2018-12-31

Auf halbem Weg: Hinrundenbilanz III

Teil drei der kleinen Serie zur Hinrundenbilanz versammelt meine Bewertung der Spieler, die bislang kaum eine beziehungsweise gar keine Rolle spielen durften oder konnten. Dass darunter dann Akteure wie Ibrahima Traoré, Raffael und Mickael Cuisance autauchen, überrascht natürlich, offenbart aber auch die personellen Möglichkeiten, die der Kader in diesem Jahr bietet.

Noch die meisten Spielminuten trotz hartnäckiger Verletzungen absolvierte Ibrahima Traoré. Zu nutzen wusste er die Einsatzzeit leider nicht so richtig. Oft zu hektisch, mit falschen Entscheidungen, verrissenen Flankenbällen und zu späten Abspielen. Dagegen steht im Positiven die schöne Vorarbeit für Hazards Führungstor gegen Nürnberg und die Tatsache, dass die Gegner den kleinen unberechenbaren Dribbler noch immer fürchten. So gelang es Ibo bei den Einwechslungen meist doch, für Unruhe zu sorgen, auch wenn sich das für ihn nicht in Zählbarem niederschlug. In den letzten drei Spielen der Hinrunde, wo er jeweils mehr als 70 Minuten auf dem Feld stand, war seine Wirkung allerdings begrenzt. Das ist eine Bilanz, die auch Traoré nicht zufriedenstellen wird. Hoffen wir, dass er in der Rückrunde verletzungsfrei bleibt und sich mit mehr Spielzeit auch zurück in Bestform spielt. 

Es gab Zeiten, da konnten Borussia-Fans nicht gut schlafen, wenn sie wussten, dass Raffael im nächsten Spiel nicht zur Verfügung stehen würde. Und wenn man es ohne ihn doch mal gewuppt bekam, wie im legendären 2:0 im Celtic-Heiligtum, war klar: Das geht nicht jede Woche. In dieser Saison musste es gehen, und auch daran zeigte sich, dass Borussia 2018 personell auf ganz anderen Beinen steht als noch vor zwei oder drei Jahren. Der Brasilianer stand seinem Team insgesamt nur sieben Mal zu Verfügung und er machte nicht ein Spiel über die komplette Distanz. Zu überzeugen vermochte der Torgarant der vergangenen Jahre nur zum Saisonauftakt gegen Leverkusen und gegen Stuttgart, als er - per Kopf  - spät den Grundstein zum Arbeitssieg legte. Dass er auch in den nächsten Wochen nicht an seiner Bestform arbeiten kann, ist nach dem Schlüsselbeinbruch in Hoffenheim auch schon klar. Insofern wird es schwer für Raffael, in dieser Saison noch eine tragende Rolle im Gladbacher Fußball-Spektakel zu bekommen. Vorausgesetzt natürlich, niemand aus der Sturmreihe verletzt sich und fällt länger aus. Für einen Abgesang auf Raffael ist es jedoch noch viel zu früh, auch das zeigte sein Tor gegen Stuttgart. Wenn man ihn braucht, ist der "Maestro" nämlich immer noch da, wo man ihn braucht.


Mickael Cuisance hat eine grandiose erste Saison hinter sich. Und wie viele junge Spieler vor ihm tat auch er sich in seinem zweiten Bundesligajahr bis jetzt deutlich schwerer. Sechs Kurzeinsätze, nur einer über 90 Minuten beim 0:0 in Hoffenheim (der war kämpferisch überzeugend, spielerisch wie beim gesamten Team unterirdisch). Als Highlight einen Assist, das tolle Konter-Zuspiel auf Plea zum 2:0 gegen Nürnberg. Für einen 19-Jährigen ist das in keiner Weise eine Bilanz, die problematisch wäre. Ich hoffe allerdings, dass sein Umfeld und Borussias Verantwortliche dem ehrgeizigen Franzosen genau das auch vermitteln können und Cuisance geduldig bleibt. Er wird seine Chance bekommen, so wie er sie in der vergangenen Saison bekam. Aber im Moment spielen auf seinen Positionen Spieler, die ihm einiges voraus sind. Fehlende Cleverness im (Defensiv-)Zweikampf und das manchmal zu risikobewusste Spiel nach vorn waren Schwächen, die er im vergangenen Jahr bisweilen zeigte. Die hat er auch in dieser Saison noch nicht ganz abgestellt, aber das ist eine Entwicklung, die auch von der Erfahrung im Wettkampf abhängt. Dagegen setzt er seine hervorragende Technik und unberechenbare Pässe, die eine ganze Abwehr aufreißen können - wenn sie öfter ankämen. Ich glaube, dass Cuisance weiter seine Einsätze bekommt, insbesondere, falls Neuhaus mal einen Durchhänger hat. Er muss nur lernen, dass er als Joker nicht gleich mit übertriebenen Kabinettstückchen zünden, sondern zuerst die Pflicht erfüllen muss. Und die ist meist unspektakulärer, aber notwendig.   

László Benes ist in diesem Kader ein weiterer Härtefall. Aufgrund seiner Verletzungen hat der begabte Mitttelfeldspieler mehr als ein Jahr vferloren und müsste jetzt regelmäßig auf hohem Niveau spielen. Bei Borussia klappte das in der Hinrunde gar nicht, nur eine Einwechslung (Hoffenheim) stand zu Buche. In der zeigte er, dass auf ihn Verlass ist und er Bundesliga-Niveau hat, was er schon in seiner Anfangszeit bei Borussia in der Spielzeit 16/17 zeigte. Borussia und Benes stehen im Winter vor einer schwierigen Entscheidung. Ausleihen oder behalten? Wenn das Verletzungspech auf der Sechs oder Acht hefitg zuschlagen sollte, wäre der Slowake einer, der sofort Lücken füllen könnte. Läuft alles bestens, steht er wahrscheinlich oft nicht einmal im Kader. Für eine Ausleihe müsste gleichwohl auch alles passen: Er müsste spielen und sich und sein Selbstvertrauen entwickeln können. Das gelingt bei einem abstiegsgefährdeten Club wahrscheinlich eher nicht. Ich möchte hier keine Prognose wagen. 

Ein Quintett hat in dieser Saison noch keine einzige Minute Bundesligaeinsatzzeit erhalten. Das überrascht vor allem beim WM-Fahrer und -Torschützen Josip Drmic. Dass er keine große Rolle in den Planungen spielte, nachdem Alassane Plea verpflichtet worden war, ließ sich absehen. Doch dass er auch nach dem Ausfall von Stindl, Raffael und Hofmann nicht einmal auf den Platz gelassen wurde, wundert schon. Denn Drmic scheint fit, die schweren Verletzungen liegen hinter ihm. Dass er auch als Joker Tore schießen kann, hat er zum Schluss der vergangenen Saison gezeigt. 
Ich finde es schade, wie die eigentlich stets faire, aber immer etwas komplizierte Verbindung zwischen Borussia und dem einstigen Hoffnungsträger nun relativ traurig endet. Gibt man ihn jetzt ab? Findet er einen Verein, der auch für ihn attraktiv ist oder setzt er sich noch ein halbes Jahr bis zum Auslaufen des Vertrags auf die Tribüne? Was wäre, wenn sich Plea verletzt und dieser Stürmertyp im Kader plötzlich wieder fehlen würde? Fragen, auf die es wohl erst am Ende der Saison eine Antwort geben wird. 
Ein Wechsel des Schweizers scheint allerdings auch kein Selbstläufer zu sein. Denn Vereine wie Hannover oder Düsseldorf scheinen keine Option für Drmic zu sein, und der VfB Stuttgart, der mit ihm in Verbindung gebracht wird, scheint auch nicht so recht zu passen. Dass sich Drmic in Stuttgart gegen Gomez oder Didavi durchsetzen kann, glaube ich nicht. Und offenbar hat der VfB in Esswein auch schon einen weiteren Mittelstürmer ausgeliehen.   

Nichts Neues gibt es von Julio Villalba. Der Junge aus Paraguay ist ein Phantom. Kaum einer hat ihn je mehr als ein paar Minuten spielen sehen. In der U23 nicht spielberechtigt, die meiste Zeit verletzt, gab er nur wenige Eindrücke von seinem Können bei den Testspielen. Und fiel zuletzt erneut aus, gerade da, als ihn die Verletzungen anderer hätten auf die Bank bringen können. Er ist eine Ausleihkandidat für die zweite oder dritte Liga, aber solange er so verletzungsanfällig ist, ist auch das ein Risiko.

Keanan Bennetts und Torben Müsel blieben komplett außen vor in der Hinrunde, genauso Mandela Egbo. Nach den Eindrücken der Vorbereitung war das so nicht zu erwarten. Was für die Bundesliga noch fehlt, lässt sich im Sommertrainingslager naturgemäß aber noch nicht so genau ablesen, das zeigt sich erst im Ernstfall. Dass der bei den dreien nicht eintrat, lag zu einem großen Teil aber einfach an denen, die auf ihrer Position erste Wahl sind. Gegen Thorgan Hazard auf links geht für den jungen Engländer Bennetts natürlich derzeit nichts, und für die defensivere Variante links hinten fehlt ihm wohl noch die Erfahrung.

Müsel gilt als Mittelstürmer, lief im Sommer bei den Testspielen aber auch im Mittelfeld auf und gefiel da durchaus. Dennoch ist die Konkurrenz auf diesen Positionen derzeit einfach zu hoch. Er wäre aber jemand, den Hecking wohl ohne Bedenken bringen würde, wenn Not am Mann ist. Gegen Dortmund saß er zumindest schon mal auf der Bank. 
Bei beiden gilt: Geduldig sein, nicht nachlassen. Vor dem Sommer wird sicher kein Bedarf sein, über eine mögliche Ausleihe zu reden. Und wer weiß, vielleicht werden die Karten ja dann auch wieder neu gemischt. 
Für Mandela Egbo dagegen stellt sich langsam die Frage, ob er den Durchbruch bei Borussia noch schafft. Hinter Lang und Beyer kommen wohl rechts hinten vor ihm noch Jantschke, Strobl und Elvedi. Egbo dagegen scheint völlig raus, obwohl seine Testspielauftritte nun wirklich nicht schlecht waren. Um in der Regionalliga zu versauern, ist er eigentlich zu schade. Ich bin gespannt, wie es bei ihm weitergeht.

Und jetzt? Wer geht, wer kommt?

Ganz schwere Frage, die aber logischerweise in diesem Monat beantwortet wird. Sollten in den ersten Trainingstagen im neuen Jahr keine weiteren langwierigen Verletzungen dazukommen, sehe ich keinen unmittelbaren Bedarf für Zugänge. Max Eberl wird folglich nur handeln, wenn sich eine Möglichkeit auftut, etwa vom Kaliber Christensen - oder als Ersatz für mögliche Abgänge. 
Drmic und Herrmann werden dafür natürlich am heißesten gehandelt, aber beide werden genau abwägen, ob sie jetzt ein sportliches Risiko eingehen, einen Abstieg zum Beispiel mit eingeschlossen. Oder ob sie mit Gladbach eine gute Saison auf hohem Niveau (wenn auch vielleicht mit wenig Einsatzzeit) fertigspielen und dann als ablösefreie Spieler im Sommer eine ganz andere Verhandlungsposition haben. Deshalb ist ihr Abgang für mich zwar sportlich nachvollziehbar, aber noch lange nicht sicher. 

