2021-04-25

Nix zu meckern

Tolles 4:0 gegen Frankfurt, ganz schwach beim 2:3 in Sinsheim, jetzt wieder strahlend 5:0 gegen Bielefeld. Da soll noch jemand schlau draus werden. Ich für mich habe beschlossen, dass ich mir darum jetzt keine Gedanken machen werde. Das Spiel heute war zum Genießen, ein Tor schöner als das andere - und das, obwohl Marco Rose eine ähnliche "B-Elf" ins Rennen geschickt hatte wie einst gegen Köln im verlorenen Derby - was ihm viele bisher noch nicht verziehen haben.

Der Unterschied zum 1:2 im Prestigeduell im Februar war deutlich, aber nicht so sehr der Aufstellung geschuldet, sondern der Einstellung, der Spielfreude, Zielstrebigkeit, dem Willen, das Spiel und den Gegner dominieren zu wollen - und natürlich einem Gegner, der damit heute ziemlich überfordert war. 

Und so ragten für mich aus einer Topmannschaft Breel Embolo - trotz einiger fahrlässig vergebener weiterer Großchancen - und der gierige, spritzige, lauffreudige (Spitzenwert mit 11,6 Kilometer) Hannes Wolf heraus, dem es sichtlich gut tat, dass Marco Rose ihm heute die Zehnerposition von Lars Stindl anvertraut hatte. Und dass er dem Spiel gewissermaßen auch mal seinen Stempel aufdrücken konnte, freut mich sehr für ihn, wenngleich man natürlich auch konstatieren muss, dass die Bielefelder Harmlosigkeit dabei in die Karten spielte.

Sicher, das Spiel hätte gut und gerne 7:0 oder 8:0 enden können oder müssen. Aber die Chancenverwertung muss man nicht wirklich kritisieren, wenn am Ende zwischen den Mannschaften fünf Tore Unterschied liegen. 

Aber: Es gab auch heute wieder kleine Wackler nach der Pause, als sich Yann Sommer gegen Arne Maier und Christian Gebauer sein Zu-Null mit Klasse-Reflexen erst noch so richtig selbst verdienen musste. Da hatten ihn seine Vordermänner in der Verteidigung etwas hängenlassen. Doch das blieb nur ein kurzer Schreckmoment, ansonsten waren die Rollen über die gesamte Spielzeit klar verteilt. 

Hach, es tut wirklich mal gut, nichts Gravierendes anzumeckern zu haben. Und deshalb lasse ich es auch heute damit bewenden. Und freue mich doch ein bisschen auf das Highlight gegen die Bayern in zwei Wochen, auch wenn die in diesem Spiel dann theoretisch Meister werden könnten. Aber: Wenn die Fohlen das Köfferchen mit der richtigen Einstellung nicht wieder im Bus vergessen, kann das auch da ein sehr spannendes Spiel werden.

Ach ja, alles Schlechte hat ja auch was Gutes. Ich war echt geschockt, als ich durch die Trikotaktion der Mannschaft mitbekam, dass Mams Doucouré sich im Training die Achillessehne gerissen hat, und nun wieder ein lange Zeit brauchen wird, um wieder in die Nähe eines Einsatzes zu kommen. Auch das noch! Nach dieser unendlichen Leidensgeschichte. Es ist kaum zu fassen. Aber wie die Mannschaft ihn immer wieder auffängt und stützt, das ist auch außergewöhnlich. Und so drücke auch ich wieder fest die Daumen, dass die Pechsträhne des Jungen endlich irgendwann mal reißt. Alles Gute und gute Besserung auch von hier aus, tapferer Mams!

Bundesliga, 31. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Arminia Bielefeld 5:0. Tore für Borussia: 1:0 Embolo, 2:0 Thuram, 3:0 Bensebaini (HEM), 4:0 Embolo, 5:0 Plea.

Saisonspende: Heute lohnt sich's mal wieder. 2,50 Euro für fünf Tore, ein Euro für Yann Sommers weiße Weste. Gesamtstand damit derzeit glatte 110 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-04-22

Einmal mehr Aufbaugegner

Es gibt Spieltage, da kann man nur immer wieder mit dem Kopf schütteln. Heute war so einer. 

Man musste ja nicht gleich erwarten, dass die Mannschaft von Marco Rose mitten in einer englischen Woche gleich nochmal so eine Energieleistung wie beim 4:0 gegen Frankfurt abrufen würde. Aber dass es so aussah, als hätten Flo Neuhaus und Co. alles, aber auch alles vergessen, was sie noch am Samstag gut gemacht hatten, das habe ich nun wirklich nicht erwartet.

Die TSG Hoffenheim hat sehr verdient gewonnen, daran gibt es keinen Zweifel. Und das ist eigentlich unglaublich, wenn man berücksichtigt, dass die Mannschaft zwar nicht so schlecht ist wie ihre Punkteausbeute und der Tabellenplatz es nahe legen. Dass sie keine Übermannschaft ist, vor der man Angst haben müsste, ist aber genauso klar. Borussia hat trotzdem gegen diesen Gegner in dieser Saison in zwei Spielen genau 0 Punkte eingefahren. 

Im Hinspiel mag die Unterzahl nach Thurams Platzverweis eine entscheidende Rolle gespielt haben. Heute aber gab es keinen einzigen Grund, warum die drei Punkte nicht an den Niederrhein hätten gehen sollen. Vor allem dann nicht, wenn man trotz passiv-schläfrigem Spiel zur Halbzeit eine 2:0-Führung in der Tasche hat - weil man eben beide Torschüsse, die vor allem auf starke Einzelleistungen von Thuram zurückgingen, genutzt hatte, während der Gegner seinerseits drei gute Chancen nicht ins Tor brachte.

