2019-11-30
Drittelbilanz II: Verlässliche Klasse im Mittelfeld
Schon mehrfach hatte ich ja angesetzt, um eine kleine erste Zwischenbilanz der Rose-Borussia zu ziehen. Und nachdem ich den ersten Teil online gestellt hatte, wollte ich mit dem zweiten Teil - der das (zentrale) Mittelfeld zum Thema hat, natürlich möglichst schnell danach aufschlagen. Das hat auch nicht ganz geklappt, aber was solls. Genug geredet - dann mach ich mal weiter.
Laszlo Benes: Neben Denis Zakaria ist der Slowake bisher der Dirigent im Mittelfeld. Präzise Pässe, viel Übersicht und ein traumwandlerisches Spielverständnis zeichnen Benes aus, dazu kommt Laufstärke und cleveres physisches Spiel - er ist oft unauffällig, aber meist effizient in den Zweikämpfen. Dazu kommen richtig gut getretene Standards, die leider aber noch zu selten einen Abnehmer finden - aber das ist nicht seine Schuld allein. Der Schritt, sich vergangene Saison nach Kiel verleihen zu lassen, war unheimlich wichtig für seine Entwicklung - die vorher in allererster Linie durch viele langwierige Verletzungen ins Stocken geraten war. Und das Vertrauen, das er in Kiel auf dem Platz genoss, zahlt er jetzt auch in der ersten Liga zurück. Natürlich ist es überraschend, wie prägend er in kurzer Zeit auch für das Spiel des VfL geworden ist.
Doch was er versprach, war ja schon vor einigen Jahren zu sehen, als er im Endspurt der Saison 2016/17 in seinem zweiten Bundesligaspiel gleich den Siegtreffer gegen Hertha erzielte - leider bislang auch sein einziges Bundesligator. Die Abgeklärtheit und Rafinesse, mit der er da auftrat, war erstaunlich und ließ erwarten, dass er sich schnell bei uns durchsetzen würde.
(Fun Fact am Rande: In genau diesem Spiel waren mit ihm sieben Spieler in der Startelf, die auch in dieser Woche auf dem Platz standen: Sommer, Wendt, Elvedi, Hofmann, Benes, Herrmann und Stindl).
Ich bin ein großer Fan von Lacis elegantem und leichtfüßigen Spiel. Und dass er selbst mit steigendem Selbstbewusstsein auf Arroganzanfälle verzichtet wie ein anderer Spieler, der nicht mehr die Raute trägt, macht ihn noch sympathischer und wichtiger. Benes hat auf jeden Fall die Chance genutzt, die der Ausfall von Stindl, Traore und Hofmann zu Beginn der Saison ihm bescherte. Umso wichtiger, dass er frühzeitig bis 2024 verlängert hat.
Jonas Hofmann: Anders als Benes ist es noch nicht die Saison von Jonas Hofmann geworden. Die schwere Verletzung zu Saisonbeginn war dafür in erster Linie verantwortlich, denn in der Vorbereitung ließ sich das durchaus schon gut an. Obwohl ihm das pressing- und laufintensive Spiel von Marco Rose besonders liegen sollte, fremdelt er seit seiner Rückkehr doch noch ein bisschen mit seiner Rolle, ist nicht so eingebunden in gute Angriffsaktionen wie vergangene Saison. Aber auch hier gilt, dass er mit zunemender Spielpraxis an alte Zeiten anknüpfen können sollte.
Christoph Kramer: Der überzeugte Herzensborusse Kramer hat es gar nicht so leicht, in dieser Saison seinen Stammpatz zu finden. Denn aus der geübten Doppelsechs wurde nur noch eine, deren Aufgaben Denis Zakaria in dieser Saison einfach überragend interpretiert. Nun gut, so ganz durchgehalten wird diese strikte Aufteilung im zentralen Mittelfeld auch nicht, sodaß das Wechselspiel und die Aufteilung der Räume gerade in der Rückwärtsbewegung enorm wichtig ist. Hier passt die Allzweckwaffe Kramer sehr gut zu seinen Partnern. Und wie offensiv Chris Kramer gerade zu Beginn seiner Karriere in Gladbach oft agierte, ruft gerade diese Saison wieder in Erinnerung. Als Achter oder verkappte Zehn taucht er ungewohnt häufig am und im Straraum auf. Seine gute Technik und die mitunter unkonventionellen Ideen, die er im Dribbling einbringt, sind Dinge, die den Unterschie machen können. Als Typ ist er ohnehin unheimlich wichtig für das Team.
Florian Neuhaus: Der Shootingstar der vergangenen Saison ist noch nicht wieder auf dem Niveau der Hinrunde 2018/19. Das macht sich aber nicht so extrem bemerkbar wie in der schwächeren Rückrunde - weil Flo in dieser Saison einfach etwas weniger Verantwortung auf seinen Schultern tragen muss und dafür andere wie zuletzt Lars Stindl oder Jonas Hofmann in die Bresche springen können. Es war ja vor der Saison eine der Fragen, ob es unter Rose eine Idealposition für den feinen Spielgestalter geben würde, der körperlich nicht der robusteste ist.
Mit etwas Anlaufzeit (nach der intensiven Vorsaison und der U21-Europameisterschaft im Sommer nicht so verwunderlich) kam Neuhaus auf Touren und war auc immer wieder in den Räumen zu finden, wo Tore erzielt werden.
Doch das ist bisher seine große Schwäche geblieben: Mehrfach erstklassig teilweise im Strafraum eingesetzt, hat er seinen Torriecher noch nicht gefunden. Er lässt einfach zu viele Chancen liegen. Auch beim Vorbereiten hakt es noch etwas. Nach den zehn Vorlagen letzte Saison ist ihm diese Saison noch keine einzige gelungen. Das wiederum liegt aber auch an der veränderten Architektur des Gladbacher Spiels. Tore werden seit Sommer wieder viel häufiger über die Außenposition vorbereitet, der Weg durch die Mitte und der gut getimte Pass steil in den Strafraum, den Neuhaus wie kaum ein anderer beherrscht, kommt viel seltener vor.
Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass seine Vertragsverlängerung bis 2024 eine ganz große Nummer für Borussia ist. Denn Neuhaus ist spielintelligent genug, um sich an die Erfordernisse des Rose-Fußballs anzupassen und seinen Weg zu gehen. Mit Laufstärke und verbessertem Zweikampfverhalten ist er auf jeden Fall ein Garant für effektive Verteidungsarbeit aus dem Mittelfeld heraus. Da macht ihm kaum einer etwas vor.
Denis Zakaria: Der absolute Stern, der über dem Tabellenführer leuchtet. Egal wo man ihn hinstellt: "Zak" ist kaum aufzuhalten, facht das Spiel nach vorne mit seinen Ballgewinnen und unwiderstehlichen Läufen nach vorne an. Und in der Defensive tritt er gefühlt jeden Funken Angriffshoffnung des Gegners mit resoluten Sieben-Meilen-Schritten beherzt und doch in aller Regel fair aus. Nachdem er relativ früh schon vier Gelbe Karten gesammelt hatte, zeigte er sich auch in den Risikozweikämpfen deutlich präziser, profitierte aber vielleicht auch ein wenig davon, dass die Schiedsrichter ihn als Spielertyp inzwischen auch besser kennen und einschätzen können. Wenn es einen Spieler gibt, auf den man in der Startelf auf gar keinen Fall verzichten will, ist es sicher der junge Schweizer. Und das hat inzwischen auch der Rest der Fußballwelt kapiert. Insofern wird es schwer, ihn über die Saison hinaus zu halten. Das Schmerzensgeld wird in diesem Fall allerdings zum Glück in erheblicher Höhe sein.
Abschluss der kleinen Serie wird die Borussias Abwehr und die Torwartposition sein. Ich hoffe, Euch auch das baldmöglichst liefern zu können.
2019-11-28
Freigestrampelt
Bravo! Das war ein weiterer wichtiger Schritt zum Weiterkommen in Europa. Nicht überzeugend, schon gar keine "Rache" für das 0:4 aus dem Hinspiel gegen die Österreicher. Aber es war ein süßer Sieg, drei Punkte, die eben jetzt den Unterschied machen zwischen diesen beiden Teams. Der WAC ist raus, Borussia reicht im letzten Spiel ein Unentschieden zum Weiterkommen. Das all denen, die die Euro-League-Saison nach dem Fehlstart in den Wettbewerb im September schon abschenken wollten.
Das Spiel heute ist schnell analysiert. Die Gastgeber setzten den VfL-Akteuren eine Stunde lang genauso zu wie im Hinspiel. Die Rose-Elf tat sich mit meist hilflosen Aufbauversuchen erneut äußerst schwer, spielte aber in der eigenen Hälfte dafür auch oft sehr sorglos, auch der sonst kaum zu beeindruckende Yann Sommer ließ sich davon mal anstecken.
Das fahrige Auftreten hätte aus Sicht des Gegners zu diesem Zeitpunkt natürlich bestraft werden müssen.
Und wohl kein Gladbach-Fan hätte sich in der ersten Hälfte (und kurz nach der Pause) über einen Rückstand beschweren können. Zeitweise wirkte es so, als hätten die Spieler in Grün aus dem Union-Spiel nichts Erhellendes mitgenommen.
Doch halt. Man muss auch berücksichtigen, in welcher Formation Borussia heute auflief. Die Namen der Startelf immer noch erstklassig - doch mit einer ganz neu zusammengewürfelten Innenverteidigung. Ginter und Elvedi verletzt, Jantschke und Beyer angeschlagen auf der Bank - da schlug die Stunde des gerade wiedergenesenen Tobi Strobl, der schon gegen Union zeitweise in die Abwehr rückte (und die Position auch definitiv spielen kann). Und als sein Partner biss sich Ramy Bensebaini ziemlich kompromiss-, wenn auch nicht fehlerlos, gut in die Partie. Ein Grund für seine Verpflichtung im Sommer war ja, dass er eben nicht nur Linksverteidiger ist, sondern auch die Innenverteidigung beherrscht. Das war eine gute Idee.
Dazu kam als dritter in der Kette noch der inzwischen immerhin auf der Position bereits angelernte Denis Zakaria, der diesmal rechts agierte, um zusammen mit Lainer die schnellen Außen aufzufangen. Für solche Herausforderungen hätte Strobl im Zweifel vielleicht ein bisschen Geschwindigkeit gefehlt. Und über die Außen nahm das Verderben im Hinspiel bekanntlich seinen Lauf.
Der Versuch mit Zakaria klappte jedenfalls ganz passabel, besser jedenfalls als im Hinspiel, wo Stefan Lainer zwar unermüdlich rackerte, aber die Löcher auf seiner Seite nicht dicht bekam.
Leider fehlen dafür Zakarias Ballgewinne und einleitende Aktionen weiter vorm im Mittelfeld. Das konnte Jonas Hofmann heute gar nicht kompensieren, Laszlo Benes und Lars Stindl erst in der zweiten Halbzeit.
Da blühte für 20 starke Minuten sogar die ganze Mannschaft auf. Und Initialzündung war eine einzige Szene: Das zu diesem Zeitpunkt eher überraschende Führungstor. Das war über Oscar Wendt richtig gut herausgespielt und gab den Spielern sofort wieder ihre Sicherheit im Passspiel zurück, wie sich in den folgenden Minuten an einer Reihe weiterer toll herauskombinierter erstklassiger Einschusschancen zeigte. Der Rest war gegen einen nachlassenden Gegner fast Routine, auch wenn Wolfsberg ja bis zuletzt die Möglichkeit auf einen Lucky punch hatte, weil der erlösende zweite Treffer nicht fallen wollte.
Ja, Borussia ist in den vergangenen beiden Spielen ein wenig die Leichtigkeit anhanden gekommen, die sie zuvor durch die Spiele getragen hatte. Beides gegen sehr kampfstarke Teams, die es verstanden haben, Plea und Co. die Luft und die Spielfreude zu nehmen. Doch anders als am Sonntag zog sich die Mannschaft nach und nach aus dem Dauerdruck heraus. Sie wehrte sich diesmal erfolgreich, wozu diesmal auch der niederländische Schiedsrichter Gözübüyük beitrug. Der war zwar alles andere als fehlerfrei, fand aber trotzdem eine Linie, die viel Zweikampf erlaubte und doch verhinderte, dass das Spiel dabei ausartete.
Zum Abschluss noch zwei Dinge, die mich heute besonders gefreut haben. Das erste war, dass unsere Fans heute das wohl erste entspannte Fan-Auswärtserlebnis in dieser Euro-League-Saison hatten. Und das zahlten die Auswärtsfahrer so zurück, wie es sein muss: Das disziplinierte Auftreten beim Fanmarsch nötigte selbst der Steiermärker Polizei Hochachtung ab, wie sie auf Twitter wissen ließ. Umso schöner, dass das mit einem Sieg gekrönt werden konnte.
Und dann ist heute Laszlo Benes mein Spieler des Tages gewesen, mit wieder einmal unermüdlichem Einsatz, unerschrockenem Zweikampfverhalten, vielen gut geschlagenen Standards (auch wenn sie nicht erfolgreich waren) und schlauen Spielöffnungen. Heute war wieder sehr deutlich zu sehen, dass er gegen Union im Spiel fehlte. Benes ist nicht immer auffällig, aber unheimlich wichtig für die Balance im Mittelfeld. Ich bin sehr froh, dass Max Eberl mit ihm und mit Flo Neuhaus gleich zwei hervorragende junge Spieler so frühzeitig gebunden hat.
Und jetzt freue ich mich über mindestens zwei Tage als Doppel-Spitzenreiter, hey, hey!
Europa League 2019/20, Gruppenphase, 5. Spieltag: Wolfsberger AC - Borussia Mönchengladbach 0:1 (Tor für Borussia: 0:1 Stindl)
Das Spiel heute ist schnell analysiert. Die Gastgeber setzten den VfL-Akteuren eine Stunde lang genauso zu wie im Hinspiel. Die Rose-Elf tat sich mit meist hilflosen Aufbauversuchen erneut äußerst schwer, spielte aber in der eigenen Hälfte dafür auch oft sehr sorglos, auch der sonst kaum zu beeindruckende Yann Sommer ließ sich davon mal anstecken.
Das fahrige Auftreten hätte aus Sicht des Gegners zu diesem Zeitpunkt natürlich bestraft werden müssen.
Und wohl kein Gladbach-Fan hätte sich in der ersten Hälfte (und kurz nach der Pause) über einen Rückstand beschweren können. Zeitweise wirkte es so, als hätten die Spieler in Grün aus dem Union-Spiel nichts Erhellendes mitgenommen.
