal dran gewesen, ein Spiel, in dem vieles gegen die Rose-Elf lief, auf mehr als glückliche Weise zu gewinnen
Passt das jetzt zusammen? Ich glaube: Ja.
Aus neutraler Sicht war das heute im Olympiastadion wirklich ein packendes Spiel, das viel Unterhaltung bot, inklusive einer gehörigen Portion Drama. Aus Gladbacher Sicht wurde es früh zum Alptraum, dann zum Prüfstein. Und wenn wir Glück haben, wurde es zu einer Reifeprüfung, aus der die Mannschaft am Ende mehr Kraft zieht als vielleicht aus den Siegen gegen Schalke und Freiburg zusammen.
Denn im Gegensatz zum Sky-Reporter Michael Born kann ich einschätzen, welcher Mannschaft man heute zu einer guten Leistung gratulieren muss. Es ist nicht die Hertha, die der "Fachmann" am Mikro dazu beglückwünschte, dass sie sich stark verbessert gezeigt und gegen Gladbach auf 60 Prozent Ballbesitz gekommen war. Wer nicht ganz blöd ist, weiß, dass diese Zahl gar nicht so großartig ist, wenn man 77 Minuten in Überzahl gespielt hat - ein Fakt, den Born das ganze Spiel über ausgeblendet zu haben schien, so begeistert war er von der "Leistungssteigerung" der doch nominell auch ziemlich hochkarätig aufgestellten Berliner Elf. Egal, daran will ich mich gar nicht weiter hochziehen.
Aber letztlich kann man daran auch - ein bisschen wenigstens - ablesen, dass heute die Mannschaft in Unterzahl ihre nach 13 Minuten grundlegend geänderte Aufgabe zur vollen Zufriedenheit gelöst hat.
Fast das ganze Spiel war Borussia in Unterzahl, lag dann zurück, drehte den Rückstand noch vor der Pause und war in Halbzeit eins sogar phasenweise noch in der Lage, den Gegner gut zu bespielen, den der Platzverweis gegen Yann Sommer scheinbar mehr durcheinander gebracht hatte als die dezimierte Mannschaft.
Das lag auch ein bisschen an der taktischen Ausrichtung der Berliner, die eigentlich auf Konterspiel eingestellt waren und nun in die Spielmacherrolle gedrängt waren, was ihnen merklich Probleme machte. In Halbzeit eins war der VfL jedenfalls die zielstrebigere, in jedem Fall aber effektivere Mannschaft.
Zur Pause reagierte Pal Dardai und brachte mit Plattenhardt, Piatek und Radonjic gleich drei neue Spieler, die der veränderten Spielarchitektur Rechnung trugen. Daraus Kapital zu schlagen, gelang aber nur in den ersten Minuten nach der Pause, als Cordoba auch deshalb das schnelle 2:2 gelang, weil die Abseitslinienlotterie diesmal mal wieder zu Ungunsten von Borussia ausging.
Danach aber verteidigten Kramer, Ginter und Co. die Berliner Versuche, das von Tobias Sippel hervorragend gehütete Tor in Gefahr zu bringen, richtig gut weg, sodass irgendwann fast nur noch planlos Flanken in den Strafraum des VfL geschlagen wurden, die heute aber meist recht einfach geklärt werden konnten. Mit ablaufender Spielzeit hatte ich jedenfalls immer weniger die Befürchtung, dass das Spiel verloren gehen würde. Ich hoffte im Gegenteil eher darauf, dass auf der anderen Seite noch irgeneine Murmelei zum Gladbacher Sieg gelingen würde.
Fast hätte das auch geklappt - ja klappen müssen. Und damit bin ich beim Thema Schiedsrichterentscheidungen. Auch hier nicht so emotional wie sonst, auch wenn ich mich während des Spiels natürlich gehörig aufgeregt habe. Patrick Ittrich hat für mich heute keinen besonders guten Tag gehabt, er lag aus meiner Sicht bei einer Reihe von Zweikampfentscheidungen diskutabel falsch. Die wichtigste Szene hat aber nicht er zu verantworten, sondern der VAR Robert Hartmann in Köln. Es geht um die eine richtig gute Chance in der 72. Minute, als Klünter und Thuram im Strafraum den Ball verpassten und ins Straucheln kamen. Thuram rutschte mit dem Gegner zusammen Richtung Tor und versuchte da schon, mit dem langen Bein Halt zu bekommen, rutschte aber über Klünters Bein und Arm weiter nach hinten weg und kam schließlich mit seinem einen Fuß zwischen Körper und Arm des Verteidigers. Soweit ist alles noch ok.
Doch in dem letzten Moment, als der Gladbacher Stürmer sein Bein aus dieser Position wieder nach vorne nehmen wollte, um aufzustehen und dem Ball hinterherzugehen, klemmte sein Gegner den Fuß erst etwas ein, so dass dieser nicht loskam und zog dann seine Hand und Thurams Bein noch etwas hoch, sodass dieser vollends auf dem Bauch landete.
Für mich führt da beim besten Willen an einem Foulpfiff nichts vorbei. Dass Ittrich das in Realgeschwindigkeit anders wahrnahm, akzeptiere ich. Aber dass der VAR, der die Superzeitlupe zur Verfügung hat, um Vergehen nachzuweisen, das nicht sieht oder nicht so wertet, macht mich fassungslos. Klar, man kann das anders interpretieren. Und dann wird im Zweifel wieder das so berühmte wie unsinnige "das reicht eben nicht für einen Elfer" bemüht.