Wenn es denn so käme, wäre die erste Frage, ob man Bennetts oder Müsel den baldigen Sprung ins kalte Wasser zutraut. Auf den Außenpositionen, die Herrmann beackert (und auf der auch Drmic spielen könnte) wäre der VfL mit Traoré, Hazard, Johnson sowie Cuisance, Hofmann und Plea, die ebenfalls über außen kommen könnten, noch ausreichend besetzt, aber nicht mehr für alle Eventualitäten vorbereitet. 
Eine Lösung könnte ein Spieler wie Kingsley Schindler (25, 5 Tore, 6 Assists in dieser Zweitligasaison) von Holstein Kiel sein. Der Rechtsaußen kann auch die defensiveren Parts auf dieser Seite spielen und wäre aufgrund eines auslaufenden Vertrages im Sommer wohl loszueisen. Zwar buhlen wohl auch der FC aus der verbotenen Stadt und Nürnberg um den Spieler, aber Gladbach hätte bei einem ernsthaften Interesse sicher die besten Karten. Und das auch gegenüber dem abgebenden Verein, weil sich hier gegebenenfalls auch eine Ausleihe eines jungen Spielers im Gegenzug anböte. 
Wie immer sind das nur meine Gedankenspiele, da ich keinen direkten Draht ins Management von Borussia habe. Aber ich hielte einen solchen Weg durchaus für sinnvoll und denkbar, weil man so einen entwicklungsfähigen Ersatz für Herrmann bekäme, der aber nicht Leuten wie Bennetts oder Müsel einfach auf ihrer Hauptposition vor die Nase gesetzt würde. Da sind natürlich noch viele Wenns und Abers im Spiel. Aber spekulieren macht ja auch mal Spaß, vor allem, wenn der der Ball gerade nicht rollt. 

In diesem Sinne wünsche ich Euch einen gelungenen Jahreswechsel, ein tolles neues Jahr, in dem wir hoffentlich mit Borussia wieder viele Siege zu feiern haben werden. Wir sehen, hören oder lesen uns dann drüben - 2019 - wieder! Bis dann, guten Rutsch!

2018-12-29

Auf halbem Weg: Hinrundenbilanz II

Nachdem ich im ersten Teil meiner Zwischenbilanz Torleute und Verteidiger gemeinsam abgehandelt habe und dabei ein schon sehr langer Text herausgekommen ist, musste ich mir für die offensiven Mannschaftsteile eine sinnvolle Teilung überlegen. Trennen lassen sich Mittelfeld und Angriff bei Borussia aber auch nicht so recht, weil sich viele Spieler in beiden Mannschaftsteilen bewegen.
Also habe ich mich dafür entschieden, die Stammspieler von denen zu unterscheiden, die bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Dort wäre dann auch die Frage anzusiedeln, wer den VfL vielleicht verlässt, ob nun zur Leihe oder endgültig - und wie diese Kaderplätze in diesem Fall besetzt werden könnten.

Auch wenn es verletzungsbedingt zuletzt etwas anders aussah, gehe ich dafür von der bewährten Stammelf mit Strobl auf der Sechs, Hofmann und Neuhaus auf den Achterpositionen und dem Dreiersturm mit Hazard, Stindl und Plea aus. Für den Teil der Stammspieler habe ich zudem einfach die insgesamt gespielten Minuten in dieser Saison zugrundegelegt. Kramer und Herrmann gehören mit insgesamt gerade mal vier kompletten Spielen Einsatzzeit eigentlich schon gar nicht mehr dazu.


Mittelfeld

Dass Borussia ein für junge Spieler sehr durchlässiger Verein ist, stimmt einerseits, andererseits auch nicht. Aus der eigenen Jugend hat sich außer Dahoud und jüngst Beyer keiner in der Bundesliga festspielen können. Dennoch haben sich (eingekaufte) junge Spieler immer wieder bei Borussia durchsetzen können. In der vergangenen Saison waren das Denis Zakaria und Mickael Cuisance, die viel mehr Einsatzminuten sammeln konnten als sie sich wohl selbst ausgerechnet hatten. 

Das hatte zu einem großen Teil aber schlicht mit dem verletzungsbedingten Ausfall von Spielern wie Tobias Strobl und Jonas Hofmann zu tun. Beide sind in dieser Saison wieder da und spielen eine wesentliche Rolle beim Aufschwung der Mannschaft. Und das, obwohl ihnen dies kaum jemand zugetraut hatte. Tobi Strobl hat selbst in diesem Jahr gesagt, dass er bei vielen immer "unter dem Radar" fliegt. Bis heute. Auch ich hatte ihn bis zum Saisonbeginn eher als Backup für Kramer oder die Innenverteidiger gesehen. Er hat eindrucksvoll gezeigt, dass er mehr ist als das. Strobl ist durch seine Körperlichkeit ein guter Spieler, um lang geschlagene Bälle in der Mitte der eigenen Hälfte abzuwehren oder zu sichern. Er ist ein guter Zweikämpfer und kann mit sauberen Grätschen viele Situationen klären, bevor sie gefährlich werden. Er hat ein gutes Auge, wo sich für den Gegner Räume auftun, die es zuzulaufen gilt. Zu Beginn der Saison lief das im Zusammenspiel mit der neuen Innenverteidigung noch nicht immer glatt. Doch seit Strobl am 8. Spieltag nach drei Spielen Pause wieder ins Team kam, schwang er sich immer besser zum Dreh- und Angelpunkt des Aufbauspiels auf. Er wurde auch für das eigene Angriffsspiel immer wichtiger, spielte präzise lange Bälle, taktete und verlagerte das Spiel und setzte seine Offensivspieler dabei häufig sehr clever ein. All das sorgte dafür, dass Christoph Kramer die meiste Zeit auf der Bank verbrachte.

Ähnlich wenig Kredit wie der in der kompletten vergangenen Saison verletzt fehlende Strobl hatte Jonas Hofmann bei vielen Fans vor der Saison. Viele Verletzungen, wenige richtig gute Auftritte und wenig Torgefahr zeichneten für diesen Eindruck verantwortlich, wenngleich sein technisch feiner Fußball und sein Talent unübersehbar waren. Ihm eine der beiden neuen Achterpositionen anzuvertrauen, das war wohl der beste taktische Schachzug von Dieter Hecking. Statt auf außen zu verhungern und sich in Zweikämpfen an der Außenlinie aufzureiben, kann Hofmann hier die gesamte Breite des Spielfeldes nutzen. 
Dass er bis zu seiner Verletzung der deutlich laufstärkste Spieler der ganzen Liga war, dabei endlich torgefährlich auftrat und als Vorbereiter glänzte, konnte niemand mehr übersehen - genauso wichtig war aber auch sein Einsatz in der Rückwärtsbewegung mit vielen Balleroberungen, mit denen er gefährliche Gegenangriffe inszenierte.

Der einzige, dem das offensichtlich noch nicht ausreichte, war der Bundestrainer. Aber vielleicht ist das auch ganz gut so und wir sehen in der Rückrunde nochmals einen so starken und eben nicht überspielten Jonas Hofmann bei Borussia. Was dem VfL im Moment ohne Hofmann an Überraschungsmoment fehlt, war in den vergangenen Spielen des öfteren zu sehen.

Der Ex-Dortmunder hätte allerdings auch nicht so auftrumpfen können, hätte er nicht einen so passenden Nebenmann wie Florian Neuhaus gehabt. Der wurde einerseits auch von Hofmann geführt, schwamm sich aber schnell frei. Neuhaus ist nicht nur ein sehr durchsetzungsstarker Mittelfeldspieler, der keinem Zweikampf aus dem Weg geht. Er hat zudem in seinem Alter schon ein herausragendes Auge für den Mitspieler und legte auf diese Weise seinen Kollegen schon unglaubliche acht Tore vor. 
Zum Schluss war ihm anzumerken, dass Kräfte und Konzentration etwas schwanden, die wechselnden Partner neben ihm mögen auch einen Teil dazu beigetragen haben. Doch das sollte mit ein bisschen Erholung in der Winterpause wieder wettzumachen sein. Florian Neuhaus scheint in seiner Entwicklung jedenfalls schon deutlich weiter zu sein als Zakaria oder Cuisance, was sicher auch mit seiner tollen letzten Zweitligasaison und dem Aufstieg der Düsseldorfer zu tun hat. Hoffen wir, dass er die reifen Leistungen aus der Vorrunde auch in der zweiten Saisonhälfte bestätigen kann.

Auch Denis Zakaria spielte eine wichtige Rolle in der zweiten Jahreshälfte. Allerdings war er meist nur erste Einwechseloption auf der Sechs oder der Acht. Und gerade mit der offensiveren Rolle hat er noch seine Schwierigkeiten. Das liegt auch an seiner raumgreifenderen Spielweise, bei der er den Ball oft nicht eng am Fuß führt wie Neuhaus oder Hofmann, sondern ihn lieber mit Dynamik und dem langen Bein am Gegner vorbeilegt. Dieser Raum wird ihm aber in der Hälfte des Gegners, zumal kurz vor dem Strafraum, kaum gegeben. Zakaria ist also häufig nicht so effektiv wie seine Konkurrenten auf der vorgelagerten Position. Dazu kommt nach wie vor ein etwas zu ungestümes Zweikampfverhalten, bei dem enge Grätschen oft gegen ihn ausgelegt werden. Fünf Verwarnungen in 15 Einsätzen, das ist exakt die gleiche Bilanz wie zur Saison-Halbzeit im vergangenen Jahr. Für jemanden, der auf der zweikampfgeprägten Sechser- und Achterposition spielt, ist das gefährlich viel. In der vergangenen Saison sammelte der Schweizer am Ende elf Verwarnungen und verpasste so gleich zwei Spiele durch Sperren. Zum Vergleich: der ebenfalls sehr robust dazwischenfunkende Tobias Strobl hat bis jetzt erst zwei Gelbe Karten - weil er oft andere Lösungen findet, bevor er den enteilenden Spieler foulen muss.

Für Christoph Kramer ist es ein gebrauchtes Jahr gewesen. Schon in der Rückrunde der vergangenen Saison konnte er sich nicht so in Szene setzen, dass er vielleicht doch noch auf den WM-Zug aufspringen konnte. Und in dieser Saison blieb es für den Weltmeister bei mageren fünf Einsätzen in der Liga. In denen zeigte er durchaus Ansprechendes, die Leistungen gegen Frankfurt, Bayern und zuletzt Dortmund (obwohl er nicht fit war) bewiesen, dass Gladbach auf der Sechserposition ein Luxusproblem hat - sofern alle gesund sind. Doch Strobl war für Hecking offenbar das etwas bessere Gesamtpaket. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob es anders gewesen wäre, wenn Kramer sich nicht verletzt hätte. Genauso spannend, ob zur Rückrunde die Karten neu gemischt werden. Ich glaube derzeit nicht daran.


Angriff

Lars Stindl ist als Kapitän natürlich die Integrationsfigur auf und neben dem Platz. Sportlich hinkte er der herausgehobenen Rolle diesmal etwas hinterher. Denn als er noch verletzt fehlte, fand sich die Offensivreihe schnell auch ohne ihn zusammen. Und als er gegen die Bayern furios zurückkam und in den folgenden Wochen einige hervorragende Spiele ablieferte, war die Freude groß. Doch sie währte nur bis zum Spiel 15. Da warf ihn - im neunten Spiel nach seinem Comeback (davon nur drei über 90 Minuten) - die nächste Verletzung aus der Bahn. Rechnet man nur die gespielten Partien, überzeugte Stindl wie eh und je durch Laufstärke, bissige Zweikämpfe und tolles Spiel nach vorn. Die Hälfte der Hinserie allerdings fand ohne ihn statt, was ihn selbst am meisten wurmen wird. Dennoch: Ob im Zusammenspiel mit Plea und Hazard ganz vorne oder auf der Acht - der Kapitän ist als Teil des Gladbacher Offensivspiels eigentlich unverzichtbar.