Doch halt. Man muss auch berücksichtigen, in welcher Formation Borussia heute auflief. Die Namen der Startelf immer noch erstklassig - doch mit einer ganz neu zusammengewürfelten Innenverteidigung. Ginter und Elvedi verletzt, Jantschke und Beyer angeschlagen auf der Bank - da schlug die Stunde des gerade wiedergenesenen Tobi Strobl, der schon gegen Union zeitweise in die Abwehr rückte (und die Position auch definitiv spielen kann). Und als sein Partner biss sich Ramy Bensebaini ziemlich kompromiss-, wenn auch nicht fehlerlos, gut in die Partie. Ein Grund für seine Verpflichtung im Sommer war ja, dass er eben nicht nur Linksverteidiger ist, sondern auch die Innenverteidigung beherrscht. Das war eine gute Idee.
Dazu kam als dritter in der Kette noch der inzwischen immerhin auf der Position bereits angelernte Denis Zakaria, der diesmal rechts agierte, um zusammen mit Lainer die schnellen Außen aufzufangen. Für solche Herausforderungen hätte Strobl im Zweifel vielleicht ein bisschen Geschwindigkeit gefehlt. Und über die Außen nahm das Verderben im Hinspiel bekanntlich seinen Lauf.
Der Versuch mit Zakaria klappte jedenfalls ganz passabel, besser jedenfalls als im Hinspiel, wo Stefan Lainer zwar unermüdlich rackerte, aber die Löcher auf seiner Seite nicht dicht bekam.
Leider fehlen dafür Zakarias Ballgewinne und einleitende Aktionen weiter vorm im Mittelfeld. Das konnte Jonas Hofmann heute gar nicht kompensieren, Laszlo Benes und Lars Stindl erst in der zweiten Halbzeit.
Da blühte für 20 starke Minuten sogar die ganze Mannschaft auf. Und Initialzündung war eine einzige Szene: Das zu diesem Zeitpunkt eher überraschende Führungstor. Das war über Oscar Wendt richtig gut herausgespielt und gab den Spielern sofort wieder ihre Sicherheit im Passspiel zurück, wie sich in den folgenden Minuten an einer Reihe weiterer toll herauskombinierter erstklassiger Einschusschancen zeigte. Der Rest war gegen einen nachlassenden Gegner fast Routine, auch wenn Wolfsberg ja bis zuletzt die Möglichkeit auf einen Lucky punch hatte, weil der erlösende zweite Treffer nicht fallen wollte.
Ja, Borussia ist in den vergangenen beiden Spielen ein wenig die Leichtigkeit anhanden gekommen, die sie zuvor durch die Spiele getragen hatte. Beides gegen sehr kampfstarke Teams, die es verstanden haben, Plea und Co. die Luft und die Spielfreude zu nehmen. Doch anders als am Sonntag zog sich die Mannschaft nach und nach aus dem Dauerdruck heraus. Sie wehrte sich diesmal erfolgreich, wozu diesmal auch der niederländische Schiedsrichter Gözübüyük beitrug. Der war zwar alles andere als fehlerfrei, fand aber trotzdem eine Linie, die viel Zweikampf erlaubte und doch verhinderte, dass das Spiel dabei ausartete.
Zum Abschluss noch zwei Dinge, die mich heute besonders gefreut haben. Das erste war, dass unsere Fans heute das wohl erste entspannte Fan-Auswärtserlebnis in dieser Euro-League-Saison hatten. Und das zahlten die Auswärtsfahrer so zurück, wie es sein muss: Das disziplinierte Auftreten beim Fanmarsch nötigte selbst der Steiermärker Polizei Hochachtung ab, wie sie auf Twitter wissen ließ. Umso schöner, dass das mit einem Sieg gekrönt werden konnte.
Und dann ist heute Laszlo Benes mein Spieler des Tages gewesen, mit wieder einmal unermüdlichem Einsatz, unerschrockenem Zweikampfverhalten, vielen gut geschlagenen Standards (auch wenn sie nicht erfolgreich waren) und schlauen Spielöffnungen. Heute war wieder sehr deutlich zu sehen, dass er gegen Union im Spiel fehlte. Benes ist nicht immer auffällig, aber unheimlich wichtig für die Balance im Mittelfeld. Ich bin sehr froh, dass Max Eberl mit ihm und mit Flo Neuhaus gleich zwei hervorragende junge Spieler so frühzeitig gebunden hat.
Und jetzt freue ich mich über mindestens zwei Tage als Doppel-Spitzenreiter, hey, hey!
Europa League 2019/20, Gruppenphase, 5. Spieltag: Wolfsberger AC - Borussia Mönchengladbach 0:1 (Tor für Borussia: 0:1 Stindl)
2019-11-23
Vom Eisen aufgerieben
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass man es sich in dieser Liga nicht leisten kann, im Spiel weniger als 100 Prozent der Leistungsfähigkeit auf den Rasen zu bringen - und schon gar nicht gegen einen robusten Gegner wie diesen -, dann wäre er heute erbracht worden. Union Berlin zeigte sich von seiner eisernen Seite und ließ die Borussia kalt abblitzen. Der Sieg des Underdogs war am Ende zweifellos verdient, wenn auch keineswegs unabwendbar. Mehr Glück und besseres Werkzeug hätten die harte Nuss knacken lassen können.
Nun schmilzt der Vorsprung auf Verfolger wie Bayern München zwar (sorry, das musste sein, nach dieser rekordverdächtig häufigen Erwähnung des Wortes "Tabellenführer" durch den Sky-Kommentator, der aber sonst leider so vieles an dem Spiel nicht verstand). Aber das ist egal. Wichtiger ist, dass der VfL ganz schnell aus diesem Samstagnachmittag mitnimmt, woran es lag und wie es besser geht. Denn am Donnerstag ist bei den Wolfsbergern in der Euro League mutmaßlich genau das gleiche Spiel zu erwarten - wie auch am kommenden Wochenende, wenn es gegen die in Zweikämpfen ebenso unangenehmen Freiburger geht.
Denn das - die Zweikampfführung - war heute ganz offensichtlich der Knackpunkt im Spiel. Marco Rose hatte gewarnt - vor dem großen, wuchtigen Kader, den die Unioner sich da zusammengeholt haben, vor der Spielweise, die der von elf Stefan Lainers gleicht. Und vor den klar vorgetragenen, schnörkelosen Angriffen, die oft auf langen Bällen und kopfball- und behauptungsstarken Offensivspielern basieren.
Das alles hatte Gladbach in dieser Saison (bis auf die durchgängige Körpergröße) ja auch schon zu bieten. Und die Rose-Elf ist damit auch bislang gut gefahren, hat einige Gegner in ähnlicher Weise zermürbt und auf die Verliererstraße geschickt. Doch heute war der Gegner sichtlich nicht bereit, zurückzustecken.
Und er hatte einige wichtige Vorteile auf seiner Seite. Zum Beispiel das nötige Glück, das zuletzt im Zweifel ja eher zur Gladbacher Seite neigte. Die Pfostentreffer kann man sicher gegeneinander aufrechnen. Aber dass das Spiel für die Fohlen einfacher geworden wäre, wenn Herrmanns Kopfball ins und nicht ans Tor geklatscht wäre, ist keine allzu verwegene Vermutung.
Insgesamt waren die wenigen Großchancen sehr ausgewogen verteilt, sodass das 2:0 zumindest aus dieser Sicht nicht zwingend war. Doch dass bei den blaugewandeten Gästen heute immer ein kleines Tickchen gefehlt hat, ob bei Pleas toller Chance gegen Torwart Gikiewicz oder in den vielen engen Zweikämpfen, das war sicher der ausschlaggebende Punkt für die dritte Niederlage in der Liga.
Union hat die wenigen klaren Fehler in Borussias Rückwärtsbewegung ziemlich kalt ausgenutzt, beim zweiten Tor natürlich auch mit Glück und der unfreiwilligen Hilfe von Oscar Wendt. Und auf der anderen Seite kamen die Pässe in die gefährlichen Zonen einfach zu oft nicht exakt genug, sodass Thuram und Co. heute viele Möglichkeiten gar nicht erst bekamen.
Solche Spiele haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder gesehen - in Wolfsburg, in Freiburg, in Augsburg oder in Düsseldorf. Und wir haben uns meist - zurecht - darüber richtig geärgert. Heute kann ich die Niederlage besser akzeptieren. Denn der Unterschied zu früher war sichtbar: Die Mannschaft wehrte sich bis zum Schluss gegen die aufziehende Niederlage. Ihr fiel zwar irgendwann nicht mehr ein, wie sie den Gegner spielerisch hätte knacken können. Aber sie versuchte es dennoch unermüdlich weiter. Der Wille, das Spiel zu drehen, war immer spürbar, und auch der Ausgleich wäre bis zum Schluss drin gewesen - das unglücklich zustandegekommene 0:2 lag ja jetzt nicht gerade in der Luft.
Doch wer weiß, wofür es gut ist - die Sportjournalisten haben sich ja schon in den vergangenen zwei Wochen schier überschlagen mit Lobhudeleien über Gladbach. Was wäre wohl gewesen, wenn auch das Spiel noch gedreht worden wäre?
So weiß jeder wieder, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Und vielleicht kommt die Erinnerung daran zur genau richtigen Zeit.
Denn am Donnerstag kann der VfL mit einem Sieg in der Euro League einen großen Schritt zum Weiterkommen machen. Und die Gefahr, dass man den Gegner trotz der Heimpleite im Hinspiel unterschätzen könnte, ist durch die Gladbacher Erfolge der vergangenen Wochen sicher gestiegen, auch wenn man sich das nicht gern eingestehen würde. Zumal Wolfsberg ja gerade auch noch seinen Erfolgstrainer verloren hat.
Nach dem bitteren 0:4 gegen die Österreicher (trotz Roses und Lainers eindringlicher Warnung) startete die Mannschaft vor fast genau zwei Monaten ihren sensationellen Aufschwung. Ab da griffen die Rädchen im Powerfußball-System von Woche zu Woche besser.
Vielleicht brauchte es daher gerade heute die durch Union gelieferte Erinnerung daran, dass Physis-Fußball manchmal brutal all das brechen kann, was man sich so schön als Plan für das Spiel vorgenommen hatte. Denn eins ist klar: Der Versuch, die Eisernen ihrerseits mit frühem und aggressivem Pressing zu Fehlern zu zwingen, ging nur ein paar Minuten auf. Es verkehrte sich sozusagen bisweilen ins Gegenteil, weil Torwart und Abwehrspieler von Union gerade dann konsequent den Weg nach vorne über lange Bälle suchten und dort eben meist einer stand, der mit diesen Bällen etwas anzufangen wusste. Auf der anderen Seite gelang es dem Gegner, die Borussen mit cleveren Laufwegen schon in der eigenen Hälfte häufig zum Quer- oder Rückpass zu zwingen und das Aufbauspiel empfindlich zu stören. Marco Rose hatte sicher einen Plan, wie man dagegen effektiv vorgehen wollte. Allein an der Umsetzung haperte es.
Das hatte, und damit bin ich leider wieder beim Unparteiischen, auch etwas mit dem Fifa-Schiedsrichter Dr. Felix Brych zu tun. Dass er in einer eigenen Welt lebt, was die Beurteilung von Fouls und fairen Zweikämpfen angeht, ist nichts Neues und war doch heute wieder in seiner ganzen Großartigkeit zu beobachten. Sein an sich löblicher Versuch, das Spiel stets möglichst wenig durch Foulpfiffe unterbrechen zu wollen, ist eine gute Idee, wenn sich zwei Teams gegenüber stehen, die spielerische Lösungen bevorzugen - also etwa, wenn sich zwei Favre-Teams treffen würden. Bei Mannschaften, die Zweikämpfe geradezu suchen, wird daraus unter Brych Leitung oft eine ordentliche Treterei, über die er dann aber gerne geflissentlich hinweg sieht.
Ich akzeptiere, dass Mannschaften wie Union die physische Karte spielen (müssen), um das Spiel des Gegners zu zerstören. Es ist auch ok, dass sie dabei in jedem Zweikampf die Grenzen des Erlaubten zu verschieben versuchen, um selbst einen Vorteil daraus zu ziehen. Anders macht es ja ein Stefan Lainer auch nicht.
Der Schiedsrichter ist dann dazu da, Stoppsignale zu setzen. Wenn er das unterlässt, beeinflusst er das Spiel. Und wenn er es einseitig unterlässt, bevorteilt er eine Mannschaft - etwa die vermeintlich spielerisch unterlegene, die auf übertriebene Härte setzt. Heute war das wieder besonders krass am Beispiel von Alassane Plea zu beobachten, der immer wieder ungestraft von hinten in die Beine getreten werden durfte, während Brych ihm arrogant "Weiterspielen" signalisierte - als ob Plea sich grundlos fallenlassen würde. Es wurde insgesamt sehr viel straflos geklammert, gerissen und geschubst oder bei Kopfballduellen gerade bei langen Bällen in den Gegner reingelaufen, was besonders bei Ingvartsen und Ujah in nahezu jeder Szene zu beobachten war. Auch das zermürbt natürlich, vor allem, wenn der Schiri das nicht für ahndenswert hält.
Dass ich mit Brychs Art, Spiele zu leiten, noch irgendwann Frieden schließe, glaube ich nicht. Aber es wäre falsch, ihm die Schuld für die heutige Niederlage zuzuschieben. Das will ich auch nicht. Denn auch die Gladbacher könnten ja cleverer darauf reagieren, wie Brych pfeift. Sie könnten sich in Zweikämpfen besser und robuster zum Gegner stellen. Und sie könnten selbst in den Zweikämpfen die großzügige Auslegung für sich zu nutzen versuchen.
So weit scheinen die vor Rose meist sehr "braven" Gladbacher aber trotz der bisherigen Fortschritte in Sachen spielerische Aggressivität noch nicht zu sein. Am Donnerstag und Sonntag bietet sich immerhin Gelegenheit, daran zu arbeiten - gegen in dieser Hinsicht ziemlich gute Vorbilder. Und bis Brych das nächste Mal auf Gladbach trifft, vergeht hoffentlich möglichst viel Zeit.