Zur Erinnerung: Der Gegner war die Mannschaft, die zuvor in zwei Spielen zusammen genau einmal aufs gegnerische Tor geschossen hatte. Zur Halbzeit gegen Gladbach waren es schon vier Schüsse aufs Tor, mit den drei Toren und weiteren Chancen aus der zweiten Hälfte war dieser Wert zweistellig. Es war wieder einmal mit zunehmendem Entsetzen zu beobachten, wie die Mannschaft einen zu Beginn des Spiels noch nervösen Gegner von Minute zu Minute mehr aufbaute, weil sie ihn spielen ließ, ihn nicht richtig attackierte, nicht richtig auf seinen breiten Spielaufbau aus der Dreier-/Fünferkette heraus reagierte und selbst zu wenig Geschwindigkeit ins eigenen Offensivspiel brachte.

Wenn man dann in die zweite Halbzeit geht, und genauso langsam, unsauber und unaufmerksam weiterspielt, muss man sich nicht wundern, wenn man die Butter vom Brot genommen bekommt.  

Und nicht zum ersten Mal war es Pavel Kaderabek über Hoffenheims rechte Seite, der das Gladbacher Unglück einleitete. Zwar waren Kramaric und Bebou die, die die Tore schossen. Aber das Spiel lief, wenn es gefährlich wurde, immer wieder über den Tschechen, und es war schon in der ersten Halbzeit zu sehen, dass Ramy Bensebaini als Außenspieler in der Viererkette große Probleme hatte, diese Räume zuzulaufen und Kaderabeks Flanken zu unterbinden. 

Es ist ja auch nicht so, dass man Schwierigkeiten einer Gladbacher Viererkette gegen einen Gegner mit Dreierkette heute zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hätte. Die besseren Spiele der jüngsten Zeit gelangen vor allem, wenn man selbst aus der Dreier-Abwehr und mit zwei vorgezogenen Außen dagegen agierte. Warum Marco Rose dennoch so spielen ließ und viel zu spät - erst nach dem dritten Gegentor - umgestellt wurde? Ich weiß es nicht.

Vor allem half es nicht. Vom VfL war auch in der zweiten Halbzeit kaum ein vernünftiger Angriff mit gutem Abschluss zu notieren. Beste Chance war noch Herrmanns Tor aus klarer Abseitsposition. Ansonsten blieg vieles rätselhaft. 

Die Auswechslungen verpufften, weder Embolo noch Wolf waren im konfuser werdenden Spiel nach vorne eine Hilfe, auch nicht Herrmann, der notgedrungen nach Kramers verletzungsbedingten Ausfall kam und zu einer weiteren Umstellung auf den Positionen nötigte. Warum Traoré dann noch kam und nicht Wendt oder Jantschke, um vielleicht in der Schlussphase noch Denis Zakaria aus der Libero-Rolle nach vorne ziehen zu können. Ich. Weiß. Es. Nicht. Immerhin verhinderte Zakaria als zweikampfstarker Abfangjäger noch einiges Schlimmeres.

Stellvertretend für ein verhunztes Spiel kann heute der Hoffenheimer Anschlusstreffer stehen. Der Ball prallt von Thuram Kramaric vor die Füße, der trifft ihn gar nicht richtig, und im Toreck kann sich Matthias Ginter nicht entscheiden, ob er den Ball lieber mit dem Kopf oder dem Bein abwehren will. Daher versucht er es artistisch mit beiden gleichzeitig und der Ball fällt genau zwischen Bein und Kopf ins Tor. Besonders bitter: Wäre Ginter nicht zur Stelle gewesen, hätte Tobi Sippel vielleicht sogar selbst die Möglichkeit gehabt, den Ball noch aus dem Eck zu fischen. Slapstick pur. Nur, dass ich da nicht mehr drüber lachen kann, weil es einfach schon zu oft passiert ist in dieser Saison.

Nun ist es so. Eine große Chance, doch noch mal aus nächster Nähe an der Euro-League-Qualifikation zu schnuppern, ist vertan. 

"Was wäre, wenn" bringt nichts mehr. Zur Schiedsrichterleistung muss ich aber trotzdem etwas sagen. Denn natürlich hat Borussia sich die Niederlage selbst zuzuschreiben. Aber das Spiel hätte wohl auch eine andere Wendung genommen, wenn Schiri Daniel Siebert in der 13. Minute auf den Elfmeterpunkt gezeigt hätte, als Grillitsch Flo Neuhaus auf den Fuß trampelte. 

Das war ein so glasklarer Elfmeter, dass er sogar das Ballfangen von Ilsanker am vergangenen Samstag noch weit in den Schatten stellte. Trotzdem kam auch von Bastian Dankert im VAR-Keller keine Korrektur der falschen "Weiterspielen"-Entscheidung Sieberts. Und an dieser Stelle fehlen mir dann als VAR-Befürworter auch langsam die Argumente, wofür man ihn denn dann braucht. Gut, dieser Elfmeter wäre früher ohne Hilfsmittel wohl auch nicht gegeben worden. Aber wenn er trotz Nahaufnahme und Zeitlupe heute nicht gepfiffen wird, was soll das Ganze dann?