Alassane Pléa - ein Name, der Gladbach-Fans schwärmen lässt. Der erhoffte Knipser, der Mittelstürmer, den man seit gefühlt mehreren Jahrzehnten herbeisehnt - das ist der Franzose ohne Zweifel. Und er löste mit neun Toren und drei Assists dieses Versprechen ein. Was er kann, war vom ersten Moment zu sehen. Ein geschmeidiger Stürmer, der kaum vom Ball zu trennen ist, der zielstrebig den Abschluss sucht und nach einer kleinen Körpertäuschung auch präzise von außerhalb des Strafraums treffen kann - das ist eine Qualität, die Borussia in den vergangenen Jahren etwas abging. Weder Hazard noch Stindl oder Raffael haben diese Handlungsschnelligkeit, wie sie Plea etwa bei seinem Schlenzer zum 1:0 gegen die Bayern zeigte. Dazu kommt aber noch etwas anderes: Der 25-Jährige stellt sich vollkommen in den Dienst der Mannschaft, auch wenn das bedeutet, unter Dauerdruck wie gegen Hoffenheim teilweise als Verteidiger mitzuschuften. Das kostet natürlich Kraft. Die Lücken, die diverse Verletzungen im Laufe der Hinrunde rissen, hatte deshalb letztlich auch Einfluss auf Pléas Bilanz. Die Frische schien ihm zum Schluss doch ab und an zu fehlen, sonst hätte er sich gegen Dortmund vor dem 1:2 am gegnerischen Strafraum vielleicht auch nicht so (regelwidrig) abkochen lassen. Es wäre sicher nicht schlecht gewesen, wenn Dieter Hecking dem Franzosen ab und zu eine kleine Pause hätte geben können. Aber auch so war es eine hervorragende Hinserie für den Neuzugang.

Über Thorgan Hazard muss nicht viel gesagt werden. Er hat seine Leistungen sprechen lassen. Deutlich effektiver als in jeder Saison zuvor, ein unermüdlicher Antreiber und Vorbereiter, ein brillanter Eins-gegen-Eins-Spezialist, ein eiskalter Vollstrecker, selbst wenn er vom Elfmeterpunkt gleich zwei Fehlschüsse zu verzeichnen hatte. Nach 17 Spielen hat er schon 9 Tore und 6 Assists (3 Elfmeter), in der gesamten letzten Saison waren es in 34 Spielen 10 und 7, wobei 5 Tore aus Elfmetern resultierten. Der Belgier ist an einem Punkt angekommen, wo wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge zuschauen können und müssen. Denn es wird ziemlich sicher die letzte Rückrunde sein, die Thorgan bei Gladbach spielen wird. 

Dann ist da noch der Wanderer zwischen den Welten: Fabian Johnson, der entweder als Linksaußen oder als rechter Verteidiger zum Einsatz kam, auf beiden Positionen aber naturgemäß viel Mittelfeldarbeit verrichtet. Fleißig und bissig ist der 30-Jährige nach wie vor. Doch nachhaltig aufdrängen oder besonders auffallen, das gelang ihm nicht. Solide Leistungen, aber keine, die die vergessen ließen, für die er eingewechselt wurde. Es ist für mich nicht ganz klar, ob Johnson in dieser Mannschaft an seine Grenzen stößt oder ob ihn vielleicht wie schon in der Vorsaison immer wieder mal der Rücken plagt und Höchstleistungen verhindert. Vor der Form, die er vor seiner Leidenszeit hatte, ist der US-Amerikaner heute leider weit entfernt. 

Bei Patrick Herrmann ist seit einigen Jahren immer wieder die gleiche Frage, die uns Fans bewegt. Packt er es wieder oder nicht? Wie bei Fabian Johnson ist auch beim Flügelflitzer auf der anderen Seite Stagnation zu erkennen, die ihren Hauptgrund wahrscheinlich in den schweren Verletzungen haben, die beide Spieler über Jahre immer wieder erlitten haben. Der Herrmann von heute ist nicht mehr der geradlinige Sprinter, dafür hat er andere Vorzüge, etwa größere Ballsicherheit, weniger Hektik am Ball. Doch weil Borussia gerade auf den Außenpositionen sehr stark besetzt ist, gab es für Flaco zuletzt selten die Möglichkeit, sich mal in der Stammelf festzuspielen. Wenn er dabei war, wie zu Saisonbeginn, zeigte er auch seine Gefährlichkeit. Als Einwechselspieler am Ende der Hinrunde war er dann schon nicht mehr so effektiv. Eine grundlegende Änderung seiner Situation ist nicht absehbar, sein Vertrag läuft aus - beide Seiten müssen sich also Gedanken machen, wie es weitergehen soll. Und so sehr ich an ihm hänge, als neben Tony Jantschke letztem treuen Vertreter der Vor-Favre-Ära: Ich glaube, dass Patrick Herrmann eine neue Herausforderung suchen wird und muss. 



Das waren die Spieler, die bislang die meisten Einsatzminuten in Mittelfeld und Angriff zu verzeichnen hatten. Im dritten Teil wird es dann um die gehen, die da nicht mithalten konnten - was bei einigen durchaus überraschend ist und Fragen über die Zukunft bei Borussia über die Saison hinaus aufwirft. Es geht dann um Ibrahima Traoré, Raffael, Mickael Cuisance, Josip Drmic, Julio Villalba, Keanan Bennetts, Torben Müsel und László Benes.

2018-12-24

Auf halbem Weg: Hinrundenbilanz I

So, geschafft, die erste Hälfte der Saison ist rum. Und obwohl die Münchner am letzten Spieltag fast wie erwartet noch am VfL vorbeigezogen sind, gibt es absolut nichts zu meckern an der Bilanz der Borussia in der zweiten Jahreshälfte 2018. In der Winterpause will ich die Zeit nutzen, zurückzublicken, vor allem, indem ich meinen Eindruck der einzelnen Spieler schildere: wo sie stehen und wo der Verein schnell oder zum Sommer hin etwas tun sollte. Natürlich geht es auch um die, die unzufrieden sein müssten und als mögliche Abgänge gehandelt werden. Um die Texte nicht unerträglich lang werden zu lassen, splitte ich die Bilanz auch diesmal in mehrere Teile. Heute geht es um die Torleute und die Abwehr.

Tor

Wie schon in den vergangenen Jahren ist die Torwartposition die, auf der es keinen Handlungsbedarf gibt. Yann Sommer hat sich nach phasenweise etwas schwächeren Leistungen in der letzten Saison wieder zum dem Rückhalt entwickelt, der Punkte rettet oder bringt. Was er gerade in den letzten vier Spielen an entscheidenden Bällen entschärft hat, war Extraklasse. Für mich ist er deshalb auch der Spieler des Monats Dezember, natürlich auch, weil bei den überragenden Feldspielern einigen am Ende etwas die Luft ausging. 
Tobias Sippel hat schon ausreichend bewiesen, dass er ein guter Stellvertreter des Schweizer Nationaltorwarts ist. In dieser Saison bekam er noch keine Gelegenheit dazu. Er wäre aber unzweifelhaft bereit, wenn es nötig würde. 
Bei Moritz Nicolas lässt sich das kaum seriös beantworten. Er kommt bis jetzt im Bundesligakader gegen Sippel nicht an, so dass auch kein Bankplatz für ihn blieb. Hier muss sicher darüber nachgedacht werden, wie und wo sich der junge Schlussmann weiterentwickeln kann. Als Nummer drei und Stammtorwart in der Regionalliga gelingt das auf Dauer sicher nicht, trotz täglichem Training mit den Profis.

Abwehr

Der Abgang von Jannik Vestergaard vor der Saison riss ein sichtbares Loch in die etatmäßige Innenverteidigung der Borussia. Doch der lange Däne verschwand schnell aus den Erzählungen der Fans, er wurde - all seinen Stärken zum Trotz - bislang nicht vermisst. 
Sein Nachfolger Nico Elvedi rückte von der Rechtsverteidigerposition auf die linke Innenseite und machte nach einigen anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten seine Sache immer besser und immer souveräner - obwohl er auf der Oscar-Wendt-Seite oft deutlich mehr zu tun hatte als die Kollegen auf der rechten Abwehrseite.
Zweikampfhärte, geschicktes Verhalten in den Zweikämpfen, gute Spieleröffnungen und pressingresistentes Passverhalten: An Elvedis Leistungen gab es selten etwas Gravierendes auszusetzen. Er scheint auf seiner Position angekommen, sorgt auch bei offensiven Standards für Gefahr. 
Mit einer Seelenruhe passte er sich nach Ginters Ausfall auch an seine wechselnden Partner an, spielte ohne Abstimmungsprobleme neben Jantschke rechts und coachte Jordan Beyer bei dessen ersten Profi-Gehversuchen in der Innenverteidigung sehr effektiv. Dass er kurz vor dem Hinrundenende nun auch noch verletzungsbedingt passen musste, war vielleicht indirekt einer der Schlüssel zur Niederlage in Dortmund. Nicht wegen der Fehler in der Verteidigung der Angriffe vor den Gegentoren, sondern weil durch sein Fehlen Tobi Strobl 20 Meter weiter hinten aushelfen musste und nicht wie gewohnt das Spiel von der Sechs aus lenken konnte.

Wo Nico Elvedi einen Riesensprung nach vorne machte, muss man dies auch bei seinem etatmäßigen Nebenmann Matthias Ginter konstatieren. Der frühere Dortmunder war spätestens nach zwei, drei Spielen voll drin in seiner neuen Chefrolle in der Abwehr und rechtfertigte damit sowohl seine WM-Teilnahme als auch das Festhalten Löws an ihm in der Nationalmannschaft seitdem. Ginter ist nicht nur ein sehr konzentrierter Verteidiger, sondern auch ein guter "Quarterback" - einer, der seine Mitspieler punktgenau einsetzen kann, mit einem energischen Antritt durchs Mittelfeld mit anschließendem Pass in sich öffnende Räume genauso wie mit einem präzisen Seitenwechsel über 50 Meter, wie er es immer wieder mit Thorgan Hazard demonstrierte. Zudem ist Ginter vor dem gegnerischen Tor eine Waffe - wenn er nicht selbst nach Standards an den Ball kommt, dann schafft er den Raum für andere. Es war schwer, Ginter mit dieser Horrorverletzung ersetzen zu müssen. Als auch noch Elvedi und Jantschke passen mussten, war es einfach dann einfach etwas zu viel.

Unter etwas anderen Vorzeichen wäre Louis Jordan Beyer ein Spieler der Hinrunde bei Gladbach geworden. Denn fast aus Verlegenheit zu Saisonbeginn auf die Rechtsverteidigerposition gespült, machte der 18-Jährige von Beginn an einen sehr mutigen, abgezockten Eindruck und überzeugte mit sehr konzentrierten Auftritten. Die Belohnung waren dreieinhalb Spiele aus den ersten fünf Bundesligapartien. Danach war Neuzugang Michael Lang fit und beendete das Fohlenmärchen durch starke Leistungen, Beyer rückte lange zurück ins zweite Glied, stand oft nichtmal im Kader. 
Erst in den letzten beiden Hinrundenspielen hatte er es der Innenverteidiger-Seuche zu verdanken, dass er wieder in die Startelf kam. Weil Innenverteidiger im Jugendbereich seine Hauptposition war, schenkte ihm Dieter Hecking das Vertrauen, und der zahlte erneut zurück. In Hoffenheim lief es zwar erst etwas wacklig an, dann aber hielt er mit Elvedi und später in Unterzahl ohne den Schweizer im Zentrum dem Dauerdruck der Sinsheimer stand.
Erstaunlich auch, mit welcher Gelassenheit Beyer vor 80000 Leuten in Dortmund auftrat. Dass ihm bei einem mutigen Antritt in die gegnerische Hälfte der Ballverlust zum 0:1 unterlief, sah jeder. Dass er beim zweiten Gegentor Reus im entscheidenden Moment aus den Augen verlor, auch. Aber das gehört zum Lernprozess dazu. Wie er aber trotzdem unbeeindruckt weiterspielte und in dieser Notabwehr den Gastgebern kaum richtige Torchancen ermöglichte, das war schon klasse. Ein Kompliment gilt allerdings auch dem Trainerteam, das in so einen Jungen dann auch Vertrauen setzt. Das hat sich bei Gladbach in den vergangenen Jahren nicht jeder Trainer getraut. Und ich glaube, dass die meisten Fans das zu würdigen und die unvermeidlich auftretenden Fehler richtig einzuordnen wissen.