Bundesliga 2019/20, 12. Spieltag: FC Union Berlin - Borussia Mönchengladbach 2:0
Nun schmilzt der Vorsprung auf Verfolger wie Bayern München zwar (sorry, das musste sein, nach dieser rekordverdächtig häufigen Erwähnung des Wortes "Tabellenführer" durch den Sky-Kommentator, der aber sonst leider so vieles an dem Spiel nicht verstand). Aber das ist egal. Wichtiger ist, dass der VfL ganz schnell aus diesem Samstagnachmittag mitnimmt, woran es lag und wie es besser geht. Denn am Donnerstag ist bei den Wolfsbergern in der Euro League mutmaßlich genau das gleiche Spiel zu erwarten - wie auch am kommenden Wochenende, wenn es gegen die in Zweikämpfen ebenso unangenehmen Freiburger geht.
Denn das - die Zweikampfführung - war heute ganz offensichtlich der Knackpunkt im Spiel. Marco Rose hatte gewarnt - vor dem großen, wuchtigen Kader, den die Unioner sich da zusammengeholt haben, vor der Spielweise, die der von elf Stefan Lainers gleicht. Und vor den klar vorgetragenen, schnörkelosen Angriffen, die oft auf langen Bällen und kopfball- und behauptungsstarken Offensivspielern basieren.
Das alles hatte Gladbach in dieser Saison (bis auf die durchgängige Körpergröße) ja auch schon zu bieten. Und die Rose-Elf ist damit auch bislang gut gefahren, hat einige Gegner in ähnlicher Weise zermürbt und auf die Verliererstraße geschickt. Doch heute war der Gegner sichtlich nicht bereit, zurückzustecken.
Und er hatte einige wichtige Vorteile auf seiner Seite. Zum Beispiel das nötige Glück, das zuletzt im Zweifel ja eher zur Gladbacher Seite neigte. Die Pfostentreffer kann man sicher gegeneinander aufrechnen. Aber dass das Spiel für die Fohlen einfacher geworden wäre, wenn Herrmanns Kopfball ins und nicht ans Tor geklatscht wäre, ist keine allzu verwegene Vermutung.
Insgesamt waren die wenigen Großchancen sehr ausgewogen verteilt, sodass das 2:0 zumindest aus dieser Sicht nicht zwingend war. Doch dass bei den blaugewandeten Gästen heute immer ein kleines Tickchen gefehlt hat, ob bei Pleas toller Chance gegen Torwart Gikiewicz oder in den vielen engen Zweikämpfen, das war sicher der ausschlaggebende Punkt für die dritte Niederlage in der Liga.
Union hat die wenigen klaren Fehler in Borussias Rückwärtsbewegung ziemlich kalt ausgenutzt, beim zweiten Tor natürlich auch mit Glück und der unfreiwilligen Hilfe von Oscar Wendt. Und auf der anderen Seite kamen die Pässe in die gefährlichen Zonen einfach zu oft nicht exakt genug, sodass Thuram und Co. heute viele Möglichkeiten gar nicht erst bekamen.
Solche Spiele haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder gesehen - in Wolfsburg, in Freiburg, in Augsburg oder in Düsseldorf. Und wir haben uns meist - zurecht - darüber richtig geärgert. Heute kann ich die Niederlage besser akzeptieren. Denn der Unterschied zu früher war sichtbar: Die Mannschaft wehrte sich bis zum Schluss gegen die aufziehende Niederlage. Ihr fiel zwar irgendwann nicht mehr ein, wie sie den Gegner spielerisch hätte knacken können. Aber sie versuchte es dennoch unermüdlich weiter. Der Wille, das Spiel zu drehen, war immer spürbar, und auch der Ausgleich wäre bis zum Schluss drin gewesen - das unglücklich zustandegekommene 0:2 lag ja jetzt nicht gerade in der Luft.
Doch wer weiß, wofür es gut ist - die Sportjournalisten haben sich ja schon in den vergangenen zwei Wochen schier überschlagen mit Lobhudeleien über Gladbach. Was wäre wohl gewesen, wenn auch das Spiel noch gedreht worden wäre?
So weiß jeder wieder, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Und vielleicht kommt die Erinnerung daran zur genau richtigen Zeit.
Denn am Donnerstag kann der VfL mit einem Sieg in der Euro League einen großen Schritt zum Weiterkommen machen. Und die Gefahr, dass man den Gegner trotz der Heimpleite im Hinspiel unterschätzen könnte, ist durch die Gladbacher Erfolge der vergangenen Wochen sicher gestiegen, auch wenn man sich das nicht gern eingestehen würde. Zumal Wolfsberg ja gerade auch noch seinen Erfolgstrainer verloren hat.
Nach dem bitteren 0:4 gegen die Österreicher (trotz Roses und Lainers eindringlicher Warnung) startete die Mannschaft vor fast genau zwei Monaten ihren sensationellen Aufschwung. Ab da griffen die Rädchen im Powerfußball-System von Woche zu Woche besser.
Vielleicht brauchte es daher gerade heute die durch Union gelieferte Erinnerung daran, dass Physis-Fußball manchmal brutal all das brechen kann, was man sich so schön als Plan für das Spiel vorgenommen hatte. Denn eins ist klar: Der Versuch, die Eisernen ihrerseits mit frühem und aggressivem Pressing zu Fehlern zu zwingen, ging nur ein paar Minuten auf. Es verkehrte sich sozusagen bisweilen ins Gegenteil, weil Torwart und Abwehrspieler von Union gerade dann konsequent den Weg nach vorne über lange Bälle suchten und dort eben meist einer stand, der mit diesen Bällen etwas anzufangen wusste. Auf der anderen Seite gelang es dem Gegner, die Borussen mit cleveren Laufwegen schon in der eigenen Hälfte häufig zum Quer- oder Rückpass zu zwingen und das Aufbauspiel empfindlich zu stören. Marco Rose hatte sicher einen Plan, wie man dagegen effektiv vorgehen wollte. Allein an der Umsetzung haperte es.
Das hatte, und damit bin ich leider wieder beim Unparteiischen, auch etwas mit dem Fifa-Schiedsrichter Dr. Felix Brych zu tun. Dass er in einer eigenen Welt lebt, was die Beurteilung von Fouls und fairen Zweikämpfen angeht, ist nichts Neues und war doch heute wieder in seiner ganzen Großartigkeit zu beobachten. Sein an sich löblicher Versuch, das Spiel stets möglichst wenig durch Foulpfiffe unterbrechen zu wollen, ist eine gute Idee, wenn sich zwei Teams gegenüber stehen, die spielerische Lösungen bevorzugen - also etwa, wenn sich zwei Favre-Teams treffen würden. Bei Mannschaften, die Zweikämpfe geradezu suchen, wird daraus unter Brych Leitung oft eine ordentliche Treterei, über die er dann aber gerne geflissentlich hinweg sieht.
Ich akzeptiere, dass Mannschaften wie Union die physische Karte spielen (müssen), um das Spiel des Gegners zu zerstören. Es ist auch ok, dass sie dabei in jedem Zweikampf die Grenzen des Erlaubten zu verschieben versuchen, um selbst einen Vorteil daraus zu ziehen. Anders macht es ja ein Stefan Lainer auch nicht.
Der Schiedsrichter ist dann dazu da, Stoppsignale zu setzen. Wenn er das unterlässt, beeinflusst er das Spiel. Und wenn er es einseitig unterlässt, bevorteilt er eine Mannschaft - etwa die vermeintlich spielerisch unterlegene, die auf übertriebene Härte setzt. Heute war das wieder besonders krass am Beispiel von Alassane Plea zu beobachten, der immer wieder ungestraft von hinten in die Beine getreten werden durfte, während Brych ihm arrogant "Weiterspielen" signalisierte - als ob Plea sich grundlos fallenlassen würde. Es wurde insgesamt sehr viel straflos geklammert, gerissen und geschubst oder bei Kopfballduellen gerade bei langen Bällen in den Gegner reingelaufen, was besonders bei Ingvartsen und Ujah in nahezu jeder Szene zu beobachten war. Auch das zermürbt natürlich, vor allem, wenn der Schiri das nicht für ahndenswert hält.
Dass ich mit Brychs Art, Spiele zu leiten, noch irgendwann Frieden schließe, glaube ich nicht. Aber es wäre falsch, ihm die Schuld für die heutige Niederlage zuzuschieben. Das will ich auch nicht. Denn auch die Gladbacher könnten ja cleverer darauf reagieren, wie Brych pfeift. Sie könnten sich in Zweikämpfen besser und robuster zum Gegner stellen. Und sie könnten selbst in den Zweikämpfen die großzügige Auslegung für sich zu nutzen versuchen.
So weit scheinen die vor Rose meist sehr "braven" Gladbacher aber trotz der bisherigen Fortschritte in Sachen spielerische Aggressivität noch nicht zu sein. Am Donnerstag und Sonntag bietet sich immerhin Gelegenheit, daran zu arbeiten - gegen in dieser Hinsicht ziemlich gute Vorbilder. Und bis Brych das nächste Mal auf Gladbach trifft, vergeht hoffentlich möglichst viel Zeit.
Bundesliga 2019/20, 12. Spieltag: FC Union Berlin - Borussia Mönchengladbach 2:0
2019-11-21
Drittelbilanz I: Hoch die Fahne!
Schon mehrfach hatte ich angesetzt, um eine kleine erste Zwischenbilanz der Rose-Borussia zu ziehen. Doch das enge Spielprogramm fordert nicht nur bei den Akteuren auf dem Platz ihren Tribut. Es fordert auch mich, da ich zu jedem Spiel ja ebenfalls einen Bericht schreibe. So verging die Zeit und auch zwei Länderspielpausen, die ich in dieser Hinsicht zugegebenermaßen auch mal genossen habe.
Inzwischen wir alle, wie es um Borussia steht, nämlich blendend. Und ich will endlich das tun, was ich vorhatte. Ein bisschen eintauchen in die Bilanz des ersten Saisondrittels, das Borussia bravourös absolviert hat: Als unglücklicher Pokalverlierer, als ambitionierter Euro-League-Teilnehmer mit allen Chancen aufs Weiterkommen - und als Tabellenführer der Bundesliga.
Anfangen will ich diesmal etwas ungewöhnlich: mit den Angreifern und denen, die noch keine Rolle gespielt haben. Der Grund ist ein sehr simpler. Dieser Teil war als erstes fertiggeschrieben. Und für einen einzigen Text ist die Aufstellung des Tabellenführers dann doch vielleicht etwas zu lang(atmig).
Die Stammelf
Gefühlt gibt es sie nicht, die Stammelf. Denn kaum ein Spiel endet, ohne dass nicht irgendein Spieler verletzt raus muss oder eine Pause braucht. Doch wie in manchem Spiel hat der VfL bislang trotz der immensen Verletzungsserie doch auch gehöriges Glück gehabt. Denn lange Ausfallzeiten von Schlüsselspielern waren die Ausnahme, manche Verletzung konnte spieltagsfreundlich rechtzeitig wieder auskuriert (oder spielfit "repariert") werden.
Aus diesem Grund gibt es dann doch eine Elf mit Spielern, die alle zehn Bundesligaspiele gemacht haben oder höchstens eins oder zwei verpasst haben: Sommer (10) - Lainer (10), Elvedi (10), Ginter (8), Wendt (9) - Zakaria (10), Benes (9), Neuhaus (9) - Thuram (10), Embolo (9), Plea (8).
Auf der "Bank" wird es dann schon dünner: Kramer und Herrmann haben je 7 Spiele, dann folgen schon unter ferner liefen Raffael (4), Stindl und Johnson (je 3). Bensebaini und Hofmann (je 2) sowie Beyer, Traoré und Strobl (je 1) spielten noch keine tragende Rolle. Das bedeutet natürlich auch, dass die Belastung ungleicher verteilt war als es der breite und recht ausgeglichene Kader im Normalfall hergeben würde.Das wurde allerdings oft kompensiert dadurch, dass der jeweilige Ersatz das Niveau halten konnte.
Ein Prunkstück der bisher erfolgreichsten Bundesligamannschaft der Saison war natürlich die Offensive mit 24 Toren in der Liga. Und der widme ich meinen ersten Teil der Zwischenbilanz.
Lars Stindl: Er war lange nicht da, und ist doch seit seinem Comeback schon wieder kaum wegzudenken aus der Startelf. Lars Stindl, der Kapitän der Mannschaft, übernahm gleich im ersten Rom-Spiel die Verantwortung und knallte den unberechtigten Handelfmeter erbarmungslos ins Tor. Er wird sicher einer sein, der weniger spielt als bisher gewohnt - dazu drängen zu viele Kollegen mit großer Qualität ebenfalls in die Startelf. Aber er wird auch der sein, an dem sich die Mannschaft aufrichten kann, wenn es mal nicht so läuft. Wie wertvoll seine Arbeit mit und gegen den Ball ist, sein giftiges Zweikampfverhalten und auch die Übersicht und die Torgefahr (die er hoffentlich bald wieder effektiver einbringen kann als zuletzt), das muss man niemandem mehr erzählen. Aber auch er wird davon profitieren, dass es kein Risiko ist, an seiner Statt auch jemand anderen öfter spielen zu lassen. Denn das Abrutschen in der Rückrunde hatte natürlich auch damit zu tun, dass einige Schlüsselspieler zu viele Kilometer auf dem Tacho hatten.
Breel Embolo: War es ein Risiko, den wuchtigen Sturmblitz aus Schalke zu holen, nachdem der dort mit einigen langwierigen Verletzungen zu kämpfen hatte? Auf jeden Fall. Doch angesichts der übersichtlichen Ablösesumme und dem Versprechen, das der Schweizer als erst 22-Jähriger zu diesem Zeitpunkt immer noch war, war das ein Risiko, das man einfach in Kauf nehmen musste.
Und so hat Max Eberl wieder einmal alles richtig gemacht, als er im zweiten Anlauf bei Embolo Nägel mit Köpfen machte. Schließlich war Borussia schon vor Embolos Schalke-Wechsel ernsthafter Kandidat für dessen nächsten Karriereschritt gewesen. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob seine jüngste Vergangenheit dann anders verlaufen wäre.
Was zählt ist, dass er seine enormen Fähigkeiten nun im Rautentrikot einbringt. Unsere Nummer 36 ist nicht nur schnell und ein aggressiver Forechecker, er ist im Sprint auch kaum aus dem Tritt zu bringen oder zu foulen. Was er da bisweilen an geschickter Ballführung an den Tag gelegt hat, bewundere ich sehr.
