2016-07-05

Konkurrenzfähig

Während ich noch damit beschäftigt war, die Spieler zu  verabschieden, die in der kommenden Saison nicht mehr das Trikot mir der Raute tragen werden, hat Max Eberl schon das gemacht, was ihn seit Jahren auszeichnet. Er hat die Abgänge frühzeitig durch die Verpflichtung vielversprechender neuer Spieler kompensiert. Und ist mit der Kaderplanung nach eigenen Worten nun auch schon fertig.

Ob Borussia damit nun besser wird als in der Vorsaison, gleich gut oder schlechter besetzt ist, ob wir Granit Xhaka oder Howie Nordtveit am Ende doch eine Träne nachweinen, kann sich erst zeigen, wenn der Ball wieder rollt. Doch alles, was der Manager der Borussia bislang verkündet hat, ergibt für mich Sinn.

Besonders erfreulich ist, dass die Transfersumme für Granit Xhaka dafür genutzt wurde, gleich mehrere Spieler zu verpflichten, die den VfL wirklich weiterbringen und das Geld nicht komplett für "den einen" vermeintlichen 1-zu1-Ersatz für Xhaka auszugeben, was wohl ohnehin nur schief gehen könnte. Aber das wäre auch ein Bruch mit der Vereinsphilosophie in der Ära Eberl gewesen.

So stehen für die freiwerdenden Positionen in der Innenverteidigung (Martin Stranzl, Roel Brouwers und Havard Nordtveit) nominell erstmal die drei Neuzugänge Jannik Vestergaard, Mamadou Doucouré und Tobias Strobl zur Verfügung. Zählt man Alvaro Dominguez  dazu, der den Großteil der vergangenen Saison verpasst hat, ist das Herzstück der Abwehr, ob in Viererkette oder als Dreier-Abwehr, wettbewerbsfähig aufgestellt. Schließlich wären - neben Andreas Christensen und dem Nico Elvedi - auch noch Tony Jantschke und Marvin Schulz, der entgegen erster Überlegungen wohl doch nicht verliehen wird, auf diesen Positionen einsetzbar.

Auf den Außenpositionen hat sich personell nichts verändert, demnach vernachlässige ich dies an dieser Stelle.

Im zentralen Mittelfeld klafft durch die Abgänge von Xhaka und Nordveit ein großes Loch. Wie gut ich das auf Anhieb schließen lässt, liegt unter anderem daran, ob Mo Dahoud auch in seiner zweiten Saison so auftrumpfen kann wie in der abgelaufenen Serie. Mit Christoph Kramer bekommt er einen Partner an die Seite gestellt, der trotz seines jungen Alter schon sehr viel Erfahrung gesammelt hat und Dahoud ähnlich unterstützen und anleiten kann wie Xhaka. Bei seinem ersten Engagement in Gladbach spielte er eine andere, offensivere Rolle, als sie ihm künftig wohl zukommt. Doch wenn er mit solchen Aufgaben nicht klarkäme, hätte er es sicher nicht bis in die Bundesliga und in die Nationalmannschaft geschafft. Kramer ist ein intelligenter Spieler, ich bin mir sicher, dass er im Schubert-System (wie immer das nächste Saison aussieht) die richtige Balance findet. Das einzige Manko, was er abstellen muss, war auch schon im zweiten Jahr bei Borussia zu beobachten war. Damals brauchte er oft viel zu lange, um den Ball weiterzuspielen. Das wäre Gift für das zuletzt so hervorragende Umschaltspiel des VfL.

Neben Dahoud und Kramer bewerben sich in erster Linie Tobias Strobl und nach seinen eigenen Worten auch der junge László Bénes für die defensive Zentrale in Borussias Spiel. Bénes ist zwar eigentlich offensiver Mittelfeldspieler, doch er sei für beides vorgesehen, hat er jüngst verraten. Es gibt in Borussia Kader allerdings noch mehr Spieler, die eine Alternative auf der Sechserposition darstellen könnten. Sofern die anderen Innenverteidiger fit sind, wären hier sowohl Christensen (hat mir bisher aber dort nicht so gut gefallen) als auch Vestergaard denkbar. Ebenso Jantschke und natürlich Marvin Schulz, der diese Position im letzten Saisonspiel in Darmstadt sehr solide ausfüllte. Und dann ist da noch Djibril Sow, der in der Saisonvorbereitung im vergangenen Jahr sehr gute Visitenkarte abgab und möglicherweise jetzt einen Schritt weiter ist. Er ist gelernter Sechser. Optionen gibt es also genug.

Bleibt die Frage, wie die Abgänge von Branimir Hrgota und Marlon Ritter im Kader aufgewogen werden. Ein Teil der Antwort ist in den letzten Wochen der alten Saison zu finden. An Raffael und Stindl ist so leicht kein Vorbeikommen, und daneben spielten sich im Saisonfinale André Hahn und Thorgan Hazard für die dritte Stürmerposition in den Vordergrund. Später steigt auch wieder Josip Drmic ein, es scheint also derzeit keinen Bedarf an einem 1-zu-1-Ersatz für Hrgota und Ritter zu geben. Zumal es in Bénes und Hofmann weitere Spieler gibt, die zentral offensiv spielen können und sich die Flügelspieler ebenfalls variabel zeigen müssen, wenn sie spielen wollen. Denn wenn es bei der Dreierkette und den beiden offensiven Außenverteidigern bleibt, konkurrieren dort Wendt, Nico Schulz, Fabian Johnson und Hofmann links sowie Johnson, Korb, Jantschke, Traoré und Herrmann rechts um zwei Startplätze.

Sollte also nicht wieder eine solche Verletzungsseuche am Borussia Park ausbrechen, dürfte mit diesem Kader und seinen vielseitigen Spielern keine Position zu schwach besetzt sein. Offen ist, was an Jungen noch nachdrängt. Borussia hat eine ganze Reihe von vielversprechenden Talenten, teilweise aus dem Ausland, unter Vertrag, die bisher noch nicht im Fokus der Fans sind, auch weil sie in der U23 noch nicht herausgestochen haben oder gerade aus der U19 kommen. Neben Sow (Schweiz) sind das Mandela Egbo (England), Kwame Yeboah (Australien), Tsy William Ndenge und Ba-Muaka Simakala (beide Deutschland). Und nicht zu vergessen Julia Villalba aus Paraguay, der zur Winterpause nach Gladbach kommen soll. Vielleicht startet einer von diesen Jungs so durch wie Dahoud im vergangenen Jahr. Ich bin sehr gespannt.