Fehler machten in der Hinrunde natürlich auch andere, nicht nur der junge Jordan Beyer. Und so lieb ich Oscar Wendt als Spieler und als Mensch gewonnen habe - er gehört zu denen, die bisweilen unter Druck zu "Panikattacken" und undurchdachten Aktionen neigen, die am Ende mitunter auch zu Gegentoren führen. Das war in der vergangenen Saison so und obwohl der Schwede in dieser Saison deutlich verbessert auftrat, gab es immer wieder Ausreißer in seinen Leistungen. Seine Schwächen gegenüber sehr schnellen Gegnern sind bekannt, es ist daher auch kein Wunder, dass gegnerische Trainer vorzugsweise seine Seite bespielen lassen. Andererseits kann Wendt jederzeit auch starke Auftritte folgen lassen, etwa gegen die Bayern oder gegen Bremen, wo er gegen starke Gegner voll auf der Höhe war. Fakt ist aber auch, dass viele Bälle von außen von ihm nicht geblockt werden können - der Sancho-Schuss zum 0:1 in Dortmund ist da nur ein Beispiel.

Über Tony Jantschke noch viele Worte zu verlieren, hieße unter Borussia-Fans Eulen nach Athen tragen. Er war auch in dieser Saison der, den die meisten (auch ich) nur als Backup sahen, der für den Spielstil des VfL zu oldfashioned schien. Aber wer Jantschke über die Jahre kennengelernt hat, weiß auch, dass er in jeder Gladbacher Mannschaft schon mal abgeschrieben war und nichtsdestotrotz in jeder Mannschaft irgendwann seine tragende Rolle gespielt hat. Auch den passintensiven Part, den Ginter und Elvedi in der Innenverteidigung in dieser Saison zu leisten haben, adaptierte der "Fußballgott" für sich ohne große Probleme, in seinen Einsätzen war wie gewohnt Verlass auf Tony. In der Defensive war er gewohnt bissig und glich mit gutem Stellungsspiel und klass Tacklings manchen Schnelligkeitsnachteil aus. Es ist weiterhin kein Spaß, als gegnerischer Stürmer gegen das Gladbacher Urgestein spielen zu müssen.

Der Schweizer Michael Lang stieg wie gesagt erst mit Verzögerung in die Startelf ein, die frühe Verletzung im Trainingslager war verantwortlich dafür. Doch dass er eine Verstärkung darstellt, war sofort zu sehen. Er ist ein sehr ruhiger, erfahrener Spieler, der mit Basel regelmäßig Champions League spielte und insofern ein wichtiger Anker in einer noch sehr jungen Mannschaft wurde. Sein Vorwärtsdrang ist eine Waffe, er kann auf engstem Raum hervorragend mitkombinieren - alles Attribute, die Tony Jantschke auf der Position nicht auf gleichem Niveau drauf hat.
Und insofern ist Lang auch ein guter Nachfolger von Elvedi, der über rechts stets ein großes Pensum abspulte. Warum Lang in den letzten beiden Spielen auf der Bank blieb, erschließt sich mir nicht so recht. Möglicherweise war eine Pause nötig, weil ihm im Schlussspurt die Kraft auszugehen drohte. Schließlich hat er die Grundlagen dafür im Trainingslager nicht legen können. In jedem Fall ist der Nationalspieler ein Gewinn für die Fohlenelf und das erhoffte Plus auf der Rechtsverteidigerposition.

Bleiben noch drei, die in der Hinrunde keine  Rolle spielten. Florian Mayer, in der Vorbereitung noch mit ordentlichen Einsatzzeiten, kam nur zum Schluss mal zu einem Kaderplatz. Andreas Poulsen, immerhin mit Erstliga- und Euro-League-Erfahrung beim FC Midtjylland in Dänemark, wurde von Dieter Hecking Mitte der Hinrunde mal als noch zu grün für die Bundesliga bezeichnet. Eine Alternative war er folglich bislang auch nicht. Das ist nicht schlimm, solange Oscar Wendt nicht ausfällt oder sich seiner Sache zu sicher und damit schludrig wird. Es wäre aber zu hoffen, dass sich der junge Däne schnell herankämpft. Denn sonst wird Borussia nicht umhin kommen, ihm angesichts des älter werdenden Schweden einen weiteren Konkurrenten vor die Nase zu setzen.
Und dann ist da noch Mamadou Doucouré. Noch nie in seiner langen Leidensgeschichte seit dem Wechsel von Paris Saint-Germain zu Borussia vor zwei Jahren war der Franzose so nah an seinem Bundesliga-Debüt. Wäre alles glatt gelaufen, hätte Dieter Hecking sicher in den letzten Spielen als Alternative zu Ginter und Elvedi auf ihn gesetzt. Denn als man den Jungen in Testspielen erstmals in Aktion sehen konnte, war kaum zu übersehen, was für ein eleganter Spieler er ist, dass er über ein hervorragendes Stellungsspiel verfügt und all das erfüllen kann, was man sich von einem Talent wie ihm versprechen kann, das mit 17 Jahren schon als Mannschaftskapitän die Jugendausgabe der Champions League, die Youth-League, gewonnen hat.
Wir wissen alle, aus dem erhofften Debüt wurde nichts. Ein blöder Moment im Testspiel gegen Münster und Doucouré wurde wieder an den Anfang zurückgeworfen. Ganz abgesehen davon, was das mit der Psyche eines jungen Spielers macht: Es stellt sich die Frage, ob er dauerhaft für den Leistungssport geeignet ist. Beantworten kann das derzeit niemand. Wir alle können nur hoffen, dass er auch dieses Tief durchschreitet und zurückkommt. Es wäre eine Tragödie, wenn nicht. 

Teilzeitarbeiter in der Abwehr waren in den ersten 17 Spielen auch noch Tobi Strobl und Fabian Johnson, auf die ich im Mittelfeld noch genauer eingehen werde. Es ist gut, Spieler zu haben, die leicht auf andere Positionen verschiebbar sind, wenn es nötig wird. Bei Strobl und Johnson hat man in diesen wenigen Spielen aber auch gesehen, dass sie aushelfen können, ohne dass man als Fan Angst haben muss. Unstrittig ist aber auch, dass sie auf anderen Positionen für die Mannschaft wertvoller sind. 

Insofern steht Borussia nicht erst aufgrund der Erfahrungen der vergangenen zwei bis drei Wochen vor einer schweren Entscheidung. Soll man auf den Defensiv-Kader vertrauen, obwohl sich durch wenige Verletzungen auf den "falschen Positionen" schnell größere Probleme auftun können? Oder soll man einen Spieler dazuholen, der in Bestbesetzung möglicherweise dann aber nur auf der Bank schmort (siehe Reece Oxford im zweiten Halbjahr der letzten Saison)? Solange Poulsen, Mayer und Doucouré keine wirkliche Alternative sind, spricht mehr dafür, im Winter nachzurüsten. Denn wie schnell die Personalnot ausbrechen kann, haben die jüngsten Beispiele gezeigt. Es wäre dramatisch, wenn man durch solche Schwächungen am Ende die gute Ausgangsposition für Europa riskieren würde. 

Wäre Doucouré stabil, würde ich das anders sehen, aber so spricht mehr dafür, diesen Kaderplatz zumindest vorläufig neu zu besetzen. Dass Max Eberl Andreas Christensen oder Reece Oxford zu vernünftigen Konditionen aus England loseisen könnte, halte ich für eher unwahrscheinlich. Aber irgendwo gibt es sicherlich einen Spieler, der sofort helfen kann und in seinem Verein gerade keine  Chance bekommt oder wechselwillig wäre. 
Ein Beispiel, ohne dass ich weiß, ob er in Frage käme: Timm Klose (30), der die Bundesliga aus Nürnberg und Wolfsburg kennt, derzeit in der 2. englischen Liga bei Norwich Stammspieler ist, aber nur noch ein halbes Jahr Vertrag hat. Oder ein alter Bekannter: Roman Neustädter (auch 30), der inzwischen bei Fenerbahce als Innenverteidiger aufläuft und auch nur bis Sommer dort gebunden ist. Er wäre zudem auf der Sechs einsetzbar. In einer solchen Kategorie könnte ich mir vorstellen, dass Gladbach zuschlägt. Dass man quasi im Vorgriff auf die neue Saison noch jemand Spektakuläreres (und Teures) an der Angel hat, der die bisherigen Stammspieler in den Schatten stellen könnte, sehe ich nicht. Dafür ist der Winter wohl die falsche Wechselperiode.

Man sieht - in der Abwehr ist Borussia gut aufgestellt. Große Veränderungen sind hier im neuen Transferfenster nicht zu erwarten. Dass das für die Offensive anders aussieht, wissen wir alle. Es kann dort viel passieren oder auch gar nichts - mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen. Aber dazu komme ich im nächsten Teil.

2018-12-22

Ach, egal


Nö. Diese Hinrunde lasse ich mir nicht von der letzten Niederlage des Jahres vermiesen. 

Zu allererst sage ich danke - allen im Verein, allen voran den Spielern, dem Trainerteam und dem Management! Für eine gefestigte, talentierte und hochwertig besetzte Mannschaft. Für die überzeugendste Halbserie seit ganz langer Zeit in der Bundesliga - in einer der stärksten Ligen der Welt, in der Gladbach (Stand heute) die zweitbeste Abwehr und den zweitstärksten Angriff stellt.

Ob am Ende des Spieltages auch noch Platz zwei steht oder der dritte Platz hinter den Bayern, ist mir heute egal. Und jedem, der sich genau ansieht, mit wem wir uns da an der Tabellenspitze messen und unter welchen personellen Bedingungen dieses letzte Hinrundenspiel stand, geht es wahrscheinlich genauso. 
Der VfL steht verdient dort, wo er steht und er hat sich das mit tollem Fußball erarbeitet - nicht ergaunert und ermauert, wie die Schalker letztes Jahr.

Die einzig wahre Borussia hat aus ihren Möglichkeiten in diesem 17 Spielen fast das Optimum gemacht. Oft äußerst effektiv, manchmal ein wenig zu schlampig, was Punkte gekostet hat. Das gilt auch für heute, obwohl der Sieg des BVB natürlich in Ordnung geht. Unter dem Strich überwiegt das Positive bei weitem. Und darauf lässt sich aufbauen.

Ärgerlich ist die Niederlage aber dennoch. Weil man durchaus das Gefühl hatte, gegen Dortmund mit seiner Notabwehr geht heute mehr. Weil es dann aber nichts wurde, weil es Neuhaus und Co. heute zu selten gelang, diese Abwehr um Weigl auch zu fordern, damit sie Fehler macht.  

Es ist ärgerlich, verloren zu haben, weil man sehen konnte, wie groß der Dortmunder Respekt vor Gladbachs tödlichen Kontern war (wie umgekehrt auch). Die Gelb-Schwarzen nahmen die Hecking-Elf zum ersten Mal seit langem wieder richtig ernst als Gegner. Und sie hatten Grund dazu. Es war ja nicht grundlos ein solches Belauern und Ballgeschiebe in der ersten Halbzeit, das Hecking ganz treffend "ein Schachspiel" nannte. Das lag vor allem daran, dass kein Team dem anderen ein Loch in der Abwehr öffnen wollte, wo dieser reinstoßen kann.

