2021-12-30

Raus aus dem Tränen-Tal II: mittelfristig

Noch vor Jahresende sollten wichtige Vertragsdinge geklärt sein, damit die Spieler sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren können, das hatte Max Eberl nach den deprimierenden Dezemberauftritten gefordert.

Und pünktlich am 29. Dezember sind tatsächlich drei wichtige Personalien entschieden worden. Die Vertragsverlängerung von Jordan Beyer bis 2026 war dabei die vielleicht wichtigste Neuigkeit, weil sie einen weiteren ablösefreien Abgang verhindert, ein echtes eigenes Talent mit Raute im Herzen an Borussia bindet und somit nachhaltig wirkt.

Dass Matthias Ginter und Denis Zakaria ihre auslaufenden Verträge nun auch nicht mehr verlängern würden, nachdem sie dies im Sommer nicht wollten, aber offenbar vorher keinen genehmen ablösezahlenden Abnehmer gefunden hatten, das war dagegen wirklich keine Überraschung mehr. Das es trotz zweistelliger Millionen-Marktwerte keine Einnahmen für Borussia bei deren Wechseln geben wird, daran konnte man sich auch schon langsam gewöhnen. Doch auch wenn das ärgerlich ist: Es ist ein Signal, dass dadurch zugleich ein Erneuerungsprozess angestoßen wird.
Und der Abschied fällt mir im Moment auch recht leicht (das ändert sich vielleicht nochmal, falls einer doch zu den üblichen Verdächtigen aus D oder M. und nicht ins Ausland gehen sollte). Sicher, Denis Zakaria ist kaum 1:1 zu ersetzen, aber er wäre auf Dauer ohnehin irgendwann nicht mehr zu halten gewesen, das wussten wir schon lange. 

Matze Ginter wiederum hat sich fünf Jahre mit allem, was er hatte, für Gladbach in jede Schlacht geworfen und er hat sich dabei nie geschont. Er war dabei unglaublich robust und zuverlässig, hat fast nie gefehlt, war wahrscheinlich neben Yann Sommer der Spieler mit den meisten Einsätzen in dieser Zeit. Er ist nach meiner Beobachtung ein einwandfreier Charakter und deshalb respektiere ich auch, was er für Borussia gemacht hat und dass er jetzt seinen Weg ohne Gefühlsduselei weitergeht.

Was mich von ihm leichteren Herzens Abschied nehmen lässt, ist aber auch etwas anderes. Nämlich, dass er nie richtig nachweisen konnte, dass er ein Leader, ein Abwehrchef ist, der eine Mannschaft mitreißt. Immer wenn Gladbach irgendwo unterging, ging er mit unter. Das war sicher nicht sein eigener Anspruch, und es war auch das, was Borussia sich eigentlich von ihm erhofft hatte und was er unter dem Strich bei allen Verdiensten nicht einlösen konnte. Insofern glaube ich, dass Max Eberl ihn im Sommer relativ gleichwertig ersetzen kann, auch wenn Ginter natürlich ein erfahrener Nationalspieler ist. 

Wer an dem unbefriedigenden Abgang der beiden nun Schuld oder nicht Schuld trägt, ist schwierig zu beurteilen, wenn man die Abläufe und Details nicht kennt. Fakt ist: Zakaria war im vergangenen Sommer - nach langer Verletzung und weit entfernt von der Bestform - nicht der heißeste Scheiß auf dem eher corona-zähen Transfermarkt. Und Matthias Ginter wäre vielleicht wirklich gern geblieben. Ob sich der Verein da verpokert hat und früher ins Risiko hätte gehen sollen, um ein gutes Angebot für eine Vertragsverlängerung vorzulegen? Es ist Spekulation. Die besseren Karten hatten in beiden Fällen die Spieler in der Hand. Die Zeit lief für sie, und sie können sich auch in diesen schwierigen Zeiten sicher sein, dass sie einen lukrativen Vertrag bei einem zahlungskräftigeren Arbeitgeber ergattern werden.

Dass sie den Vertrag wie vorgesehen erfüllen und nicht wie branchenüblich den bisherigen Verein an dem Transfer mitverdienen lassen, ist ihr gutes Recht. Allenfalls moralisch kann man es in Frage stellen, wenn man sieht, dass im Fall Zakaria etwa der Verein alles dafür getan hat, dass dieser nach der wirklich schweren Verletzung Stück für Stück wieder der alte Zak werden konnte. Eingespielt haben Ginter und Zakaria ihre Ablösesumme für Borussia ohnehin wieder, zum Beispiel durch die europäischen Qualifikationen oder durch Länderspieleinsätze, für die der Verein ja auch entschädigt wurde. 

Und so ist es aus meiner Sicht auch nicht angebracht, gegenüber den Spielern in irgendeiner Weise ausfallend zu werden oder zu große Enttäuschung zu zeigen. Sie gehen ihren Weg und legen keinen Wert darauf, bei einem Verein Heldenstatus zu erlangen. Das ist ok. Umso mehr wissen wir zu schätzen, wer da doch anders tickt und dafür ausgiebig geliebt oder auch nach seinem Karriereende noch verehrt wird.

Der absehbare Weggang von Ginter und Zakaria ist aber wohl nur Auftakt eines merklichen Umbruchs im Kader, der von vielen gefordert wurde und offensichtlich auch nötig ist. Durch die von Corona-Einschränkungen veränderten finanziellen Rahmenbedingungen fällt dieser Umbruch drastischer und möglicherweise rumpeliger aus, als es vielleicht gut ist. Auf jeden Fall aber kommt er anders als geplant. 

Im Normalfall, das müsste sich jeder ausmalen können, wären im Sommer neben Zakaria auch Thuram, vielleicht Neuhaus und auch Bensebaini Wechselkandidaten gewesen. Jeder von ihnen hätte bei einem Verkauf ein erhebliches Transferplus generiert und Max Eberl in die Lage versetzt, wie üblich für einen verkauften zwei entwicklungsfähige Neuzugänge zu verpflichten. Damit wären wohl auch frühzeitige Vertragsverlängerungen (Ginter, Hofmann) möglich gewesen. Da Borussia bei Koné (als gute Alternative zu den Spielertypen Neuhaus/Zakaria) schon im Januar in Vorleistung ging (und vielleicht auch musste) und dann doch weder Zakaria noch Neuhaus abgab, schränkte das den finanziellen Spielraum ein, zumal auch Wolf noch fest verpflichtet werden musste.

So konnte dann beispielsweise auch der junge William Pacho aus Ecuador nicht verpflichtet werden, der zu einem Nachfolger in der Innenverteidigung hätte werden können/sollen. Der hätte auch den Kader in der Breite verstärkt, damit ein Zakaria nicht wieder in die Abwehr zurückgezogen werden müsste, wenn das Verletzungspech so zuschlägt - wie gerade wieder erlebt. 

Ob nun Pech, eigene Fehler, die bösen finanzkräftigeren Clubs oder von allem etwas - die Situation ist so, wie sie ist. Und die verstörend wechselhafte und unter dem Strich schwache Hinrunde nebst leichter Existenzängste lässt den Umbruch nicht nur dringender erscheinen denn je. Es macht ihn auch schwieriger und risikoreicher. Denn man könnte jetzt natürlich alle auf einmal aussortieren und abgeben, an deren Einsatzfreude man insgeheim zweifelt. Doch das macht zum Glück keiner. Erstens wäre das kaum ein lohnendes Geschäft, denn die Hintergründe eines Verkaufs wären auch interessierten Vereinen natürlich nicht verborgen geblieben. Zum anderen muss man ja auch adäquaten Ersatz greifbar haben, der sofort weiterhelfen müsste. Dieser Transferwinter bietet sich dafür nicht unbedingt an.