Statt Strafstoß und der gelb-roten Karte für den zuvor schon verwarnten Grillitsch gab es also: nichts. Das war aber nicht das einzige, was mich an Sieberts Spielleitung gestört hat. Er hatte ein wirklich einfach zu lenkendes Spiel erwischt, bei dem es kaum knifflige Zweikämpfe gab. Dennoch ließ er Baumgartner ungestraft Tobi Sippel umflexen - ein Zweikampf, für den es, Ball gespielt oder nicht, im Mittelfeld in 8 von 10 Fällen Gelb gibt. Später ließ er Baumgartner im Luftkampf mit dem ausgefahrenen Arm Nico Elvedi niederstrecken. Beides ließ Siebert ungerührt weiterlaufen. Es gab noch mehr, bis hin zur wieder zu kurzen Nachspielzeit und den Abpfiff vor einem Eckball. Aber ich will den Fokus auch nicht zu sehr auf den Schiri verschieben, weil die Mannschaft sich das Ergebnis am Ende ja selbst eingebrockt hat. Er ist nur leider - wieder einmal - nicht hilfreich, solche Referees und VARs zu haben.

Egal: Zum wiederholten Mal heißt es jetzt: die richtigen Schlüsse ziehen. Bielefeld wird es den Borussen am Sonntag kein bisschen angenehmer machen wollen. Ob es ihnen gelingt - das haben wir ja auch schon oft genug gesehen in dieser Saison - liegt allein an Hofmann und Co.

Bundesliga, 30. Spieltag: TSG Hoppelheim - Borussia Mönchengladbach 3:2. Tore für Borussia: 0:1 Plea, 0:2 Lazaro.

Saisonspende: Heute gibt's 1 Euro ins Sparschwein. Hätte ich mal noch eine Prämie für Dummheit ausgelobt... Na ja. Gesamtstand immerhin: 107,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-04-17

Bewerbung abgegeben

Willkommen zurück, Borussia! Der Sieg heute war nicht nur vom Ergebnis her äußerst charmant - besonders für mich als fast mein ganzes Leben lang von Frankfurt-Fans umgebener gebürtiger Hesse.
Es war auch die Rückkehr der Mannschaft, die uns Marco Rose versprochen hatte, die er für ein Jahr auch auf die Beine gestellt hatte und die irgendwann im Spätherbst zwischen Pflicht und internationaler Kür verloren gegangen war.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Sieg heute verdient war. Ob in der Höhe, darüber kann man diskutieren, aber das juckt mich letztlich auch nicht - schließlich gingen auch schon genug Spiele für die Leistung zu knapp aus. Gladbach hatte das Spiel fast die gesamte Spielzeit über im Griff, die Abwehr frustrierte die Stürmer Silva und Jovic enorm, weil sie ihnen eigentlich überhaupt keine Schnitte ließen. Defensiv hielten die Borussen die Formation sehr breit, sodass vor allem über die Außen kaum schnelle Angriffe durchkamen.   

Außerdem hatte Borussia noch weitere Möglichkeiten, diese vier Tore auch in anderen Situationen nochmal zu erzielen. Und das, ohne die zweieinviertel möglichen Elfmeter, über die ich mich heute zum Glück nicht mehr aufregen muss.

Auf der anderen Seite war es natürlich ein Spiel, das genausogut sehr frustrierend hätte enden können, wenn die Eintracht in der ersten Hälfte ihre Torgelegenheiten durch Jovic und Ilsankers Kopfball, den Tobi Sippel sensationell noch an die Latte lenkte, besser genutzt hätte - und Borussia eben nicht.

Und wenn alle treffsicherer gewesen wären, hätte es bis zum Schluss vielleicht ein Spiel auf des Messers Schneide sein können, mit einem sehr hohen aber knappen Endergebnis.

Was der Ausgang heute nicht war: glücklich. Natürlich spielte es Jonas Hofmann und seinen Kollegen in die Karten, dass das 1:0 ziemlich leicht und früh fiel, und dass Frankfurts Torwart Trapp beim zweiten Tor zuviele Gedanken im Kopf hatte, wie Hofmann den Ball nach innen bringen könnte und den strammen Schuss dann unter den Armen durchflutschen ließ.

Ansonsten waren bei einigen Szenen eher die Gäste im Glück als der VfL. Das galt für ein aus meiner Sicht strafwürdiges Foul von N'dicka an Thuram. Es galt nicht so sehr für ein Handspiel in der zweiten Halbzeit, wo im Fallen die Hand des Frankfurters vor dessen Körper getroffen war, der Schuss aber direkt Richtung Tor ging. 

Am strittigsten war es allerdings bei Ilsankers ungewollter Ballfangaktion in der ersten Hälfte. 

Ja, ich akzeptiere die Interpretation von Schiri Deniz Aytekin, der erst die leichte Ballberührung mit dem Bein und dann auch den relativ körpernah geführten Arm als entlastend wertete. Ich kann damit leben, weil er sich die Szene nochmals am Bildschirm ansah und dann bei seiner ursprünglichen Entscheidung die er in Echtzeit bewertet hatte, blieb.

Ich halte sie trotzdem für falsch und glaube, dass es unter zehn Bundesligaschiedsrichtern keine eindeutige Mehrheitsentscheidung für diese Auslegung gegeben hätte. Es ist völlig fußballwidrig, dass ein Schuss, der im Strafraum direkt aufs Tor geschossen wird, von einem Spieler mittels Berührung beider Arme abgeblockt, kurz sogar gestoppt (also "gefangen") werden kann und dies keinen Elfmeter zur Folge hat.

