2022-02-26

Zusammenwachsende Nervenenden

Sanmstagmittag geht es los... In ein Wechselbad der Gefühle. Zu einem unbefriedigenden Ende. An einem dennoch vergleichsweise guten Tag der Gladbacher Diva. Aber was hilft es? Am Ende steht dieser eine Punkt, der wichtig sein kann - oder auch zu wenig. Das wiederum wissen wir erst in einigen Wochen. Und deshalb will ich mich heute nicht zu sehr mit dem Lamentieren aufhalten, ob das nun verlorene Punkte waren oder nicht. 

Es gibt ja ohnehin wichtigere Themen als Fußball im Moment. Das hat uns das doppelte Gedenken aus schlimmen Anlässen heute im Stadion einmal mehr plastisch vor Augen geführt - einerseits das Innehalten wegen des Krieges in der Ukraine, andererseits durch die bewegende Schweigeminute für den tödlich verunglückten Borussen Jordi Bongard, bei der dessen langjähriger Teamkollege Conor Noß Jordis Trikot in der Hand hielt und verständlicherweise seine Tränen nicht ganz zurückhalten konnte (ich auch nicht, um ehrlich zu sein). Mein und unser aller Gedanken und guten Wünsche sind bei Jordis Familie und seinen Freunden.

Was war das nun für ein Spiel. Ein aufregendes auf jeden Fall, eins, was zumindest in der zweiten Halbzeit das Band zwischen Fans und Mannschaft wieder fester geknüpft haben dürfte. Und eins, das viel Raum für Emotionen und Diskussionen ließ. Und für das, was man daraus mitnehmen könnte. Ich versuche heute, mich dem mal über ein paar Thesen zu nähern.

These 1: Das war heute ein Wendepunkt in der Saison und das Fundament für den möglichst schnellen Klassenerhalt. Ich kann nächste Woche schon wieder Lügen gestraft werden, wenn die Mannschaft in alte Muster zurückfällt. Doch heute hat sie spielerisch, kämpferisch und von der Entschlossenheit her Funken sprühen lassen, die ein kleines Hoffnungsfeuer entfacht haben. Es war genug Energie auf dem Platz, um das Team fester zusammenzuschweißen und durch die kommenden Aufgaben zu tragen - aber das muss nicht zwingend so sein. Denn auf der anderen Seite ist all das, was heute gut war, auch nach wie vor äußerst fragil.

These 2: Ohne den Wolfsburger Platzverweis hätten wir heute einen weiteren schlimmen Nachmittag erlebt. Denn, und das ist die schlechte Nachricht - auch heute war die Gladbacher Defensive erschreckend schwach. Nicht nur, aber speziell bei den billigen Gegentoren, blamierten sich zuvorderst Elvedi, Ginter und Beyer schon fast in der Naivität ihrer Abwehrversuche. Über den Führungstreffer muss man schon gar nichts mehr sagen, das war abgrundtief schlecht in Abstimmung und Stellungsspiel.
Genauso schlimm fand ich allerdings den zweiten Treffer. Nachdem unmittelbar hintereinander die dritte genau gleich geschlagene Ecke dicht vor das Tor geflogen kam und die Borussen trotzdem kollektiv nichts aus den ersten beiden Versuchen der Wolfsburger gelernt hatten. Hätte Bornauw den Ball nicht reingeköpft, hätte man ihm fast zum Trost noch einen Elfmeter geben müssen, so klammeraffenartig hing Ginter mit beiden Armen an ihm dran.

Was hat das alles mit dem Platzverweis gegen Lacroix zu tun? Er beraubte Wolfsburg komplett des eigenen Offensivspiels, denn in Unterzahl kamen die Gäste nicht mehr nennenswert nach vorne. Unmittelbar vor der Roten Karte hatten sie noch einige Angriffe gehabt, bei denen es durchaus ein weiteres Mal hätte klingeln können - auch in der Szene, in der Kruse gern einen Elfmeter gehabt hätte (dazu später noch mehr). Vor der Halbzeit (vor allem durch Philipps Field Goal allein vor Sommer) sowieso. Hätte das VW-Team länger zu elft gespielt, wäre es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ein Konter sein Ziel gegen aufgerückte Borussen gefunden und das Spiel entschieden hätte.

These 3: Der VAR macht das Spiel nur anders doof. Damit sind wir beim Dauerthema Schiri und seine Helfer. Hätten wir heute keinen VAR gehabt, glaube ich an folgendes: Es hätte keinen Platzverweis gegeben, keinen Elfmeter für Kruse und kein annulliertes 3:2.

Keinen Platzverweis, weil beim Laufduell zweier klammernder Spieler kein klare(re)s Foul an (und auch nicht von) Thuram zu sehen war, was dies gerechtfertigt hätte. Im Zweifel wäre aus der Echtzeitwahrnehmung wahrscheinlich noch eher gegen den Stürmer gepfiffen worden. Das Handspiel selbst war für Schiedsrichter Tobias Reichel schlecht zu sehen, also war es gut, dass es dafür heute einen VAR gab und die notwendige Konsequenz für ein letztlich dämliches Handspiel erfolgte.

Da Max Kruse im Gladbacher Strafraum nicht gleich bei Kontakt zu Boden fiel, hätte es ohne VAR sicher keinen Elfmeter gegeben, denn die Wahrnehmung des Schiris war klar und richtig, dass Kruse noch drei Schritte voll auf den Rasen aufsetzen konnte, bis der Ball weg war und er sich fallen ließ.
Aus meiner Sicht war die VAR-Entscheidung, hier den Schiri nicht auf den leichten Treffer von Koné aufmerksam zu machen, ebenfalls völlig richtig. Denn anders als im Fernsehen ständig behauptet, war dieser Treffer nur ein ganz leichter, der Kruse nicht wirklich beeinträchtigte - zumindest, so lange er noch die Chance auf einen Torabschluss sah.

