2025-12-06

Zwei aus Drei und die Regelung des Ungeregelten

Das war wohl eine der wichtigsten Wochen in diesem Jahr für Borussia. Drei wegweisende Spiele in 7 Tagen, mit glücklicherweise am Ende zwei bestandenen Bewährungsproben. 

Am Ende lässt sich sagen: Ja, das Ausscheiden aus dem Pokal ist so unnötig wie ärgerlich, sportlich und finanziell. Aber es ist verkraftbar, wenn die Konzentration in der Liga so konserviert werden kann wie in den anderen beiden Spielen. Ich bin fein damit, dieses Aus als kleineres Übel zu akzeptieren, denn es ist nicht selbstverständlich, dass der VfL so erfolgreich ist, wie er in der Liga zuletzt aufgetreten ist.

Gegen den Tabellenzweiten aus Leipzig fand Borussia zwar nur selten gute Lösungen nach vorn, viele Ungenauigkeiten im Spiel und unter Druck viele überhastete Befreiungsschläge verhinderten vielleicht sogar einen Überraschungserfolg. Doch das hatte keine negativen Auswirkungen. 

Leipzig hatte zwar wie Mainz am gestrigen Abend zwei, drei wirklich hochkarätige Chancen, die das Spiel in die andere Richtung hätten kippen lassen können. Beide Gegner ließen sie aber liegen oder scheiterten an Moritz Nicolas. Und so blieben es defensiv über jeweils 90 Minuten reife Leistungen, trotz diverser personeller Ausfälle, die sich nach dem Leipzig-Spiel nochmals verschärften.

Unter dem Strich stehen ein erkämpfter Punkt gegen eine spielerisch deutlich überlegene Spitzenmannschaft und ein trotz des glücklichen Zustandekommens des Tores verdienter Auswärtssieg beim Tabellenletzten, ein Sieg, der in der aktuellen Situation buchstäblich doppelt zählt. Denn einen direkten Konkurrenten hinter sich zu distanzieren, das ist etwas, was Borussia auch in besseren Zeiten nur selten (oder wenig überzeugend) gelang. 

Das alles spricht dafür, dass die Mannschaft im Moment fast optimal abrufen kann, was sie zu leisten in der Lage ist - trotz einiger widriger Umstände. Denn auch trotz der tadellosen Bilanz aus den letzten 5 Bundesligaspielen mit 4 Siegen und einem Remis, 4 mal zu Null bei einem Torverhältnis von 11:1 (und das einzige Gegentor durch den lächerlichen Elfmeter beim 3:1 im Derby), muss man festhalten, dass aus Borussia nicht über Nacht auf wundersame Weise eine Topmannschaft geworden ist - nur eine außerordentlich erfolgreiche. 

Jeder Punkt musste hart erkämpft werden, das Spielglück ist (noch) oft auf unserer Seite, das hilft natürlich. Aber Ausfälle in der Startelf sind nicht gleichwertig ersetzbar. Und es gibt keine Garantie, das knappe Spiele auch weiterhin zugunsten von Borussia ausgehen. In wenigen Wochen könnte es genauso auch wieder sieglose Phasen geben.

Eine wichtige Rolle spielt dabei sicher die personelle Lage. In Mainz fehlten in Kleindienst und Hack plötzlich auch wieder die, auf deren Genesung man so lange schon gehofft hatte. Dazu Honorat, Sander, Neuhaus, das ist zu viel, um auf dem Feld eine dominantere Rolle spielen zu können. Dass auf der Bank in Swider, Mohja und Herrmann drei Jugendspieler saßen, und Eugen Polanski nur drei seiner fünf möglichen Wechseloptionen nutzte, sagt viel aus. 