Es war zum Glück keine Entscheidung, die für dieses Spiel am Ende eine Rolle gespielt hat. Aber das macht die Szene an sich ja nicht unstrittiger. Ansonsten gefiel mit Aytekin wieder gut, die Kommunikation 1A, manchmal vielleicht etwas zu kleinlich bei leichten Schubsern von hinten - da ist die Linie in der Bundesliga ja doch inzwischen oft auch etwas großzüger.  

Unter dem Strich kann man der Rose-Elf heute die wohl beste Leistung seit fast einem halben Jahr bescheinigen - auch weil es kein Gegner aus dem unteren Tabellendrittel war, den man leichter dominieren kann, sondern der Vierte der Liga, der auch immer noch 10 Punkte Vorsprung auf Ginter und Co. hat. 

Mit zunehmender Spielzeit kopierte Gladbach sogar ein wenig das eigentlich von der Eintracht gerne praktizierte Spiel mit vielen langen Bällen hinter die Mittellinie, und überließ dem Gegner am Ende erstaunliche 63 Prozent Spielanteile statt wie so oft selbst die Spielkontrolle zu suchen. Dazu spielte die Fohlenelf - ebenso erstaunlich nur 326 Pässe (Frankfurt 567) und verbuchte eine äußerst mäßige Passquote von 71 Prozent - weil der Spielaufbau erheblich zielstrebiger (und fehleranfälliger) nach vorne ging, was Frankfurt durchaus zur Vorsicht bei eigenen Pressing anhielt und ihnen einiges von ihrer Angriffsschärfe nahm.

Dass dieser Sieg gelang - und auch noch ohne Zittern bis zum Schluss - hatte viel mit Disziplin, Kampf- und Laufbereitschaft zu tun, und es brauchte in einigen Szenen auch den energischen individuellen Einsatz, bei dem sich vor allem Stevie Lainer einmal mehr Bestnoten verdiente, weil er Kostic immer wieder abkochen konnte und auch unter Druck stabil blieb.
Jonas Hofmann lief wieder wie aufgezogen, als hätte er in der Covid-19-Quarantäne seine Reserven noch ausgebaut. Natürlich war er auch nach vorne zusammen mit dem zunehmend befreiter aufspielenden Marcus Thuram der Kreativmotor des VfL, was den Frankfurtern ohne deren Kampfschwein Martin Hinteregger doch deutlich zusetzte und einige Unsicherheiten offenlegte.

Na klar, auch der unauffällige Elvedi und die auffälligen Torschützen Ginter und Bensebaini verdienten heute Extralob, aber es gab keinen, der da wirklich abfiel. BEsonders loben muss man Tobi Sippel aber - nicht nur für zwei, drei fantastische Paraden und sein verdientes Zu-Null-Spiel. Sondern auch für seine sehr kontrollierten und präzisen langen Bälle nach vorne. das ist etwas, was Yann Sommer zuletzt etwas hatte vermissen lassen. Viele lange Schläge des Schweizers landeten postwendend beim Gegner, gerade in Phasen, wo die Mannschaft unter Druck war. Heute war das gefühlt (ich habe nicht mitgezählt) viel effektiver. Top, Tobi!

Was aber das Wichtigste war - die Energieleistung von Berlin vergangene Woche hat im Positiven Spuren hinterlassen. Es stand heute wieder eine Einheit auf dem Platz. Spieler, die füreinander laufen und fighten, die sich helfen, unterstützen - die sich verstehen. Und nicht vergessen: Es fehlten heute mit Kapitän Stindl, Yann Sommer und Chris Kramer nicht irgendwelche Spieler. Aber das war fast nicht zu bemerken, weil andere Spieler diese Lücken exzellent auszufüllen verstanden.

Ob das gute Auftreten heute auch etwas mit der geklärten Trainerfrage in der kommenden Saison zu tun hatte? Mit der Möglichkeit, sich ausgerechnet im ersten Spiel nach der Bekanntgabe von Hütters Wechsel genau diesem 90 Minuten lang in erster Reihe präsentieren und sozusagen bei ihm "bewerben" zu können? Das könnte sein.
Aber in erster Linie ziehen die Spieler (und der Trainerstab) in eigener Sache an einem Strang - weil sie gemerkt haben, dass es aufwärts geht, dass sie sich auch wieder belohnen, wenn sie sich im Spiel etwas zutrauen und nicht nachlassen. Bestes Beispiel: Florian Neuhaus, der heute wieder einige instinktive Weltklasse-Anspiele zeigte, unter anderem den schönen Wechsel auf Jonas Hofmann vor dem 2:0. 

Jetzt gilt es, diese Leistung zu bestätigen. Hoffentlich fällt für das Spiel in Hoffenheim am Mittwoch Jonas Hofmann nach dem K.o.-Schuss von ("ausgerechnet") Amin Younes nicht schon wieder aus. Denn so wie er heute aufgespielt hat - in der Defensive, in der Offensive, aus dem Spiel heraus und bei seinen Standards -, ist er kaum wegzudenken aus der Startelf.

Heute können wir wohl alle gut schlafen. Das war ein großer Schritt hin zu einem versöhnlichen Saisonende. Egal, was Corona oder andere Plagen für uns noch bereit halten.

Bundesliga, 29. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt 4:0. Tore für Borussia: 1:0 Ginter, 2:0 Hofmann, 3:0 Bensebaini, 4:0 Wolf.

Saisonspende: Heute gibt's 3 Euro ins Sparschwein. Vier Tore ergeben 2 Euro, dazu endlich mal wieder eine weiße Weste, und das für den frischgebackenen Vater Tobis Sippel. Das ist toll! Ach ja, Gesamtstand: 106,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-04-10

Drama, Baby!