Gut, der erste Fehler kam von uns, und er wurde gnadenlos bestraft. Aber mit dem schnellen Ausgleich war der Fauxpas des jungen Jordan Beyer schnell wieder repariert. Der hat auch heute wieder einen erstaunlich erwachsenen Auftritt hingelegt - und das vor dieser Kulisse.
Ich würde auch nicht sagen, dass der VfL in der zweiten Halbzeit schlechter gespielt hat. Aber es fehlte die Zielstrebigkeit und die letzte Bereitschaft, unbedingt nach vorne zu spielen. Der Wille, auch mal ins Risiko zu gehen. Möglicherweise nicht ganz zu Unrecht, denn angesichts vieler unpräziser Bälle und unnötiger Ballverluste im Mittelfeld hätte das auch ins Auge gehen können.

Warum man mit diesem Spiel und auch mit dem Ergebnis dennoch leben kann, liegt auf der Hand. Die Verletzungen haben ihren Tribut gefordert. Die Mannschaft war zwar immer noch gut besetzt, aber dennoch eine kleine Notelf. Von der etablierten Viererkette ist nur noch Oscar Wendt übrig gewesen. Tobi Strobl, der nach den Ausfällen von Ginter, Jantschke und nun noch Elvedi heute neben den im Profifußball auf dieser Position noch ziemlich unerfahrenen Beyer rückte, hat seine Stärken auf der Sechs bisher gewinnbringender zeigen können. 
Auf dieser Position musste heute ein sichtlich nicht fitter Chris Kramer einspringen - fast ohne Trainingseinheiten nach seiner Verletzung, aber mit dem wichtigen Tor. 
Auch Johnson mit ohnehin wenig Einsätzen in der Saison ist auf der linken Abwehrseite natürlich nicht so eingespielt wie ein Michael Lang, der erneut auf der Bank blieb.
Und was fehlt, wenn man Stindl und Raffael nicht bringen kann und auch Hofmann nicht über die volle Distanz, muss man niemandem sagen. Das zeigte sich im Endspurt der Hinrunde relativ deutlich. Neuhaus, Plea und Hazard merkte man gerade heute an, dass ihnen die Körner langsam ausgehen und die Winterpause dringend notwendig ist, um zu regenerieren. Und die Jungs, die stattdessen zum Einsatz kamen, sind zwar willig, aber eben auch nicht immer auf dem gleichen Niveau wie die erste Elf, die sich unter Dieter Hecking herauskristallisiert hatte.

Betrachtet man das Spiel unter diesen Gesichtspunkten, muss man sagen, dass das alles schon so in Ordnung geht. Ein wenig ärgerlich bin ich dennoch aus einem anderen Grund. Es war ja schon fast klar, dass nach drei guten Schiedsrichtern hintereinander auch mal wieder ein schlechterer kommen musste. 
Dass Felix Zwayer ein ganz heißer Kandidat dafür war, war auch klar. Dennoch war es mir unbegreiflich, dass er nach einer guten Leitung in der ersten Halbzeit in der zweiten Hälfte einfach aufhörte, klare Fouls der Dortmunder zu pfeifen. Dem 2:1 von Reus ging ein glasklares Foulspiel von Toprak an Plea am Dortmunder Strafraum voraus, es hätte in dieser Szene also nie zu diesem Angriff und zum Tor kommen dürfen. Auch danach ließ Zwayer eine gute Handvoll deutlicher Fouls mit seiner bekannt arroganten Weiterspielen-Geste ungeahndet, woraus jeweils gefährliche Konter des BVB wurden. Vor allem Plea musste darunter leiden. Seine großzügige Linie in der Spielleitung (ohne Gelbe Karten) verließ Zwayer dann ausgerechnet bei einem harmlosen Foul von Cuisance. Aber was solls. Immerhin ließ er das Zeitspiel der Dortmunder am Ende halbwegs konsequent nachspielen. Doch da hatte Gladbach schon nichts mehr zuzusetzen, um noch den Ausgleich zu erzwingen. 

Nun gut, damit will ich es heute bewenden lassen. Ich danke unserer Borussia für ein tolles Jahr, vor allem seit August. Bis auf das blöde Aus im Pokal gab es schließlich kaum Ausreißer nach unten. 
Und ich danke euch dafür, dass ihr euch für meinen Blog interessiert. Dafür zu schreiben macht in der aktuellen Saison natürlich deutlich mehr Spaß bringt als in der ersten Jahreshälfte. 

Ich wünsche euch schöne Feiertage und feine Träume von dem, was der VfL im neuen Jahr noch erreichen kann. Und ich melde mich bald schon wieder. Bis dann!


Bundesliga 2018/19, 17. Spieltag: Borussia Dortmund - Borussia Mönchengladbach 2:1 (Tor für Borussia: 1:1 Kramer)

2018-12-19

Der Glanz der gelösten Pflichtaufgabe

Leute, das war eine fantastische Hinrunde: 33 Punkte im Sack, eine blütenweiße Weste im eigenen Stadion, zwei richtige Torjäger, überwiegend richtig toller Fußball, dabei unter anderem die Bayern im eigenen Stadion abgefidelt. Und jetzt noch ein Bonus-Spiel am Freitag gegen den Tabellenführer, mit der Möglichkeit, aus eigener Kraft Platz zwei zu verteidigen und den Abstand zum BVB nicht größer werden zu lassen - man weiß ja nie.

Entscheidend für diese Bilanz waren aber nicht nur die Highlightspiele gegen die großen Gegner - die hat Gladbach immer mal wieder für sich entscheiden können. Es ist die Frage, ob man auch die Pflichtaufgaben zu lösen versteht, die Spiele, die letztlich den Unterschied zwischen Mittelmaß und Europa-Startplatz ausmachen. 

Und da hat die Mannschaft von Dieter Hecking in den bisherigen Spielen eine lange in Gladbach nicht mehr beobachtete Reife bewiesen. Zum Beispiel an einem unangenehmen Dezemberabend wie gestern, zu einer für Fans unverschämt frühen Anstoßzeit in einem daher auch unüblich spärlich gefüllten Stadion voller Erwartungen. Und gegen einen Gegner, der so schlecht da steht, dass er eigentlich schon nichts mehr zu verlieren hat - und damit umso gefährlicher sein kann. Und obwohl die Startelf des VfL nominell immer noch sehr gut klang, hatten die vielen Verletzungen eine doch große Lücke in das feine Fohlenensemble der Vorrunde gerissen. 

Das alles sind für uns erfahrene Borussenfans ja eigentlich keine Voraussetzungen, die auf einen ungefährdeten Sieg hinwiesen - eher auf eine Zitterpartie. 
Nun wurde es auch diesmal nicht gerade eine Torgala. Dass trotzdem wohl kein Fan im Borussia Park und vor dem Fernseher unzufrieden aus dem Spiel heraus ging, lag daran, dass Elvedi und Co auch diesmal gegen einen emsig verteidigenden Gegner die Ruhe behielten und sich auch durch die frühe Doppelchance der Gäste nicht nervös machen ließen. 
Da waren dann einmal die Latte und dann Keeper Yann Sommer auf dem Posten, letzterer mit einer gigantischen Parade. Das war es dann aber auch mit der Gefährlichkeit der Clubberer. Angst vor einem Gegentor hatte ich für den Rest des Spiels eigentlich nicht mehr. 

Dass der Nürnberger Trainer im Anschluss dennoch von einem tollen Spiel seiner ebenfalls ersatzgeschwächten Mannschaft sprach, zeigt, mit wie wenig man im Tabellenkeller derzeit zufrieden sein muss. Aber Vorsicht: Zu Beginn der letzten Rückrunde schrieb ich auch davon, dass der VfB Stuttgart die schwächste Mannschaft war, die sich seit langem in Gladbach vorgestellt hatte. Das stimmte auch, doch am Ende der Saison schaffte es diese Rumpeltruppe tatsächlich, in der Tabelle auch noch an Borussia vorbeizuziehen.

Diesmal zeigte also Nürnberg an der Hennes-Weisweiler-Allee, abgesehen von passablen und engagierten Verteidigungsbemühungen, ziemlich wenig. Das heißt im Umkehrschluss natürlich nicht, dass auf der anderen Seite die Tore wie reife Früchte fallen. Also war nach der ersten Findungsphase wieder einmal das stoische, unbeeindruckbare Anlaufen und Passen in den eigenen Reihen angesagt, das den Gegner mürbe machen kann, jäh unterbrochen von den schnellen Tempowechseln in die Spitze, die den VfL in dieser Saison auszeichnen und schon viele Tore eingeleitet haben.
Da wie schon am Samstag in Hoffenheim aber zu oft die Präzision und Fortune fehlte - man merkt den Leistungsträgern schon ein bisschen fehlende Frische an - blieb vieles Stückwerk.

Da kam der Elfmeter gerade recht. Und die Enttäuschung gleich im Schlepptau, weil Thorgan Hazard diesen leichtfertig und überheblich versemmelte. Allerdings war der belgische "Eisvogel" wohl diesmal auch etwas genervt von der langen Wartezeit bis zu Ausführung und von den impertinenten Nürnbergern, die den Strafraum partout nicht verlassen wollten. 
Zum Glück ließ Toto nach der Pause den wichtigen ersten Treffer folgen und machte so seinen Fehler wieder gut. Doch der Hauptdank geht bei diesem Tor an Plea und Traoré, die den Konter toll vors Tor brachten. Und an den jungen Schiedsrichter Robert Schröder, der nicht nur in dieser Szene eine hervorragende Vorteilsauslegung an den Tag legte und das faire Spiel insgesamt sehr souverän und nahezu fehlerlos über die Bühne brachte.

Natürlich hätten die Hecking-Schützlinge das Spiel danach deutlich früher entscheiden müssen. Aber dafür war auch der Angriff zum 2:0 durch Plea kurz vor Schluss einer der Extraklasse, mit einem auf den Zentimeter genau getimten Zucker-Steilpass von Cuisance. 

Ich kann mit diesem von ausgewählten spielerischen Glanzpunkten aufgepeppten Arbeitssieg jedenfalls sehr gut leben. In dieser Phase der Saison kommt es auch nicht immer darauf an zu glänzen, sondern zu punkten. Egal wie. Und das macht der VfL derzeit verlässlich, allen Verletzungsunbilden zum Trotz. 
Hoffen wir, dass Nico Elvedi bis Freitag seine Blessur aus diesem Spiel überwunden hat und dass der erneut wie ein alter Hase aufspielende Jordan Beyer kurz vor Schluss nicht auch noch etwas abbekommen hat. 
Dann ist Freitag vielleicht auch noch die eine oder andere Alternative wieder im Kader (Stindl, Hofmann, Kramer, Jantschke?), sodass das Duell mit den heute erstmals geschlagenen Dortmundern nicht ganz so ungleich ausfällt. 
Also genießen wir den letzten Spieltag der Hinrunde, so gut es der Spielverlauf erlaubt. Und dann freuen wir uns vier Wochen lang über das, was der VfL uns jetzt schon geboten hat. Und sind gespannt, was er für uns im nächsten Jahr bereit hält. Ich freue mich drauf.