Manu Koné streifte mit den oberen Stollen zwar leicht den Knöchel des Gegners, der Fuß des Franzosen klappte danach aber sofort zur Seite, sodass er den Schuh von Kruse schon nur noch - wenn überhaupt - mikroskopisch leicht ankratzte. Ich kann den Ärger von Kruse trotzdem verstehen, denn wäre er schneller gefallen oder hätte der VAR den gleichen Übereifer wie bei der letztlich entscheidenden Szene auf der anderen Seite an den Tag angelegt, dann bin ich mir auch zu 70 Prozent sicher, dass der Schiri im Nachhinein doch noch auf den Punkt gezeigt hätte. Denn der Treffer am Fuß war in Zeitlupe nunmal gut erkennbar, egal wie  relevant er für Kruses Standfestigkeit am Ende war.

Das ist leider das Problem, was wir hier und anderswo Woche für Woche immer wieder aufs Neue diskutieren. Und was als wahrgenommene Willkür mal den, mal den frustriert - und natürlich uns am meisten, weil wir uns davon besonders oft benachteiligt fühlen. 

Das lässt sich auch am finalen Aufreger gut illustrieren. Ich bin ehrlich: Ich habe schon in Echtzeit bei Herrmanns Einsatz im Mittelfeld geahnt, dass diese Szene uns im Fall eines Torerfolgs noch Probleme machen würde. Denn für mich sah dies in Echtzeit wie ein Foul aus, weil Herrmann seinen technischen Fehler (eines zu weit wegspringenden Balls) mit einem langen Bein wieder gutmachen wollte und dabei Roussillon zu Fall kam. Es sah für mich also nach Foul aus. Für den gut postierten Schiedsrichter aber nicht. Er war näher dran und signalisierte Weiterspielen. Das bedeutet, er hat den Zweikampf selbst durchaus bewertet, er ist ihm nicht verborgen geblieben.

Dass nach einem Torerfolg grundsätzlich auf mögliche zuvor passierte Regelverstöße überprüft wird, ist völlig ok. Diskussionswürdig ist aber schon, wie weit in die Vergangenheit dies reichen soll und muss. Auch hier gehe ich für heute noch mit, denn dieser Zweikampf lässt sich für mich auch in einen unmittelbaren Zusammenhang zum erfolgreichen Torabschluss stellen - nicht wie bei Oscar Wendts berühmtem (durch Gegnerfoul erzwungenes, unabsichtliches) Handspiel am eigenen Strafraum, ihr erinnert euch sicher noch sehr lebendig dran.

Doch der Knackpunkt und ewiger Quell der Freude und Willkür ist die Frage: Lag hier eine klare Fehlentscheidung oder fehlende Wahrnehmung des Schiedsrichters vor? Und diese Frage muss ich - natürlich mit im Zweifel vorgeworfener Vereinsbrille - klar mit Nein beantworten. Warum? Es ist unstrittig, dass Herrmann den Ball nicht spielt und seinen Gegner am Fuß trifft, bevor der den Ball mit dem anderen Fuß, aber eher unkontrolliert oder unabsichtlich spielt.
Aber: Der Wolfsburger hat an diesem Fußtreffer entscheidenden Anteil, weil er seinen anderen Fuß aktiv seitlich in Herrmanns Bahn gestellt hat. Das macht er natürlich, um Herrmann zu blocken und ihn daran zu hindern, den Ball zu spielen. Man kann in dieser Szene also Foul pfeifen, man kann mit genausoguten Argumenten aber auch einen knackigen Zweikampf sehen, bei dem beide Spieler in den Ball rutschen, keiner ihn richtig spielt und der demzufolge einfach weiterlaufen kann. So hatte es Tobias Reichel in Realgeschwindigkeit gesehen, bevor er zum Monitor am Rande des Spielfelds zitiert wurde. 

Für mich hat der Feldschiri in dieser Szene nichts falsch gemacht. Er hat eine nachvollziehbare Entscheidung getroffen, weiterspielen zu lassen. Nachdem er vom VAR Günter Perl aber - aus welchen Gründen auch immer - an den Monitor geschickt wurde, kann ich aber auch nachvollziehen, dass er seine Entscheidung nun anders traf. Denn analog zur Kruse-Szene ist in der Zeitlupe hier ein Fußtreffer von Herrmann an Roussillon zu sehen, den man pfeifen kann - aber auch nicht zwingend müsste. 

Ich habe schon öfter auf das Problem der Wahrnehmung in Echtzeit und in (die Intensität verfälschender) Zeitlupe hingewiesen. Es ergibt sich aus meiner Sicht dort oft ein erhebliches Problem beim Bewerten, wenn ein schneller Kontaktsport in Sekundenbruchteile zerlegt und so seziert wird. Es kommt aber speziell in dieser Szene noch ein weiteres hinzu - der psychologische Druck. Reichel hatte in zwei wichtigen Situationen zuvor für Wolfsburg negative Entscheidungen getroffen, über die diese sich diese, zurecht oder nicht, erheblich aufgeregt hatten: den Platzverweis und die Kruse-Szene. Ich kann mir schon vorstellen, dass der Schiri da in der 90. Minute in einem Abstiegsduell auch unterbewusst unter Druck gerät, möglichst nichts so "falsch" zu machen, dass man es ihm im Nachgang ankreiden könnte. Das Tor von Ginter im Zweifel dann nicht zu geben, ist für ihn ganz klar der sicherere (Aus-)Weg. Und so kam es dann auch.

Wir können uns darüber einmal mehr ärgern, fluchen und benachteiligt fühlen. Wir sind auch im Recht, wenn wir es tun. Aber: Wir sind da weniger Opfer des heutigen Unparteiischen als - wieder einmal - der (kaum ohne die Abschaffung des Videoassistenten lösbaren) Unzulänglichkeiten des Systems VAR. Das hilft uns nicht, das hilft Kruse nicht, es ist ein Quell steter "Freude" und wird es bleiben.