Halbwegs friedlich gehe ich ins Restwochenende - nach einem Unentschieden gegen einen abstiegsgefährdeten Gegner, der auch heute zeigte, warum er so weit unten in der Tabelle steht.

Am Ende nehme ich den Punkt gern mit und will zufrieden sein, obwohl ich auch der Meinung bin, dass nur Borussia heute ein logischer Sieger der Partie gewesen wäre. Und Lars Stindl und Co. es auch verdient gehabt hätten - durch irgendein krummes Ding, sei es ein zweiter Elfmeter oder auch ein Neuhaus-Schuss in den Winkel nach dessen kurioser Ballmitnahme ein paar Minuten vor Schluss. Ja verdammt: Gladbach wäre auch mal dran gewesen, ein Spiel, in dem vieles gegen die Rose-Elf lief, auf mehr als glückliche Weise zu gewinnen 

Passt das jetzt zusammen? Ich glaube: Ja.

Aus neutraler Sicht war das heute im Olympiastadion wirklich ein packendes Spiel, das viel Unterhaltung bot, inklusive einer gehörigen Portion Drama. Aus Gladbacher Sicht wurde es früh zum Alptraum, dann zum Prüfstein. Und wenn wir Glück haben, wurde es zu einer Reifeprüfung, aus der die Mannschaft am Ende mehr Kraft zieht als vielleicht aus den Siegen gegen Schalke und Freiburg zusammen.

Denn im Gegensatz zum Sky-Reporter Michael Born kann ich einschätzen, welcher Mannschaft man heute zu einer guten Leistung gratulieren muss. Es ist nicht die Hertha, die der "Fachmann" am Mikro dazu beglückwünschte, dass sie sich stark verbessert gezeigt und gegen Gladbach auf 60 Prozent Ballbesitz gekommen war. Wer nicht ganz blöd ist, weiß, dass diese Zahl gar nicht so großartig ist, wenn man 77 Minuten in Überzahl gespielt hat - ein Fakt, den Born das ganze Spiel über ausgeblendet zu haben schien, so begeistert war er von der "Leistungssteigerung" der doch nominell auch ziemlich hochkarätig aufgestellten Berliner Elf. Egal, daran will ich mich gar nicht weiter hochziehen. 

Aber letztlich kann man daran auch - ein bisschen wenigstens - ablesen, dass heute die Mannschaft in Unterzahl ihre nach 13 Minuten grundlegend geänderte Aufgabe zur vollen Zufriedenheit gelöst hat. 

Fast das ganze Spiel war Borussia in Unterzahl, lag dann zurück, drehte den Rückstand noch vor der Pause und war in Halbzeit eins sogar phasenweise noch in der Lage, den Gegner gut zu bespielen, den der Platzverweis gegen Yann Sommer scheinbar mehr durcheinander gebracht hatte als die dezimierte Mannschaft.
Das lag auch ein bisschen an der taktischen Ausrichtung der Berliner, die eigentlich auf Konterspiel eingestellt waren und nun in die Spielmacherrolle gedrängt waren, was ihnen merklich Probleme machte. In Halbzeit eins war der VfL jedenfalls die zielstrebigere, in jedem Fall aber effektivere Mannschaft.

Zur Pause reagierte Pal Dardai und brachte mit Plattenhardt, Piatek und Radonjic gleich drei neue Spieler, die der veränderten Spielarchitektur Rechnung trugen. Daraus Kapital zu schlagen, gelang aber nur in den ersten Minuten nach der Pause, als Cordoba auch deshalb das schnelle 2:2 gelang, weil die Abseitslinienlotterie diesmal mal wieder zu Ungunsten von Borussia ausging.

Danach aber verteidigten Kramer, Ginter und Co. die Berliner Versuche, das von Tobias Sippel hervorragend gehütete Tor in Gefahr zu bringen, richtig gut weg, sodass irgendwann fast nur noch planlos Flanken in den Strafraum des VfL geschlagen wurden, die heute aber meist recht einfach geklärt werden konnten. Mit ablaufender Spielzeit hatte ich jedenfalls immer weniger die Befürchtung, dass das Spiel verloren gehen würde. Ich hoffte im Gegenteil eher darauf, dass auf der anderen Seite noch irgeneine Murmelei zum Gladbacher Sieg gelingen würde. 

Fast hätte das auch geklappt - ja klappen müssen. Und damit bin ich beim Thema Schiedsrichterentscheidungen. Auch hier nicht so emotional wie sonst, auch wenn ich mich während des Spiels natürlich gehörig aufgeregt habe. Patrick Ittrich hat für mich heute keinen besonders guten Tag gehabt, er lag aus meiner Sicht bei einer Reihe von Zweikampfentscheidungen diskutabel falsch. Die wichtigste Szene hat aber nicht er zu verantworten, sondern der VAR Robert Hartmann in Köln. Es geht um die eine richtig gute Chance in der 72. Minute, als Klünter und Thuram im Strafraum den Ball verpassten und ins Straucheln kamen. Thuram rutschte mit dem Gegner zusammen Richtung Tor und versuchte da schon, mit dem langen Bein Halt zu bekommen, rutschte aber über Klünters Bein und Arm weiter nach hinten weg und kam schließlich mit seinem einen Fuß zwischen Körper und Arm des Verteidigers. Soweit ist alles noch ok.
Doch in dem letzten Moment, als der Gladbacher Stürmer sein Bein aus dieser Position wieder nach vorne nehmen wollte, um aufzustehen und dem Ball hinterherzugehen, klemmte sein Gegner den Fuß erst etwas ein, so dass dieser nicht loskam und zog dann seine Hand und Thurams Bein noch etwas hoch, sodass dieser vollends auf dem Bauch landete. 