Bundesliga 2018/19, 16. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - 1. FC Nürnberg 2:0 (Tore für Borussia: 1:0 Hazard, 2:0 Plea)

2018-12-15

Punkt gewonnen, viel verloren

Das war irgendwie ein faszinierendes Spiel, spannend und komisch zugleich. Sicher kein guter Auftritt von Borussia, aber daran gemessen ein recht erfolgreicher und wichtiger, trotz der ungewohnten Nullnummer. 
Es war vor allem aber ein bitterer Nachmittag für die Gladbacher Ambitionen, sich mit der denkbar besten Ausgangsposition in die Winterpause zu retten. Lars Stindl wird in den restlichen beiden Spielen gegen Nürnberg und in Dortmund sicher fehlen, vielleicht darüber hinaus. Bei Raffael sieht es nach einer noch längeren Pause aus. Ein denkbar teurer Preis für einen Auswärtspunkt gegen einen Mitkonkurrenten um die europäischen Startplätze. 
Beide Spieler verletzten sich im Zweikampf mit ihren Gegnern, in beiden Fällen kann man den Hoffenheimern keinen Vorwurf machen, es war einfach unglücklich. Und nach heute wird wohl jeder Fan des VfL sich an die vergangene Saison erinnert fühlen. Speziell kurz vor der Winterpause, als etwa im Pokal gegen Leverkusen das "letzte Aufgebot" die Raute hochhalten musste.

Was schleichend mit Chris Kramer anfing, hat sich zu einer ernstzunehmenden Verletzungsserie ausgewachsen, die langsam bedrohlich werden könnte. Raffael, Stindl, Ginter, Kramer, Hofmann, Jantschke, Doucouré und Villalba - das lässt sich auch mit dem Gladbacher Kader nicht so leicht wegstecken. Aber es zwingt zu Überlegungen, die vor kurzem noch undenkbar schienen, und selbst Josip Drmic könnte noch einmal eine Rolle spielen. 

Doch erstmal zum Spiel heute. Das war von Beginn an sehr merkwürdig. Hoffenheim hatte den besseren Plan, begann sehr offensiv und beschäftigte die Gladbacher Schaltzentrale um Strobl und Elvedi mit ihrem laufintensiven Spiel so gut, dass es in den ersten zehn Minuten überhaupt keinen sinnvollen Spielaufbau aus der Abwehr heraus gab. Es schien, als versuche die Hecking-Elf das Spiel möglichst ruhig anzugehen, damit sich Innenverteidiger-Debütant Jordan Beyer an die Rolle gewöhnen konnte.

Der hatte allerdings, wie schon zu Beginn der Saison auf seiner angestammten rechten Abwehrposition, weniger Probleme als mancher der älteren Spieler. Lang und Wendt machten ihre Sache zwar unter dem Strich nicht schlecht, aber gegen schnelle Außen stoßen sie doch an ihre Grenzen, was dann die Innenverteidiger schnell in Nöte bringen kann. 
Doch auch Beyers Nebenmann Nico Elvedi zeigte vor allem in der ersten Halbzeit nervenstark und mit einer bärenstarken Zweikampfführung, dass er mit jedem Nebenmann gut zurecht kommt. Trotz 25 Torschüssen der Gastgeber, trotz der Häufung von erstklassigen Chancen von Hoffenheim, die letztlich alle ein Monsieur Sommer in Galaform und je einmal für ihn der Pfosten und Beyers Schulter zunichtemachten: Das Problem war heute nicht die kollektive Abwehrleistung. Es war das Spiel nach vorn, das über weite Strecken nicht stattfand. 

Klar, der VfL hatte seine guten Torgelegenheiten, bei denen die Ballführenden heute durchweg die falsche Lösung wählten. Doch bis auf eine kurze Phase nach der Halbzeit hatte Gladbach keine Spielkontrolle, um das eigene Spiel aufziehen zu können. Zurückzuführen war das kurzzeitige Hoch auf die Systemumstellung von Vierer- auf Dreier(Fünfer-)kette, aus der heraus Tobi Strobl das Spiel besser ordnen und die Bälle verteilen konnte. Doch fast alle Angriffsversuche endeten auch da mit Ballverlusten, wobei auch die feinsten Techniker wie Hazard oder Cuisance heute ungewohnt fehleranfällig waren.

Und so rollte dann doch eine Angriffswelle nach der anderen Richtung Sommers Tor, und der VfL durfte von Glück sagen, dass der Ball nach den zwei Abseitstoren in der ersten Hälfte nicht nochmal den Weg ins Tor fand. 
Spätestens nach einer Stunde mit Stindl Verletzung zeichnete sich ab, dass mehr als ein Punktgewinn nicht drin sein würde, dafür war die dezimierte Mannschaft heute offensiv nicht stark genug. Und als Raffael seinen Vier-Minuten-Einsatz mit schmerzverzerrtem Gesicht beendete und Gladbach die letzten 10 Minuten in Unterzahl überstehen musste, war klar, dass es nur darum gehen konnte, den Punkt irgendwie festzuhalten.

Dass das gelang und wie es gelang, das war das Positivste an diesem Spieltag. Denn obgleich ihrer spielerischen Stärke beraubt, stellte sich die Hecking-Elf auf das ungewohnte Spiel ein, rannte, kämpfte, foulte, wenn es sein musste und warf wirklich alles in die Waagschale, was sie hatte. Das war ein weiterer Charaktertest dieser Mannschaft und Beweis der Weiterentwicklung hin zu einem Team, das auch im Spiel schnell umschalten kann und seiner Rolle gerecht werden kann. Das wurde zu Recht mit einem Punkt belohnt, auch wenn Hoffenheim den Sieg sicher verdient gehabt hätte.

Natürlich ist das heutige Spiel dennoch nicht zufriedenstellend, nachdem wir bisher überwiegend spielerisch richtig gute Auftritte der Borussia gesehen haben. Aber wenn es sein muss, muss man eben auch da mal durch. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass ich das Spiel faszinierend fand. Denn wenn wir uns erinnern, gingen ähnliche Spiele in den vergangenen Jahren regelmäßig verloren. Heute nicht, da hat der VfL seine Aufgabe erfüllt. Platz zwei verteidigt, einen Konkurrenten auf Distanz gehalten, eine richtige starke Offensive torlos bleiben lassen - und das auswärts. Das ist in Ordnung. Und sollten die Bayern bis nächste Woche noch an uns vorbeiziehen - was solls.

Wichtiger ist, dass die Kreativabteilung, die sich vorerst in den Krankenstand verabschiedet hat, schnell wieder zurückkehrt. Denn schon bei der Besetzung heute passte manches noch nicht so recht zusammen. Mickael Cuisance konnte aus meiner Sicht seine Startelf-Chance heute nicht so richtig für Eigenwerbung nutzen. In der ersten Hälfte fahrig und fehlerhaft, in der zweiten Halbzeit in der allgemeinen Mit-Mann-und-Maus-Verteidigung zu beschäftigt, um selbst kreativ und gefährlich zu werden. Das war nicht die Qualität, die er unbekümmert im vergangenen Jahr einfach so aus dem Fußgelenk schüttelte. Man merkt, dass er überlegt; dass er viel richtig machen, seine Chance nutzen will - aber dabei oft eben nicht präzise genug agiert. Unbezweifelt ist neben seinem Talent natürlich sein Fleiß und Einsatz. Heute war er hinter Neuhaus mit knapp 12,5 Kilometern zweitlaufstärkster Spieler.

Und nun? Jordan Beyer wird möglicherweise auch am Dienstag gegen Nürnberg wieder neben Elvedi auflaufen, das scheint auch kein so großes Risiko zu sein. Denn wenn Hecking stattdessen Strobl zurückzöge, machte er wiederum die Baustelle auf der Sechs auf, die Strobl bisher so gut beackert hat. Von Kramer gibt es noch keine Entwarnung, bis Dienstag ist nicht viel Zeit. Denis Zakaria käme nach der Sperre zwar zurück, er wäre aber für mich kein gleichwertiger Ersatz für Strobls starkes Staubsauger-Spiel.
Laszlo Benes gefiele mir da mit seinem verbindlichen Passspiel schon besser, aber ihm fehlt noch viel Spielpraxis. Und gemeinsam mit Neuhaus und Cuisance/Zakaria auf der Acht wäre das eine insgesamt sehr junge Zentralachse. Bin mir nicht sicher, ob das so funktioniert gegen einen eher robusten Gegner im Abstiegskampf.

Es ist aber auch noch etwas anderes denkbar. Denn zumindest gibt es noch genug Außenstürmer. Wenn man Plea in der Mitte setzt und aus der Gruppe Traoré, Johnson, Herrmann (oder Drmic) zwei über Außen kommen lässt, könnte man Hazard neben Neuhaus auf die Acht ziehen. Auf jeden Fall könnte es für Josip Drmic nach langer Zeit wieder einmal für einen Kaderplatz reichen. Ich würde mich für ihn freuen. Und dass er uns helfen kann, selbst wenn kaum einer an ihn glaubt, hat er letzte Saison ja zur Genüge gezeigt. 

So hat eben alles zwei Seiten. Vor kurzem machten wir uns noch Sorgen um die Laune und die mögliche Wechselwilligkeit von denen, die sich bisher nicht in die Startelf spielen konnten und geduldig bleiben mussten. Wenn diese Spieler es aber jetzt schaffen würden, die fehlenden Stammkräfte so zu ersetzen, dass die letzten beiden Spiele nicht zur Enttäuschung werden, wäre das ein weiterer Hinweis darauf, dass sich in Gladbach ein Spitzenteam formiert - eins, dass für (fast) alle Herausforderungen gewappnet scheint. In einer Woche wissen wir es.

Ach ja: Weil ich ja oft schimpfe, auch heute ein Lob an den Schiri. Benjamin Cortus pfiff sicher nicht fehlerfrei und blieb nicht immer ganz konsequent in seiner Linie, aber er was ein sicherer und unaufgeregter Leiter der Partie. Das galt nicht immer für seine Assistenten. Einmal wurde Hazard zu früh zurückgepfiffen und war gar nicht im Abseits, dann ließ der andere Assistent den Belgier bei einer recht deutlichen Abseitsstellung erst noch den Torwart umkurven und den Ball ins Tor schieben, bevor er die Fahne hob. Das war unnötig.


Bundesliga 2018/19, 15. Spieltag: TSG Hoffenheim - Borussia Mönchengladbach 0:0

2018-12-09

Der Geduldsfaden hält

Das war ein großer Schritt nach vorn. Ein klarer Sieg gegen einen Gegner, der sich gegen den Abstieg stemmen muss. Und das mit einer stoischen Ruhe, die mir und sicher vielen anderen Fans eine gute Stunde allles abverlangte. 

Denn die Gäste aus Stuttgart waren zwar offensiv kaum in der Lage, die Verteidigung um die aufmerksamen und kompromisslosen Tony Jantschke und Nico Elvedi in Verlegenheit zu bringen. Aber einmal eben doch, als die Schwäche der Vorwochen im Verhalten nach Ballverlusten einmal mehr aufflackerte. Gomez wurde auf die Reise geschickt und scheiterte zum Glück an einer tollen Parade von Yann Sommer. Es war vielleicht der Knackpunkt im Spiel, denn kurz zuvor hatte Plea mit seinem so verständlichen wie unnötigen Einsatz ein Tor von Michael Lang noch verhindert, weil er aus dem abseits heraus den Ball über die Linie stocherte, der auch so reingegangen wäre. 

Wäre Stuttgart hier in Führung gegangen, hätte es noch viel aufreibender werden können. Denn defensiv stellten die Schwaben der Startelf des VfL ganz gekonnt die Wege zu und verleiteten die Spieler dazu, immer wieder das Tempo rauszunehmen und den Ball quer oder zurück zu spielen. Vor allem auf der linken Seite war das zu beobachten, wo Oscar Wendt immer wieder den sicheren Weg wählte und damit Thorgan Hazard einiges an dessen Stärken nahm - weil der nicht wie gewohnt eingebunden wurde und im Eins-gegen-Eins Löcherreißen konnte.