Ansonsten will ich über Tobias Reichel nichts Schlechtes sagen. Es war manches, was ich anderes gesehen hätte, aber insgesamt hatte er eine vernünftige Linie und keine groben Fehler in seinem Auftritt.
Bis auf eine Sache, die sich inzwischen aber wirklich zum Dauerärgernis ausweitet - der absolut lächerlichen Bemessung von Nachspielzeiten. In der ersten Halbzeit fielen drei Tore, es gab zwei lange Verletzungspausen, die auf dem Feld verbracht wurden und noch eine längere Diskussionsphase nach Bornauws unnötiger Provokation nach dem 0:2 und Sommers anschließender Reaktion plus Verwarnung, die von Sky wie üblich nicht mit Bildern erklärt und aufgelöst wurde. Klar war, dass beim Wolfsburger Verteidiger offenbar der Kölner durchbrach, als er vor den Gladbacher Fans seine "Show" abzog. Aber dafür schlug das Karma ja angemessen zurück, als er beim 2:2 von Embolo im Zweikampf ganz alt aussah.

Dennoch waren die drei Nachspielminuten in Halbzeit eins ein schlechter Witz, es hätten schon wenigstens fünf sein müssen. Noch alberner wurde es in der zweiten Hälfte. Als die vier Minuten Nachspielzeit angezeigt wurden, war die Partie - wegen des Tores zum vermeintlichen 3:2 - schon zwei Minuten über der Zeit. Diese vier Minuten waren allein angesichts des aufreizenden Zeitspiels von Wolfsburg-Keeper Casteels und weiterer Unterbrechungen schon zu wenig gewesen. Aber das der Schiri dann pünktlich nach 94 Minuten abpfiff, obwohl auch in der Nachspielzeit der Ball kaum im Spiel gewesen war, das war schon frech.

Und es offenbarte ein weiteres Problem, vor allem, wenn Schiedsrichter nicht konsequent bleiben. So gab Reichel Casteels für Zeitspiel zwar relativ früh die Gelbe Karte. Dass er ihm deswegen aber nicht Gelb-Rot geben würde, obwohl der an seiner Bummelei bei Abstößen nichts änderte, war eigentlich klar. Dann aber verlange ich vom Unparteiischen-Gespann, dass die vergeudete Spielzeit auch akribisch nachgespielt werden muss. Schiedsrichter tun sich selbst ja auch keinen Gefallen, wenn sie das immer zulassen.

Genug dazu, nochmal zurück zum Ausgangspunkt. Esteht also ein 2:2 am Ende, dessen Wert wir jetzt noch nicht richtig abschätzen können. Zu wenig, weil die Gladbacher Leistung heute deutlich (bis auf die Chancenverwertung beim Schussverhältnis 26:6 in allen Belangen) besser war als die des nominell mindestens so gut besetzten Gegners. 

Anders draufgeschaut war es aber auch mehr, als vielleicht zur Halbzeit noch zu hoffen gewesen war - weil sich bis dahin einmal mehr die Unzulänglichkeiten des Gladbacher Spiels 2021/22 in den Vordergrund geschoben und den passablen Eindruck im Spiel nach vorne getrübt hatten. Aber, die Mentalität und die Fähigkeit, sich nach dem 0:2 zurückzukämpfen, auch das war heute etwas, was zählt und Mut macht.

Vorausgesetzt, die Hütter-Elf fällt im nächsten Spiel nicht wieder in den Dortmund-Modus zurück, können wir also einmal mehr leicht positiv nach vorne schauen. Die Mannschaft spielt wieder zusammen, sie findet sich auch immer besser im Zusammenspiel - fast so wie bei gekappten Nervenenden, die nach einer Verletzung langsam wieder zusammenwachsen.

Und auch wenn man in der Abwehr weiter bei jedem gegnerischen Angriff Schlimmstes befürchten muss, macht doch die individuelle Form-Gesundung einiger Akteure Mut. Plea wird immer besser, Neuhaus findet sich in seiner Rolle besser zurecht. Christoph Kramer machte seine Sache nach langer Pause auch gut.
Tikus war heute zum ersten Mal in der Saison ein Faktor, vielleicht ist das Tor, was ihm heute mit etwas Anlaufschwierigkeiten gelang, ja auch der so lang ersehnte Knotenlöser für ihn. Im Anschluss wirkte er auf mich jedenfalls erheblich leichtfüßiger und gefährlicher, einfach ein wenig befreit von großem Druck. In jedem Fall ist Marcus Thuram endlich wieder eine zusätzliche Facette und Option im Gladbacher Spiel. Eigentlich absurd, so einen Satz über einen so talentierten Spieler schreiben zu müssen.

Gleiches gilt für Breel Embolo, der in diesem Jahr gefühlt noch nicht einmal aufs Tor geschossen hatte, obwohl er stets in der Startelf stand. Diesmal kam er von der Bank und nutzte seine Chance, mit dem schönen Kopfball zum 2:2. Ich freue mich für beide gerade deshalb ganz besonders.

Es gibt also Grund zur Hoffnung. Aber die Erfahrung lehrt, noch nicht zu optimistisch zu werden. Denn die Mannschaft von Adi Hütter ist eben auch jederzeit für Enttäuschungen gut. Und das kann jede aufkommende Euphorie wieder ausbremsen. Aber ich lasse mich sehr gern eines Besseren belehren. Hoffentlich schon nächste Woche. Ein Sieg in Stuttgart, das wäre ein echter Befreiungsschlag - zumindest mal, was die direkten Abstiegsplätze angeht. Hoffen wir, dass es Neuhaus und Co gelingt, nahtlos beim Positiven aus dem heutigen Spiel anzuknüpfen.

