2023-10-01

Entwicklungsschritte

Auch nach 5 Spieltagen sieglos, auch das dritte Heimspiel hintereinander verloren - es könnte Weltuntergangsstimmung herrschen am Borussia Park. Dass das nicht der Fall ist, ist einerseits dem Realitätssinn im und um den Verein herum geschuldet. Und andererseits dem Vertrauensvorschuss, den die Mannschaft von Gerardo Seoane für den Neustart von den Fans bekommen hat und auch in der dritten Halbzeit nach dem bitteren Offenbarungseid aus der ersten Darmstadt-Halbzeit sehr anständig verteidigt hat!

Es ist klar: Borussia kann im Moment weder defensiv noch offensiv über ein ganzes Spiel voll mithalten. Es fehlt ihr an personellen Alternativen, um einige müde gelaufene Spieler gleichwertig oder vielleicht besser zu ersetzen. Nicht jeder Spieler ist bereits auf dem notwendigen körperlichen Level. Wenn wie in diesem Spiel jemand wie Cvancara ausfällt, fehlt der Backup, der zum Beispiel Jordans Rolle 1:1 übernehmen kann. Für ihre Verhältnisse macht die Mannschaft das dennoch inzwischen über größere Phasen sehr gut. Es wird gefightet, es wird viel versucht, die Spieler zeigen, dass sie wissen, worum es geht. Dass nicht alles klappt, geschenkt. Aber der Aufwärtstrend ist sichtbar, nur an den Ergebnissen bisher nicht ablesbar.

Das Problem, dass man entweder hinten sehr anfällig und vorne durchschlagskräftig ist oder komplett umgekehrt, das ist in den ersten Spielen ebenfalls nicht zu übersehen gewesen. Die richtige Balance wird sich einstellen, so sieht es jedenfalls nach dem doch sehr konzentrierten Auftritt gegen den Brausekonzern aus, der außer dem Siegtor überhaupt nur eine halbwegs gefährliche Torchance herausarbeiten konnte. Aber die Frage ist, wann die Fortschritte für Zählbares ausreichend sind.

Dass Leipzig heute gewann, war zwar trotz großem Ballbesitzanteil nicht wirklich verdient und wieder einmal einem maximal unglücklich verteidigten Glückstor von Timo Werner zu verdanken, der den Ball gar nicht bekommen hätte, wenn ihm Itakura diesen nicht unfreiwillig genau in den Lauf gegrätscht hätte. Dann auch noch mit Pfosten-Unterstützung, eigentlich die Höchststrafe, so zu verlieren.

Andererseits hatte der VfL über die gesamte Spielzeit neben ein paar vielversprechenden, aber doch versandeten Angriffsversuchen ebenfalls nur sehr wenig Gefahr (ausschließlich) durch Standardsituationen zu bieten. Das ist dann im Zweifel dann auch zu wenig, um einen möglichen Sieg als verdient zu reklamieren. Immerhin gelang es über weite Strecken der Partie, selbst in längere Ballbesitzphasen zu kommen und den Gegner weit genug weg vom eigenen Tor zu halten. Das ist eine wichtige und mutmachende Erkenntnis.

Wo stehen wir? Drei absolute Topteams und zwei aus dem unteren Kämpferlager als Gegner, da kommen nur zwei Punkte nicht ganz überraschend. Es sind aber eigentlich zu wenige. Egal, wie man es einschätzt: Es bedeutet auf jeden Fall, dass der Druck jetzt enorm steigt. Mainz und Bochum sind ebenfalls schon unten drin, das wird also eher Keilerei. Danach kommt das Derby, das dieses Jahr auch in Richtung Kellerduell tendiert. Und dann Heidenheim. Es wird also nur auf dem Papier leichter.

Saison 2023/24, Bundesliga, 5. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Dosenpfand Leipzig 0:1.

 

2023-09-17

(Nicht nur) mit Spitzenfußball überfordert

Tipp vorab: Da ich meinen Einsatz hier etwas zurückfahre, geht es hier heute auch um mehr als ein Spiel. Wer auf meinen Blick zurück vor die Länderspielpause verzichten möchte, scrollt gleich bis unten durch.

 

"Es wird schwäär, das ist klar": Man musste kein Prophet sein, um die weisen Worte von Lucien Favre über die Bilanz der ersten Bundesligaspiele der neuen Saison zu legen. 

Gegen Leverkusen und die Bayern wurde auch dem letzten Fan deutlich gemacht, dass es in diesem Jahr nicht darum gehen wird, Spitzenteams zu schlagen, sondern erstmal die Basics zu erfüllen, die Hausaufgaben zu machen, und die Punkte gegen Teams mit einer vergleichbaren Kragenweite zu holen. Das war Borussia in den Jahren zuvor zu häufig nicht gelungen. Insofern waren die Niederlagen gegen Bayer und Bayern für Realisten keine wirkliche Überraschung. 

Weit tiefer in die Problematik lässt der (erneut) sehr spezielle Auftritt von Borussia Mönchengladbach heute beim bis dato ähnlich unerfolgreichen Gegner SV Darmstadt 98 blicken. Und ich denke, auf diesen Blick hätten wir in der Deutlichkeit auch gern verzichtet. Doch dazu später mehr.  


Nichts zu melden

Eine schmerzhaft klare Sache gab es schließlich auch schon bei der Heimpremiere. Es hat nämlich lange schon keine Mannschaft mehr so dominant im Borussia-Park aufgespielt wie die Gäste aus Leverkusen - auch nicht Freiburg bei diesem bemerkenswerten 0:6 damals und auch nicht der Rekordmeister aus München eine Woche später. 

Die Mannschaft von Xabi Alonso ließ Borussia in keiner Phase des Spiels eigene Akzente setzen, die Niederlage hätte vor allem in Halbzeit eins durchaus höher ausfallen können. Das lag natürlich auch daran, dass Borussia bei der Erneuerung der Mannschaft finanzielle Grenzen gesetzt sind, dem Gegner aber nicht. So kaufte der sich für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag noch weitere Torgefahr ein, und dazu auch zwei Ex-Gladbacher. 

Während der gereifte Granit Xhaka das Spiel seiner Mannschaft nahezu alleine dirigierte, blieb Jonas Hofmann bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte eher eine Mitläuferrolle. Der Empfang für Granit war erwartbar positiv, der für Hofmann erwartbar durchwachsen, mit Pfiffen und Applaus. Das war alles durchaus im Rahmen, habe ich mit Freude festgestellt.  

Das Nachkarten im Interview nach dem Spiel hätte sich Hofmann daher besser - genauso wie Roland Virkus direkt nach dem Wechsel - einfach gespart. Aber was soll's.

Die Pfiffe gegen den Ex verblassten angesichts der tollen Unterstützung der VfL-Fans für die eigene Mannschaft sowieso. Bei aller Geduld, die es brauchen wird und bei aller Unfertigkeit des neuen Borussia-Projekts war die Unterstützung im Stadion trotz des chancenlosen Auftritts der Mannschaft heute ein ganz wichtiger Fingerzeig für die Saison. 

Bleiben wir also geschlossen und geduldig, auch wenn wir die Grenzen erkennen, die der Mannschaft derzeit gesetzt sind.

Saison 2023/24, Bundesliga, 2. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Bayer Leverkusen 0:3.