Borussia hat Probleme, aber auch heute mehr zu verlieren als vor gut zehn Jahren, als man im Winter mit Stranzl und Hanke einen Glücksgriff landete, die Spieler aber auch vor dem Hintergrund auswählte, dass diese mit in die zweite Liga gegangen wären. Das ist heute nicht der Anspruch, wenn man einen Kader hat, der sich fast in identischer Besetzung vor einem Jahr noch auf Champions-League-Niveau bewegte.
Es sind also keine "Feuerwehrmänner" (à la Galasek) gefragt, sondern sinnvolle Ergänzungen, die den Verein sofort stabilisieren helfen, aber auch in der nächsten Saison den erwünschten Schritt nach vorn (nach zwei zurück) mitmachen können. Dabei darf man aber auch die Unwägbarkeiten der Liga nicht vergessen, und die warnenden Beispiele von Vereinen, die auch zu lange dachten, sie seien zu gut besetzt, als dass sie absteigen könnten.

Das bedeutet aus meiner Sicht, dass es in der Rückrunde doch mit dem Gros der Spieler weitergehen wird, die zur Verfügung stehen. Es wäre auch gefährlich, personell zu viel auf einmal zu verändern, weil das das Mannschaftsgefüge erheblich beeinflussen würde - und nicht sicher wäre, dass sich dies nur positiv auswirkt.

Ok. Vielleicht wird Zakaria noch im Januar aus seinem Vetrag herausgekauft, weil natürlich auch von den Interessenten keiner die Chance verpassen will, so ein Schnäppchen zu machen. Dann aber braucht Borussia zwingend eine zusätzliche Alternative auf der Sechs und/oder der Innenverteidigung. Zu schnell machen sonst mögliche Verletzungen die taktischen Möglichkeiten zunichte. Das haben wir ja gerade erst erlebt.
Möglicherweise geht auch Thuram noch im Winter, da arbeitet sein Berater Mino Raiola ja schon länger dran. Auch für ihn brauchte es dann einen sofortigen Ersatz, der aber vom Typ her ein anderer sein könnte - etwa ein schneller, wendiger Außenstürmer. Kandidaten sollte es geben, der Verein wird darauf vorbereitet sein, zumal ein Wechsel von Thuram ja offenbar schon im Sommer nur an dessen Verletzung gescheitert war.

Dass Matthias Ginter jetzt schon geht, glaube ich nicht. Bei ihm werden die Vereine (Inter Mailand wird ja gerade wieder genannt) eher noch abwarten, weil er auch längst nicht die Star-Strahlkraft eines Rüdiger oder Süle hat, die ja ebenfalls im Sommer auf seiner Position ablösefrei zu haben sind. Sollte es doch passieren, müsste wohl von den ebenfalls im Sommer vertragslosen Alternativen - zum Beispiel Friedrich (Union), Kempf (Stuttgart), Schlotterbeck (Freiburg) oder Pieper (Bielefeld) - einer an den Niederrhein gelockt werden. Auch hier glaube ich, dass der Verein auf alles vorbereitet ist.

So. Es ließe sich noch viel weiter spekulieren, insbesondere, was den weiteren Umbau des Kaders angeht, um dem Trainer die Umsetzung seiner Vorstellungen zu erleichtern. Ich beschränke mich dafür aber hier erstmal nur darauf, wer vom aktuellen Kader bleibt. Für Neuzugänge-Raten ist es mir jetzt noch zu früh.

Im Tor stellt sich die Frage erst im kommenden Jahr. Alle vier Torleute haben einen Vertrag bis 2023. Änderungsbedarf gibt es zumindest kurzfristig nicht. Dass Sommer es auf einen ablösefreien Wechsel anlegen könnte, erscheint in seinem Alter auch nicht als das große Risiko. 

In der Abwehr sind Elvedi und Lainer (bis 2024) und Beyer (2026) bereits länger gebunden, ebenso Netz (2026) und Scally (genaue Laufzeit nicht genannt). Tony Jantschke steht bis mindestens 2023 zur Verfügung und läuft auch nicht mehr weg. Bei Ramy Bensebaini steht eine Entscheidung im Sommer an, der Vertrag läuft sonst 2023 aus. Doucouré ist bis 2024 gebunden, bleibt aber weiter als Alternative nicht planbar. Für Ginter und eventuell Bensebaini muss also Stammspieler-Ersatz gesucht werden. Für den Algerier wären in Scally und Netz immerhin schon mögliche Anwärter im Verein. Ein Innenverteidigungsplatz muss aber in jedem Fall neu vergeben werden, möglichst mit einem polyvalenten Spieler, der auch noch weitere Positionen beherrscht.

Im Mittelfeld droht der größte Umbruch, auf jeden Fall gibt es hier die meisten Unwägbarkeiten. Zakaria geht weg, das ist seit heute klar. Bennetts Vertrag läuft aus, er hat nicht wirklich eine Perspektive bei Borussia, wird also auch wohl gehen müssen. Bei Hannes Wolf (bis 2024) scheint es auch nach vorzeitiger Trennung auszusehen, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Unklar ist, was Florian Neuhaus (2024) plant, ob er sich unter Hütter aus seinem Tief herausziehen kann und entsprechend auch wieder verstärktes Interesse anderer Clubs weckt.

Kramer (2023) und Koné (2024) sind Stand heute die einzigen, von deren Verbleib im Sommer man derzeit sicher ausgehen kann. Torben Müsels Vertrag müsste ebenfalls auslaufen - Entscheidung offen, eine Rolle hat er im Profikader leider nie spielen können, auf seiner offensiven Position gibt es zudem jede Menge Konkurrenz. Bleibt Laszlo Benes (2024), der sich in der Rückrunde so festspielen müsste, dass man ihm den bisher immer ausgebliebenen letzten großen Schritt doch noch zutrauen kann. Als guter Standardschütze hat er immerhin ein Alleinstellungsmerkmal im derzeitigen Kader. Wieviele Planstellen im Mittelfeld neu zu besetzen sein werden, hängt auch mit von Jonas Hofmann ab. Der hat einen Vertrag bis 2023 und wird im Sommer gehen (müssen), falls die aktuellen Bemühungen von Max Eberl fehlschlagen, ihn von einem Verbleib zu überzeugen. Da Hofmann auf vielen Positionen einsetzbar ist, wäre sein Verlust natürlich ein herber Rückschlag, und in Sachen Ersatz eine große Aufgabe. In jedem Fall wird es inzwischen jede Menge Interessenten geben, die ihn haben wollen.

Im Angriff gibt es die beiden Franzosen Thuram (2024) und Plea (2023), die als klare Wechselkandidaten gelten dürften. Allerdings ginge damit auch ein großer Teil der unberechenbaren Gefährlichkeit der vergangenen Saison. Lars Stindl und Breel Embolo (beide 2023) sollten bleiben dürfen und vielleicht im Sommer verlängern. Das gleiche gilt wohl für Patrick Herrmann, dessen Vertrag im Sommer ausliefe.
All das deutet interessanterweise darauf hin, dass ein Jahr nach dem Abschied von Mentor Ibo Traoré die französischsprachige Fraktion im Kader erheblich ausgedünnt worden sein könnte. Das wäre zumindest bemerkenswert.

Damit bleiben noch die ausgeliehenen Spieler Rocco Reitz und Famana Quizera. Wie da die Planungen aussehen, weiß ich natürlich nicht. Dass Reitz bei dem Neustart im Sommer wieder eingebunden werden sollte, steht aber für mich außer Frage. Und hat Conor Noß schon das Zeug, sich in der Bundesliga zu behaupten oder wäre es besser, ihn noch auszuleihen? Gleiches gilt für den jungen Yvandro Borges Sanchez, der mit 17 schon Nationalspieler von Luxemburg ist, aber aufgrund der Schulausbildung noch gar nicht voll mit den Profis trainieren kann. Hier ist der Anfang des angekündigten Weges, verstärkt die eigenen Talente einbauen zu wollen, schon zu sehen. Doch es könnte für den einen oder anderen eben auch noch ein Jahr zu früh kommen. 