Bundesliga, 24. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - VfL Wolfsburg 2:2. Tore für Borussia: 1:2 Thuram, 2:2 Embolo.

Saisonspende: Zwei Tore steigern den Spendenstand auf 102 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-02-20

Im Selbstzerstörungsmodus

Das Gute an dem heutigen Spieltag ist: Es hat sich ja  nichts verändert an der Lage. Wir wissen immer noch (oder auch wieder), wo wir in der Tabelle hinschauen müssen und wohin nicht. Wir wissen immer noch, gegen wen Borussia in der restlichen Saison seine Punkte einfahren muss und gegen wen nicht unbedingt. Dringend sind Siege etwa gegen die Gegner der kommenden beiden Spieltage, Wolfsburg und Stuttgart. Und dann gegen unmittelbare Konkurrenten wie Fürth und Hertha. Gelingt das, könnte es schon reichen für einen rettenden Platz am Saisonende. Denn wir wissen ja auch längst, dass es in dieser Saison ausschließlich ums nackte Überleben in dieser Liga gehen wird.

Das andere Gute dieser Partie hat die Mannschaft leider in den letzten 20 Minuten der Partie komplett ausradiert. Vier Gegentore, von denen eins naiver als das andere "verteidigt" wurde, machten aus einer Partie auf Augenhöhe und einem insgesamt eher unverdienten 0:2-Rückstand eine erneute Vollkatastrophe. Man könnte fast meinen, dass sich alle paar Spiele der Selbstzerstörungsmodus aktiviert. Und jedes Mal sehen wir ohnmächtig zu, ob jemand im Anschluss noch rechtzeitig den Not-Aus-Knopf findet.

Am Ende war es heute so wie manchmal im Tennis, wenn ein Spieler einen Satz mit einem indiskutablen 0:6 quasi ohne Gegenwehr herschenkt, obwohl er vorher doch schon gerade zwei Sätze hart erkämpft für sich entscheiden konnte und nur noch einen Satz zum Sieg braucht.

In diesem Moment kommt es allein auf den Charakter des Tennisspielers (oder der Gladbacher Elf) an, wie erfolgreich oder -los es in diesem Match dann weitergeht. Wieder ist die Mannschaft von Adi Hütter heute nach einem Rückstand am Ende förmlich auseinandergefallen, hat sich zum Schluss einfach bis auf die Knochen blamiert.
Dennoch war der Spielverlauf heute ein völlig anderer als beim 0:6 gegen Freiburg. Man war eben nicht - wie damals - von der ersten Minute an chancenlos. Dortmund war bis zur 70. Minute nicht besser als Gladbach, und unsere Borussia hatte bis dahin genug Chancen, das Ergebnis ausgeglichen zu gestalten.
Was also passiert da?

Ich kann es nicht erklären, und im Verein hat offenbar auch keiner eine zündende Idee. Denn wenn man ehrlich ist, war trotz der Gleichwertigkeit beider Teams auch bis zum 0:3 schon vieles nicht gut genug. Die ersten 20 Minuten agierte Gladbach wieder zu vorsichtig und passiv, spielte ohne Tempo quer und zurück, agierte viel mit langen, einfallslosen Bällen von Sommer auf Embolo, die sofort verloren wurden, traute sich offenbar nicht den gleichen mutigen Vorwärtsgang zu wie noch gegen Augsburg. Dabei weiß man - und hat es auch heute gesehen - wie dünn die Dortmunder Abwehr wirklich ist, wenn man sie schnell und direkt bespielt.

In der Defensive war der VfL einmal mehr für jeden sichtbar anfällig, das war auch in den Spielen vorher schon so - und eigentlich zieht es sich durch die gesamte Saison. Die Glieder der Dreierkette hängen in den Seilen, Ginter und Elvedi machen einen unsicheren, schwachen Eindruck - im Vergleich dazu, was sie nachweislich zu leisten imstande wären. Sie betteln förmlich um eine schöpferische Pause, die ihnen Hütter aber nicht gibt. Wie Ginter vor dem 0:3 den Ball ohne Not von außen per Kopf genau zentral an die Strafraumgrenze in Reus' Füße köpft und wie er beim fünften Gegentor weder den Pass von Hummels vorhersieht noch den Gegner abseits stellt, das ist bezeichnend für die gesamte Leistung heute.

Einzig Marvin Friedrich machte für mich ein passables Spiel, obwohl auch er ständig in Eins-gegen-Eins-Situationen gezwungen wurde, da das Gladbacher Mittelfeld immer wieder zu leicht überspielt wurde. Warum ausgerechnet er zur Halbzeit für Thuram weichen musste und Elvedi und Ginter fortan - und auch nicht sicherer - in der Viererkette standen - ich weiß es nicht.

Aber zurück in die erste Hälfte. Just in dem Moment, als die Hütter-Elf mehr Zugriff bekam und die eigenen Wege nach vorne besser fand und es so aussah, als würde sie das Spiel dominanter gestalten, gab es die kalte Dusche. Das 0:1 war sicher besser zu verteidigen, das 0:2 war ein Konter der Marke Eigentor, weil man Hummels einfach mal im Mittelfeld ohne Druck machen ließ und am Ende Bensebaini das Abseits aufhob, damit Malen allein auf Torwart Sommer zulaufen konnte.

Und trotzdem waren von Neuhaus und Co. dem BVB insgesamt bis zu jenem vorentscheidenden 0:3 ebenbürtig. Der einzige Unterschied zweier insgesamt nicht sehr gefestigter Teams schien bis dahin darin zu bestehen, dass bei Dortmund gegnerische Torleute und Querlatte angeschossen wurden und der Ball von da seinen Weg ins Tor fand und bei Gladbach in ebensovielen Fällen genau das nicht passierte.
Aber: Auch das ist am Ende ein Qualitätsunterschied, egal wie viele Zentimeter Zufall da jeweils dabei gewesen sein mögen.