Das machte Ibo Traoré bei seinem ersten Startelfeinsatz seit langem über rechts deutlich besser, allerdings war beim Ivorer auch der Ehrgeiz zu spüren, etwas Besonderes zeigen zu wollen, um zurück in die Mannschaft zu kommen. Und dabei unterliefen ihm auch im Zusammenspiel mit Lang manche unsaubere Aktion, die ins Leere lief.

Dennoch war es der stärkere Kader, der heute den Unterschied machte. Während Stuttgart zur Halbzeit schon zwei verletzungsbedingte Wechsel verdauen musste, später noch Pavard durch Verletzung und Thommy durch Gelb-Rot verlor, konnte Dieter Hecking wieder mal den Sieg einwechseln. Heute in Person von Florian Neuhaus, der in der letzten halben Stunde eindrucksvoll demonstrierte, was ihn auf der Achterposition vom sehr fleißigen, aber nicht ganz so clever agierenden Denis Zakaria unterscheidet. Es ist die Fähigkeit, sich auf einem Bierdeckel umzudrehen und eine ganze Abwehr damit auf dem falschen Fuß zu erwischen. Und der unglaubliche Blick für den richtigen Pass im richtigen Moment.

Insofern wäre es sicher für das Spiel förderlicher gewesen, wenn Neuhaus auch diesmal von Anfang an dabei gewesen wäre. Aber die Pause vor der englischen Woche ist sicher sinnvoll und Neuhaus nutzte sie ganz vorzüglich: zum ersten Bundesligator, das auch noch ganz hervorragend technisch gelöst war. Dass er das erste Tor, die Saisonpremiere für Raffael in der Liga, zuvor noch ebenso schön butterweich aufgelegt hatte, gehört fast schon zu Routine. Ein Tor und acht Assists für einen Bundesliganeuling - das ist nicht nur herausragend, sondern auch ein wichtiger Teil des Erfolgs. 

Denn wo ein Lars Stindl - wie heute - eher als unauffälliger Partner die Drecksarbeit macht, ein im Saisonverlauf überragender Jonas Hofmann ausfällt, und Raffael erst langsam wieder ins Rollen kommt, braucht es eben andere, die in die Bresche springen können. Das war vergangene Saison nicht immer der Fall. Genauso wenig wie Borussia da einen unaufgeregten Dreh- und Angelpunkt im Spiel hatte, den vor der Saison kaum jemand auf der Rechnung hatte: der von Spiel zu Spiel als "ordnender Fuß" souveränere Tobias Strobl - für mich heute der klare Spieler des Spiels.

Drei Spiele bleiben noch bis zur Winterpause. Was wichtig ist: Der Abstand nach hinten hat sich an diesem Spieltag vergrößert (sieht man mal von den Bayern ab). Aber es wird ein zunehmend harter Kampf für die Jungs.
Ob Chris Kramer nach seiner Verletzungspause gleich wieder in Topform ist, muss sich erst zeigen. Doch die erneut unnötige Gelbe Karte, die sich Zakaria kurz vor seiner Auswechslung abholte, macht es vielleicht nötig, dass er schnell bereitsteht. Denn Zakaria ist gegen Hoppelheim gesperrt.

So viele Alternativen wie sonst gibt es dann für die Zentrale nicht mehr. Stindl würde kräftemäßig eine Pause guttun, das hatte Hecking schon vor dem Spiel angedeutet. Hofmann ist möglicherweise noch weiter außen vor, und auch Alassane Plea scheint ein wenig die körperliche Frische zu fehlen, was durchaus verständlich wäre. 
Dadurch könnten Raffael und Stindl wieder ganz vorne benötigt werden sowie Strobl in der Abwehr, falls es da einen weiteren Ausfall gäbe.
Als Jantschke heute nach einem Zusammenprall liegenblieb, befürchtete ich schon das Schlimmste. Zum Glück konnte der "Fußballgott" gleich weitermachen.


Das alles ist aber kein Grund zum bangemachen: Bei einem Wechselspiel könnte dann Michael Cuisance eine Chance bekommen. Was er in Leipzig nach seiner Einwechslung zeigte, war, dass er dafür bereit ist. Schwieriger ist das bei Laszlo Benes einzuschätzen, der es bisher (natürlich auch taktischen Erwägungen geschuldet) kaum in den Kader geschafft hat. 

Dazu kommt, dass mit den zwei Auswärtsspielen beim Hopp-Club und in Dortmund richtig heftige Hürden warten, aus denen man auch ohne Punkte rausgehen könnte, ohne enttäuscht zu haben - und man sich dazwischen gegen Nürnberg besser keine Blöße geben sollte. Aber es bleibt dabei: Eins nach dem anderen. 
Nachdem ich vergangene Woche moniert hatte, dass der VfL sich mit leichten Fehlern die Butter hat vom Brot nehmen lassen, war das Spiel heute, auch wenn es lange kein Genuss war, ein weiterer bestandener Reifetest. Weil zu sehen ist, dass jeder in dem Team daran glaubt, dass das Spiel früher oder später zum Erfolg führen wird. 
Natürlich ist das im wahren Leben nicht immer so. Aber wer dran glaubt und sich von Rückschlägen nicht nervös machen lässt - denkt bitte an das Auseinanderfallen nach Gegentoren in der vergangenen Saison und in früheren Phasen dieser Saison -, der ist oft ein ganzes Stück weiter als der Gegner. Nicht nur heute.

Ach ja, beinahe vergessen: Der Schiedsrichter machte heute einen sehr guten Job. Und er hieß Aytekin.


Bundesliga 2018/19, 14. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart 3:0 (Tore für Borussia: 1:0 Raffael, 2:0 Neuhaus, 3:0 Pavard ET)

2018-12-03

Unter den Möglichkeiten geblieben

Tja, das war eine große Chance, sich ein ganzes Stück von den Verfolgern in der Tabelle abzusetzen. Schade, aber dafür hat die Leistung von Borussia heute nicht gereicht. 

Wollte jemand wissen, was noch fehlt zur absoluten Spitze - gar zum Titelkandidaten? Das Spiel in Leipzig hat es mal wieder aufgezeigt. Nicht, dass der Gegner so viel besser gewesen wäre. Natürlich, sie waren aggressiver und geschickter in den Zweikämpfen, profitierten dabei auch von der etwas heimlastigen Zweikampfinterpretation des Referees Markus Schmidt. Die Gastgeber spielten ihre Angriffe auch ein Stück präziser aus als Borussia, und sie nutzten ihre Chancen, im Gegensatz zu Hazard, Stindl und Co. 
Das passiert, und da hinter dem VfL nur die Bayern (und natürlich RB) Punkte gutmachen konnten, ist die Niederlage auch nicht ganz so bitter, wie sie sich im ersten Moment anfühlte.

Aber was Borussia noch fehlt, zeigten einige Schlüsselszenen beispielhaft.

1) Der frühe Rückstand: Man kann Pech haben mit Bällen, die am Abwehrbein vorbei genau dem Gegner vor die Füße springen. Aber dass beim 0:1 sechs Gladbacher gegen zwei Leipziger den Kürzeren ziehen, ist nicht akzeptabel. Nicht in der dritten Minute und sonst auch nicht. Da muss im Zweifel wenigstens vor dem Strafraum ein Foul gelingen, um den Abschluss zu verhindern. Zumal Gegentore dieser (zu leichten) Kategorie schon zu häufig gefallen sind in dieser Saison.

2) Das 0:2. Schon wenige Sekunden vor dem Gegentor spielte der VfL auf Zeit, wollte offensichtlich nichts mehr riskieren vor dem Halbzeitpfiff. Dann aber doch noch der schnelle Pass nach vorn - und der Ballverlust - der Gegenzug - und damit auch schon so etwas wie die Vorentscheidung am heutigen Tage. Das kann alles passieren. Darf aber nicht, vor allem, wenn ich schon zurückliege. Das war einfach dumm und passte nicht zum ansonsten trotz des hohen Pressingdrucks recht abgeklärten Auftritt der Mannschaft von Dieter Hecking.

3) Überhaupt die Cleverness. Eine Szene von Zakaria im Strafraum, eine von Plea im Eins-gegen-Eins beim Konter - zwei Beispiele, wie man zu brav ist und Chancen verschenkt, gerade in so einem Spiel, wo es den Borussen nicht so leicht von der Hand bzw. vom Fuß ging wie zuletzt. 
Szene 1: Zakaria kommt im Strafraum gut durch, könnte von der Torlinie zurückspielen, bekommt den Ball aber noch abgegrätscht. Mit etwas besserer abschirmender Fußstellung zum Ball hätte ihn der Abwehrmann nur foulen können, ein Elfmeter wäre die Folge gewesen. 
Szene 2: Plea ist im Laufduell eigentlich schneller, sein Gegenspieler zerrt an Schulter und Trikot, aber Plea fällt nicht. Das ehrt ihn, aber es war eine klare Geschichte: Es hätte für den Gegner als letzten Mann mindestens Gelb geben müssen. Stattdessen kommt Leipzig in Ballbesitz, die Chance ist dahin. Ich bin nicht dafür, dass man sich fallen lässt, wo es nicht sein muss. Aber hier wäre es in beiden Fällen angemessen gewesen, das Foul zu ziehen.

4) Die Nachrücker. Ja, Borussia hat einen tollen Kader. Und man kann jeden unbedenklich bringen. Aber: Manche Positionen und manche Stammspieler sind nicht Eins-zu-Eins zu ersetzen. Tony Jantschke hat für mich heute eine gute Partie abgeliefert. Aber er ist nicht der "erste Spielmacher" aus der eigenen Hälfte heraus wie Ginter, der auch mal einen Pass diagonal über 50 Meter in den Fuß des eigenen Mannes spielt. Er ist auch nicht die Offensiv-Standard-Waffe, die bei Eckbällen oder Freistößen Gegner bindet oder selbst torgefährlich wird. Das muss sich nicht auswirken, etwa wie gegen Hannover. Aber es kann der Tick sein, der vielleicht fehlt -so wie heute. 
Das gleiche gilt für Denis Zakaria, der sich unglaublich bemühte, viele Bälle schleppte, Bälle sicherte, gute Angriffe einleitete oder selbst versuchte, gefährlich in den Strafraum zu kommen. Aber: Jonas Hofmann ist beweglicher, handlungsschneller, laufstärker und laufeffektiver und er spielt die besseren Pässe in die "Todeszone". Wer davon profitiert, ist klar: Plea, der in den vergangenen beiden Spielen fast nie in so gute Positionen kam wie in den Spielen zuvor. Auch für Hazard ist es besser, wenn nicht jeder Angriff über ihn eingeleitet werden muss. Denn dann wird er ausrechenbar und verliert viel von seiner Brillanz. Gerade gegen Leipzig wäre also Hofmanns Beitrag für das Spiel sehr wertvoll gewesen. Da wo Zakaria Platz braucht, um anzulaufen, dreht sich Hofmann viel geschmeidiger und auf engerem Raum. Erst als Cuisance auf dem Feld war, der ähnlich veranlagt ist, wurde Borussia schlechter ausrechenbar und auch nochmal etwas gefährlicher.

Das soll nicht heißen, dass Jantschke und Zakaria die Sündenböcke wären. Ganz und gar nicht. Aber: Oft sieht man erst dann, was ein Spieler auf dem Platz ins Team einbringt, wenn er fehlt. Was heute dazu kam, war, dass von der Bank nur sehr ähnliche Spieler kommen konnten: Traoré, Johnson, Raffael, Cuisance, Benes. Da ist keiner, der als Brecher nochmal in eine Schlussphase geworfen werden kann. Kein Drmic auf der Bank, der ja schon öfter bewiesen hat, dass er auch als Joker treffen kann. Dass die anderen den Vorzug erhalten, ist sicher nachvollziehbar. Aber man ist dann mitunter nicht für alle Herausforderungen so gewappnet, wie man es sein könnte.