Wie auch immer es kommt - es wird ein spannender Prozess. Auf den freue ich mich. Doch nach den vergangenen Monaten schwingt auch die Angst mit, dass all das den Bach runtergehen könnte, was der Verein über zehn Jahre aufgebaut hat. Ein Abstieg wäre fatal, das ist jedem bewusst. Deshalb gilt es vor allem, so schnell wie möglich Abstand zu dieser Gefahrenzone zu gewinnen. 

Ich will positiv sein und daran glauben, dass dies relativ zügig gelingt, weil jetzt alle den Ernst der Lage verstanden haben sollten. Versuchen wir, unseren Teil dazu beizutragen. Auch, indem wir dem Verein und seinen handelnden Personen das Vertrauen entgegenbringen, das sie sich in den vergangenen Jahren verdient haben. Je weniger Zwietracht zwischen Verein, Team und Fans herrscht, desto besser die Chancen, da gemeinsam rauszukommen. Packen wir es an. Und wünschen Max Eberl wieder das glückliche Händchen, was ihn jetzt schon so lange ausgezeichnet hat. Die Seele brennt!

Raus aus dem Tränen-Tal I: kurzfristig

Das neue Jahr steht vor der Tür und wohl jeder Borussia-Fan schaut mit gemischten Gefühlen auf den zweiten Saisonabschnitt, der am 7. Januar zur besten Sendezeit beim Meister in München beginnt.

Denn einerseits steht der VfL zum Jahreswechsel dank seiner unsteten Leistungen in der Hinrunde, insbesondere der zum Teil unterirdischen letzten fünf Spiele, so schlecht da wie schon sehr lange nicht mehr: nämlich an der harten Kante zu den Abstiegsplätzen.
Andererseits hat die gleiche Mannschaft doch genau gegen Gegner von diesem Kaliber in den vergangenen Jahren deutlich häufiger ihre besten Leistungen abgerufen, als dass sie etwa von den Bayern ihre Grenzen aufgezeigt bekommen hätte.

Eins ist aber sicher: So wenig, wie Stindl und Co. in der kommenden Woche mit den gezeigten Leistungen aus dem Dezember die Spur eine Chance gegen die Stars von der Säbener Straße hätten, so wenig taugt die Sternstunde beim 5:0-Sieg im Pokal gegen die gleiche Mannschaft als Vergleich in die andere Richtung. 

Das Gute: Zwischen beidem liegen nur ein paar Wochen, es handelt sich um die gleiche Mannschaft, die gleichen Spieler, das gleiche Trainerteam. Was seit dem Pokal-Coup alles in die falsche Richtung ging, könnte also auch schnell wieder in die richtige Richtung gedreht werden.

Formschwächen, mentale Verschleißerscheinungen bei den Dauerspielern, fehlende Frische - all das könnte auch in einer so kurzen Erholungspause "rausgepflegt" werden. Die Spielfitness und taktische Finessen werden in einer Trainingswoche nicht nachhaltig angegangen werden können. Doch im Prinzip müssten diese Voraussetzungen ohne Dreifachbelastung in dieser Saison ausgiebig genug trainiert worden sein. Und die Gegner haben schließlich auch nicht mehr Zeit, um sich wettkampffertig zu machen.   

Bleibt das, was auch im Fußball in der Regel den Unterschied macht: der Kopf. Und hier liegt der Schlüssel für Borussias Weg aus dem Tal der Dezember-Tränen. Auch wenn bei einer Reihe von Spielern bis zum Ende der Transferphase am 31. Januar theoretisch noch etwas passieren könnte, sollten doch mit den geklärten Vertragskonstellationen bei Zakaria und Ginter (vermutlich ablösefrei im Sommer weg, eventuell auch noch im Winter gegen geringe Ablösesumme, dann aber mit dem Fragezeichen, wer sie SOFORT ersetzen kann) die wesentlichen Dinge wieder in den Vordergrund rücken.

Es gibt allerdings auch so personell offene Fragen - und einmal mehr - coronabedingte Widrigkeiten. Zakaria und Bennetts sind schon nach Ankunft aus dem Urlaub positiv getestet worden und verpassen so wahrscheinlich die kurze Vorbereitung weitgehend. (Edit: Das gleiche gilt seit heute auch für Scally und Doucouré). Möglicherweise fallen sie auch für den Auftakt in München aus. Es ist aber nicht auszuschließen, dass noch mehr Akteure betroffen sein könnten. Es war ja auch kaum abzusehen, dass Weltreisen über Weihnachten möglcherweise im Moment nicht so die beste Idee sein könnten (Ironie off).

Dazu kommt: Bayern-Schreck Ramy Bensebaini weilt den Januar über beim Afrika-Cup, im für ihn besten Fall bis Anfang Februar - das bedeutet, er verpasst vier oder fünf Spiele inklusive der Pokalpartie in Hannover. Auch wenn der Algerier ebenfalls zuletzt ein ziemliches Leistungsloch hatte, ist er ein sicherer Stammspieler, der zum Auftakt der Rückrunde fehlt und adäquat ersetzt werden muss. 

Weder Joe Scally noch Luca Netz sollte man diese Bürde allein schultern lassen, zumal sich bei einer möglichen Verletzung gleich ein neue Baustelle auf der linken Außenbahn auftun würde. Zudem ist Bensebaini ja eine Option in der Innenverteidigung. Geht man davon aus, dass Jordan Bayer und Tony Jantschke in Kürze wieder komplett fit sein werden, würde letzteres nicht so sehr ins Gewicht fallen. Da Stefan Lainer auf der rechten Abwehrseite schnell seine alte Form erreichen sollte, wäre Scally zumindest auf dieser Seite etwas entlastet. 

Handlungsbedarf gibt es aber auf links kurz- bis mittelfristig dennoch, denn Ramy Bensebaini wird ein Wechselkandidat für den Sommer bleiben, davon ist auszugehen. Andreas Poulsen, dessen Leihe in Ingolstadt offenbar erneut keinen Mehrwert gebracht hat, wird wohl keine Alternative für Borussia mehr. Doucouré lässt sich weiterhin nicht verlässlich einplanen. Und Netz ist aus meiner Sicht kein Linksverteidiger, sondern in offensiverer Rolle in der Fünferkette am besten aufgehoben (oder er muss in der Viererkette einen guten Partner vor sich haben, der ihm konsequent hilft).
Mit Abstrichen gilt das auch für Scally, dem man Leistungsschwankungen zubilligen muss, die man sich aber in einem Mannschaftsgefüge auf diesem Niveau eigentlich nicht leisten kann. Das zeigt sich selbst bei den Münchnern, wenn sich ein Pavard oder Upamecano Auszeiten nehmen.

Mit welcher Mannschaft würde Borussia also in die Rückrunde gegen die Bayern gehen, vorausgesetzt, es kommen keine weiteren Verletzungen oder Wechsel dazwischen? Es fehlt sicher: Bensebaini (Afrika-Cup). Unsicher sind zum Rückrundenauftakt: Zakaria, Bennetts, Doucouré und Scally (Corona), Hofmann (Trainingsrückstand nach OP), Thuram (Erkältung). Wie fit Jantschke und Beyer (der zusätzlich erneut Corona hatte) schon wieder sind, kann ich nicht sagen. Sie sollten aber wieder im Kader stehen können.

Gehen wir also von dieser Elf aus: Sommer - Ginter, Beyer (Jantschke), Elvedi - Lainer, Kramer (Koné), Zakaria (Neuhaus, Benes), Scally - Thuram (Plea), Stindl (Hofmann) - Embolo. Nicht nur von der Papierform ist das eine Mannschaft, der man es zutrauen kann, den Bayern Paroli bieten zu können. Wenn, ja wenn der Kopf mitspielt und ein Team auf dem Platz steht. Daran müssen sich die Borussen allerdings jetzt auch ganz besonders messen lassen. Die Zeit der Ausreden ist vorbei. 