Dass er vor dem Tor in mancher Szene weit weniger filigran mit dem Ball umging und so einige Großchancen ausließ, sollte man ihm nicht nachtragen. Denn das dürfte weniger an seinem Ballgefühl gelegen haben als an der ungewohnten Belastung und der daraus folgenden nachlassenden Konzentration. Breel stieg ja verletzungsbedingt später ins Training ein und musste letztlich aufgrund der Verletztensituation vielleicht manchmal ein bisschen zu viel spielen. Wenn er jetzt zurückkommt und die Verletzungsseuche mal eine Pause macht, könnte er dosierter spielen, ist insgesamt aber auch in der Fitness weiter und sollte vor dem Tor so richtig "explodieren". Ich bin da sehr zuversichtlich, denn der Schweizer bringt alle Voraussetzungen mit für einen Topstürmer in der Liga.
Patrick Herrmann: Was ist doch alles geschrieben worden über Flaco. Mehrfach war er angeblich schon fast weg, kaum einer hätte ihm schon unter Dieter Hecking noch eine tragende Rolle zugetraut, auch ich zeitweise nicht mehr.
Als Marco Rose kam, die gleiche Diskussion: Wo soll Herrmann in diesem System seinen Platz finden? Die Antwort des gebürtigen Saarländers ist beeindruckend. Er machte 7 von 10 Spielen in der Liga und präsentierte sich in einer Form, die er zuletzt wohl in der Anfangsphase des Favreschen Wirkens abrufen konnte.
Gereift, spielfreudig, schnell - und mit einem guten Zusammenwirken mit seinen offensiven Mitspielern. Patrick Herrmann ist nicht nur wegen seiner beiden Tore gegen Augsburg und den Ausgleich in Istanbul ein Gesicht des Gladbacher Höhenfluges. Er ist ein Typ (Flügel-)Stürmer, den Borussia sonst nicht hat.
Und seit er den "Torkomplex" aus der vergangenen Saison überwunden hat, ist er mehr als ein ernsthafter Herausforderer für Thuram, Embolo und Plea. Er hat es selbst in der Hand, sich in der Stammelf festzuspielen. Und wenn er diese Form konstant abrufen könnte, wäre er unter normalen Umständen (bei einem anderen Bundestrainer) sogar wieder eine Option für die DFB-Elf.
Alassane Plea: Vergangene Saison hob der neue Stürmer Borussia in der Hinrunde mit seinen 9 Toren auf ein neues Niveau. In der Rückrunde konnte er seinen Killerinstinkt dann allerdings nicht im gleichen Maße abrufen, auch weil zu viel Verantwortung im Sturm auf ihm allein lag.
In diesem Jahr wirkt der Franzose nochmals athletisch verbessert und dank der breiter aufgestellten Angriffsreihe kann er noch mehr von dem einbringen, was ihn in Nizza neben dem Star Balotelli ebenso ausgezeichnet hatte wie seine Tore - seine Spielmacher- und Vorbereiterqualitäten.
In dieser Saison ist Pleas Spiel längst nicht so auffällig und spektakulär. Aber sein Wert für die Mannschaft ist aus meiner Sicht noch höher. Mit vier Toren und fünf Assists steht er Marcus Thuram in der Statistik letztlich kaum nach, er bindet aber im Spiel immer wieder Gegner, sichert Bälle (wird immer noch sehr oft ungestraft gefoult) und entlastet auf diese Weise seine Mitspieler in vorbildlicher Weise.
Marcus Thuram: Wer Marcus Thuram nicht liebt, hat auch den Fußball nie geliebt. Was für ein menschlicher Volltreffer und was für ein vielversprechender Stürmer!
Er hat sich reinkämpfen müssen in die Liga, in die Laufarbeit, in die dafür notwendige Fitness. Aber seit er da auf einem guten Level ist, kann ihn kaum eine Abwehr stellen. Auch er wird Momente in der Saiosn haben, wo es nicht so nach Plan läuft. Aber er bringt alles mit, um bald schon zu groß für Borussia zu werden. Dessen muss man sich bewusst sein.
Aber das ist eben auch die große Chance, die sich diese Saison auftut. Denn jetzt spielt er hier und er fühlt sich dabei wohl. Der 1,92-Meter-Mann wirkt zwar auf dme Platz manchmal so, als wäre er langsamer als die meisten Abwehrspieler, doch das täuscht. Mit großen Schritten, geschickter Ballbehauptung und ziemlich humorloser Effektivität vor dem Tor hat er sich in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der gesamten Liga und darüber hinaus erarbeitet.
Solange er damit so unbefangen umgeht wie jetzt, wird er noch manchen Fahnentanz aufführen können. Wenn irgendwann der Punkt kommt, wo nicht alles gelingt und er beginnt zu zweifeln, müssen und werden seine Mitspieler einspringen. Denn wie ich es schon an anderer Stelle geschrieben habe: Der Kader ist so ausgeglichen, dass man Leistungslöcher einzelner Spieler auffangen können müsste. Und das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass junge Spieler wie "Tikus" frühzeitig die Pausen bekommen, die sie zwischendurch brauchen werden.
Die Intensität der vergangenen Wochen war da eigentlich schon zu viel und vor allem den Verletzungen von Plea, Embolo, Raffael und Johnson geschuldet. Aber wie Thuram da die Fahne im Sturm im wahrsten Sinne des Wortes hochgehalten hat, war sensationell. Hoffentlich hat er in der Länderspielpause wieder genug Körner eingesammelt für den Jahresendspurt, der ja ebenfalls ziemlich heftig wird.
Raffael und Fabian Johnson haben zwar vier beziehungsweise drei Bundesligaeinsätze auf dem Konto. Doch eine Rolle spielten die beiden noch nicht. Raffael schaffte inklusive zweier Euro-League-Spiele gerade mal gut 100 Spielminuten, und Fabian Johnson war nur in den ersten vier Pflichtspielen eine Option. Da aber zeigte er in Ansätzen, dass man ihn auch im Rose-System als beidfüßigen und schnellen Kombinationsspieler gut gebrauchen kann.
Dass Raffael immer eine Option im Spiel ist, weiß auch jeder. Allerdings lief das schnelle Spiel nach vorne doch oft an ihm vorbei. Um wirklich zu beurteilen, ob der Brasilianer zum Auslaufmodell wird, reichen mir die paar Minuten auf dem Platz aber noch nicht aus. Hier muss das nächste halbe Jahr zeigen, welche Rolle dem Maestro beim VfL noch zukommt.
Louis Jordan Beyer, Ibrahima Traoré und Tobias Strobl habe ich aus der Bewertung diesmal herausgelassen, weil sie einfach bislang vor allem wegen ihrer Verletzungen keine Rolle spielten. Dass sie natürlich Alternativen sind, jetzt, wo sie wieder fit sind, ist ebenso klar.
Vor allem bieten Traoré und Strobl jeweils nochmal einen etwas anderen Spielertyp als die anderen, die derzeit auf ihrer Position die Nase vorn haben.
Und dass man bedenkenlos auf Youngster Beyer setzen kann, hat er bei seinen Einsätzen gegen Frankfurt und im Pokalspiel gegen Dortmund einmal mehr bewiesen.
Im Wartestand:
Während Mamadou Doucouré große Fortschritte gemacht hat und vielleicht in absehbarer Zeit dann doch endlich zum Bundesligadebüt kommt, gibt es andere, deren Entwicklung - von außen beobachtet - bestenfalls stagniert.
Julio Villalba macht nach wie vor einen sehr sympathischen Eindruck und er ist sicher ein guter Stürmer. Doch seit er in Gladbach ist, läuft es nicht für ihn. Die Spielpraxis ist katastrophal. Da er nicht in der U23 spielen darf, ist er auf Testspiele angewiesen. Seine Verletzungsanfälligkeit verhinderte meist auch noch das. Ich bin gespannt, was sich in dieser Personalie tun wird. Denn so ist es für beide Seiten doch nicht zufriedenstellend.
Torben Müsel war schon mal ganz nah dran an der Mannschaft. Doch mit den offensiven Verstärkungen im Sommer und einigen Blessuren und Verletzungen ist der Kaderplatz für den schlaksigen Offensivspieler wieder in weite Ferne gerückt. Perspektive: eher dünn.
Gleiches gilt für Keanan Bennetts. Der 20-Jährige ist mir seiner Schnnelligkeit und Spielanlage eigentlich prädestiniert für Roses Spielansatz. Doch bevor er sich eine Chance erarbeiten konnte, riss ihn eine schwere Verletzung aus dem Geschehen. Er wird also eine Weile brauchen, bis er den nächsten Anlauf machen kann.
Nicht viel besser sieht es bei Andreas Poulsen aus. In der dänischen U21 beweist er sein Können, doch bei den Profis stehen in Wendt und Bensebaini nun zwei Konkurrenten vor ihm, an denen er aus meiner sicht in dieser Saison nicht vorbeikommen wird. Erst wenn Oscar geht, könnten auch seine Aussichten auf Bundesligaeinsätze besser werden. Aber da Poulsen zudem noch mit einem Bänderriss von der Nationalmannschaft zurückkehrte, wird sich da in näherer Zukunft wohl nicht viel tun, selbst wenn sich einer der beiden anderen verletzen sollte. Schade für ihn.
Inzwischen wir alle, wie es um Borussia steht, nämlich blendend. Und ich will endlich das tun, was ich vorhatte. Ein bisschen eintauchen in die Bilanz des ersten Saisondrittels, das Borussia bravourös absolviert hat: Als unglücklicher Pokalverlierer, als ambitionierter Euro-League-Teilnehmer mit allen Chancen aufs Weiterkommen - und als Tabellenführer der Bundesliga.
Anfangen will ich diesmal etwas ungewöhnlich: mit den Angreifern und denen, die noch keine Rolle gespielt haben. Der Grund ist ein sehr simpler. Dieser Teil war als erstes fertiggeschrieben. Und für einen einzigen Text ist die Aufstellung des Tabellenführers dann doch vielleicht etwas zu lang(atmig).
Die Stammelf
Gefühlt gibt es sie nicht, die Stammelf. Denn kaum ein Spiel endet, ohne dass nicht irgendein Spieler verletzt raus muss oder eine Pause braucht. Doch wie in manchem Spiel hat der VfL bislang trotz der immensen Verletzungsserie doch auch gehöriges Glück gehabt. Denn lange Ausfallzeiten von Schlüsselspielern waren die Ausnahme, manche Verletzung konnte spieltagsfreundlich rechtzeitig wieder auskuriert (oder spielfit "repariert") werden.
Aus diesem Grund gibt es dann doch eine Elf mit Spielern, die alle zehn Bundesligaspiele gemacht haben oder höchstens eins oder zwei verpasst haben: Sommer (10) - Lainer (10), Elvedi (10), Ginter (8), Wendt (9) - Zakaria (10), Benes (9), Neuhaus (9) - Thuram (10), Embolo (9), Plea (8).
Auf der "Bank" wird es dann schon dünner: Kramer und Herrmann haben je 7 Spiele, dann folgen schon unter ferner liefen Raffael (4), Stindl und Johnson (je 3). Bensebaini und Hofmann (je 2) sowie Beyer, Traoré und Strobl (je 1) spielten noch keine tragende Rolle. Das bedeutet natürlich auch, dass die Belastung ungleicher verteilt war als es der breite und recht ausgeglichene Kader im Normalfall hergeben würde.Das wurde allerdings oft kompensiert dadurch, dass der jeweilige Ersatz das Niveau halten konnte.
Ein Prunkstück der bisher erfolgreichsten Bundesligamannschaft der Saison war natürlich die Offensive mit 24 Toren in der Liga. Und der widme ich meinen ersten Teil der Zwischenbilanz.
Lars Stindl: Er war lange nicht da, und ist doch seit seinem Comeback schon wieder kaum wegzudenken aus der Startelf. Lars Stindl, der Kapitän der Mannschaft, übernahm gleich im ersten Rom-Spiel die Verantwortung und knallte den unberechtigten Handelfmeter erbarmungslos ins Tor. Er wird sicher einer sein, der weniger spielt als bisher gewohnt - dazu drängen zu viele Kollegen mit großer Qualität ebenfalls in die Startelf. Aber er wird auch der sein, an dem sich die Mannschaft aufrichten kann, wenn es mal nicht so läuft. Wie wertvoll seine Arbeit mit und gegen den Ball ist, sein giftiges Zweikampfverhalten und auch die Übersicht und die Torgefahr (die er hoffentlich bald wieder effektiver einbringen kann als zuletzt), das muss man niemandem mehr erzählen. Aber auch er wird davon profitieren, dass es kein Risiko ist, an seiner Statt auch jemand anderen öfter spielen zu lassen. Denn das Abrutschen in der Rückrunde hatte natürlich auch damit zu tun, dass einige Schlüsselspieler zu viele Kilometer auf dem Tacho hatten.
Breel Embolo: War es ein Risiko, den wuchtigen Sturmblitz aus Schalke zu holen, nachdem der dort mit einigen langwierigen Verletzungen zu kämpfen hatte? Auf jeden Fall. Doch angesichts der übersichtlichen Ablösesumme und dem Versprechen, das der Schweizer als erst 22-Jähriger zu diesem Zeitpunkt immer noch war, war das ein Risiko, das man einfach in Kauf nehmen musste.
Und so hat Max Eberl wieder einmal alles richtig gemacht, als er im zweiten Anlauf bei Embolo Nägel mit Köpfen machte. Schließlich war Borussia schon vor Embolos Schalke-Wechsel ernsthafter Kandidat für dessen nächsten Karriereschritt gewesen. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob seine jüngste Vergangenheit dann anders verlaufen wäre.
Was zählt ist, dass er seine enormen Fähigkeiten nun im Rautentrikot einbringt. Unsere Nummer 36 ist nicht nur schnell und ein aggressiver Forechecker, er ist im Sprint auch kaum aus dem Tritt zu bringen oder zu foulen. Was er da bisweilen an geschickter Ballführung an den Tag gelegt hat, bewundere ich sehr.
Dass er vor dem Tor in mancher Szene weit weniger filigran mit dem Ball umging und so einige Großchancen ausließ, sollte man ihm nicht nachtragen. Denn das dürfte weniger an seinem Ballgefühl gelegen haben als an der ungewohnten Belastung und der daraus folgenden nachlassenden Konzentration. Breel stieg ja verletzungsbedingt später ins Training ein und musste letztlich aufgrund der Verletztensituation vielleicht manchmal ein bisschen zu viel spielen. Wenn er jetzt zurückkommt und die Verletzungsseuche mal eine Pause macht, könnte er dosierter spielen, ist insgesamt aber auch in der Fitness weiter und sollte vor dem Tor so richtig "explodieren". Ich bin da sehr zuversichtlich, denn der Schweizer bringt alle Voraussetzungen mit für einen Topstürmer in der Liga.