Was solls. Den freudlosen Ausflug in den Dauerregen und zu diesem Publikum sollte man möglichst schnell abhaken. Natürlich nicht, ohne sich klarzumachen, dass genau das zu sehen war, was den Unterschied ausmacht. Kommst du in einem Spiel nicht an deine Leistungsgrenze, verlierst du in dieser Liga. Das war in Berlin so, in Freiburg und das galt heute auch, was unter anderem an der Laufleistung (122,22 zu 119,70 Kilometer für Leipzig) ablesbar war.

Ein paar Worte will ich noch zu dem erneuten Fanprotest loswerden. Ich verstehe das, was dahinter steht, ja vollkommen. Aber eine Halbzeit durchzupfeifen, ist einfach nur hanebüchen. Ich schrieb das beim letzten Mal glaube ich auch schon. Es schadet nicht dem Gegner, die anderen Fans (zumindest die Leipziger) solidarisieren sich ohnehin nicht mit dem Protest. Der Mannschaft hilft es selbstredend auch nicht weiter. Es geht einem nur auf die Nerven. Also was tun? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass es niemanden von den Entscheidern in der Liga im geringsten juckt, dass der Gladbacher Fanblock sich und anderen in Leipzig eine Dreiviertelstunde die Ohren zugedröhnt hat. Schade drum.

Bundesliga 2018/19, 13. Spieltag: RB Leipzig - Borussia Mönchengladbach 2:0

2018-11-26

Süßer Sieg, bitterer Beigeschmack

Vier Punkte noch, dann sollte der Klassenerhalt im Kasten sein. Nein, im Ernst: VfL-Fan zu sein, macht gerade richtig viel Spaß. Ein weiterer ungefährdeter Sieg, trotz des Ein-Tore-Vorsprungs, den Elvedi und Co den Gästen mit auf den Weg gaben. Die ersten zehn Minuten waren dann aber auch die einzigen, in denen einer unserer Lieblingsgegner der Hecking-Elf gefährlich werden konnte. Doch dazu später mehr.

Denn bei aller Freude über die souveräne Leistung - dieser Sieg wurde teuer erkauft, mit der schweren Verletzung von Matthias Ginter. Der Horror-Crash mit dem Hannoveraner Sarenren Bazee wurde wohl ausgelöst durch leichte Schubser im Mittelfeld gegen den Gästeakteur im Zweikampf mit Florian Neuhaus und Jonas Hofmann, wobei letzterer den Gegner wohl so verhängnisvoll ins Straucheln brachte, dass er voll mit dem Schädel in Ginters Gesicht krachte. 
Die lange Behandlungsdauer noch im Stadion lässt Schlimmes befürchten, auf jeden Fall eine lange Pause für den so wichtigen Aufbauspieler und Abräumer in der Abwehr. 
Und by the way: Dass Hannovers Ärzte ihren sichtlich angeknockten Spieler nochmal aufs Spielfeld ließen, fand ich unverantwortlich. Wie gefährlich das für die Gesundheit der Spieler sein kann, davor wird immer wieder gewarnt (zum Beispiel hier: Kopfverletzungen: Die unterschätzte Gefahr, Deutsche Welle). Falscher Ehrgeiz des Spielers müsste hier durch die Vernunft der Fachleute eigentlich gebremst werden können.

Die Verletzung Ginters, über die natürlich bisher noch nichts näheres bekannt ist, wirft nicht nur einen unserer Dauerbrenner auf dem Feld aus der Bahn. Der Ausfall des unumstrittenen Stammspielers könnte Borussia als Team empfindlich treffen. Denn der heutige Ersatz Tony Jantschke machte zwar seine Sache gewohnt gut, allerdings auch gegen ziemlich harmlose Gäste. In manchen Spielen, etwa nächste Woche in Leipzig, sind auf dieser Position aber viel stärker als heute Spieleröffnungs-Qualitäten gefragt und vor allem auch das kühle und geschickte Verhalten bei extrem aggressivem gegnerischen Angriffs-Pressing. 
Da andere Innenverteidiger-Alternativen im Moment fehlen - Doucouré erneut verletzt, Florian Mayer in der U23 offenbar auch nicht nachhaltig aufgefallen - wäre es natürlich möglich, dass Dieter Hecking Tobi Strobl nach hinten zieht, wobei dies angesichts des auch heute wieder bärenstarken Auftritts Strobls als Sechser keine Ideallösung wäre, vor allem, falls Christoph Kramer noch nicht wieder fit sein sollte. Aber denken wir nicht zu weit in die Zukunft, hoffen erstmal, dass es Matze Ginter nicht so schlimm erwischt hat, wie es aussah. Und wünschen alles Gute und schnelle Genesung für die Nummer 28.

Ansonsten gibt es heute wirklich nichts zu meckern. Das Premierentor von Michael Lang nach einer mustergültig ausgespielten Vorteilssituation des sehr guten (!) Schiedsrichters Siebert. Und überhaupt vier sehr schön herausgespielte Treffer. 
Klar, die Schlafmützigkeit vor dem 0:1 erinnerte an Freiburg, aber die Reaktion der Mannschaft war großartig. Unbeeindruckt zog sie ihr Spiel auf, geduldig, bisweilen noch einmal zu viel mit dem zirkulierenden Ball hintenrum. Aber wie es dann plötzlich blitzschnell und blitzgescheit nach vorne geht, egal ob über die Außen oder durch die Mitte, das ist ganz großes Kino. 

Neben dem umsichtigen Strobl, der auch immer wieder perfekt getimte lange Bälle in den Angriff spielen kann wie zum 4:1, haben mich heute wieder einmal Florian Neuhaus und der emsige Jonas Hofmann überzeugt. Hofmann spielt nicht mehr ganz so auffällig wie vor ein paar Wochen, aber er ist enorm wichtig mit seinen Laufwegen. Und er schafft damit auch Räume für die Spielmacherqualitäten von Neuhaus, der sehr viele Angriffe clever einleitet und tolle Pässe in die Spitze zu spielen vermag und heute beim 1:1 bereits seinen siebten Assist buchte, das bedeutet Liga-Spitze gemeinsam mit Frankfurts Haller und den BVB-Spielern Sancho und Reus. Auch zweikampftechnisch hat er enorm zugelegt, ihm unterlaufen kaum noch blöde Foulspiele oder Stellungsfehler, wie es zu Beginn der Saison noch ab und zu der Fall war. Eine tolle Entwicklung, die es Cuisance, Benes und Zakaria schwer macht, ihn aus der Startelf zu verdrängen.

Mann des Spiels war aber nicht Neuhaus, diesmal auch nicht Alassane Plea, der eher wirkungslos blieb, trotz untadeligem Einsatz. Es war Thorgan Hazard, der wie von einem anderen Stern aufspielte. Er eroberte Bälle in der eigenen Abwehr, leitete Angriffe ein, schloss sie ab, wechselte die Seiten und hatte bei seinen Aktionen - anders als sonst oft - keinerlei "Ausschuss". Alles, was er anpackte, hatte Hand und Fuß. Und auch nach 88 Minuten hatte er noch nicht genug, spielte weiter gnadenlos nach vorne. Nebenbei bereitete er seinem früheren Teamkollegen Julian Korb einen Alptraumabend. Ein ums andere Mal tanzte er den bedauernswerten "Juli" aus - und nahm ihn nach dem Schlusspfiff dafür auch tröstend in den Arm. 
Was der Belgier in dieser Saison zeigt, besonders aber heute, ist die Erfüllung dessen, was man sich bei seiner Verpflichtung vor vier Jahren von ihm versprechen konnte, zumindest wenn man ein wenig Fantasie in ein solches Talent zu stecken vermag. Oft genug hat Thorgan Hazard sein Genie im entscheidenden Moment vor dem Tor etwas verschlampt. Doch in dieser Saison ist er ein Spieler, der den Unterschied macht, auch in engeren Partien als der heute. Das macht ihn natürlich für größere Clubs auch noch interessanter. Aber das muss uns heute noch nicht die Laune verderben.

Oben schrieb ich, dass Hannover in den ersten zehn Minuten durchaus eine Gefahr darstellte. Und das sollte man bei Borussia auch ganz genau analysieren. Denn diese Phase zeigte, dass die Gegner natürlich genau beobachten, wo Gladbach am verwundbarsten ist. Diese Stelle liegt eindeutig auf der linken Abwehrseite im Rücken von Oscar Wendt. Der Angriff zum 0:1 heute war alles andere als Zufall, er wirkte einstudiert. Und er bewies, wie man mit nur einer geschickten Weiterleitung (hier per Kopf durch Füllkrug) in den Raum zwischen Nico Elvedi und Wendt die Borussen-Defensive gekonnt aushebeln kann. 
Wendt kommt hinter schnellen Außenstürmern dann einfach nicht ganz hinterher, Elvedi wäre zwar schnell genug, er erreicht aber von seiner Position den ballführenden Gegner nicht, zumal er auch einen Querpass in die Mitte im Blick haben muss. Es ist deutlich, dass viele Gegner des VfL immer wieder über die rechte Angriffsseite zum Erfolg zu kommen versuchen. 
Und wenn mich nicht alles täuscht, sind auch die meisten Gegentore über diese Seite eingeleitet worden. Dabei muss man sagen, dass Oscar Wendt nicht mal schlecht spielt, auch sein Stellungsspiel hat sich in den vergangenen Wochen wieder enorm stabilisiert. Dennoch bleibt ein Risiko. Und wer weiß, ob der schnelle Saranren Bazee nicht noch ein größeres Problem geworden wäre, hätte er nicht doch noch ausgewechselt werden müssen.

Daran sieht man: Borussia ist zwar - Stand jetzt - ein Spitzenteam mit einer bewundernswerten Abgeklärtheit auf dem Platz, aber es ist nicht vor Rückschlägen oder Fehlern gefeit. Gegen Freiburg hat sich ein solch früher Nackenschlag nicht mehr reparieren lassen. Heute war es letztlich keine Frage, wer den Platz als Sieger verlassen würde. Aber das war eben auch nur einer der schwächeren Gegner in dieser Liga, zumindest an diesem Tag.

Das kann uns egal sein. Denn ich sage es mit steigender Begeisterung: Wir sind Zweiter und sollten es auch nächste Woche bleiben (können). Wir stehen fünf Punkte vor Bayern München und acht vor Platz sieben. Dass man deshalb noch lange nicht irgendwelche Überlegungen zum Tabellenstand am Ende der Saison anstellen oder gar das Wort in den Mund nehmen sollte, das mit T beginnt und mit itelkandidat endet, versteht sich eigentlich von selbst. 
Doch ich gebe zu: Ich habe mir auch eine Karte für das Heimspiel am 34. Spieltag gesichert. Man kann ja nie wissen, ob die beiden Borussias, von denen nur unsere die einzig wahre ist, nicht da doch den Titel unter sich ausmachen - oder es irgendetwas anderes Tolles zu feiern gibt. Die Wahrscheinlichkeit schätze ich zwar nicht als sehr hoch ein. Aber sicher ist sicher. 
Allen Rauten-Borussen eine wunderschöne Woche - und Kopf hoch unseren Pechvögeln Matze Ginter und Mams Doucouré. Wir können es kaum erwarten, Euch wieder auf dem Rasen zu sehen. Die Seele brennt!


Bundesliga 2018/19, 12. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Hannover 96 4:1 (Tore für Borussia: 1:1 Hazard, 2:1 Lang, 3:1 Stindl, 4:1 Zakaria)