Und wenn das Spiel dann doch verloren geht, wird es wegweisend für den Rest der Saison sein, auf welche Art und Weise sich die Hütter-Schützlinge dagegen gewehrt haben werden. Denn ab jetzt warten Spiel für Spiel nur noch Charaktertests. Und davon wird auch abhängen, ob sich die Fans wieder mitgenommen fühlen, oder ob sich neben der räumlichen Entfernung durch die nächsten Geisterspiele auch die emotionale Distanz verfestigt. 

Das kann und darf kein Spieler, kein Trainer und kein Funktionär auf die leichte Schulter nehmen. Die Gefahr der Entfremdung ist real. Natürlich hat das nicht nur mit den Entscheidungen bei und den Darbietungen von Borussia zu tun, sondern liegt auch an der Corona-Zeit und der gleichzeitig fortschreitenden Zementierung der Ungleichheiten im europäischen Fußball.
Dem drohenden Auseinanderdriften von Fans und Team kann man am wirksamsten durch das begegnen, was immer der Kern des Spiels sein sollte: Guter Fußball, Einsatz, Kampf und Emotionen. Lasst uns hoffen, dass wir davon im neuen Jahr mehr zu sehen bekommen als im ablaufenden Seuchenjahr 2021. 

2021-12-18

Anzahlung auf mehr

Mit einem späten Ausgleich und einem Remis in die kurze Winterpause - was einen vor sechs Wochen möglicherweise noch wirklich aufgeregt hätte, nämlich in der Nachspielzeit den Ausgleich zu kassieren, wirkt heute fast schon wie ein halber Sieg. Schließlich lag Borussia bis dahin in Führung und hielt hinten die Null, trotz 22 Torschüssen des Gegners, 15 Ecken und einigen weiteren Freistößen, die die Gladbacher Defensive vor allem in der zweiten Halbzeit kaum noch Luft holen ließ.  

Der erstmals wieder in die Startelf rotierte Christoph Kramer redete dann auch Klartext nach dem Spiel. Er ließ aber - mehr noch als in den Wochen zuvor - kein gutes Haar an der Leistung der eigenen Mannschaft. Mir war das allerdings dann auch wieder etwas zu extrem, vielleicht ja von der Enttäuschung über das späte Gegentor angetrieben. Denn - Achtung Kalauer - man muss ja bedenken, wo wir gerade herkommen. 

Und nach den letzten drei Spielen war die Leistung von Sinsheim heute schon eine ganz andere Nummer. Natürlich war der Punktgewinn glücklich, natürlich bekam Borussia nach 15 anständigen Minuten zu Beginn dann immer wieder in brenzlige Situationen, verlor die anfängliche Spielkontrolle, lief vor allem in der ersten Halbzeit dann immer wieder hinterher und brauchte eine absolute Glanzleistung von Yann Sommer, um nicht schon da in Rückstand zu geraten oder nach Embolos 1:0 den Ausgleich oder mehr zu kassieren.
Doch die Mannschaft hielt diesmal, bis auf einzelne Ausnahmen, die sich zwischendurch mal bedenkliche einstellungsbedingte Auszeiten gönnten (Thuram, Bensebaini), über die gesamte Spielzeit mit Kampf und Einsatz dagegen und brach nicht phasenweise wie ein Hühnerhaufen auseinander. Sie fand bis zum Führungstor auch ab und an mal bessere Lösungen im Spiel nach vorne, als es das ständige verzweifelte Ballquer- und nach hinten -geschiebe in den Spielen davor war.

Im Spiel gegen den Ball sah es sortierter und nicht mehr so vogelwild aus, dennoch erspielten sich die Gastgeber viel zu viele gute Gelegenheiten und konnten oft nur mit enormem Einsatz (Stevie Lainers Grätschenparade als Beispiel) gestoppt werden. Vielleicht das Positivste: Richtig herausgespielte Torchancen hatte der Tabellenvierte mit zunehmender Spielzeit immer weniger. Er kam dann gegen die eingeschnürten Gladbacher fast ausschließlich durch Standardsituationen zu Torgelegenheiten, die aber von der Hütter-Elf kollektiv ganz erheblich besser verteidigt wurden als zuletzt (schlechter ging allerdings auch kaum noch).

Die Hereinnahme eines zwei Wochen nach seiner frühen Auswechslung im Derby deutlich fitteren Stefan Lainer und des aufopferungsvoll kämpfenden, im Abschluss aber wieder erschreckend harmlosen Patrick Herrmann (immerhin: der zweite Assist mit einem Standard hintereinander und Laufbestwert mit 12,82 Kilometern) machte sich durchaus positiv bemerkbar, der Auftritt von Marcus Thuram dagegen sehr viel weniger. 

Das alles kann aber kein Gradmesser für die Ansprüche dieser Mannschaft sein, und da hat Kramer mit seiner vernichtenden Kritik recht. Auch wenn Hoffenheim ein gutes Spiel gemacht hat und als derzeitiges Spitzenteam mehr Selbstbewusstsein und Sicherheit im eigenen Spiel ausstrahlen kann: Wenn du es nicht schaffst, so wie in den ersten Minuten das Spiel offen zu halten und auch selbst ab und zu gefährlich vor das gegnerische Tor zu kommen, dann läuft einfach zu viel falsch. Embolo lief und kämpfte sich einen Wolf, doch die Unterstützung im Angriff war gerade in Halbzeit zwei nicht mehr da.

Egal: Für den Moment war das ein kleiner Schritt nach vorn, es war zu sehen, dass im Training in dieser Woche wirklich gut gearbeitet wurde, vielleicht auch an der Einstellung des einen oder anderen. Doch im Neuen Jahr muss da viel mehr kommen. Es gibt noch 17 Spiele, um die Saison zu retten. Und retten heißt nicht die Quali für die europäischen Plätze, sondern erstmal ein sorgenfreier Mittelfeldplatz. Ob mehr ginge, wage ich nicht zu prognostizieren.

Das hängt auch sehr davon ab, was auf anderen Ebenen in den nächsten drei Wochen passiert, sprich: ob und wie sich die personelle Zusammensetzung des Kaders zur Rückrunde vielleicht noch ändert. Es scheint notwendig, ob es realistische Alternativen für wechselwillige oder -sollende Spieler gibt, wird sich zeigen. Doch vorerst will ich es damit hier bewenden lassen. Ein Zwischenruf vielleicht noch zu Schiri Sven Jablonski, der für mich eine sehr souveräne Leistung gezeigt hat. Unaufgeregt, bestimmt, klar in den Gesten - und in den kritischen Situationen durchweg richtig entschieden. Zum Ende hin hat er sich vielleicht ein bisschen zu sehr vom ständigen Gejammer der Hoffenheimer beeindrucken lassen und seine großzügige Linie etwas enger gezogen. Aber insgesamt eine angenehme Spielleitung, fand ich (und will ich natürlich auch als häufiger Meckerer entsprechend würdigen).

Zurück zu Borussia: Nehmen wir das Spiel heute und den erarbeiteten Punkt von Sinsheim am besten als ersten Teil des Neuanfangs - als Anzahlung auf eine echte Trendwende. 

Ich bin jedenfalls froh, dass dieses Jahr fußballerisch (und auch sonst) jetzt abgehakt werden kann, wünsche Euch ein paar ruhige, besinnliche Tage und hoffe mit Euch auf ein besseres Jahr 2022. Es kann durchaus sein, dass ich mich vorher noch mal an dieser Stelle melde, aber die Weihnachtsgrüße sollen zumindest schon mal ausgesprochen sein: Sicher ist sicher. Lasst es Euch gut gehen! Bis dann!

Bundesliga, 17. Spieltag: TSG Hoppheim - Borussia Mönchengladbach 1:1. Tor für Borussia: 0:1 Embolo.