Patrick Herrmann: Was ist doch alles geschrieben worden über Flaco. Mehrfach war er angeblich schon fast weg, kaum einer hätte ihm schon unter Dieter Hecking noch eine tragende Rolle zugetraut, auch ich zeitweise nicht mehr.
Als Marco Rose kam, die gleiche Diskussion: Wo soll Herrmann in diesem System seinen Platz finden? Die Antwort des gebürtigen Saarländers ist beeindruckend. Er machte 7 von 10 Spielen in der Liga und präsentierte sich in einer Form, die er zuletzt wohl in der Anfangsphase des Favreschen Wirkens abrufen konnte.
Gereift, spielfreudig, schnell - und mit einem guten Zusammenwirken mit seinen offensiven Mitspielern. Patrick Herrmann ist nicht nur wegen seiner beiden Tore gegen Augsburg und den Ausgleich in Istanbul ein Gesicht des Gladbacher Höhenfluges. Er ist ein Typ (Flügel-)Stürmer, den Borussia sonst nicht hat.
Und seit er den "Torkomplex" aus der vergangenen Saison überwunden hat, ist er mehr als ein ernsthafter Herausforderer für Thuram, Embolo und Plea. Er hat es selbst in der Hand, sich in der Stammelf festzuspielen. Und wenn er diese Form konstant abrufen könnte, wäre er unter normalen Umständen (bei einem anderen Bundestrainer) sogar wieder eine Option für die DFB-Elf.
Alassane Plea: Vergangene Saison hob der neue Stürmer Borussia in der Hinrunde mit seinen 9 Toren auf ein neues Niveau. In der Rückrunde konnte er seinen Killerinstinkt dann allerdings nicht im gleichen Maße abrufen, auch weil zu viel Verantwortung im Sturm auf ihm allein lag.
In diesem Jahr wirkt der Franzose nochmals athletisch verbessert und dank der breiter aufgestellten Angriffsreihe kann er noch mehr von dem einbringen, was ihn in Nizza neben dem Star Balotelli ebenso ausgezeichnet hatte wie seine Tore - seine Spielmacher- und Vorbereiterqualitäten.
In dieser Saison ist Pleas Spiel längst nicht so auffällig und spektakulär. Aber sein Wert für die Mannschaft ist aus meiner Sicht noch höher. Mit vier Toren und fünf Assists steht er Marcus Thuram in der Statistik letztlich kaum nach, er bindet aber im Spiel immer wieder Gegner, sichert Bälle (wird immer noch sehr oft ungestraft gefoult) und entlastet auf diese Weise seine Mitspieler in vorbildlicher Weise.
Marcus Thuram: Wer Marcus Thuram nicht liebt, hat auch den Fußball nie geliebt. Was für ein menschlicher Volltreffer und was für ein vielversprechender Stürmer!
Er hat sich reinkämpfen müssen in die Liga, in die Laufarbeit, in die dafür notwendige Fitness. Aber seit er da auf einem guten Level ist, kann ihn kaum eine Abwehr stellen. Auch er wird Momente in der Saiosn haben, wo es nicht so nach Plan läuft. Aber er bringt alles mit, um bald schon zu groß für Borussia zu werden. Dessen muss man sich bewusst sein.
Aber das ist eben auch die große Chance, die sich diese Saison auftut. Denn jetzt spielt er hier und er fühlt sich dabei wohl. Der 1,92-Meter-Mann wirkt zwar auf dme Platz manchmal so, als wäre er langsamer als die meisten Abwehrspieler, doch das täuscht. Mit großen Schritten, geschickter Ballbehauptung und ziemlich humorloser Effektivität vor dem Tor hat er sich in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der gesamten Liga und darüber hinaus erarbeitet.
Solange er damit so unbefangen umgeht wie jetzt, wird er noch manchen Fahnentanz aufführen können. Wenn irgendwann der Punkt kommt, wo nicht alles gelingt und er beginnt zu zweifeln, müssen und werden seine Mitspieler einspringen. Denn wie ich es schon an anderer Stelle geschrieben habe: Der Kader ist so ausgeglichen, dass man Leistungslöcher einzelner Spieler auffangen können müsste. Und das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass junge Spieler wie "Tikus" frühzeitig die Pausen bekommen, die sie zwischendurch brauchen werden.
Die Intensität der vergangenen Wochen war da eigentlich schon zu viel und vor allem den Verletzungen von Plea, Embolo, Raffael und Johnson geschuldet. Aber wie Thuram da die Fahne im Sturm im wahrsten Sinne des Wortes hochgehalten hat, war sensationell. Hoffentlich hat er in der Länderspielpause wieder genug Körner eingesammelt für den Jahresendspurt, der ja ebenfalls ziemlich heftig wird.
Raffael und Fabian Johnson haben zwar vier beziehungsweise drei Bundesligaeinsätze auf dem Konto. Doch eine Rolle spielten die beiden noch nicht. Raffael schaffte inklusive zweier Euro-League-Spiele gerade mal gut 100 Spielminuten, und Fabian Johnson war nur in den ersten vier Pflichtspielen eine Option. Da aber zeigte er in Ansätzen, dass man ihn auch im Rose-System als beidfüßigen und schnellen Kombinationsspieler gut gebrauchen kann.
Dass Raffael immer eine Option im Spiel ist, weiß auch jeder. Allerdings lief das schnelle Spiel nach vorne doch oft an ihm vorbei. Um wirklich zu beurteilen, ob der Brasilianer zum Auslaufmodell wird, reichen mir die paar Minuten auf dem Platz aber noch nicht aus. Hier muss das nächste halbe Jahr zeigen, welche Rolle dem Maestro beim VfL noch zukommt.
Louis Jordan Beyer, Ibrahima Traoré und Tobias Strobl habe ich aus der Bewertung diesmal herausgelassen, weil sie einfach bislang vor allem wegen ihrer Verletzungen keine Rolle spielten. Dass sie natürlich Alternativen sind, jetzt, wo sie wieder fit sind, ist ebenso klar.
Vor allem bieten Traoré und Strobl jeweils nochmal einen etwas anderen Spielertyp als die anderen, die derzeit auf ihrer Position die Nase vorn haben.
Und dass man bedenkenlos auf Youngster Beyer setzen kann, hat er bei seinen Einsätzen gegen Frankfurt und im Pokalspiel gegen Dortmund einmal mehr bewiesen.
Im Wartestand:
Während Mamadou Doucouré große Fortschritte gemacht hat und vielleicht in absehbarer Zeit dann doch endlich zum Bundesligadebüt kommt, gibt es andere, deren Entwicklung - von außen beobachtet - bestenfalls stagniert.
Julio Villalba macht nach wie vor einen sehr sympathischen Eindruck und er ist sicher ein guter Stürmer. Doch seit er in Gladbach ist, läuft es nicht für ihn. Die Spielpraxis ist katastrophal. Da er nicht in der U23 spielen darf, ist er auf Testspiele angewiesen. Seine Verletzungsanfälligkeit verhinderte meist auch noch das. Ich bin gespannt, was sich in dieser Personalie tun wird. Denn so ist es für beide Seiten doch nicht zufriedenstellend.
Torben Müsel war schon mal ganz nah dran an der Mannschaft. Doch mit den offensiven Verstärkungen im Sommer und einigen Blessuren und Verletzungen ist der Kaderplatz für den schlaksigen Offensivspieler wieder in weite Ferne gerückt. Perspektive: eher dünn.
Gleiches gilt für Keanan Bennetts. Der 20-Jährige ist mir seiner Schnnelligkeit und Spielanlage eigentlich prädestiniert für Roses Spielansatz. Doch bevor er sich eine Chance erarbeiten konnte, riss ihn eine schwere Verletzung aus dem Geschehen. Er wird also eine Weile brauchen, bis er den nächsten Anlauf machen kann.
Nicht viel besser sieht es bei Andreas Poulsen aus. In der dänischen U21 beweist er sein Können, doch bei den Profis stehen in Wendt und Bensebaini nun zwei Konkurrenten vor ihm, an denen er aus meiner sicht in dieser Saison nicht vorbeikommen wird. Erst wenn Oscar geht, könnten auch seine Aussichten auf Bundesligaeinsätze besser werden. Aber da Poulsen zudem noch mit einem Bänderriss von der Nationalmannschaft zurückkehrte, wird sich da in näherer Zukunft wohl nicht viel tun, selbst wenn sich einer der beiden anderen verletzen sollte. Schade für ihn.
2019-11-11
Like a Spitzenreiter
Was für eine Woche! Drei sehr unterschiedliche, höchst beeindruckende Siege, und das am Ende einer Sieben-Spiele-Serie innerhalb von 22 Tagen. Ja, heute war phasenweise der Substanzverlust schon deutlich zu bemerken, aber die Mannschaft ließ dem Gegner dennoch kaum Spielraum, das auszunutzen. Das ist Spitzenreiterlike - und das ist das, was Borussia in den vergangenen Jahren das eine oder andere Mal vermissen ließ, als es drauf ankam.
Heute will ich nicht viel kritisieren. Natürlich gab es Dinge, die in anderen Spielen vielleicht nach hinten losgehen. Aber das muss man dem immer wieder durch Verletzungen dezimierten, und doch immer noch wahnsinnig laufstarken Team einfach mal zubilligen. Die Bremer verstanden es immer wieder sehr geschickt, in gute Kontersituationen zu kommen und erspielten sich eine Reihe richtig guter Chancen. Um Gegentore da abzuwenden, brauchte es schon einen Yann Sommer in Weltklasseform und das eine oder andere Mal auch Glück. Sonst hätte das Spiel auch kippen können.
Sicher hätten einige Angriffe besser abgeschlossen werden können, um die nie aufgebenden Bremer endgültig auf die Verliererstraße zu schicken. Aber es war auch in Ordnung so, denn ein höherer Sieg wäre der Leistung des Gegners dann auch nicht angemessen gewesen.
Natürlich wäre Yann Sommer das Zu-Null heute besonders zu gönnen gewesen, wenn er sogar schon einen Elfmeter hält, und das in dieser entscheidenden Phase des Spiels, als Gladbach etwas wackelte. Man kann durchaus auch monieren, dass in der letzten Minute der Nachspielzeit - in Unterzahl - ein Risikopass an den gegnerischen Strafraum gespielt und der Ball verloren wird, sodass Bittencourt unserem Goalie mit dem Treffer zum Schlusspfiff überhaupt noch die weiße Weste versauen konnte.
Und sicher kann man sich über die völlig unnötige Aktion ärgern, mit der sich Ramy Bensebaini nach einem richtig guten Spiel kurz vor Ende seinen ersten Platzverweis in der Bundesliga einfing.
Aber ich finde, heute kann man es auch einmal dabei belassen, sich zu freuen, dass die Rose-Elf diese wichtige Phase in der Saison bravourös durchgestanden und veredelt hat. Vier Punkte Abstand auf Platz zwei, das bedeutet, dass uns die Tabellenführung auch nach dem 12. Spieltag noch sicher ist. Fünf Spieltage steht das Team jetzt bereits auf dem Platz an der Sonne, und der Abstand ist erstaunlicherweise nur größer geworden. Das ist einfach nur "supercalifragilistic-expialigetisch", wenn ihr versteht, was ich meine.
Das wiederum kann man vom Sportsfreund Tobias Stieler und seinem Team leider nicht sagen. Dabei machte der es eine Halbzeit lang so gut, dass ich meine über die Jahre gut gereiften Vorbehalte schon überprüfen wollte. Er nahm nach Hinweis des VAR (und entsprechend vehementen Protesten der Gladbacher) das Tor der Bremer zu Recht zurück, weil zuvor Rashica Zakaria gefoult hatte. Viel zu oft spielen solche Fouls bei Ballgewinnen im Mittelfeld für die Bewertung eines Tores ja keine Rolle. Diesmal war es anders und das war gut so. Stieler hatte auch sonst eine großzügige Auslegung, lag auf beiden Seiten aber meist richtig damit.
Davon blieb in Halbzeit zwei nicht mehr viel übrig. Die Pfiffe wurden unberechenbarer, und mit zwei Fehlentscheidungen nahm er dann beinahe entscheidenden Einfluss auf das Spiel.
Zuerst mit dem zweiten Videobeweis, der zum Elfmeter führte. Vielleicht fühlte sich der Schiri ja mit dem zurückgenommenen Tor unterbewusst doch nicht so wohl. Anders ist für mich die Entscheidung in der 50. Minute nicht erklärbar.
In der Zeitlupe sieht man sehr deutlich, dass Bensebaini durch einen Gegenspieler geschubst wird, dadurch die Balance verliert und nur deshalb Osako unabsichtlich auf den Fuß tritt. Wenn man diesen kausalen Zusammenhang als Schiedsrichter nicht sieht, erstaunt mich das sehr.
Dazu kommt, dass diese Aktion mit dem Kampf um den Ball rein gar nichts zu tun hatte. Ich weiß, das ist kein Ausschlusskriterium für einen Foulpfiff. Doch wenn solche Szenen abseits jeder Torgefahr und des Zweikampfs um den Ball jetzt zu Elfmetern führen, müsste es nach nahezu jeder Standardsituation in Tornähe Elfmeter geben, weil irgendwo immer irgendwer zu Boden gerungen wird. In diesem Spiel zum Beispiel in der ersten Hälfte, als Marcus Thuram von Osako schmerzhaft im Gesicht getroffen wurde und zu Boden ging.
Damit nicht genug. Für dieses harmlose "Vergehen", das Stieler sich mehrfach in aller Ruhe am Fernseher ansehen konnte, gab es für Bensebaini dann auch noch Gelb. Das ist der noch größere Witz als die Elfmeterentscheidung. Und natürlich rege ich mich nur deshalb so darüber auf, weil dies später die bekannten Konsequenzen (Gelb-Rot) hatte. Nach meinem Wissen gibt es zusätzlich zum Elfmeter dann Gelb, wenn das Foul rücksichtslos war (war es nicht), wenn es Foul ballorientiert war und eine klare Torchance verhindert (war es nicht) oder wenn das Foul nicht ballorientiert war (wie in diesem Fall) und damit ein aussichtsreicher Angriff vereitelt wurde (wurde es nicht). Warum also Gelb für Bensebaini? Das weiß nur der Schiedsrichter.