Zum Glück kam wenigstens Jens Castrop zurück und fügte sich auch ohne grobe Fouls mit einem beherzten Auftritt nahtlos wieder ein. Und Giovanni Reyna zeigte neben dem übrragenden Rocco Reitz sein bisher vielleicht bestes Spiel, war auch defensiv erheblich verbessert. Es reicht bei ihm aber immer noch nicht für ein ganzes Spiel, auch das muss berücksichtigt werden, zumal Stöger als Einwechseloption seine Rolle einfach nicht zu finden scheint.  

Und das nächste Loch wartet schon. Durch die 5. Verwarnung (nach einem dummen Ballhochwurf) nahm ihn Schiri Benjamin Brand für die Partie gegen Wolfsburg aus dem Spiel. Es wird also nicht einfacher, aber Eugen Polanski und die Borussia klagen auch nicht darüber. Sie nehmen es an und machen das Beste daraus. Und das zu beobachten, macht Spaß.   

Mit den Erfolgserlebnissen der vergangenen Wochen im Rücken lässt sich auch die Heimsuchung durch VAR-Entscheidungen  - oder sagen wir durch unausgegorene bis absurde Regeln - besser verkraften. Ein nur mikroskopisch nachweisbares Abseitstor kostete gegen Leipzig ein sehenswertes Führungstor, das erste Mainzer Abseitstor setzte den absurden Verwirrungen, die die Handregel bereithält, dann gestern die Krone auf. 

Ich würde es sicher nicht so entspannt sehen, hätte Borussia dieses Spiel aufgrund dieser Entscheidung verloren. Es ist dennoch an Widersinnigkeit nicht zu überbieten, dass ein lupenreines selbstverschuldetes Mainzer Eigentor annulliert wird, weil der Ball des Mainzer Spielers kurz vor der Torlinie noch leicht den Finger des Gladbachers Yannik Engelhardt berührt hatte.

Nur kurz: Ich halte die Entscheidung für regelwidrig, auch wenn die Handregel inzwischen jedes Handspiel des Schützen bei einer Torerzielung verbietet. So heißt es jedenfalls immer.

Das ist der Wortlaut der Regel: 

"Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler
(...) ins gegnerische Tor trifft:
• direkt mit der Hand/dem Arm (auch wenn dies versehentlich geschieht)
(gilt auch für den Torhüter),
• unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat
(auch wenn dies versehentlich geschieht)."

Diese Formulierung geht ausschließlich von einer bewussten oder zufälligen Torerzielung durch den Angreifer aus ("ins gegnerische Tor trifft"). Beide Fälle sind nicht auf das Tor in Mainz anwendbar. 

Die Regel ist nicht für Eigentore präzisiert ("gegnerische Tor"). In der Szene handelt sich aber ungeachtet des leichten Berührens an der Engelhardtschen Hand um ein Eigentor ohne Fremdeinwirkung - und nicht den Versuch des Stürmers, ein Tor zu erzielen. Engelhardt hat dieses Tor nicht erzielt, er hat es auch nicht versucht. Deshalb hat er den Ball nicht absichtlich oder unabsichtlich direkt ins Tor befördert. Er hat ihn auch nicht nach einer Handberührung ins Tor befördert. Nichts davon trifft zu. Der Ball geht ohne sein Zutun ins Tor. 

Davon abgesehen, dass jedem Fußballer einleuchtet, wie absurd es ist, dieses Tor zurückzunehmen, besteht Regelungsbedarf, auch wenn dieses Beispiel natürlich sehr ungewöhnlich ist. Das ließe sich textlich ergänzen und präzisieren (z.B. sinngemäß: im Zuge einer Torerzielung ist jedes Handspiel zu ahnden, auch bei Eigentor). 

Es hätte umgekehrt so eigentlich aber nicht zum Nachteil des Stürmers aberkannt werden dürfen. Da wir aber wissen, wie Schiedsrichter arbeiten, überrascht uns aber auch die Antwort von Benjamin Brand nicht: "Regel ist Regel". Nur: Manchmal eben auch nicht.

Die beste Nachricht für alle Beteiligten war, dass Borussia das am Ende für sich und den Schiedsrichter verträglich selbst noch regeln konnte. Ein wichtiger weiterer kleiner Sieg auf dem richtigen Weg zurück in die Normalität.    