Saisonspende: Ein Tor gleich ein Euro aufs Spendenkonto. Die Weihnachtspause wird also beim Zwischenstand von 72 Euro eingeläutet.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-12-15

Leichte Aufwärtsbewegungen

Keine vier Gegentore, keine sechs Gegentore, und selbst auch mal wieder doppelt getroffen: Das 2:3 gegen Eintracht Frankfurt war ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt, dessen genaue Größe man heute noch nicht abmessen kann. Dafür war Frankfurt heute nicht Freiburg oder Leipzig genug. Und auch wenn vieles über große Strecken der Partie wieder nach Fußball aussah und Gladbach durchweg die besseren Werte aufwies als der Gegner (unter anderem Laufleistung, Zweikämpfe, Ballbesitz) - es gab wieder keine Punkte, und was noch schlimmer war, es gab wieder eine Phase, in der sich die Mannschaft von Adi Hütter kollektiv anstellte wie ein F-Jugend-Hühnerhaufen. Und die Gäste werden auch morgen noch darüber rätseln, wie sie mit einer Viertelstunde Effizienz diese drei Punkte einsammeln konnten.

Zwischen der 45. Minute, also kurz vor der Pause, und der 55. Minute fielen drei Gegentore, die schlimmer kaum verteidigt werden konnten. Bei allen in der Hauptrolle: der vermeintliche Führungsspieler Matthias Ginter, dem es später vorne auch vergönnt war, vorne die besten Torchancen aufgelegt zu bekommen und jeweils an Torwart Trapp zu scheitern. Kein guter Tag für Matze. Beim 1:1, das das schön herausgespielte Führungstor von Neuhaus ausradierte, welches von den Youngstern Koné, Netz und Scally sehenswert vorbereitet worden war, hob Ginter das Abseits auf. Bei den anderen beiden Toren sah er im Stellungsspiel und Zweikampf ebenfalls alles andere als gut aus. 

Wie unnötig es überhaupt war, dass sich die gerade etwas stabilisierte Mannschaft die Führung in der letzten Minute der ersten Halbzeit wieder leichtfertig aus der Hand nehmen ließ, zeigte die Fehlerkette vor dem 1:1. Sommer bekam den Ball schon unter leichtem Gegnerdruck, spielte dann einen viel zu unpräzisen Querpass auf die linke Seite, der zu lang für Zakaria und zu kurz für Luca Netz an der Außenlinie war. Zak erlief den Ball zwar, sah sich dann aber dem Druck dreier Frankfurter gegenüber. Dass er in dieser Situation besser den Ball sicher weggedroschen hätte - geschenkt. Dass ihn die Hauptschuld an dem Treffer trifft, ist auch klar. Aber es war auch Folge der fehlenden Hilfe der anderen Spieler, um ihm Anspielmöglichkeiten zu bieten. Zak sah die Lücke und ging ins Risikodribbling, das er gewann, sich dabei aber den Ball zu weit vorlegte, den Rode sofort wieder in die Spitze spielte. Der Torschütze Borré jubelte allerdings gar nicht, weil er sicher war, dass er im Abseits gestanden hatte. Doch hinter ihm hatte Ginter geschlafen, das Tor zählte. Eine Fehlerkette fürs Lehrbuch "Wie man es nicht machen sollte".

Mit der unkontrollierten Viertelstunde nach der Pause gab die Borussia - trotz des zwischenzeitlichen Ausgleichs - dann ein Spiel ganz aus der Hand, das sie nicht hätte verlieren dürfen und müssen. Und es hätte auch viel früher entschieden sein können, wenn die Gäste konsequenter gewesen wären. Danach kam dem VfL - zu den stabilisierenden Einwechslungen von Thuram und Kramer - ein verdienter Platzverweis gegen Tuta zugute, sodass es der Mannschaft gelang, bis zum Schluss doch sehr viele Standardsituationen und auch eine Reihe guter Chancen zu erarbeiten. Doch ausgerechnet da war dann auch Eintracht-Torwart Kevin Trapp zur Stelle, wo er musste. Es blieb so ein vorerst unvollendeter Aufwärtstrend - oder zumindest ein unbelohnter.  

In so einer vertrackten Situation wäre es natürlich auch mal hilfreich, wenn der Schiedsrichter seinen Teil dazu beitragen würde. Dann hätte Gladbach heute immerhin die Schlussphase mit zwei Feldspielern mehr spielen können. Vielleicht hätte man diesen Vorteil an so einem Tag zum Erfolg einfach auch mal gebraucht. Doch Martin Petersen (und sein VAR Jöllenbeck) beließen es bei da Costas Tritt ins Gesicht von Thuram bei Gelb - was gar nicht geht. Der Frankfurter machte das natürlich nicht absichtlich, aber wenn man auf Kopfhöhe des Stürmers mit dem Fuß durchzieht und ihn voll trifft, darf das nichts anderes sein als eine glatte Rote Karte. Das wagte sich der Unparteiische aber offensichtlich nicht, und er wurde auch nicht von außen korrigiert. Einmal mehr: tiefes Seufzen über den VAR.

Das war sehr ärgerlich für Borussia, aber auch für Petersen, der gut begann, aber schon vor der Pause die Linie verlor. Aus unerfindlichen Gründen verschonte er Hinteregger trotz drei gelbwürdigen Fouls in Halbzeit eins, gab dann aber Embolo Gelb, der von seinem Gegner ins Straucheln gebracht worden war und dadurch im Fallen unabsichtlich einem anderen Frankfurter auf den Fuß trat. Eine völlig alberne Entscheidung, die er vielleicht nicht getroffen hätte, wenn er nicht eine Minute vorher Borré ebenfalls eine etwas überzogene Verwarnung verpasst hätte. Im Anschluss verlor Petersens Zweikampfbewertung die Balance deutlich in Richtung der Gäste, Embolo konnte gar nicht genug ungläubig mit dem Kopf schütteln über die Ungleichbehandlung im Zweikampf zwischen ihm und seinen Gegnern. Besonders Hinteregger und Rode hatten da einen Freibrief zum Klammern, halten und treten.

Klar, das war auch heute nicht spielentscheidend. Da müssen sich die Spieler schon an die eigene Nase fassen. Aber wie gesagt: Nachdem in den letzten Spielen schon viel Spielpech bei Gladbach im Spiel gewesen ist, hätte eine etwas konsequentere Linie des Schiris auch durchaus mal hilfreich sein dürfen. 

Was bleibt, ist die Hoffnung auf Samstag. Die Mannschaft hat eine Reaktion gezeigt, und sie hat sich stabilisiert - auf niedrigem Niveau, aber der Schritt nach vorn war zu sehen. Das Problem ist: Das reichte trotzdem noch nicht für einen Sieg in der Liga, ich würde behaupten: es hätte auch gegen keinen Gegner heute gereicht. Denn so dilettantisch, wie Borussia das Spiel innerhalb von 15 vogelwilden Minuten hergeschenkt hat, so kann man im Profifußball keinen Blumentopf gewinnen. 

Dabei war Frankfurt heute eigentlich noch ein sehr verständnisvoller Gegner, der sich zunächst mit einer eher bescheidenen Leistung am Neuaufbau des Gladbacher Selbstbewusstseins beteiligte und in der Phase, als Ginter und Co. völlig die Orientierung verloren hatten, darauf verzichtete, das Spiel gleich mit vier oder fünf Toren zu entscheiden.

Nach diesem - erneuten - mannschaftlichen Systemzusammenbruch gelang es Gladbach erst wieder, eine Dominanz im Spiel aufzubauen, als die Gäste in Unterzahl spielten. Es ist also durchaus eine Verbesserung zu konstatieren. Und auch das knappe Ergebnis wie die Tatsache, dass es bis zum Schluss noch en Ausgleich hätte geben können, zeigen einen Aufwärtstrend.
Doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese mit Nationalspielern gespickte Mannschaft - gerade an ihren erfahrensten Teilen - beim kleinsten Gegenwind auseinanderzubröseln droht. Es wird ein hartes Jahresende, aber es wird, so fürchte ich, auch eine ganz harte Rückrunde werden. Zu viel erinnert mich im Moment einfach an die Zeiten im Abstiegskampf, wo dir dann auch das Glück einfach gern mal vom Wagen springt, selbst wenn du alles gibst.