Sein Geheimnis bleibt wohl auch, warum er kurz nach dem Elfmeter Nuri Sahin für ein taktisches und rücksichtsloses Foul von hinten auf den Knöchel von Laszlo Benes nur Gelb zeigte und nicht Rot - obwohl dafür alle Kriterien erfüllt waren. In diesem Fall war offenbar auch der sonst sehr akribische VAR nicht zu einem Hinweis an Stieler bereit. Es ist äußerst ärgerlich, wenn ein Spieler dadurch möglicherweise schwerer verletzt ausscheidet und der Übeltäter so leicht davon kommt. Denn er wird dann auch beim nächsten Mal wieder so in den Mann reinspringen.
Damit bin ich auch bei den Wermutstropfen des heutigen Spiels. Man kann ja schon die Uhr danach stellen, dass ein Gladbacher so um die 30. Minute verletzt vom Feld muss und der zweite in der frühen zweiten Halbzeit. Heute erwischte es Christoph Kramer und Benes. Wollen wir hoffen, dass beide in zwei Wochen wieder hergestellt sind. Denn durch Bensebainis Sperre und die vielen angeschlagenen Spieler wird die Aufgabe trotz der Verschnaufpause in den nächsten Tage nicht einfacher. Wie die Mannschaft und der Trainerstab damit aber umgehen, ist wirklich bärenstark. Fällt einer aus, rückt der nächste nach. Und jeder weiß sofort zu überzeugen. Man kann wirklich derzeit stolz sein auf Borussia und die Klassemannschaft, die sich hier gefunden hat. Und das ist ein Gefühl, das man nicht mehr missen möchte.
Bundesliga 2019/20, 11. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Werder Bremen 3:1 (Tore für Borussia: 1:0 Bensebaini, 2:0 Herrmann, 3:0 Herrmann)
Heute will ich nicht viel kritisieren. Natürlich gab es Dinge, die in anderen Spielen vielleicht nach hinten losgehen. Aber das muss man dem immer wieder durch Verletzungen dezimierten, und doch immer noch wahnsinnig laufstarken Team einfach mal zubilligen. Die Bremer verstanden es immer wieder sehr geschickt, in gute Kontersituationen zu kommen und erspielten sich eine Reihe richtig guter Chancen. Um Gegentore da abzuwenden, brauchte es schon einen Yann Sommer in Weltklasseform und das eine oder andere Mal auch Glück. Sonst hätte das Spiel auch kippen können.
Sicher hätten einige Angriffe besser abgeschlossen werden können, um die nie aufgebenden Bremer endgültig auf die Verliererstraße zu schicken. Aber es war auch in Ordnung so, denn ein höherer Sieg wäre der Leistung des Gegners dann auch nicht angemessen gewesen.
Natürlich wäre Yann Sommer das Zu-Null heute besonders zu gönnen gewesen, wenn er sogar schon einen Elfmeter hält, und das in dieser entscheidenden Phase des Spiels, als Gladbach etwas wackelte. Man kann durchaus auch monieren, dass in der letzten Minute der Nachspielzeit - in Unterzahl - ein Risikopass an den gegnerischen Strafraum gespielt und der Ball verloren wird, sodass Bittencourt unserem Goalie mit dem Treffer zum Schlusspfiff überhaupt noch die weiße Weste versauen konnte.
Und sicher kann man sich über die völlig unnötige Aktion ärgern, mit der sich Ramy Bensebaini nach einem richtig guten Spiel kurz vor Ende seinen ersten Platzverweis in der Bundesliga einfing.
Aber ich finde, heute kann man es auch einmal dabei belassen, sich zu freuen, dass die Rose-Elf diese wichtige Phase in der Saison bravourös durchgestanden und veredelt hat. Vier Punkte Abstand auf Platz zwei, das bedeutet, dass uns die Tabellenführung auch nach dem 12. Spieltag noch sicher ist. Fünf Spieltage steht das Team jetzt bereits auf dem Platz an der Sonne, und der Abstand ist erstaunlicherweise nur größer geworden. Das ist einfach nur "supercalifragilistic-expialigetisch", wenn ihr versteht, was ich meine.
Das wiederum kann man vom Sportsfreund Tobias Stieler und seinem Team leider nicht sagen. Dabei machte der es eine Halbzeit lang so gut, dass ich meine über die Jahre gut gereiften Vorbehalte schon überprüfen wollte. Er nahm nach Hinweis des VAR (und entsprechend vehementen Protesten der Gladbacher) das Tor der Bremer zu Recht zurück, weil zuvor Rashica Zakaria gefoult hatte. Viel zu oft spielen solche Fouls bei Ballgewinnen im Mittelfeld für die Bewertung eines Tores ja keine Rolle. Diesmal war es anders und das war gut so. Stieler hatte auch sonst eine großzügige Auslegung, lag auf beiden Seiten aber meist richtig damit.
Davon blieb in Halbzeit zwei nicht mehr viel übrig. Die Pfiffe wurden unberechenbarer, und mit zwei Fehlentscheidungen nahm er dann beinahe entscheidenden Einfluss auf das Spiel.
Zuerst mit dem zweiten Videobeweis, der zum Elfmeter führte. Vielleicht fühlte sich der Schiri ja mit dem zurückgenommenen Tor unterbewusst doch nicht so wohl. Anders ist für mich die Entscheidung in der 50. Minute nicht erklärbar.
In der Zeitlupe sieht man sehr deutlich, dass Bensebaini durch einen Gegenspieler geschubst wird, dadurch die Balance verliert und nur deshalb Osako unabsichtlich auf den Fuß tritt. Wenn man diesen kausalen Zusammenhang als Schiedsrichter nicht sieht, erstaunt mich das sehr.
Dazu kommt, dass diese Aktion mit dem Kampf um den Ball rein gar nichts zu tun hatte. Ich weiß, das ist kein Ausschlusskriterium für einen Foulpfiff. Doch wenn solche Szenen abseits jeder Torgefahr und des Zweikampfs um den Ball jetzt zu Elfmetern führen, müsste es nach nahezu jeder Standardsituation in Tornähe Elfmeter geben, weil irgendwo immer irgendwer zu Boden gerungen wird. In diesem Spiel zum Beispiel in der ersten Hälfte, als Marcus Thuram von Osako schmerzhaft im Gesicht getroffen wurde und zu Boden ging.
Damit nicht genug. Für dieses harmlose "Vergehen", das Stieler sich mehrfach in aller Ruhe am Fernseher ansehen konnte, gab es für Bensebaini dann auch noch Gelb. Das ist der noch größere Witz als die Elfmeterentscheidung. Und natürlich rege ich mich nur deshalb so darüber auf, weil dies später die bekannten Konsequenzen (Gelb-Rot) hatte. Nach meinem Wissen gibt es zusätzlich zum Elfmeter dann Gelb, wenn das Foul rücksichtslos war (war es nicht), wenn es Foul ballorientiert war und eine klare Torchance verhindert (war es nicht) oder wenn das Foul nicht ballorientiert war (wie in diesem Fall) und damit ein aussichtsreicher Angriff vereitelt wurde (wurde es nicht). Warum also Gelb für Bensebaini? Das weiß nur der Schiedsrichter.
Sein Geheimnis bleibt wohl auch, warum er kurz nach dem Elfmeter Nuri Sahin für ein taktisches und rücksichtsloses Foul von hinten auf den Knöchel von Laszlo Benes nur Gelb zeigte und nicht Rot - obwohl dafür alle Kriterien erfüllt waren. In diesem Fall war offenbar auch der sonst sehr akribische VAR nicht zu einem Hinweis an Stieler bereit. Es ist äußerst ärgerlich, wenn ein Spieler dadurch möglicherweise schwerer verletzt ausscheidet und der Übeltäter so leicht davon kommt. Denn er wird dann auch beim nächsten Mal wieder so in den Mann reinspringen.
Damit bin ich auch bei den Wermutstropfen des heutigen Spiels. Man kann ja schon die Uhr danach stellen, dass ein Gladbacher so um die 30. Minute verletzt vom Feld muss und der zweite in der frühen zweiten Halbzeit. Heute erwischte es Christoph Kramer und Benes. Wollen wir hoffen, dass beide in zwei Wochen wieder hergestellt sind. Denn durch Bensebainis Sperre und die vielen angeschlagenen Spieler wird die Aufgabe trotz der Verschnaufpause in den nächsten Tage nicht einfacher. Wie die Mannschaft und der Trainerstab damit aber umgehen, ist wirklich bärenstark. Fällt einer aus, rückt der nächste nach. Und jeder weiß sofort zu überzeugen. Man kann wirklich derzeit stolz sein auf Borussia und die Klassemannschaft, die sich hier gefunden hat. Und das ist ein Gefühl, das man nicht mehr missen möchte.
Bundesliga 2019/20, 11. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Werder Bremen 3:1 (Tore für Borussia: 1:0 Bensebaini, 2:0 Herrmann, 3:0 Herrmann)
2019-11-08
Forza Borussia!
Der Wahnsinn geht weiter. Und ich stehe fassungslos vor dem, was da heute wieder passiert ist. Es scheint, als könne diese Mannschaft nichts erschüttern. Nicht die lange Verletztenliste, die jedes Spiel um mindestens einen Spieler erweitert wird, und die verhindert, dass sich eine wirkliche Stammelf herauskristallisiert. Nicht die merkliche Müdigkeit, die sich nach sechs Spielen im Drei-Tage-Rhythmus zwingend einstellen muss. Nicht die Nackenschläge, etwa in Form von vermeidbaren Gegentoren, denen man dann erneut hinterherlaufen muss. Nicht die seltsamen Schiris in der Euro League, die dringend einen VAR zur Aufsicht nötig hätten.
Borussia Mönchengladbach hat sich innerhalb von guten vier Monaten entscheidend verändert. Aus dem Team, das Herzen erobern kann und am Ende doch immer im entscheidenden Moment verliert, ist das Team geworden, das Herzen im Sturm erobert und dann auch noch das bessere Ende für sich hat. Ich gebe zu, daran muss ich mich erst gewöhnen und ich warte insgeheim auf den Moment, an dem die Glückssträhne reißt oder ich aus meinem Traum aufwache. Wobei es natürlich nicht nur reines Glück ist, was dem VfL derzeit zur Seite steht. Es ist verdientes Glück, tapfer und teuer erkämpft und bezahlt. Und dieser Einsatz wird irgendwann seinen Tribut fordern. Darauf muss jeder gefasst sein.
Sicher, in Rom hatten wir Glück mit dem späten Elfmeter. Und heute hätte die zweite Hälfte auch ganz bitter werden können. Denn vor und nach dem fast absehbaren Ausgleichstor schien es doch so, als käme der Energiespeicher nicht mehr ganz nach mit der Versorgung der Akkus von Zakaria und Co. Sie schienen müder zu werden, liefen für ein paar Minuten den cleverer auftretenden Römern hinterher und mussten sich auf die sehr wichtigen, aber engen Zweikampfgewinne von Elvedi, Ginter, Lainer, Bensebaini und auf die Reflexe von Yann Sommer verlassen, um nicht mit ganz leeren Händen dazustehen.
Aber was Marcus Thuram und seine Mitspieler in der ersten Halbzeit (und phasenweise auch in der zweiten) mit Rom gemacht haben, das war allererste Sahne. Eine so erfahrene Mannschaft im eigenen Strafraum so unter Druck zu setzen, sie minutenlang daran zu hindern, auch nur einen vernünftigen Ball aus der eigenen Hälfte herauszubringen - das war bärenstark. In den ersten fünf Minuten nach dem Wiederanpfiff gelang dem VfL gleich nochmal so ein Powerpressing, das die Leute von den Sitzen riss. Doch da in dieser Phase nicht das verdiente zweite Tor fiel, gab es letztlich den Römern Auftrieb. Und mit dem Ausgleich, der sich angedeutet hatte, schien das Spiel etwas zu entgleiten. Die Aktionen nach vorne wurden fahriger, die Räume hinten größer und damit natürlich auch die Konteranfälligkeit.
In dieser Phase begann ich zu zweifeln, ob das heute noch etwas werden könnte mit dem Sieg. Dass das Team das wollte, war unübersehbar. Und sie blieben dran, bis zum Schluss. Und wenn man dann in der 95. Minute noch so einen zentimetergenauen Diagonalball zustandebekommt wie der unverwüstliche Denis Zakaria, dann löst das natürlich alle Bremsen. Super natürlich auch Comebacker Plea mit der tollen Kopfballvorlage und Marcus Thuram, der die Nerven behält und eiskalt in die freie Ecke einnickt - das zeigt, welche Qualität Borussia auf dem Platz hat.
Das kann im nächsten Spiel alles schon wieder anders sein. Aber allein das Gefühl, dass es mit den extrem späten Toren jetzt schon mehrmals hingehauen hat, stärkt das Vertrauen der Mannschaft in ihre Lucky-Punch-Mentalität so, dass sie auch wirklich bis zum Schluss nichts unversucht lassen - weil sie (inzwischen) wirklich daran glauben. Es ist ja nicht so, dass das unter Dieter Hecking nicht zeitweise auch mal ganz gut geklappt hätte.
Aber unter Marco Rose fühlt man die unbändige Energie des Teams und das Vertrauen in die eigenen Stärken zuhause bis auf die Couch. Und das lässt uns das Ganze einfach noch intensiver erleben - und auch feiern. Das haben wir uns alle auch redlich verdient, finde ich. Denn es kostet ja jedesmal auch ziemlich Nerven.
Apropos: Zum Schiedsrichter lässt sich auch wieder etwa sagen, zum Glück nichts Spielentscheidendes. Der Spanier Jesus Gil Manzano tat gut daran, das Spiel lange großzügig laufenzulassen, zumal es eigentlich nie eklig zuging in den Zweikämpfen. Er ließ dabei zwar auf beiden Seiten in der ersten Hälfte auch deutlich zu viel weiterlaufen. Doch das fand ich alles in allem noch ok.
In der zweiten Halbzeit wurde seine Foulbewertung jedoch zunehmend wirrer, und das häufig zu Ungunsten von Borussia. Der Gegentreffer fiel zum Beispiel aus einem Freistoß, den es nie hätte geben dürfen. Es war nicht Lainer, der dort gefoult hatte. Im Gegenteil, Lainer war gleich zweimal hintereinander von seinem Gegenspieler getreten worden, während der Österreicher klar den Ball gespielt hatte. Angesichts der krassen Fehlentscheidung beim Handelfmeter im Hinspiel ist das vielleicht etwas, das man als eine Art "ausgleichende Gerechtigkeit" hinnehmen kann, natürlich erst recht mit dem Wissen um den späten Siegtreffer.