Für mich führt da beim besten Willen an einem Foulpfiff nichts vorbei. Dass Ittrich das in Realgeschwindigkeit anders wahrnahm, akzeptiere ich. Aber dass der VAR, der die Superzeitlupe zur Verfügung hat, um Vergehen nachzuweisen, das nicht sieht oder nicht so wertet, macht mich fassungslos. Klar, man kann das anders interpretieren. Und dann wird im Zweifel wieder das so berühmte wie  unsinnige "das reicht eben nicht für einen Elfer" bemüht.
Aber wenn man diese absichtliche Bewegung des Verteidigers wahrnimmt, ist es - leicht oder nicht - eine strafwürdige Aktion und ein klarer Elfmeter. Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, dass auch hier wieder einmal ein wie auch immer geartetes "Ermessen" entschieden hat, das aus meiner Sicht sportwidrig ist.

Und dieses Sportwidrige zog sich heute durch einige Szenen. Das fängt mit dem Fakt an, dass heute der bekannt unsportliche Sportkamerad Ascacibar auf dem Platz stehen, um sich treten, ein abgefälschtes Tor erzielen und den Schuss vor dem zweiten Tor abfeuern durfte, obwohl er sich in der Woche zuvor ungestraft betont krass unsportlich verhalten hatte, als er gut vernehmbar an der Seitenlinie seinen Gegenspieler mit dem A........-Wort tituliert hatte. Aber: geschenkt.

Es geht weiter damit, dass Yann Sommer für ein Foul in einer klar ballorientierten Aktion (bei der der Gegner - by the way - keine Ballkontrolle und auch keine klare Torchance hatte) mit Rot vom Platz fliegt. Und auf der anderen Seite der Sportkamerad Seefuik für eine veritable Körperverletzung nur Gelb sieht. Damit will ich nichts gegen den Platzverweis von Sommer sagen - alle paar hundert Spiele geht so eine Klärungsaktion halt mal schief. Dass Cordoba den Kontakt am Schienbein gern annahm, statt erfolglos einem ins Aus fliegenden Ball hinterherzulaufen, ist auch ok. Auch gegen die Entscheidung Rot statt Gelb ist letztlich wenig zu argumentieren, die Regeln sind eben so.
Doch im Vergleich zu einem Spieler, der mit drei Meter Anlauf in einen
Ramy Bensebaini reinspringt, der ihn nicht kommen sieht und ihm so mit der angelegten Schulter gegen den Kopf rammt, dass das Opfer unkontrolliert mit dem Gesicht auf dem Rasen aufschlägt, ist Sommers Vergehen schon ein fast niedliches.
Ich habe wirklich in diesem Moment Angst um Ramy bekommen, der seinen Sturz in diesem Moment nicht aus eigener Kraft abfedern konnte. Ein Wunder, dass da nicht mehr passiert ist, und gut, dass er so lange weiterspielen konnte - nachdem schon der andere Linksverteidiger Oscar Wendt der Sommer-Aktion zum Opfer gefallen war.
Aber ganz ehrlich, selbst im rauhen Eishockeysport versteht man bei solchen Angriffen auf den Körper eines Gegners, der auf den Check nicht gefasst ist, keinen Spaß. Zum Vergleich: Wer einen Gegner so unkontrolliert in die Bande checkt, geht beim Eishockey mit einer Spieldauersiziplinarstrafe duschen. Es wäre nicht schlecht, wenn man da im Fußball auch mal drüber nachdenken würde - noch mehr, wenn ein Gegner dadurch verletzt ausgewechselt werden müsste. 

Auch wenn ich keineswegs zufrieden bin mit der Performance des Schiedsrichters - immerhin schickt er zu allem Überfluss mit einer ziemlich ungerechtfertigten (5.) Gelben Karte nun auch Chris Kramer am kommenden Wochenende gegen Frankfurt in die Zwangspause - Patrick Ittrich hat dennoch alles, was einen guten Schiri ausmachen kann, zumindest im Umgang mit Spielern und Trainern.
Positiv habe ich zum Beispiel kurz vor Schluss notiert, wie souverän er mit einem kleinen Ausraster von Marco Rose umging. Er sprach ihn ruhig an, auch mit Humor, sinngemäß: dass sie beide ja nicht gerade einen einfachen Job gehabt hätten heute und es sich jetzt nicht noch schwerer machen müssten. Kein übertriebene Schulmeisterei mit theatralisch gezogener Verwarnung für einen natürlich in der Schlussphase hoch emotionalen Trainer, sondern eine sachliche Art, zu beruhigen - so sollte es öfter sein. Vielleicht bin ich deshalb auch etwas gnädiger mit meinem Gesamturteil. 

Ein irres Spiel, ein 2:2. Es sollte heute wohl so sein. Und auf jeden Fall haben wir einiges durch- und erlebt. Es war einfach ganz schön viel drin - eben: "Drama, Baby!"

Bundesliga, 28. Spieltag: Hertha BSC Berlin - Borussia Mönchengladbach 2:2. Tore für Borussia: 1:1 Plea, 1:2 Stindl (FEM, Thuram).

