Wie gewonnen, so zerronnen: Als unsere Borussia das Spielglück der bisherigen Saison nochmal ganz gut gebraucht hätte, war es gerade nicht verfügbar. Und das hatte wahrscheinlich sehr viel damit zu tun, dass man es sich in anderen Partien mit besseren Leistungen einfach mehr erarbeitet hatte.
Im engen Rennen der Plätze 4 bis 12 hat sich Gladbach daher unnötigerweise mit drei sieglosen Spielen auf (Stand jetzt) Platz 9 durchreichen lassen. Und das entspricht dem Leistungsstand nach wie vor recht gut, auch wenn mancher kleine Höhenflug das immer wieder zu übertünchen verstand.
Beim spielerisch stärksten Kellerkind St. Pauli liefen Kleindienst und Co. über weite Strecken erschreckend hilflos der Musik hinterher. Der schwachen Chancenverwertung des Gegners war es zu verdanken, dass am Ende ein Pünktchen heraussprang.
Im Heimspiel gegen den direkten Tabellenkonkurrenten aus Freiburg ereilte die Seoane-Elf nahezu das gleiche Schicksal. Auch hier ging man in Führung, auch hier entglitt das Spiel völlig und die einzige Entlastung waren lang rausgeschlagene Bälle auf nicht vorhandene oder nicht zweikampfstarke Stürmer. Der Nackenschlag des 1:2 in letzter Minute war bitter, aber ohne Zweifel verdient.
Und heute? Es klingt seltsam, aber trotz einer erneut über die gesamte Spielzeit der mittelmäßigen Leistung wäre hier vielleicht noch am meisten drin gewesen. Denn der Gegner ließ nur selten den Druck erkennen, den Freiburg und die Hamburger ausgeübt hatten.
Die feine Einzelleistung von Itakura zum überraschenden Führungstreffer hätte gegen eine immer noch zeitweise anfällige Dortmunder Mannschaft viel wert sein können, wenn man sich nicht entschieden hätte, ab der 41. Minute bis zum Pausenpfiff gleich drei Ostergeschenke an die Hausherren zu einem 1:3-Rückstand zu verteilen.
Es war schon mehr als fahrlässig, wie leicht eigener Ballbesitz hergegeben und im Strafraum dann die Zuspiele und ihre Adressaten nicht verteidigt wurde. In den Minuten rund um die Halbzeitpause hätte es insgesamt noch bitterer kommen können, was den Spielstand angeht. Doch danach setzten sich die Schwarz-Gelben weitgehend zur Ruhe und Borussia bekam das Spiel unverhofft besser in den Griff.
Zwar brauchte es erneut eine Szene aus dem Nichts, um wieder auf die Anzeigetafel zu kommen. Doch der Elfmeter, den der "warum auch immer Fifa-Schiedsrichter" Daniel Siebert nach mehreren Minuten dann doch geben musste, nachdem er den Tritt von Nmecha gegen Tim Kleindienst trotz guter Sicht in Realgeschwindigkeit noch großzügig übersehen hatte, dieser Elfmeter war unstrittig.
Dass ausgerechnet Kevin Stöger zur Vollstreckung antrat, nachdem er das 1:3 auf sehr dämliche Weise mit einem krassen Fehlpass verschuldet hatte und auch ansonsten keine Hilfe auf dem Platz gewesen war, das schockte sicher nicht nur mich. Doch der Standardspezialist, der in Gladbach noch zu keiner Zeit einer geworden ist, verwandelte den Strafstoß bombensicher, trotz diverser Störfeuer von Guirassy und Co. vor der Ausführung.
Mit etwas kühlerem Kopf, mehr Fortune in der gegnerischen Hälfte und dem einen oder anderen ausgewogeneren Schiedsrichterpfiff in der letzten halben Stunde wäre sicher auch mehr drin gewesen. Borussia steigerte sich insgesamt auf eine unter dem Strich ordentliche Leistung, die letztlich aufgrund der Aussetzer vor der Pause unbelohnt blieb. So war es am Ende weniger der BVB, der das Spiel gewonnen hatte, sondern Gladbach, das es irgendwie auf dem Weg verloren hatte.