Umso ernüchternder dann der letzte Akt in diesem Spiel. War die Umstellung zur Halbzeit ein Fehler? Wer weiß? Mehr Sicherheit gab es der Mannschaft jedenfalls nicht. Die Hereinnahme von Marcus Thuram erwies sich - leider - einmal mehr als Schwächung. Auch heute gab es vom Franzosen keine gewonnenen Zweikämpfe, keine Torschüsse, keinen Mehrwert. Es ist tragisch, weil absolut nicht abzusehen ist, ob beim sympathischen Stürmer in dieser Saison noch ein Knoten platzen kann oder nicht.
Auch die anderen beiden Wechsel kamen zu einem Zeitpunkt, wo ich sie nicht mehr verstanden habe. Scally kam kurz vor dem Knockout zum 0:3 ins Spiel und hatte sich noch gar nicht richtig eingefunden, als das Spiel schon erledigt war.
Und warum Kramers erhoffte ordnende Hand erst nach dem 0:4 gefragt war, als die Schadensbegrenzung schon längst fehlgeschlagen war - ich weiß es nicht. Es war doch schon nach einer Stunde sichtbar, dass die Lücken im zentralen Mittelfeld von Minute zu Minute größer wurden, auch weil Koné und Neuhaus untentwegt neue Angriffe anschieben wollten und mussten und dabei die Balance zwischen Angriff, Pressung und Rückwärtsbewegung nicht mehr akkurat genug hinbekamen. 

Bleibt noch einmal ein Thema, das ich auch schon angesprochen habe und das im Abstiegskampf noch überlebenswichtig werden könnte: die jämmerliche Bilanz bei Standards. Es kann ja passieren, dass aus dem Spiel heraus die Bälle wie heute nicht ins Tor wollen. Aber dann muss es manchmal dann einfach ein ruhender Ball sein, der den Bann bricht. Das weiß jeder. 

Aber was soll ich sagen? Auch heute boten sich bei fünf Ecken und einem knappen Dutzend Freistößen in der Dortmunder Hälfte eine Reihe von Gelegenheiten, relativ "einfach" zu Torabschlüssen vor dem Tor zu kommen. Gefährlich wurde: keiner.
Ich glaube, dass hier auch in der Trainingswoche die Möglichkeit besteht, gezielt zu arbeiten. Der Trick mit Stevie Lainer am kurzen Pfosten klappt halt wohl nur alle 20 Spiele mal. Aber es gibt durchaus Mittel und Wege, die grottige Standardbilanz bis zum Mai noch ein ganzes Stück freundlicher zu gestalten. Und das wäre eminent wichtig. Im Moment ist es so, dass ich bei Freistößen und Ecken schon "abschalte" - weil es nichts zu erwarten gibt. 

Lasst mich zum Schluss auch noch wie üblich über den Schiri weinen, auch wenn das mit dem Ergebnis nullkommanull zu tun hat. Marco Fritz war eigentlich wie immer. Ganz passable 40 Minuten, danach nur noch Unsinn - darauf kann man sich immerhin verlassen. Auf beiden Seiten hatte er reihenweise haarsträubende Fehleinschätzungen in der Zweikampfbewertung, die Mats Hummels nicht nur vor einem verdienten Platzverweis, sondern sogar vor der wneigstens zwingend zu verhängenden Gelben Karte bewahrte (Tritt auf Embolos Knöchel am eigenen Strafraum - kein Foul erkannt von Fritz).

Zum Glück für Gladbach blieb er aber in der Schlussminute auch beim völlig unsinnigen Frustfoul von Bensebaini im Strafraum genauso inkonsequent. Denn der hätte genauso zwingend dafür seine zweite Verwarnung in diesem Spiel sehen müssen. Keine Ahnung, ob Fritz da plötzlich einen Anfall von Mitleid hatte? Es hätte sich jedenfalls niemand beschweren können, wenn der Algerier im nächsten Spiel gesperrt gewesen wäre. Das hätte dem ganzen Trauerspiel in der Schlussphase ja noch das passende Krönchen aufgesetzt. Immerhin: Weil er in der ersten Halbzeit die vierte Gelbe Karte sah, droht Bensebaini diese Zwangspause dann erst ab der nächsten Partie.

So: Es wird ein hartes Brot, das wir bis zum Saisonende zu beißen haben werden. Ich kann nur hoffen, dass diese Woche reicht, um den erneuten Nackenschlag zu verkraften und vielleicht sogar in neue Energie umzuwandeln. Sicher, dass das gelingt, bin ich mir nicht. Die Psychospielchen, mit denen man sich mannschaftsintern immer wieder sammeln und eine Einheit beschwören könnte, kann man ja auch nicht beliebig wiederholen.
Und dass im nächsten Spiel wieder die eigenen Fans den Ton angeben, darauf würde ich auch nicht allzuviel Hoffnung setzen. Am Publikum in Dortmund hat es heute sicher nicht gelegen, dass die wahre Borussia am Ende zu Staub zerfallen ist. Das hat sie schon ganz allein hingekriegt.   

Bundesliga, 23. Spieltag: Ballspielverein Dortmund - Borussia Mönchengladbach 6:0.

Saisonspende: Heute nix, eigentlich weniger als das. Spendenstand also weiter 100 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-02-12

Ein Stück weit befreiend

Tief durchatmen - das war wichtig! Endlich mal wieder ein Sieg, der etwas Luft im Abstiegskampf verschafft. Drei verdiente Punkte gegen den Tabellennachbarn Augsburg vor einer mal wieder vernehmbaren Kulisse tun allen wirklich gut, auch wenn es dann doch nicht ohne eine Portion unnötiger Spannung am Ende ging.
Das ist einerseits egal, weil nur die drei Punkte zählen und natürlich auch die gute Leistung. Andererseits zeigte auch dieses Spiel wieder deutlich auf, was für eine sorgenfreiere Restrunde fehlt.