Doch es war nicht alles düster. Die Aufstellung mit Netz und Scally außen und der Dreierkette inklusive Zakaria funktionierte in der ersten Halbzeit ganz gut - nach leichtem Zittern in den ersten Minuten, als Kostic Scally zweimal fast entwischt wäre. Doch gerade am US-Amerikaner war zu sehen, wie schnell auch das Selbstvertrauen mit ein paar gelungenen Aktionen zurückzuholen ist.
Dass er dennoch wie Koné unter besseren Voraussetzungen ab und an eine Pause gebrauchen könnte, versteht sich von selbst. Auch Benes, Koné und Neuhaus hielten bis zur Pause im Mittelfeld mit viel Einsatz und Robustheit in den Zweikämpfen die Stabilität ganz gut - gegen da allerdings auch eher pomadige Frankfurter.

Mal sehen, was Adi Hütter und sein Team aus dieser Partie für Schlüsse ziehen können. Manu Koné wird am Samstag wegen der 5. Gelben Karte fehlen, dafür dürfte Stindl zurückkehren und auch Kramer zeigte sich heute als Alternative im defensiven Mittelfeld. Das sind kleine Hoffnungszeichen. Aber auch dafür sind wir im Moment ja schon dankbar.

Bundesliga, 16. Spieltag: Borussia Mönchengladbach -Eintracht Frankfurt 2:3. Tore für Borussia: 1:0 Neuhaus, 2:2 Bensebaini (FEM, Koné).

Saisonspende: Zwei weitere Euro kommen in die Kasse. Zwischenstand: 71 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-12-11

Nicht wettbewerbsfähig

Willkommen im Abstiegskampf. 0 Punkte und 2:14 Tore aus drei Spielen, das ist mehr als nur ernüchternd. Es ist beängstigend, weil Trainer und Mannschaft den Ernst der Lage entweder nicht erkannt haben oder momentan nicht angemessen darauf reagieren können. Beides ist fatal.

Wenn man ehrlich ist, gibt es genug Gründe, warum der Wurm drin ist, auch wenn es nur gute zwei Wochen her ist, als man noch dachte, dass Hütter und die Ex-Rose-Elf sich langsam besser verstehen und trotz mancher Holprigkeiten all das Stück für Stück wieder ineinandergreift, was sich nach der schlimmen Rückrunde im Getriebe der Borussia verbogen und verzogen hatte. Doch auf diese Gründe schnell und präzise zu reagieren, das ist die Schwierigkeit dabei.

Das 1:4 in Köln kann passieren. Ärgerlich, aber der Gegner war keine drei Tore besser und Gladbach erspielte sich genausoviele Topchancen wie der Gegner. Trotz mittelmäßiger Leistung war dieses Spiel ein engeres und (bis auf die lächerlich verteidigten letzten Gegentore in Köln und Leipzig) nicht zu vergleichen mit dem, was seitdem kam.

Das 0:6 gegen Freiburg darf nicht passieren, ist aber passiert. Der Gegner profitierte dabei genauso davon, dass er einen perfekten Abend hatte wie der VfL nur ein paar Wochen zuvor im Pokalspiel gegen die Bayern. Und Gladbach blamierte sich gegen einen einsatzfreudigen Gegner wie damals die Bayern auf ganzer Linie. Was zur Folge hatte, dass bereits öffentlich von vielen ganz Grundsätzliches in Frage gestellt wurde, im Verein - nach außen - jedenfalls aber noch nicht.

Nun also Leipzig, das Spiel, wo man von einer Mannschaft, die gerade so verprügelt wurde, eins auf jeden Fall erwarten darf und erwarten muss: eine sichtbare Reaktion, die deutlich macht, dass die Mannschaft lebt und den Trend mit aller Macht umkehren will. Ganz deutlich: Auch dieses Spiel kann dann trotzdem verloren gehen, der Gegner ist keine Laufkundschaft, auch wenn er selbst zuletzt seine Probleme hatte.

Aber diese beherzte Reaktion, die es gebraucht hätte, war aus meiner Sicht auch heute nicht zu sehen. Gegen einen Gegner, der ebenfalls topbesetzt ist, der aber ebenso bislang keine Konstanz in seine Leistung bringen konnte, gelang es Lars Stindl und seinen Mitspielern nur ein paar Minuten lang in der zweiten Halbzeit, das Spiel auf Augenhöhe zu gestalten. Und es wäre damit ja sogar noch ein Remis kurz vor Schluss drin gewesen, weil die Leipziger ihre Chancen leichtfertig ausließen. Doch das wäre nicht verdient gewesen - und es hätte vielleicht mehr Probleme kaschiert als gut gewesen wäre.

Das Verrückte am Fußball ist aber seine irrationale (Un-)Logik. Das 1:4 heute ist zweifellos auch in der Höhe verdient. Zur Halbzeit hätte es auch gut 5:0 für RB stehen können, wäre Yann Sommer nicht gewesen. Unter dem Strich hätte es aus Gladbacher Sicht aber dann wenigstens beim 1:2 bleiben müssen - und können. Denn die Art und Weise, wie die beiden letzten Gegentore quasi nicht verteidigt wurden, während man vorne noch die kleine Chance auf einen Lucky Punch suchte, macht sprachlos. Wie schon nach dem Ausgleich in Köln wurde dieses Momentum auf einfachste Weise selbst zunichte gemacht.

Und trotzdem denke ich: Es ist nicht so einfach, wie sich viele Fans es sich jetzt bei der Analyse machen wollen. Fehlende Mentalität. Schönspieler, die nicht kämpfen können. Wegwollende Spieler, die sich angeblich schonen. Das und die Einstellung an sich wird nach vorne geschoben, wenn man sich die Leistungen erklären will. Verbunden mit den üblichen Vorstellungen, dass ein Verein jetzt endlich den eisernen Besen rausholen, den Spielern Beine machen oder sie sonst am besten schnell reihenweise verkaufen soll und mit jungen, heißen Spielern ins Neue Jahr gehen soll.

Wobei letzteres in der Enttäuschung und der Wut von Fans zwar vielleicht nachvollziehbar sein kann, aber völlig weltfremd ist. Natürlich kann es sein, dass im Winter Spieler gehen, die im Sommer ablösefrei wären. Vielleicht auch einer, der wirklich ein Einstellungsproblem offenbart, aber dringend benötigtes Geld einbringt (ob es den oder mehrere gibt, kann ich aber nicht beurteilen). Doch niemand bei Borussia wird das Risiko eingehen, großflächig Ausverkauf zu machen und dafür mit unerfahrenen Spielern wie meinetwegen Conor Noß oder Yvandro Borges Sanchez in die Rückrunde zu gehen, sie zu verbrennen und am Ende möglicherweise wirklich tief im Abstiegskampf zu stecken.

Wer mein Blog schon länger liest, weiß, dass ich nicht (oder fast nie) daran glaube, dass Profifußballer absichtlich schlecht spielen, aus welchen Gründen auch immer. Da es Menschen sind, kann es aber schon sein, dass sie nicht den vollen Einsatz bringen oder zu bringen in der Lage sind. Dafür gibt es viele mögliche Erklärungen, über die ich nur spekulieren kann. Was neben dem Platz möglicherweise nicht stimmt - ich weiß es nicht. Doch auf dem Platz lässt sich manches ablesen.  