Aber wenn man diese absichtliche Bewegung des Verteidigers wahrnimmt, ist es - leicht oder nicht - eine strafwürdige Aktion und ein klarer Elfmeter. Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, dass auch hier wieder einmal ein wie auch immer geartetes "Ermessen" entschieden hat, das aus meiner Sicht sportwidrig ist.
Und dieses Sportwidrige zog sich heute durch einige Szenen. Das fängt mit dem Fakt an, dass heute der bekannt unsportliche Sportkamerad Ascacibar auf dem Platz stehen, um sich treten, ein abgefälschtes Tor erzielen und den Schuss vor dem zweiten Tor abfeuern durfte, obwohl er sich in der Woche zuvor ungestraft betont krass unsportlich verhalten hatte, als er gut vernehmbar an der Seitenlinie seinen Gegenspieler mit dem A........-Wort tituliert hatte. Aber: geschenkt.
Es geht weiter damit, dass Yann Sommer für ein Foul in einer klar ballorientierten Aktion (bei der der Gegner - by the way - keine Ballkontrolle und auch keine klare Torchance hatte) mit Rot vom Platz fliegt. Und auf der anderen Seite der Sportkamerad Seefuik für eine veritable Körperverletzung nur Gelb sieht. Damit will ich nichts gegen den Platzverweis von Sommer sagen - alle paar hundert Spiele geht so eine Klärungsaktion halt mal schief. Dass Cordoba den Kontakt am Schienbein gern annahm, statt erfolglos einem ins Aus fliegenden Ball hinterherzulaufen, ist auch ok. Auch gegen die Entscheidung Rot statt Gelb ist letztlich wenig zu argumentieren, die Regeln sind eben so.
Doch im Vergleich zu einem Spieler, der mit drei Meter Anlauf in einen Ramy Bensebaini reinspringt, der ihn nicht kommen sieht und ihm so mit der angelegten Schulter gegen den Kopf rammt, dass das Opfer unkontrolliert mit dem Gesicht auf dem Rasen aufschlägt, ist Sommers Vergehen schon ein fast niedliches.
Ich habe wirklich in diesem Moment Angst um Ramy bekommen, der seinen Sturz in diesem Moment nicht aus eigener Kraft abfedern konnte. Ein Wunder, dass da nicht mehr passiert ist, und gut, dass er so lange weiterspielen konnte - nachdem schon der andere Linksverteidiger Oscar Wendt der Sommer-Aktion zum Opfer gefallen war.
Aber ganz ehrlich, selbst im rauhen Eishockeysport versteht man bei solchen Angriffen auf den Körper eines Gegners, der auf den Check nicht gefasst ist, keinen Spaß. Zum Vergleich: Wer einen Gegner so unkontrolliert in die Bande checkt, geht beim Eishockey mit einer Spieldauersiziplinarstrafe duschen. Es wäre nicht schlecht, wenn man da im Fußball auch mal drüber nachdenken würde - noch mehr, wenn ein Gegner dadurch verletzt ausgewechselt werden müsste.
Auch wenn ich keineswegs zufrieden bin mit der Performance des Schiedsrichters - immerhin schickt er zu allem Überfluss mit einer ziemlich ungerechtfertigten (5.) Gelben Karte nun auch Chris Kramer am kommenden Wochenende gegen Frankfurt in die Zwangspause - Patrick Ittrich hat dennoch alles, was einen guten Schiri ausmachen kann, zumindest im Umgang mit Spielern und Trainern.
Positiv habe ich zum Beispiel kurz vor Schluss notiert, wie souverän er mit einem kleinen Ausraster von Marco Rose umging. Er sprach ihn ruhig an, auch mit Humor, sinngemäß: dass sie beide ja nicht gerade einen einfachen Job gehabt hätten heute und es sich jetzt nicht noch schwerer machen müssten. Kein übertriebene Schulmeisterei mit theatralisch gezogener Verwarnung für einen natürlich in der Schlussphase hoch emotionalen Trainer, sondern eine sachliche Art, zu beruhigen - so sollte es öfter sein. Vielleicht bin ich deshalb auch etwas gnädiger mit meinem Gesamturteil.
Ein irres Spiel, ein 2:2. Es sollte heute wohl so sein. Und auf jeden Fall haben wir einiges durch- und erlebt. Es war einfach ganz schön viel drin - eben: "Drama, Baby!"
Bundesliga,
28. Spieltag: Hertha BSC Berlin - Borussia Mönchengladbach 2:2. Tore für
Borussia: 1:1 Plea, 1:2 Stindl (FEM, Thuram).
Saisonspende: Ein
weiterer Punkt aufs Borussenkonto, und einen Euro für zwei Tore - ergibt
sechs Spieltage vor Schluss eine Summe von 103,50 Euro.
Ich glaube, ich sehe es wie du:keon Grund für Euphorie, aber wine absolut ordentliche Leistung in Unterzahl, auf der man aufbauen kann. Wie haben nicht viel zugelassen und hätten wir das 2.Tor besser verteigt oder den fälligen Elfer bekommen, ware mehr drin gewesen. Bin sehr gespannt wie wir uns gegen Frankfurt aus der Affäre ziehen.
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