Bundesliga, 12. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - RB Konstrukt Leipzig 0:0. 

DfB-Pokal, Achtelfinale: Borussia Mönchengladbach - FC St. Pauli 1:2. Tor für Borussia: 1:1 Tabakovic.

Bundesliga, 13. Spieltag: FSV Mainz 05 - Borussia Mönchengladbach 0:1. Tor für Borussia: 0:1 Eigentor da Costa (Tabakovic). 

Saisonspende: Nur zwei Tore aus drei Spielen, aber zwei weiße Westen für Moritz Nicolas und wichtige Punkte im Abstiegskampf. Macht unter dem Strich 46 Euro (+6). Das gilt in der Saison 25/26: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für Derbysiege gegen K*** gibt es 10 Euro. Gehaltener Elfmeter: 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 2 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund, Leverkusen oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 20 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 30 Euro. Deutsche Meisterschaft: 125 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2025-11-22

Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen

Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen! 

Was ist hier eigentlich los? Borussia gewinnt das erste Derby seit Jahren - und das recht souverän! Gewinnt dann auch noch das vierte Pflichtspiel hintereinander und das dritte Bundesligaspiel in Folge! Und ist, was Stabilität und Kontrolle des Gegners angeht, Welten von dem entfernt, was die vorherigen Trainer über mehrere Jahre in dieser Hinsicht erreicht haben.

Der gerade nach den ersten Spielen doch unerwartet klar durchschlagende Polanski-Effekt hat eine Mannschaft wachgeküsst, der man eigentlich schon das wenig schmeichelhafte Prädikat untrainierbar verleihen wollte.

Man kommt als geübter Beobachter von Borussia Mönchengladbach aus dem Staunen fast nicht mehr heraus. 

Phoenix Florian Neuhaus hat, nach immer tieferen Tiefpunkten in den vergangenen Jahren, seit dem Sommer in einem flexiblen und derzeit außergewöhnlich gut eingespielten Mittelfeld mit Yannick Engelhardt und Rocco Reitz seine Form aus den Zeiten wiedergefunden, als sein Marktwert satt zweistellig war. 

Und wie? Ich habe keine Ahnung. Möglicherweise hat er dem Teufel seine Seele oder die Trikotsammlung von seinem Freund Chris Kramer verkauft. Anders ist eine solche Wiedergeburt als Träger der legendären Nummer 10 bei Borussia fast nicht erklärbar.

Alles, was Roland Virkus noch an Verstärkungen nach Gladbach gebracht hatte, und was von vielen als von "Na ja" bis "Um Gottes Willen!" eher skeptisch wahrgenommen wurde, funktioniert derzeit so einfach wie selbstverständlich. Ein Zeichen, dass doch nicht alles im Verein amateurhaft geworden war? Ein Zeichen, dass intern im Team einiges gerade- und zusammengerückt sein muss. Und auch ein Zeichen, wieviel im Fußball am Ende von kleinen Zufällen, "dem Momentum", zurechtgerückten Köpfen und aufgepäppeltem Selbstbewusstsein abhängt.

Natürlich, zu so einem Aufstehen aus dem Ringstaub nach dem ersten Anzählen gehören auch einige richtig fallende Würfel. Günstige Spielverläufe mit Elfmetern zu richtigen Zeit, Spiel- und ein bisschen Schiedsrichterglück, ein passender Spielplan, der zum richtigen Zeitpunkt auch die Gegner vor die Füße spülte, die man auch bei eigener Unpässlichkeit auf Augenhöhe einordnen kann (und sowieso schlagen muss, um in der Liga zu bleiben). Die aber auch jeweils an diesen Tagen gegen die in vielen Bereichen verbesserten Borussen einfach nicht mehr zuzusetzen hatten und somit verdient besiegt wurden.  

Doch es gehört natürlich mehr dazu als glückliche Umstände.