Die Aggressivität, mit der die gleiche Mannschaft schon diverse Gegner angelaufen, zu Fehlern gezwungen hat, dominiert und besiegt hat, ist derzeit offensichtlich nicht abzurufen. Und wenn, dann nur von Teilen des Teams, aber nicht als organische Einheit. Gegen Dortmund, Wolfsburg oder die Bayern verteidigten die Ketten wie an einer unsichtbaren Schnur verbunden, verschoben lückenlos, gingen gemeinsam im Pressing vor und waren so ein ständiger Stressfaktor für den Gegner. Ein bisschen wirkte das wie ein Schwarm Fische oder Vögel, die instinktiv die richtigen Abstände einhalten und die korrespondierenden Richtungswechsel mitgehen. 

Im Spiel nach vorne stimmten die Passwege, selbst auf engstem Raum lösten sich die Spieler an der Außenlinie sehenswert und brachen dann mit schnellen Pässen oft in die Spitze durch. Das Verständnis untereinander schien engespielt, auch wenn natürlich immer wieder Angriffe ins Leere liefen, weil der Pass zu kurz oder der Gegner dazwischen war.

Nichts von dem ist in den letzten beiden Spielen zu sehen gewesen. Die Zusammenarbeit aller elf Spieler mit dem Ball und auch gegen den Ball funktioniert nicht mehr "organisch". Das ist aber etwas, was im heutigen Fußball unabdingbar ist. Machen nicht alle Spieler gleichermaßen mit, hat der Gegner oft leichtes Spiel. So wie Freiburg letzte Woche, so wie Leipzig heute.

Wenn dann das Pressing leicht überspielt wird, die Räume nicht zugelaufen werden können, hetzt die ganze Mannschaft nur hinter dem Gegner her und ist zum reagieren gezwungen, wo er den Gegner lieber selbst unter Zugzwang setzen wollte. 

Auch im Spiel nach vorn klappt immer weniger. Das liegt offenbar auch an der Verunsicherung, der angst, Fehler zu machen, die sofort bestraft werden. So werden Angriffe immer wieder abgebrochen, zm Torwart zurückgespielt und so verzögert, statt nach vorne zu spielen und den Gegner damit zu fordern. Auch der One-Touch-Fußball fällt dem immer häufiger zum Opfer, und damit ausgerechnet das Mittel, mit dem man sich auch schnell und effektiv aus dem Gegnerdruck befreien kann. 

Man kann nun alle möglichen Parameter, wie Laufleistung, Sprints oder Zweikämpfe heranziehen, nur beleuchten diese immer nur einen Teil des Gesamtbildes. Warum es so ausgeht, wie es ausgeht, liegt immer an der Kombination dieser Details. Man könnte ja beispielsweise sagen, dass viele Gegentore zuletzt ja gar nicht aus dem Spiel heraus fielen, sondern aus schlecht verteidigten Standardsituationen. Das ist richtig und sollte längst intern aufgearbeitet und trainiert werden. Doch auch die Szenen, die zu Freistößen oder Ecken führen, haben ja etwas damit zu tun. Wenn ich dem Gegner hinterherlaufen muss, steigt die Gefahr, dass ich ihn nur mit einem Foul stoppen kann oder in höchster Not zur Ecke klären muss.

Und was führt dazu, dass Borussia meist deutlich weniger läuft und sprintet als der Gegner? Zu einem Teil die eigene, ballbesitzorientierte Spielweise. Doch auch das ist nur ein Teil der Antwort.
Vielleicht liegt es auch an der Form der einzelnen Spieler, an fehlender Alternative für formschwache Spieler.
Vielleicht fehlt es an Fitness oder den letzten Leistungsprozenten bei (National-)Spielern, die seit zwei oder drei Jahren nahezu durchspielen, wenn sie nicht gerade verletzt waren (Ginter, Elvedi, Bensebaini, Zakaria, Hofmann, Lainer, Embolo).
Vielleicht sind viele Leistungsträger nicht auskuriert aus ihren Verletzungen zurückgekehrt und deshalb nicht beim vollen Leistungsvermögen - oder noch nicht (Bensebaini, Elvedi, Hofmann, Thuram, Lainer).
Vielleicht spielt bei manchem wirklich die Zukunftsentscheidung im Kopf eine Rolle - auch bei Spielern, die eigentlich bleiben wollen, aber zugleich beobachten, wie unberechenbar sich die Situation sportlich und im Kader entwickelt.
Vielleicht haben junge Spieler einfach eine normale Leistungsschwankung, nachdem sie jung ins kalte Wasser geworfen wurden und nun dringend mal eine Auszeit bräuchten (Scally, Koné).
Vielleicht ist bei manchem durch Misserfolge tatsächlich das Selbstbewusstsein am Boden (Neuhaus, Wolf), sodass man sie derzeit nicht wirklich als Alternative sehen kann für einen, der aus den vorgenannten Gründen sein Leistungslevel nicht erreicht.

Fakt ist: Bei Borussia kämpfen gerade viele Spieler damit, dass sie ihre gewohnte Leistung nicht abrufen können. Das ist tödlich für den Spielansatz, den Adi Hütter (aber mittlerweile auch die meisten anderen Trainer in der Liga) favorisiert. Und es gibt aus verschiedenen Gründen kaum Alternativen, ihnen eine Pause zu gönnen oder andere mit gutem Gewissen aufs Feld zu schicken. 

Immerhin hat heute in Laci Benes einer mal wieder seinen Kopf herausgestreckt und sich einen Startelfeinsätz am Mittwoch verdient. Weil er der einzige ist, der offenbar im Moment gefährlich Standards schlagen kann (auch wenn zwei Freistöße ziemlich ins Leere gingen). Und er ist ballsicher genug, um auch nach hinten und vorne der Mannschaft ein wenig mehr Stabilität zu geben als Koné zuletzt. Nochmal: Ich werfe das weder dem Franzosen noch Scally vor. Das Problem ist, dass sie mangels fitter und formstarker Konkurrenz derzeit gesetzt sind und dass ihnen auch die erfahrenen Nebenleute nicht die Stabilität und Unterstützung geben können, die sie bräuchten.

Ich habe keine Ahnung, wie sich dies kurzfristig reparieren ließe, wahrscheinlich geht es auch nicht so schnell. Das bedeutet aber, dass wir uns gegen Frankfurt und Hoffenheim in der kommenden Woche auf zwei weitere schwierige bis bittere Spiele einstellen müssen, bei denen am Ende möglicherweise wieder keine Punkte gesammelt werden. Insofern ist der Blick nach unten in der Tabelle, den ich letzte Woche schon mal angeraten habe, spätestens heute zur Pflicht geworden.

Es muss sich in dieser Mannschaft etwas Entscheidendes tun, damit die neuerliche Negativspirale durchbrochen wird. Was dabei bedenklich ist, ist die Tatsache, dass dies ja auch der nahezu gleichen Mannschaft unter Marco Rose nach dem verlorenen Derby nicht mehr gelang. Damals verdeckte die aufgeheizte Rose-Diskussion und die einseitigen Vorwürfe vieler Fans in dessen Richtung diese Tatsache weitgehend. Wenn sich das in ähnlicher Weise unter Adi Hütter wiederholt, ist diese Ausrede weg. Aber ist es dann eine Frage der Mentalität, wo doch genug Gegenbeispiele existieren, als diese Mannschaft Mentalität und Comebackqualitäten gezeigt hat.

Aber selbst wenn es so sein sollte und das Management handeln will. Es kann in diesem Winter nicht und es konnte im vergangenen Transferfenster nicht so gehandelt werden, wie man es vielleicht vorhatte, um dem neuen Trainer die Arbeit mit "passenderen" Spielern zu erleichtern. Die Welt und die finanziellen Rahmenbedingungen sind so, der Verein lebt zum Glück ein seriöses Wirtschaften vor und kann dann aber auch nicht so handeln wie manch anderer. Das muss man so hinnehmen, aber es ist - wie die jüngste Entwicklung - nichts, was einen in Sachen Gladbach optimistisch ins neue Jahr schauen lassen würde. 