Was Jesus Gil Manzano allerdings geritten hat, Kramer und Neuhaus nach dem Torjubel am Ende zu verwarnen, blieb mir bis zuletzt verborgen. Vielleicht gibt es wirklich etwas, was sie sich haben zuschulden kommen lassen. Mir fällt nur nichts dazu ein. Wohl aber zu dem Schiedsrichter, dessen Name mir doch irgendwie bekannt vorkam. Er war der, der vor zweieinhalb Jahren das 0:1 im Hinspiel gegen Florenz gepfiffen hatte. Und das alles andere als gut. So schlimm war es heute gottlob nicht. Aber doch so, dass man - mit Blick auch auf die anderen Stadien - konstatieren kann, dass die Euro League aktuell ein echtes Schiedsrichterproblem hat.
Das kann uns jetzt erstmal für drei Wochen egal sein. Genießen wir weiter den Augenblick und die dauergrinsende, euphorische Sprachlosigkeit über diese Mannschaft, diese Trainer, diese Fans und diesen Verein, der in so kurzer Zeit wieder so eng zusammengefunden hat, wie ich es vor der Saison (nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahren) nie zu träumen gewagt hätte.
Es ist sicher der Trainer mit seinem Team, der den Funken gezündet hat, und die Mannschaft, die in Vorleistung gegangen ist. Doch ebensowichtig sind die Fans, die dieser Tage wieder ein hervorragendes Gespür beweisen, wie sie das ehrliche Auftreten und die harte Arbeit der Mannschaft belohnen und ihr etwas zurückgeben können. Wie das Stadion heute hinter der Rose-Elf stand, war schon vom Fernseher aus beeindruckend und macht mich unheimlich stolz. Ich ahne, wie es sich erst im Borussia Park ganz hautnah angefühlt haben muss. Forza Borussia - Weiter so!
Europa League 2019/20, Gruppenphase, 4. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - AS Rom 2:1 (Tore für Borussia: 1:0 Eigentor Fazio, 2:1 Thuram)
Borussia Mönchengladbach hat sich innerhalb von guten vier Monaten entscheidend verändert. Aus dem Team, das Herzen erobern kann und am Ende doch immer im entscheidenden Moment verliert, ist das Team geworden, das Herzen im Sturm erobert und dann auch noch das bessere Ende für sich hat. Ich gebe zu, daran muss ich mich erst gewöhnen und ich warte insgeheim auf den Moment, an dem die Glückssträhne reißt oder ich aus meinem Traum aufwache. Wobei es natürlich nicht nur reines Glück ist, was dem VfL derzeit zur Seite steht. Es ist verdientes Glück, tapfer und teuer erkämpft und bezahlt. Und dieser Einsatz wird irgendwann seinen Tribut fordern. Darauf muss jeder gefasst sein.
Sicher, in Rom hatten wir Glück mit dem späten Elfmeter. Und heute hätte die zweite Hälfte auch ganz bitter werden können. Denn vor und nach dem fast absehbaren Ausgleichstor schien es doch so, als käme der Energiespeicher nicht mehr ganz nach mit der Versorgung der Akkus von Zakaria und Co. Sie schienen müder zu werden, liefen für ein paar Minuten den cleverer auftretenden Römern hinterher und mussten sich auf die sehr wichtigen, aber engen Zweikampfgewinne von Elvedi, Ginter, Lainer, Bensebaini und auf die Reflexe von Yann Sommer verlassen, um nicht mit ganz leeren Händen dazustehen.
Aber was Marcus Thuram und seine Mitspieler in der ersten Halbzeit (und phasenweise auch in der zweiten) mit Rom gemacht haben, das war allererste Sahne. Eine so erfahrene Mannschaft im eigenen Strafraum so unter Druck zu setzen, sie minutenlang daran zu hindern, auch nur einen vernünftigen Ball aus der eigenen Hälfte herauszubringen - das war bärenstark. In den ersten fünf Minuten nach dem Wiederanpfiff gelang dem VfL gleich nochmal so ein Powerpressing, das die Leute von den Sitzen riss. Doch da in dieser Phase nicht das verdiente zweite Tor fiel, gab es letztlich den Römern Auftrieb. Und mit dem Ausgleich, der sich angedeutet hatte, schien das Spiel etwas zu entgleiten. Die Aktionen nach vorne wurden fahriger, die Räume hinten größer und damit natürlich auch die Konteranfälligkeit.
In dieser Phase begann ich zu zweifeln, ob das heute noch etwas werden könnte mit dem Sieg. Dass das Team das wollte, war unübersehbar. Und sie blieben dran, bis zum Schluss. Und wenn man dann in der 95. Minute noch so einen zentimetergenauen Diagonalball zustandebekommt wie der unverwüstliche Denis Zakaria, dann löst das natürlich alle Bremsen. Super natürlich auch Comebacker Plea mit der tollen Kopfballvorlage und Marcus Thuram, der die Nerven behält und eiskalt in die freie Ecke einnickt - das zeigt, welche Qualität Borussia auf dem Platz hat.
Das kann im nächsten Spiel alles schon wieder anders sein. Aber allein das Gefühl, dass es mit den extrem späten Toren jetzt schon mehrmals hingehauen hat, stärkt das Vertrauen der Mannschaft in ihre Lucky-Punch-Mentalität so, dass sie auch wirklich bis zum Schluss nichts unversucht lassen - weil sie (inzwischen) wirklich daran glauben. Es ist ja nicht so, dass das unter Dieter Hecking nicht zeitweise auch mal ganz gut geklappt hätte.
Aber unter Marco Rose fühlt man die unbändige Energie des Teams und das Vertrauen in die eigenen Stärken zuhause bis auf die Couch. Und das lässt uns das Ganze einfach noch intensiver erleben - und auch feiern. Das haben wir uns alle auch redlich verdient, finde ich. Denn es kostet ja jedesmal auch ziemlich Nerven.
Apropos: Zum Schiedsrichter lässt sich auch wieder etwa sagen, zum Glück nichts Spielentscheidendes. Der Spanier Jesus Gil Manzano tat gut daran, das Spiel lange großzügig laufenzulassen, zumal es eigentlich nie eklig zuging in den Zweikämpfen. Er ließ dabei zwar auf beiden Seiten in der ersten Hälfte auch deutlich zu viel weiterlaufen. Doch das fand ich alles in allem noch ok.
In der zweiten Halbzeit wurde seine Foulbewertung jedoch zunehmend wirrer, und das häufig zu Ungunsten von Borussia. Der Gegentreffer fiel zum Beispiel aus einem Freistoß, den es nie hätte geben dürfen. Es war nicht Lainer, der dort gefoult hatte. Im Gegenteil, Lainer war gleich zweimal hintereinander von seinem Gegenspieler getreten worden, während der Österreicher klar den Ball gespielt hatte. Angesichts der krassen Fehlentscheidung beim Handelfmeter im Hinspiel ist das vielleicht etwas, das man als eine Art "ausgleichende Gerechtigkeit" hinnehmen kann, natürlich erst recht mit dem Wissen um den späten Siegtreffer.
Was Jesus Gil Manzano allerdings geritten hat, Kramer und Neuhaus nach dem Torjubel am Ende zu verwarnen, blieb mir bis zuletzt verborgen. Vielleicht gibt es wirklich etwas, was sie sich haben zuschulden kommen lassen. Mir fällt nur nichts dazu ein. Wohl aber zu dem Schiedsrichter, dessen Name mir doch irgendwie bekannt vorkam. Er war der, der vor zweieinhalb Jahren das 0:1 im Hinspiel gegen Florenz gepfiffen hatte. Und das alles andere als gut. So schlimm war es heute gottlob nicht. Aber doch so, dass man - mit Blick auch auf die anderen Stadien - konstatieren kann, dass die Euro League aktuell ein echtes Schiedsrichterproblem hat.
Das kann uns jetzt erstmal für drei Wochen egal sein. Genießen wir weiter den Augenblick und die dauergrinsende, euphorische Sprachlosigkeit über diese Mannschaft, diese Trainer, diese Fans und diesen Verein, der in so kurzer Zeit wieder so eng zusammengefunden hat, wie ich es vor der Saison (nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahren) nie zu träumen gewagt hätte.
Es ist sicher der Trainer mit seinem Team, der den Funken gezündet hat, und die Mannschaft, die in Vorleistung gegangen ist. Doch ebensowichtig sind die Fans, die dieser Tage wieder ein hervorragendes Gespür beweisen, wie sie das ehrliche Auftreten und die harte Arbeit der Mannschaft belohnen und ihr etwas zurückgeben können. Wie das Stadion heute hinter der Rose-Elf stand, war schon vom Fernseher aus beeindruckend und macht mich unheimlich stolz. Ich ahne, wie es sich erst im Borussia Park ganz hautnah angefühlt haben muss. Forza Borussia - Weiter so!
Europa League 2019/20, Gruppenphase, 4. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - AS Rom 2:1 (Tore für Borussia: 1:0 Eigentor Fazio, 2:1 Thuram)
2019-11-02
Nur nicht abheben
Was für einzigartige Wochen im Leben eines Gladbach-Fans! Tabellenführer nicht für eine Woche, nicht für zwei, drei oder vier - mindestens fünf Wochen werden es werden am Platz an der Sonne. Und so überraschend und zufällig sich dies noch am 7. und 8. Spieltag anfühlte - inzwischen ist längst klar, dass die einzige Borussia auch zu Recht an der Spitze der Liga steht.
Es kommt dafür einiges zusammen. Eine Mannschaft, die in Rekordgeschwindigkeit das umsetzt, was der Trainer vorgibt, auch wenn natürlich vieles auch noch nicht perfekt klappt. Spieler, die charakterlich hervorragend sind und sich als Einheit begreifen. Keiner tanzt aus der Reihe (außer der "Trikotfahnenschwenker" Marcus Thuram, der darf das, weil er das Ritual erfunden hat), alle sind komplett fokussiert auf das gemeinsame Ziel auf dem Platz.
Das ist beeindruckend. Und wenn es so klappt wie im Moment, setzt das natürlich Kräfte frei, die man eigentlich angesichts des straffen Programms und der verletzungsbedingt viel zu wenigen Pausen für alle Leistungsträger gar nicht besitzen dürfte.
Dazu ein Trainerteam, das einen klaren Plan hat und doch in jeder Situation zum Wohle der Spieler anpassungsfähig ist. Sei es wie gegen Dortmund oder heute gegen Bayer mit unerwarteten taktischen Änderungen, die der Mannschaft guttun und ihr ein wenig Kraft sparen helfen.
Oder mit der positiven Art, wie sie mit den Spielern umgehen, den Druck kleinhalten und das alles wie eine selbstverständliche Entwicklung aussehen lassen. Insofern sind alle Erwartungen und Hoffnungen, die man mit dem Trainerwechsel hegen konnte für den jetzigen Zeitpunkt schon erfüllt, und alle Zweifel, die man haben konnte, erfolgreich zerstreut. Und selbst wenn es zwei oder drei oder vier Mannschaften gäbe, die am 10. Spieltag vor dem VfL stünden - es wäre doch ein perfekter Saisonstart.
ABER... Wie fragil der Erfolg ist - und wie schmal der Grat zwischen Sieg und Niederlage - das war nicht nur heute zu beobachten. Wer oben steht, hat oft auch das nötige Portiönchen mehr Glück als andere. Das haben wir als Underdogs über viele Jahre zu unseren Ungunsten erfahren müssen, und es ist nicht anders, jetzt, wo Borussia von der Tabellenspitze grüßt.
Die späten Tore zu den Punktgewinnen gegen Istanbul und Rom, so manche verfehlte 100prozentige Torchance der Frankfurter oder Leverkusener haben eben auch ihren Anteil daran, dass es so ist.
Doch es wird zunehmend enger, es wird anstrengender, die Oberhand zu behalten, weil überall gute Gegner stehen, die mitunter deutlich ausgeruhter und weniger verletzungsgeplagt sind. Und genau da liegt die Gefahr. Ich habe die Überschrift "Nur nicht abheben" nicht deshalb gewählt, weil ich befürchte, dass sich im Glanz des Erfolgs und der Lobeshymnen der Schlendrian einschleicht und die Spieler anfangen zu denken, dass sie auch mit etwas weniger Mühe zum Erfolg kommen könnten.
Nein, in dieser Hinsicht sehe ich einen Riesensprung, den das Team gemeinsam gemacht hat. Jeder wird darauf achten, dass ihm beim Training nicht die Schuhe offenbleiben (sorry, das Bild musste jetzt sein). Sie halten sich alle gegenseitig auf dem Teppich.
Aber man darf nicht erwarten, dass Marco Rose, Denis Zakaria oder irgendjemand anderes im Verein in der Lage wäre, die menschlichen Grenzen dauerhaft in den roten Bereich zu verschieben, ohne dass es "Schäden" oder Rückschläge gibt. Die spezielle Ausgangslage mit ständig neuen Verletzten und daraus folgend überlasteten oder noch nicht wieder topfitten Leistungsträgern wird irgendwann ihren Tribut fordern.
Ich fürchte jede Woche den kräftemäßigen Einbruch, doch bis jetzt konnte die Rose-Elf dies mit enormer Anstrengung Woche für Woche hinausschieben.
Jetzt sind es noch zwei Spiele bis zur nächsten Länderspielpause, die ich erstmals in dieser Saison als nützlich empfinde, selbst wenn natürlich einige Nationalspieler auch da nicht aus der Vollbelastung herauskommen werden. Es hilft aber dabei, die Akkus wenigstens "teilzuladen", sich wieder aus Verletzungen heranzukämpfen, damit es am 23. November mit voller Kraft weitergehen kann in den Endspurt der ersten Saisonhälfte.
Zweimal 90 Minuten also noch bis dahin, zwei Spiele, in denen es um viel geht (besonders gegen Rom). Und so unglaublich es angesichts des Spielverlaufs klingt: Der VfL hat schon gegen Leverkusen heute mit dem Versuch angefangen, sich zu schonen. Und damit bin ich dann auch endlich beim heutigen Spiel angelangt.
Das war ein in vielerlei Hinsicht besonderes Spiel. Und ich glaube, dass das Thema Kräfte schonen heute ein Rolle in den taktischen Überlegungen gespielt hat. Einmal mit dem kleinen Wagnis, Zakaria, Benes und Stindl zunächst auf der Bank zu lassen und später trotz des engen Spielstands Thuram und Elvedi früher vom Feld zu holen.