Das hilft aber leider nicht weiter. Die große Chance, sich vor dem Saisonendspurt eine richtig gute Ausgangsposition für den Kampf um Europa zu verschaffen, wurde mit drei mehr als mauen Spielen leichtfertig hergegeben.
Dass das auch damit zu tun hat, dass wieder und wieder personelle Ausfälle zu beklagen sind, die mit der Fortdauer der Saison immer schlechter zu kompensieren sind, ist überdeutlich. Der Substanzverlust, der auch und gerade vor den bisherigen Leistungsträgern nicht halt macht, bringt das Korsett der Mannschaft und damit die gesamte Balance im Spiel immer häufiger ins Wanken.
Dennoch wäre es zu einfach, nur darauf zu zeigen. Denn die Wechsel, die das Trainerteam im Spiel und in der Startformation vornimmt, sind oft genug von außen nicht zu verstehen. Und die Reaktion auf taktische Wechsel des Gegners erfolgen immer wieder zu spät oder gar nicht. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die offenbar nur darauf gewartet haben, die in der Punktebilanz ablesbaren Fortschritte dieser Saison wieder kleinzureden und die nachlassenden Leistungen der letzten Wochen in erster Linie gegen Trainer und Sportdirektor zu verwenden.
Auch das ist mir zu einfach.
Gleichwohl: Es ist eine Entwicklung, die man als leidgeprüfter Borussenfan nicht nur erwartet hat, sondern nach der man seine Uhr stellen konnte. Immer, wenn Borussia die Chance auf einen Schritt nach vorne hat, wird dieser sogleich und zielgewiss mit dem Hintern eingerissen.
Wenn also am 17. Mai kein europäischer Startplatz herausgesprungen sein sollte, wonach es gerade stark aussieht, dann ist das kein Beinbruch, weil bei ehrlicher Betrachtung dann die Mannschaft ihr Soll erfüllt und sich insgesamt trotzdem gesteigert hat (wir wissen, wo wir herkommen - aus der letzten Gruselsaison!).
Es wäre dennoch enttäuschend, weil jeder weiß, dass mehr drin war. Und, dass es vielleicht nächstes Jahr nicht mehr so leicht sein wird, einen europäischen Startplatz zu erreichen wie in diesem Jahr 2025.
Die Mannschaft und der Trainer haben noch ein Kiel, Hoffenheim, Bayern und Wolfsburg lang Zeit, das Gefühl, das wir für diese Saison haben, in ein nachhaltig Gutes zu verwandeln. Vier Spiele für ein Halleluja oder vier Spiele für ein "Ihr Hallodris"? Im zweiten Fall werden wir über den Sommer hinweg eine weiter verschärfte Diskussionsschleife und Wehklagen über Virkus und Seoane haben, inklusive des fortgesetzten Zweifels an der Richtung, die der Verein verfolgt.
Das wiederum kann sich Borussia eigentlich nicht leisten, wenn es wirklich nachhaltig und Schritt für Schritt wieder nach oben gehen soll. Das Gute: Mannschaft und Trainer haben das noch selbst in der Hand. Das nicht so Gute: Mannschaft und Trainer haben das noch selbst in der Hand.
Saison
2024/25, Bundesliga, 28. Spieltag: FC St. Pauli - Borussia Mönchengladbach 1:1. Tor für Borussia: 0:1 Itakura.
Saison
2024/25, Bundesliga, 29. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg 1:2. Tor für Borussia: 1:0 Günter (Eigentor).
Saison 2024/25, Bundesliga, 30. Spieltag: Die aus Dortmund - Borussia Mönchengladbach 3:2. Tore für Borussia: 0:1 Itakura, 3:2 Stöger (FEM).
Saisonspende: 3 Spiele, 4 Tore, 1 Punkt. Neuer Stand: 107,50 Euro.
Das gilt in der Saison 24/25: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für die beiden kampflosen Derbysiege gegen K*** gibt es diese Saison ein Startkapital von 20 Euro. Gehaltener Elfmeter von Jonas Omlin oder einem anderen Torwart: 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 2 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund, Leverkusen oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 30 Euro. Deutsche Meisterschaft: 124 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.