Aber ich sprach ja auch schon von der nicht immer nachvollziehbaren Logik des Fußballs. Dazu gehört auch die "Spontanheilung". Wer weiß schon, wie es in sechs Wochen aussieht. Ja, ich weiß, dass die ersten drei Gegner im neuen Jahr die Bayern, Bayer und Union heißen. Aber vielleicht findet das Team trotzdem schneller als gedacht wieder zu seinen "organischen Abläufen" und straft mich und viele andere Lügen.
Ich würde es mir wünschen, so richtig glauben kann ich daran heute nicht. Denn was ich in den letzten beiden Spielen gesehen habe, beunruhigt mich extrem: So ist Borussia nicht wettbewerbsfähig.
 

Bundesliga, 15. Spieltag: RB Leipzig - Borussia Mönchengladbach 4:1. Tor für Borussia: 2:1 Bensebaini.

Saisonspende: Ein Euro in die Kasse, mehr konnte es auch heute nicht werden. Vielleicht muss ich noch eine Nichtabstiegsprämie aufrufen, denn mit den Saisonzielen wird das so auch spendentechnisch nichts. Zwischenstand: 69 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

 

2021-12-05

Indiskutabel

Gratulation an den SC Freiburg zu einem seltenen, aber auch in dieser Höhe mehr als verdienten 6:0-Auswärtssieg in Gladbach. Die Hausaufgaben gemacht, den Lernstoff eindrucksvoll umgesetzt, bravo! 

Jeder bei Borussia Mönchengladbach dagegen muss nachsitzen. Und schnell zufriedenstellende Antworten auf die Fragen finden, die sich nach diesem Auftritt heute stellen. Die unzweifelhaft talentierte und auch überwiegend erfahrene Mannschaft hat sich - man meint, gänzlich ohne Not - innerhalb von zwei Spielen dahin gekickt, wo wir Borussia angesichts der individuellen Klasse und auch der überwiegend gezeigten Leistungen in dieser Saison eigentlich nicht sehen wollen, dürfen und müssten - an die Kante zur Abstiegszone. Geht es so weiter, muss man sich nach langer Zeit wieder ernsthaft nach unten in der Tabelle blicken statt auf europäische Startplätze.

Viele werden wohl das Spiel in Köln und das heute in einem Atemzug nennen und beide Leistungen für indiskutabel erklären. Da gehe ich nicht mit, weil ich die Leistung in Köln anders, erheblich besser und auf Augenhöhe mit dem Gegner bewerte (siehe mein Text aus der vergangenen Woche). 

Heute war es dagegen ein Offenbarungseid. In erster Linie von einer Mannschaft, die von der ersten Spielsekunde an dem Gegner hoffnungslos unterlegen war, sofort in ihre Einzelteile zerfiel und konsequent dafür bestraft wurde. Das kann passieren - aber es darf einem Team dieser Qualität nicht passieren.

Doch es war - wie in Köln - erneut auch so, dass kein erfolgreicher Impuls, ja sogar keine messbare Reaktion von der Bank kam, also vom Trainerteam. Kein sehr früher Wechsel nach dem 0:2 oder spätestens nach dem 0:3 (12.), um den Lauf der Freiburger einfach mal unterbrechen zu können, taktische Anweisungen zu geben, das System umzustellen, das Spiel "neu zu starten". Als Adi Hütter in der 29. Minute (!!) endlich den überforderten Stevie Lainer vom Feld holte und aus welchen Gründen auch immer Plea, war das Spiel mit dem 0:5-Zwischenstand längst entschieden. 

Doch wen hätte Hütter in dieser Phase nicht vom Feld holen sollen? Vermeintliche Führungsspieler wie Ginter, Elvedi, Zakaria, Bensebaini, Hofmann oder die Jungen Koné und Scally - keiner wusste, was um ihn herum passiert, keiner war handlungsschnell genug oder konnte in irgendeiner Weise gegenhalten, um das Unheil zu stoppen. Vier Gegentore nach Standards - eine Unfassbarkeit. Auch die Umstellung auf Viererkette brachte kaum mehr Sicherheit, und mit den eingewechselten Herrmann und Embolo bekam Borussia das Spiel nach vorne auch nicht wirklich besser in den Griff. 

Echte Torchancen (wie noch in Köln) gab es über 90 Minuten nicht (sieht man von dem nicht gegebenen Elfmeter an Thuram ab), vernünftig herausgespielte Spielzüge auch nicht. Aber was viel schlimmer war: Die Elf vom Niederrhein war kopflos. Keiner, der das Heft in die Hand nahm, der ein Mehr an Reaktion zeigte, als nach jedem Gegentor nur fragend, anklagend, ratlos die Arme zu heben.
Der nominelle Kapitän blieb sehr lange auf der Bank, auf dem Feld gab es sonst auch keinen, der den Weg wies. Das wütende Bemühen, das bei Bensebaini oder Hofmann ab und an aufflackerte, war nicht genug, um die Mannschaft in die Spur zu bringen oder sie wenigstens die Blamage etwas erträglicher gestalten zu lassen.

Das alles war von Beginn bis zum Abpfiff: gar nichts. Es war indiskutabel.

Ich kann nicht beurteilen, woran es am Ende lag, dass da so viel schief lief. Fußball ist Kopfsache, heute besonders. Ob Spieler andere Gedanken im Kopf haben als ihren derzeitigen Verein, ob die Mannschaft intern auseinanderbricht, ob sie Feuer unterm Hintern bräuchte, statt im beschaulichen Verein gehegt und gepflegt zu werden. Ob ein Drecksack auf dem Feld fehlt. All das geistert ja - plus die ewige Mentalitätsfrage - schon lange in Social Media und um den Borussia Park herum.

Ich weiß es nicht und mit vielen dieser Vorwürfe auch nicht so viel anfangen. Ich spreche Spielern nicht leichtfertig die Professionalität oder die Einstellung ab. Jeder, der mal selbst gespielt hat, weiß, dass Spiele manchmal so schief laufen, dass man dem Spiel keine Wende zu geben vermag. egal was man versucht. Reicht das heute als Erklärung? Wohl auch nicht. 

Aber das ist keine Frage, die ich als - zudem weit vom Geschehen entfernter - Fan beantworten müsste oder könnte. Es gibt ja auch genügend andere, die sich, egal ob sie Ahnung haben oder nicht, ob sie nah genug dran sind oder nicht, sofort erklären können, was dieser Mannschaft fehlt oder was Spieler X, Y, Z nicht kann, besser machen müsste oder dass er schon mit dem Gedanken beim nächsten Arbeitgeber ist.
Das hilft einem ja auch vielleicht beim Runterkommen, beim Verarbeiten des Ärgers und einer solchen Pleite. Aber es ändert nichts daran, dass
jede zusammengereimte Weisheit von außen nicht mehr ist als eine Spekulation. Im Verein ist genug Kompetenz vorhanden, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Bislang ist dies auch immer wieder gelungen.

Was aber auch wahr ist: Antworten auf diese peinliche Vorstellung - und auf das, was phasenweise in dieser Mannschaft immer wieder mal ungut auffällt - müssen und können nur vom Verein, vom Trainerteam und von den Spielern kommen - und zwar auf dem Rasen. Nicht in Interviews, nicht im Training, sondern im nächsten Spiel. Und im übernächsten. Und so weiter.

Damit lasse ich es heute bewenden. Ich bin ratlos, ich bin enttäuscht. Aber ich breche nicht verfrüht den Stab über irgendjemanden. Noch kann das heute ein entsetzlich missglückter Ausrutscher gewesen sein. Es liegt an den Aktiven, diese These zu bestätigen. Gelingt das nicht sehr schnell, wird es eine ungemütliche Zeit bei und mit Borussia. So oder so. 

Bundesliga, 14. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg 0:6.

Saisonspende: Niente. Wie alles heute. Zwischenstand weiter 68 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.