Dass es gegen Bayer kein Spiel zum Ausruhen werden würde, konnte man sich natürlich an fünf Fingern abzählen. Dazu ist deren Offensive zu laufstark und unerbittlich im Pressing. Also konnte man darauf vor allem mit dem Versuch reagieren, die Lasten in der Defensive etwas anders zu verteilen.
Die Dreierkette mit Ginter, Elvedi und Jantschke und den beiden hohen Außenspielern Lainer und Wendt an ihren Seiten war dafür ein gutes Mittel, sie fingen gerade in der ersten Hälfte gemeinsam sehr viel ab und kurbelten das Spiel nach vorne gewohnt gut an. Weniger laufen war allerdings nicht drin. Christoph Kramer lief 12,2 Kilometer, Neuhaus und Patrick Herrmann sogar 12,7 (!) Kilometer. Lainer, Wendt, Ginter und Jantschke lagen am Ende alle um 11 Kilometer Laufleistung, was gerade für die Innnenverteidiger ein ziemlich guter Wert ist. Die drei in der Mitte teilten also gewissermaßen die Belastung besser auf als in einer Viererkette. Nach Elvedis Auswechslung änderte sich diese Konstellation, Zakaria ordnete sich vor der Abwehr ein, um zusammen mit Kramer die Räume zu verdichten, während die Gastgeber den VfL immer häufiger in der eigenen Hälfte einschnürten und es kaum noch Entlastung gab.
Es war also ein irre intensives Spiel, das der Mannschaft erneut alles abverlangte, aber das doch zugleich ein paar Minütchen weniger für hoch belastete Spieler wie Zakaria, Elvedi oder Thuram erlaubte. Dass es dennoch gelang, den clever herausgespielten Vorsprung durch die brillant herausgespielten Treffer von Oscar Wendt und Marcus Thuram bis zum Schluss zu verteidigen, hatte aber auch mit etwas Glück zu tun.
Nichtsdestotrotz: Wer sich erst einen Vorsprung herauskombiniert und ihn dann mit Zähnen und Klauen verteidigt, hat auch diesen Sieg verdient. Besonders auffällig ist, wie manche Spieler dabei über sich hinauswachsen. Thuram ist der einzige, der vom durchsetzungsstarken Trio mit Embolo und Plea übrig ist. Doch er ist der Leuchtturm im Sturm, macht Bälle fest, sorgt für Überraschungsmomente, gibt tolle Vorlagen und steht selbst oft goldrichtig. So auch heute wieder. Mit einem Tor und einem Assist war er unzweifelhaft der Mann des Tages.
Doch es gibt so viele andere, die viel weniger auffallen und für das Funktionieren der Angriffsmaschine mindestens genauso wichtig sind. Jonas Hofmann ist lange noch nicht wieder in der Galaform der vergangenden Hinrunde, auch Florian Neuhaus fehlt oft das Quäntchen Glück und der Pass zum richtigen Zeitpunkt. Doch beide machen einen wahnsinnig wichtigen, aufreibenden Job, indem sie viele Löcher im Mittelfeld zulaufen, Bälle gewinnen und den Gegner unter Druck setzen. Das gilt natürlich genauso für Christoph Kramer, der viel weniger spektakulär auftritt als Denis Zakaria, aber im Effekt ähnlich stark ist.
Und dann ist da noch Patrick Herrmann, der in den vergangenen Wochen so stark war wie vielleicht seit 2015 nicht mehr. Schnell, kombinationsstark und durchsetzungsfähig auch in der Stürmerposition, es macht richtig Spaß, den gereiften "Flaco" in der neuen Borussia zu beobachten.
Aber so schön die Momentaufnahme auch ist: "Nur nicht abheben" ist angesagt, das heißt auch, Leistungen nicht zu euphorisch zu bewerten. Das heute waren sehr hart erkämpfte drei Punkte gegen einen Gegner, der keineswegs schlechter war als Borussia. Umso besser fühlt es sich an, dass die Mannschaft auch solche Spiele mal "nach Hause verteidigen" kann.
In einer Woche wissen wir dann auch genauer, wohin die Reise in dieser Saison geht. Nach dem Pokal-Aus ist die Partie gegen die Roma ein entscheidender Prüfstein. Würde nach dem Spiel das frühzeitige Aus in der Euro League drohen, wäre das schon eine Enttäuschung und auch eine schlechte Nachricht für alle Spieler, die es derzeit nicht in die erste Elf schaffen. Nach allem, was ich in dieser Saison aber vom VfL gesehen habe, bin ich zuversichtlich, dass die Jungs nervenstark genug sind, um im europäischen Wettbewerb das Heft des Handelns in der Hand behalten zu können. Hoffentlich reicht auch die Kraft dafür noch.
Bundesliga 2019/20, 10. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 1:2 (Tore für Borussia: 0:1 Wendt, 1:2 Thuram)
Es kommt dafür einiges zusammen. Eine Mannschaft, die in Rekordgeschwindigkeit das umsetzt, was der Trainer vorgibt, auch wenn natürlich vieles auch noch nicht perfekt klappt. Spieler, die charakterlich hervorragend sind und sich als Einheit begreifen. Keiner tanzt aus der Reihe (außer der "Trikotfahnenschwenker" Marcus Thuram, der darf das, weil er das Ritual erfunden hat), alle sind komplett fokussiert auf das gemeinsame Ziel auf dem Platz.
Das ist beeindruckend. Und wenn es so klappt wie im Moment, setzt das natürlich Kräfte frei, die man eigentlich angesichts des straffen Programms und der verletzungsbedingt viel zu wenigen Pausen für alle Leistungsträger gar nicht besitzen dürfte.
Dazu ein Trainerteam, das einen klaren Plan hat und doch in jeder Situation zum Wohle der Spieler anpassungsfähig ist. Sei es wie gegen Dortmund oder heute gegen Bayer mit unerwarteten taktischen Änderungen, die der Mannschaft guttun und ihr ein wenig Kraft sparen helfen.
Oder mit der positiven Art, wie sie mit den Spielern umgehen, den Druck kleinhalten und das alles wie eine selbstverständliche Entwicklung aussehen lassen. Insofern sind alle Erwartungen und Hoffnungen, die man mit dem Trainerwechsel hegen konnte für den jetzigen Zeitpunkt schon erfüllt, und alle Zweifel, die man haben konnte, erfolgreich zerstreut. Und selbst wenn es zwei oder drei oder vier Mannschaften gäbe, die am 10. Spieltag vor dem VfL stünden - es wäre doch ein perfekter Saisonstart.
ABER... Wie fragil der Erfolg ist - und wie schmal der Grat zwischen Sieg und Niederlage - das war nicht nur heute zu beobachten. Wer oben steht, hat oft auch das nötige Portiönchen mehr Glück als andere. Das haben wir als Underdogs über viele Jahre zu unseren Ungunsten erfahren müssen, und es ist nicht anders, jetzt, wo Borussia von der Tabellenspitze grüßt.
Die späten Tore zu den Punktgewinnen gegen Istanbul und Rom, so manche verfehlte 100prozentige Torchance der Frankfurter oder Leverkusener haben eben auch ihren Anteil daran, dass es so ist.
Doch es wird zunehmend enger, es wird anstrengender, die Oberhand zu behalten, weil überall gute Gegner stehen, die mitunter deutlich ausgeruhter und weniger verletzungsgeplagt sind. Und genau da liegt die Gefahr. Ich habe die Überschrift "Nur nicht abheben" nicht deshalb gewählt, weil ich befürchte, dass sich im Glanz des Erfolgs und der Lobeshymnen der Schlendrian einschleicht und die Spieler anfangen zu denken, dass sie auch mit etwas weniger Mühe zum Erfolg kommen könnten.
Nein, in dieser Hinsicht sehe ich einen Riesensprung, den das Team gemeinsam gemacht hat. Jeder wird darauf achten, dass ihm beim Training nicht die Schuhe offenbleiben (sorry, das Bild musste jetzt sein). Sie halten sich alle gegenseitig auf dem Teppich.
Aber man darf nicht erwarten, dass Marco Rose, Denis Zakaria oder irgendjemand anderes im Verein in der Lage wäre, die menschlichen Grenzen dauerhaft in den roten Bereich zu verschieben, ohne dass es "Schäden" oder Rückschläge gibt. Die spezielle Ausgangslage mit ständig neuen Verletzten und daraus folgend überlasteten oder noch nicht wieder topfitten Leistungsträgern wird irgendwann ihren Tribut fordern.
Ich fürchte jede Woche den kräftemäßigen Einbruch, doch bis jetzt konnte die Rose-Elf dies mit enormer Anstrengung Woche für Woche hinausschieben.
Jetzt sind es noch zwei Spiele bis zur nächsten Länderspielpause, die ich erstmals in dieser Saison als nützlich empfinde, selbst wenn natürlich einige Nationalspieler auch da nicht aus der Vollbelastung herauskommen werden. Es hilft aber dabei, die Akkus wenigstens "teilzuladen", sich wieder aus Verletzungen heranzukämpfen, damit es am 23. November mit voller Kraft weitergehen kann in den Endspurt der ersten Saisonhälfte.
Zweimal 90 Minuten also noch bis dahin, zwei Spiele, in denen es um viel geht (besonders gegen Rom). Und so unglaublich es angesichts des Spielverlaufs klingt: Der VfL hat schon gegen Leverkusen heute mit dem Versuch angefangen, sich zu schonen. Und damit bin ich dann auch endlich beim heutigen Spiel angelangt.
Das war ein in vielerlei Hinsicht besonderes Spiel. Und ich glaube, dass das Thema Kräfte schonen heute ein Rolle in den taktischen Überlegungen gespielt hat. Einmal mit dem kleinen Wagnis, Zakaria, Benes und Stindl zunächst auf der Bank zu lassen und später trotz des engen Spielstands Thuram und Elvedi früher vom Feld zu holen.
Dass es gegen Bayer kein Spiel zum Ausruhen werden würde, konnte man sich natürlich an fünf Fingern abzählen. Dazu ist deren Offensive zu laufstark und unerbittlich im Pressing. Also konnte man darauf vor allem mit dem Versuch reagieren, die Lasten in der Defensive etwas anders zu verteilen.
Die Dreierkette mit Ginter, Elvedi und Jantschke und den beiden hohen Außenspielern Lainer und Wendt an ihren Seiten war dafür ein gutes Mittel, sie fingen gerade in der ersten Hälfte gemeinsam sehr viel ab und kurbelten das Spiel nach vorne gewohnt gut an. Weniger laufen war allerdings nicht drin. Christoph Kramer lief 12,2 Kilometer, Neuhaus und Patrick Herrmann sogar 12,7 (!) Kilometer. Lainer, Wendt, Ginter und Jantschke lagen am Ende alle um 11 Kilometer Laufleistung, was gerade für die Innnenverteidiger ein ziemlich guter Wert ist. Die drei in der Mitte teilten also gewissermaßen die Belastung besser auf als in einer Viererkette. Nach Elvedis Auswechslung änderte sich diese Konstellation, Zakaria ordnete sich vor der Abwehr ein, um zusammen mit Kramer die Räume zu verdichten, während die Gastgeber den VfL immer häufiger in der eigenen Hälfte einschnürten und es kaum noch Entlastung gab.
Es war also ein irre intensives Spiel, das der Mannschaft erneut alles abverlangte, aber das doch zugleich ein paar Minütchen weniger für hoch belastete Spieler wie Zakaria, Elvedi oder Thuram erlaubte. Dass es dennoch gelang, den clever herausgespielten Vorsprung durch die brillant herausgespielten Treffer von Oscar Wendt und Marcus Thuram bis zum Schluss zu verteidigen, hatte aber auch mit etwas Glück zu tun.
Nichtsdestotrotz: Wer sich erst einen Vorsprung herauskombiniert und ihn dann mit Zähnen und Klauen verteidigt, hat auch diesen Sieg verdient. Besonders auffällig ist, wie manche Spieler dabei über sich hinauswachsen. Thuram ist der einzige, der vom durchsetzungsstarken Trio mit Embolo und Plea übrig ist. Doch er ist der Leuchtturm im Sturm, macht Bälle fest, sorgt für Überraschungsmomente, gibt tolle Vorlagen und steht selbst oft goldrichtig. So auch heute wieder. Mit einem Tor und einem Assist war er unzweifelhaft der Mann des Tages.
Doch es gibt so viele andere, die viel weniger auffallen und für das Funktionieren der Angriffsmaschine mindestens genauso wichtig sind. Jonas Hofmann ist lange noch nicht wieder in der Galaform der vergangenden Hinrunde, auch Florian Neuhaus fehlt oft das Quäntchen Glück und der Pass zum richtigen Zeitpunkt. Doch beide machen einen wahnsinnig wichtigen, aufreibenden Job, indem sie viele Löcher im Mittelfeld zulaufen, Bälle gewinnen und den Gegner unter Druck setzen. Das gilt natürlich genauso für Christoph Kramer, der viel weniger spektakulär auftritt als Denis Zakaria, aber im Effekt ähnlich stark ist.
Und dann ist da noch Patrick Herrmann, der in den vergangenen Wochen so stark war wie vielleicht seit 2015 nicht mehr. Schnell, kombinationsstark und durchsetzungsfähig auch in der Stürmerposition, es macht richtig Spaß, den gereiften "Flaco" in der neuen Borussia zu beobachten.
Aber so schön die Momentaufnahme auch ist: "Nur nicht abheben" ist angesagt, das heißt auch, Leistungen nicht zu euphorisch zu bewerten. Das heute waren sehr hart erkämpfte drei Punkte gegen einen Gegner, der keineswegs schlechter war als Borussia. Umso besser fühlt es sich an, dass die Mannschaft auch solche Spiele mal "nach Hause verteidigen" kann.
In einer Woche wissen wir dann auch genauer, wohin die Reise in dieser Saison geht. Nach dem Pokal-Aus ist die Partie gegen die Roma ein entscheidender Prüfstein. Würde nach dem Spiel das frühzeitige Aus in der Euro League drohen, wäre das schon eine Enttäuschung und auch eine schlechte Nachricht für alle Spieler, die es derzeit nicht in die erste Elf schaffen. Nach allem, was ich in dieser Saison aber vom VfL gesehen habe, bin ich zuversichtlich, dass die Jungs nervenstark genug sind, um im europäischen Wettbewerb das Heft des Handelns in der Hand behalten zu können. Hoffentlich reicht auch die Kraft dafür noch.
Bundesliga 2019/20, 10. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 1:2 (Tore für Borussia: 0:1 Wendt, 1:2 Thuram)
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