Etwa eine Mannschaft, die auf dem Rasen Leidenschaft am  engen und konsequenten Verteidigen entdeckt hat, die Geduld im Spiel genauso beherrscht wie das gierige Losgaloppieren Richtung gegnerisches Tor, wenn der Ball nach gewonnenen Zweikämpfen in die eigenen Reihen wechselt. Das mitanzusehen macht gerade sehr viel Spaß.

Den Hauptanteil an dem Aufschwung hat sicher ein cleverer Trainer, der seine Spieler (wahrscheinlich nicht erst seit einigen Wochen) gut beobachtet hat, zum Teil auch schon gut kennt und der mit seinem Staff offensichtlich die richtigen Schlüsse gezogen hat. Und der echtes Vertrauen schenkt, wie es scheint.

Der nicht jammert, wenn ihm aus der neu gefundenen und so stabilisierten Dreierkette wieder ein Stück rausbricht, wie vor dem Heidenheim-Spiel Philipp Sander. Der mutige Entscheidungen trifft. Und zumindest für heute dann zum Beispiel einen Joe Scally so stark einstellen konnte, dass der auf typische Joe-Scally-Fehler verzichtete und eins seiner besten Spiele ablieferte.

Es lässt sich anders gar nicht sagen. Eugen Polanski hat aus Borussia wieder einen ernstzunehmenden Bundesligisten gemacht. Und aus verunsicherten und sehr formschwankenden Spielern ein Kollektiv, das zusammen atmet und wächst, das füreinander rennt und beißt. 

Nicht mehr, nicht weniger. Bei aller Freude: Noch immer sind wir dem Abstiegsbereich noch zu nahe, um aufatmen oder schon andere Träume zulassen zu dürfen. 

Aber mit dieser Siegesserie ist auch mehr als eine Wiederbelebung einer ziemlich toten Mannschaft geglückt. Der Patient ist auf einem guten Weg der Heilung. Der Glaube daran, das alles wieder in den Griff zu bekommen, was in den letzten Jahren Stück für Stück dahin ging, der ist wieder spürbar. Überall, im Verein, auf dem Platz, auf den Rängen. Und der Hunger auf Erfolgserlebnisse auch. 

Darauf lässt sich prima aufbauen - wenn der Fokus so streng wie im Moment nur von Aufgabe zu Aufgabe beibehalten wird. Denn: Die ersten Pflichtsiege in der prekären Situation sind zwar eingefahren. Doch ob die Spielkontrolle auch gegen höher einzuschätzende Gegner funktioniert, muss sich zeigen. Wie nächste Woche in der Partie gegen das leider diese Saison gut performende Konstrukt, mit der übrigens die unglaublichen Freitagswochen eingeläutet werden. Drei von vier Spielen bis zur Winterpause finden freitagabends statt. DFL - hast du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?  

Egal, ich freue mich jedenfalls wieder auf die nächsten Spiele meiner Mannschaft. Das war in der jüngeren Vergangenheit längst nicht immer so. Gibt es ein besseres Kompliment für Team und Trainer?

 

Bundesliga, 10. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - 1. FC K*** 3:1. Tore für Borussia: 1:0 Sander, 2:0 Diks (HEM), 3:0 Tabakovic.

Bundesliga, 11. Spieltag: FC Heidenheim - Borussia Mönchengladbach 0:3. Tore 0:1 Diks (FEM), 0:2 Tabakovic, 0:3 Machino. 

Saisonspende: 6 Tore aus zwei Spielen, ein weiteres zu Null von Mo Nicolas und die 10 Euro für den Derbysieg erhöhen die Spendensumme auf glatte 40 Euro. Ein schöner Sprung nach vorn. 
Das gilt in der Saison 25/26: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für Derbysiege gegen K*** gibt es 10 Euro. Gehaltener Elfmeter: 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 2 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund, Leverkusen oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 20 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 30 Euro. Deutsche Meisterschaft: 125 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.