Heute kann ich mich dennoch recht kurz halten. Das Spiel war eine gute Fortsetzung der mutigen Partie in Bielefeld, es lief allerdings auch vom Spielverlauf  deutlich günstiger als vor einer Woche. Weil der Gegner eben nicht mit dem ersten Torschuss in Führung ging. Weil das 2:0 nicht einmal eine Minute nach der Pause zum denkbar besten Zeitpunkt fiel. Ein Augsburger Ausgleich statt dem 1:2-Anschlusstreffer nach nicht einmal einer Stunde hätte ein ganz anderes Spiel draus machen können, nämlich eins, bei dem Augsburg hätte passiver bleiben und auf Konter lauern können. 

Spielerisch war es - mit dem Ball - eine weitere Steigerung um den wieder wie befreit aufspielenden und kämpfenden Alassane Plea - zudem eine Steigerung auch individuell, speziell von Spielern wie Bensebaini oder Lainer. Belohnt wurde das durch drei blitzsauber herausgespielte Tore, bei denen vor allem endlich auch die Besetzung der Räume im gegnerischen Strafraum stimmte. Auch abgesehen von den Toren sah das auf dem Weg nach vorn erheblich besser aus, doch es dauerte eine halbe Stunde, bis die Borussen mit dme 1:0 auch einen Weg gefunden hatten, die tiefstehende Defensive der Puppenkistler mal etwas auseinanderzuziehen. Die ersten Versuche endeten regelmäßig in der vielbeinigen Abwehr an der Strafraumgrenze. Und wieder gelang bis dahin kein Schuss, der auf das Tor geflogen wäre - auch wenn Flo Neuhaus mit seinem überlegten Flachschuss ans Außennetz zumindest nah dran war. 

Oft stehen sich die Spieler (auch mit einer Führung im Rücken) aber auch noch selbst im Weg, wenn es darum geht, einen vielleicht vorentscheidenden Treffer nachzulegen. Der tödliche Pass kommt nicht, es wird zu lange damit gewartet - oder aus guter Position verzogen, wie in der ersten Hälfte bei den Chancen von Hofmann und Embolo. Dennoch liegen Welten zwischen den letzten beiden Spielen und vielen verlorenen davor; vom Einsatz natürlich, aber auch, was den Zug nach vorne angeht. Es wird endlich wieder schneller, direkter, vertikaler, mutiger gespielt. Das Selbstbewusstsein, dies wieder öfter zu wagen, zu versuchen, sich den Gegner mit durchdachten, scharfen Kombinationen "zurechtzulegen", das kommt natürlich mit den Erfolgserlebnissen - den eigenen Toren.

Ein 4:1 oder 5:1 wäre heute sicher insgesamt möglich und aufgrund der spielerischen Dominanz auch nicht unverdient gewesen. Aber: Das Spiel ging dann doch nur 3:2 aus. Und das zeigt auch die Schwachstellen auf. Gerade mancher lange Ball des ansonsten wieder tadellosen Keeper Sommer kommt nicht ideal, und wenn im Mittelfeld zweite Bälle verloren werden, geht es oft blitzschnell bis in den Gladbacher Strafraum, und leider muss man bei jedem Angriff der über Außen kommt und mit einer Flanke endet, Befürchtungen haben. Das 3:2 in der Nahcspielzeit habe ich vor dem Fernseher schon einige Sekunden vorher "angekündigt". Das war kein Hexenwerk, weil es ein so typischer Angriff war, und der VfL mit seinen 40 Gegentoren schon so oft in dieser Saion solche Angriffe nicht vernünftig verteidigen konnte. 

Ich kann gar nicht mal sagen, woran es jeweils im Einzelnen hapert. Aber dass immer wieder Gegner frei zum Abschluss kommen, bei fast jeder Flanke ein Gegner zuerst dran kommt, das ist überdeutlich.
Die Dreierkettenmitglieder Ginter, Friedrich und Elvedi suchen immer wider die richtige Abstimmung. Und ehrlich gesagt haben sie zum Teil auch immer noch mit eigenen Formschwankungen zu tun. Alle werfen sich rein, das ist zu sehen. Aber was Elvedi und Ginter teilweise für leichte Fehler machen, das ist ungewöhnlich und scheint dann doch auch ein wenig mit dem Kopf zu tun zu haben. 

Aber so negativ muss mein Bericht nicht enden. Es war heute ein nicht mehr nur erkämpfter Erfolg, er hatte eine spielerische Basis. Ich denke, dass man sich bei Borussia von diesem kleinen Befreiungsschlag dennoch nicht zu sehr blenden lässt und auch auf dem Schirm hat, dass auch das Spiel heute wohl unbefriedigend zu Ende gegangen wäre, wenn Plea und Co. nicht dreimal eingenetzt hätten. Denn für zwei Gegentore ist die Mannschaft - leider - auch gegen solche Gegner derzeit immer "gut".

Nun wäre es wichtig, diese Woche effektiv zu nutzen, um solche einfachen Fehler gegen den Ball zu minimieren. Der nächste Gegner, die ungeliebte Namenscousine, bietet jedenfalls wohl die Chance, dass das spielerische Element der wahren Borussia mehr Räume bekommt als in den beiden vorhergehenden Spielen. Den Kampf darf man darüber selbstverständlich nicht vernachlässigen. Aber ich bin recht zuversichtlich, dass das inzwischen bei allen Spielern angekommen ist. 