Saisonspende: Ein weiterer Punkt aufs Borussenkonto, und einen Euro für zwei Tore - ergibt sechs Spieltage vor Schluss eine Summe von 103,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-04-04

Spielglück

Viel war ja während dieser langen Sieglos-Serie zu hören von diesem fehlenden "Spielglück", das sich die Mannschaft hätte erarbeiten müssen, um zu Erfolgserlebnissen zu kommen. Heute nun kam dieses ominöse Spielglück zurück - mit voller Wucht. Denn auch wenn wir am Ende dank einer ordentlichen Leistungssteigerung gar einen nicht ganz unverdienten Sieg konstatieren können - es war schon sehr viel von diesem "Spielglück" nötig, damit es überhaupt dazu kommen konnte.

Die erste Hälfte war, ohne Umschweife gesagt, eine Katastrophe. Borussia ohne den gesperrten Bensebaini, den kurzfristig angeschlagenen Elvedi und den in Covid-Quarantäne befindlichen Jonas Hofmann, das war schon eine erhebliche Schwächung -aber keine Entschuldigung für diesen Auftritt. Dass Marco Rose angesichts der Ausfälle auf die übliche Viererkette setzen würde, war für den gegnerischen Trainer Christian Streich leicht auszurechnen. Und er setzte mit einer eigenen Dreierkette und der daraus folgenden Überzahl im breit gefächerten Mittelfeld den richtigen Impuls, um Borussia 45 Minuten lang äußerst alt aussehen zu lassen. Darauf hätte der VfL-Stab aber eigentlich vorbereitet sein müssen.

Vor allem über ganz außen kamen die Breisgauer immer wieder leicht und gefährlich durch, das Pressing der Gladbacher funktionierte fast nie und so waren die Außenverteidiger Wendt und Lainer sehr oft sehr hochstehend schnell überspielt und die Restverteidigung oft in Unterzahl gegen die Freiburger, denen man nur eins vorwerfen konnte: dass sie zu wenig zielstrebig und effektiv waren.

Nach vorne ging beim VfL wenig, nach hinten lief man in einen gefährlichen Gästeangriff nacheinander. Es war gruselig. Und es glich einem Wunder, dass es zur Halbzeit nur 0:1 stand - selbst wenn man sich auf Yann Sommer eigentlich immer verlassen kann. Er allein hielt das Team mit einer Handvoll Glanztaten bis dahin im Spiel.

Zur Halbzeit gab es eigentlich nur noch einen Gedanken, der einen auf ein Happyend hoffen lassen konnte: Die Fußballweisheit, dass der, der zu viele Chancen auslässt, am Ende dann doch oft verliert. Quasi also das, was Borussia zuletzt gegen Augsburg widerfahren war. So kam es tatsächlich, aber es war noch ein weiter Weg bis dahin.

Immerhin: Nach der vielleicht schlechtesten Halbzeit in dieser Saison folgte eine starke Phase, die ebenfalls vor allem einer taktischen Umstellung zu verdanken war. Auch Rose stellte nun auf Dreierkette um. Er brachte aber nicht Tony Jantschke, sondern platzierte wieder einmal den spielerisch stärkeren Denis Zakaria zwischen Ginter und den in der ersten Halbzeit ziemlich verloren wirkenden Jordan Beyer. Der profitierte enorm von dieser Umstellung, und er lieferte ab da eine richtig solide Abwehrleistung ab.

Lainer und Wendt brachten ihrerseits im Mittelfeld deutlich mehr Zugriff auf die Gegenspieler als in der ersten Hälfte, und verkürzten zudem die Pass- und Laufwege für das Angriffstrio und die beiden zentralen Mittelfeldspieler Neuhaus und Kramer. Für Zakaria ging Hannes Wolf vom Platz, der als positionsgetreuer Rechtsaußen wie seine Nebenleute in Halbzeit eins völlig wirkungslos geblieben war - was aber nicht in erster Linie seine Schuld war.
Stindl rückte nun auf die rechte Seite, Plea und Thuram tauschten die Positionen, sodass mit Lasso links und Tikus in der Mitte auch hier mehr Wucht, aber auch mehr Flexibilität einzog. Und es wurde endlich mal wieder über längere Zeit mit schnellen Ein-Kontakt-Bällen nach vorne kombiniert und so der Gegner auch mal wirklich beschäftigt, worauf die Freiburger nach der desolaten ersten Hälfte der Gladbacher offensichtlich nicht gefasst waren.

Und so reichte eine starke Viertelstunde, um das Spiel zu drehen. Natürlich mit einer kräftigen Portion "Spielglück". Denn beim Ausgleich stand Thuram genauso zufällig um Zentimeter nicht im Abseits wie es sein Gegenüber Höler in der Nachspielzeit dann eben tat. Zudem wurde sein Schuss, der möglicherweise sogar am Tor vorbei geflogen wäre, vom Rücken seines Gegners unhaltbar ins Tor abgefälscht. 

Das zweite Tor war da schon zwingender, nach einem Jonas-Hofmann-Gedächtnis-Schnittstellenpass von Chris Kramer in den Lauf von Thuram. Doch auch da passte mal alles: der erste Kontakt bei der Ballmitnahme, die Grätsche ins Leere von Gegenspieler Lienhart, das leichte Zögern von Torwart Müller, der dann nicht mehr an den Ball herankommen konnte. Ein schönes Tor, das Zentnerlasten abfallen ließ, allen voran beim Torschützen selbst, den man lange nicht mehr so strahlend hat jubeln sehen.

Ab da schien es wirklich für Gladbach zu laufen. Thuram hätte mit einem Flachschuss fast sein drittes Tor erzielt, in der 68. Minute lag der Ball dann auch wirklich zum dritten Mal im Freiburger Tor, diesmal hatte der Unglücksrabe vom 1:1, Santamaria den Querpass von Stindl gleich selbst ins Tor gegrätscht.