Zum Schiedsrichter: Dr. Martin Thomsen musste für den verletzten Tobias Welz kurzfristig einspringen. Kann man das als Entschuldigung für eine weitgehend linienlose Leistung nehmen? Keine Ahnung. Es war natürlich auch heute nichts Spielentscheidendes dabei. Aber wieso grobe Fouls, Rempeleien und Ballwegschlagen (und nicht zwingend gelbwürdige Aktionen) zwar oft auf Gladbacher Seite zu Verwarnungen führen, aber nicht beim Gegner, das will mir nicht in den Kopf. 

Das zieht sich durch die Saison, heute war es mal wieder besonders krass, weil Plea für einen Wischer mit ausgestreckten Armen sofort Gelb sah, aber etwa Hahn für seine dumme Klammeraktion gegen Yann Sommer, Dorsch für taktische Fouls und Ballwegschlagen sowie Gouweleeuw für eine rücksichtslose Grätsche gegen Herrmann eben nicht. Ja, ich weiß, dass der Augsburger zunächst den Ball gespielt hat, aber ich weiß nicht mehr, wie viele vergleichbare Gelbe Karten gegen Gladbach ich schon gesehen habe - trotz "Ball gespielt" - es waren jedenfalls eine Menge.
Und das alles, obwohl der Schiri ja jeweils nach einer solchen Aktion eines Gästeakteurs wie von der Tarantel gestochen auf denjenigen zusprintete, um mit ihm zu schimpfen, aber dann doch die angemessene Gelbe Karte stecken ließ. Man kann sagen, das ist am Ende eines gewonnenen Spiels nicht schlimm, aber da die gesammelten Verwarnungen irgendwann zu Sperren führen, ist es nicht gerecht, wenn sich wie heute eine Mannschaft förmlich alles erlauben konnte, und die andere nicht. 

Davon abgesehen verstehe ich es auch aus Schiedsrichtersicht nicht, denn ich mache mich doch vor den Spielern beider Teams völlig unglaubwürdig, wenn sich zweierlei Maß anwende. Dass auch Thomsens Assistenten heute keinen guten Tag hatten, war bei einer Reihe falscher Aus- und Einwurfentscheidungen zu begutachten. Aber gut, das soll meine Freude über den Sieg dann auch nicht trüben. Wir haben schon Schlimmeres erlebt.  

Bundesliga, 22. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FC Augsburg 3:2. Tore für Borussia: 1:0 Koné, 2:0 Hofmann, 3:1 Bensebaini.

Saisonspende: Drei Euro für drei wunderschön herausgespielte Tore führen (endlich) zur dreistelligen Punktlandung beim Spendenstand. Der beträgt jetzt 100 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-02-05

Für den Aufwand zu wenig

Ein Punkt auf der Alm - das ist sicher besser als nichts, aber doch auch kein Ergebnis, mit dem man zufrieden sein kann. Vor einem Jahr wäre es ein Ärgernis gewesen, zwei Punkte gegen ein Team auf dem Relegationsplatz liegenzulassen, heute muss man schon deutlich bescheidener und vor allem realistischer sein und sich fast freuen, einen direkten Konkurrenten auf (wenn auch schmalem) Abstand gehalten zu haben. Denn nach dem Spielverlauf hätte dieses Spiel natürlich auch 1:2 ausgehen können - so wie die beiden zuvor.

Allerdings war das heute eine tadellose Leistung der Mannschaft, im Gegensatz zu Leverkusen und Phasen im Union-Spiel. Deshalb wäre ein Sieg heute nicht nur an der Zeit, sondern auch wirklich verdient gewesen. Besonders Alassane Plea war nicht wiederzuerkennen, er sprühte vor Willen, Laufbereitschaft, Einsatz und Spielwitz. Die Räume, die sonst Lars Stindl beackert, waren heute seine und er fühlte sich sichtlich wohl damit. Vor allem scheute er sich auch nicht, bis tief in den eigenen Strafraum mitzugehen und dort Defensivaufgaben für fehlende Mitspieler zu übernehmen.
Das war bärenstark. Aber es sagt einiges über die Saison und den bisherigen Zustand der Mannschaft, wenn man dies so herausstellen muss. Und man muss kein Prophet sein, wenn man sagt, dass Borussia in anderen Sphären stünde, wenn sich jeder zu jeder Zeit und so sichtbar entschlossen in jeden Zweikampf geworfen hätte wie heute.

Es wäre dabei aber unfair, nur auf Lassos Leistungsexplosion hinzuweisen. Es war durch die Bank eine starke kämpferische Leistung. Es war in der Defensive eine sehr solide Leistung. Bis auf die Szene beim 0:1 stand die Abwehrkette meist gut und gewann die entscheidenden Duelle. Umso ärgerlicher, dass ein schwach verteidigter Angriff am Ende wieder ausreichte, um der Hütter-Elf Punkte zu rauben.

Dass das Verteidigen der eigenen Hälfte doch recht gut funktionierte, war nicht selbstverständlich. Durch Kramers kurzfristigen Ausfall wegen Corona und Zakarias Wechsel nach Turin war die Mittelfeldzentrale mit Koné und Neuhaus notgedrungen eigentlich zu offensiv aufgestellt. Gerade in Halbzeit eins kamen die Gastgeber auch - vor allem über den überragenden Wimmer - immer wieder viel zu schnell durch das Mittelfeld und zwangen die Gladbacher Verteidigung in enge Eins-gegen-Eins-Duelle. 

Nach der Pause gelang es aber gerade durch die spielerisch starke Mittelfeldreihe, den Druck auf den Gegner hochzuhalten und ihn damit von allzuvielen Gegenangriffen abzuhalten. Am Ende stand da auch noch der bekannte Weltklassekeeper im Tor, der die drei Topchancen der Bielefelder, die dann doch aufs Tor kamen und - so ehrlich muss man sein, ebenfalls über Remis oder Niederlage entschieden - mit tollen Reflexen entschärfte.

Ja, und woran lag es dann, dass Borussia sich für enormen kämpferischen Aufwand und eine erhebliche spielerische Steigerung nicht belohnte? Es lag vor allem daran, dass wieder einmal der Ball den Weg nicht ins Tor fand, trotz drückender Überlegenheit in den zweiten 45 Minuten, trotz viel Ballbesitz, der diesmal auch viel besser für vertikales Spiel in die Spitze genutzt wurde. 

Was fehlt, ist die Effektivität. Alassane Pleas schönes Tor zum 1:1 war über mehrere Stationen förmlich erzwungen und mit aller Entschlossenheit vollendet. Ein Tor, dass mich aus Genugtuung förmlich mal wieder aus dem Sessel aufspringen ließ - eben weil sich nicht nur in dieser Szene jeder für diesen Erfolg zerrissen hat. Es war wieder eine Mannshcaft zu sehen, die füreinander gearbeitet hat. Eine Reihe weiterer Torchancen zeigten auch diese Entschlossenheit, das Tor machen zu wollen. Manchmal auch dann, wenn der Winkel vielleicht nicht günstig genug war oder eine andere Entscheidung vielleicht besser gewesen wäre. Das ist ok, nicht jeder Ball kann ins Tor gehen, nicht jede Idee für einen Pass oder Schuss ist gut - oder gut ausgeführt. Das passiert. Das ist dennoch ein gutes Zeichen und ist wichtig, weil es auf Sicht auch Selbstbewusstsein gibt und zurück zum Erfolg führt. 

Aber: Wir brauchen diese Effizienz eher heute als morgen zurück. Dass der VfL heute keinen Befreiungsschlag landen konnte, lag am Ende an dieser einen Sache, die die Mannschaft wieder besser hinbekommen muss: Der Ball muss aufs Tor, damit er ins Tor kann.
21 Torschüsse zählt die Statistik, aber wieder nur vier, die auf den Kasten von Bielefelds Torwart Ortega gingen. Gladbach erarbeitete sich außerdem heute
unzählige Freistöße in der gegnerischen Hälfte (und spielte diesmal die meisten auch wirklich nach vorne und nicht zum Torwart zurück). Dazu kamen 11 (!) Ecken. Doch keiner dieser Standards brachte ein Tor ein. Das ist in dieser Saison nichts Neues - aber wo könnte Gladbach stehen, wenn wenigstens ab und zu aussichtsreiche Standards auch zu Toren genutzt würden?

Nun, es ist, wie es ist. Und auch wenn es von einem sehr abgesenkten Anspruch herrührt, muss man der Mannschaft attestieren, dass sie es heute sehr gut gemacht hat. Aus meiner Sicht war das das beste Spiel in diesem Jahr. Spielerisch und vom Auftreten her war es für mich auch besser als der bisher einzige erfolgreiche Auftritt in der Rückrunde bei den Bayern.
Das immerhin gibt Hoffnung, weil die Mannschaft annimmt, was die restlichen Saisonspiele von ihr fordern werden. Das war heute deutlich zu sehen.

Andererseits haben wir in jüngerer Vergangenheit auch schon sehr viele Gesichter dieser Mannschaft gesehen. Ich würde mich daher davor scheuen, schon auszurufen, dass das Team über den Berg ist. Man kann sich - aus Erfahrung - leider nicht zu sicher sein. Umso schmerzlicher finde ich, dass es heute auf der Alm nur zu einem Punkt gereicht hat. Am ende könnte morgen dadurch der Abstand zum Relegationsplatz sogar noch geschrumpft sein. Das erhöht den Druck für das Augsburg-Spiel nochmals.

Aber: Am Ende der Saison kann auch dieser Punkt gegen die Arminia entscheidend sein. Insofern: Warten wir es ab.

Zum Schiedsrichter wollte ich heute eigentlich nichts schreiben. Erstens habe ich über Benjamin Cortus schon oft geschrieben, und das selten, weil er so gut gepfiffen hat. Dafür, dass seine Leistungen als Referee oft eher kritikwürdig sind, ist er in der Arroganzklasse immerhin schon ganz weit oben angekommen. Heute war auch nichts dabei, was das Spiel erheblich zum Nahcteil einer Mannschaft beeinflusst hat. Allerdings, und das liegt nicht nur an ihm, hätte ich mir gewünscht, dass nach den ganzen abenteuerlichen Elfmetern gegen Borussia in letzter Zeit dann auch mal wieder einer einfach für die Mannschaft von Adi  Hütter gepfiffen würde. Es gab heute zwei Handspiele von Bielefeld, die ich - aus sportlicher Sicht - gerne als nicht strafbar durchwinken würde. Da aber genau solche Szenen immer wieder mal (durch das dehnbare Regelwerk und auch mit teilweise ungerechtfertigtem VAR-Einsatz) gegen den VfL ausgelegt wurden, nervt es mich trotzdem. Ich bin inzwischen einfach nur noch müde, mich jede Woche aufs Neue fragen zu müssen, warum dies jetzt doch oder doch nicht zum strafbaren Handspiel wird. Es ist ein Jammer, denn das Märchen von sich am Ende irgendwie ausgleichenden Fehlentscheidungen glaubt ja doch auch längst schon keiner mehr.

Egal. Ich hoffe, dass Jonas Hofmann und Co. diesen Weg genau so beibehalten. Dass das heute nicht wieder nur ein Strohfeuer war und wir alle Borussen mit der gleichen Gier und dem gleichen Einsatz auch in die nächsten Spiele gehen sehen. Dann wird's auch was mit dem Klassenerhalt. Oder: Muss einfach werden.

Bundesliga, 21. Spieltag: Arminia Bielefeld - Borussia Mönchengladbach 1:1. Tor für Borussia: 1:1 Plea.

Saisonspende: Ein Euro für ein Tor - neuer Spendenstand: 97 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.