Doch das schien dann selbst dem Schiriteam wohl zu viel des Guten. Der VAR Marco Fritz griff offenbar ein. Nicht um das Tor wegen einer möglichen Abseitsstellung nicht zu geben, die der Assistent signalisiert hatte, die aber nicht vorlag, wie die Fernsehbilder zeigten. Nein, er machte Schiri Christian Dingert auf eine Szene im Mittelfeld aufmerksam, wo ein Freiburger zuvor nach einem Zweikampf liegengeblieben war. Dingert schaute sich die Szene selbst am Monitor an und gab tatsächlich Freistoß für Freiburg.
Eine fette Fehlleistung. Denn was war passiert? Der Freiburger ging zum Ball, touchierte ihn ganz leicht. Stevie Lainer kam von der Seite, spielte den Ball deutlich zu einem eigenen Mann und trat dem Gegner dann beim Zurückschwingen seines ballspielenden Beins unabsichtlich auf den Fuß. Zu diesem Zeitpunkt war der Ball schon gut einen Meter weit weg vom "Tatort", der "gefoulte" Spieler hätte keinerlei Möglichkeit gehabt, ins Spiel um den Ball einzugreifen.

In Realgeschwindigkeit hatte Dingert diese Szene zu Recht weiterlaufen lassen, aber nach dem Eingriff des VAR, der sich wieder einmal meldete, obgleich eben keine gravierende Fehlentscheidung des Feldschiris vorlag, änderte er seine Meinung - zu einer klar falschen Entscheidung. Das ist nicht nur ärgerlich, weil dieses 3:1 mir und wahrscheinlich allen Gladbachfans viel Zittern bis zum Schluss und strapazierte Nerven erspart hätte. Es ist auch ein Bärendienst für den VAR, der ansonsten heute eine sehr wertvolle Hilfe bei den Abseitssituationen war. Allerdings fehlt mir auch das Verständnis für Dingert, eine Szene trotz aller Video-Hilfsmittel dann derart falsch zu bewerten.

Dass wir über diese Szene aber nicht länger diskutieren müssen, hat dann erneut mit dem Spielglück der Gladbacher zu tun. Denn nach dieser Szene verlegten sich Ginter und Co wieder zu sehr auf das, was sie am wenigstens können: einen knappen Vorsprung verteidigen. So kam Freiburg in den Schlussminuten unnötigerweise noch mehrmals im Strafraum gefährlich zum Abschluss.
Und nach fünf gespielten Nachspielminuten dann vermeintlich auch noch zum 2:2, was letztlich für die Gäste nicht unverdient gewesen wäre - und auch eine "verdiente" Lektion für die Rose-Elf, die es einmal mehr schaffte, sich nach einer Minute eigenem Ballbesitz von Pass zu Pass mehr in Bedrängnis zu bringen, bis der lange Ball nach vorne beim Gegner landete und am Ende die Befreiung aus dem eigenen Strafraum nicht gelingen wollte. 

Und so gut Stefan Lainer heute wieder attackierte und der Gladbacher Kampf-Taktgeber war: hier, in dieser letzten Szene in der Nachspielzeit, da musste er den Ball aus dem Strafraum eigentlich so klären, dass dieser mindestens bis zur Mittellinie oder ins Aus geflogen wäre. So blieb er im Spiel, flipperte ohne Gladbacher Ballberührung über fünf Stationen durch den Strafraum und landete schließlich im Tor. 

Und hätte Hölers Bein nicht zufällig noch etwas im Abseits gestanden - was nun mal die Regel ist, auch wenn es den Sinn der Abseitsregel völlig karikiert -, dann wäre der Katzenjammer groß gewesen, einmal mehr in den letzten Sekunden wichtige Punkte abgegeben zu haben - auf die man allerdings 45 Minuten zuvor kaum noch einen Pfifferling zu setzen gewagt hätte. 

Fast zuviel also des Spielglücks für nur ein Spiel. Andererseits ist es gerade gegen Freiburg nicht soo schade, auch mal viel Glück auf der eigenen Seite zu haben. Ich kann mich da in der Historie dieser Partien auch schon an mehrere angefälschte Gegentore, Schiri-Blackouts und andere Unglückseligkeiten erinnern.

Das bedeutet unter dem Strich: Gladbach stolpert - mit einigen eingeschobenen eleganten Zwischenschritten - wieder ein wenig Richtung internationales Geschäft. Das liegt vor allem daran, dass die direkt vor Borussia platzierten Teams netterweise ein bisschen auf die Rose-Elf gewartet und sich noch nicht uneinholbar entfernt haben. 

Und daran, dass zur richtigen Zeit zwei Gegner kamen, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass der VfL weiter von einem versöhnlichen Saisonabschluss träumen kann. Das gibt der Rose-Eklf tatsächlich siuchtlich Auftrieb, spielerisch wie kämpferisch, wenn auch bisher nur phasenweise im Spiel. Aber das ist ja schon mehr, als man in den Wochen vorher noch zu hoffen wagte. In diesem Sinne: Weiter arbeiten, die steigende Form festhalten - und das Spielglück auch, wenn's geht.

Bundesliga, 27. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg 2:1. Tore für Borussia: 1:1 Thuram, 2:1 Thuram.

Saisonspende: Ein wichtiger Sieg, aber für zwei Tore gibt es trotzdem nur einen Euro ins Spendenschwein. Da in der Länderspielpause bei der Nationalmannschaft diesmal keine Gladbacher Torbeteiligungen dazu kamen, sind wir bei einem Gesamtstand von 102,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.