Teil drei der kleinen Serie zur Hinrundenbilanz versammelt meine Bewertung der Spieler, die bislang kaum eine beziehungsweise gar keine Rolle spielen durften oder konnten. Dass darunter dann Akteure wie Ibrahima Traoré, Raffael und Mickael Cuisance autauchen, überrascht natürlich, offenbart aber auch die personellen Möglichkeiten, die der Kader in diesem Jahr bietet.
Noch die meisten Spielminuten trotz hartnäckiger Verletzungen absolvierte Ibrahima Traoré. Zu nutzen wusste er die Einsatzzeit leider nicht so richtig. Oft zu hektisch, mit falschen Entscheidungen, verrissenen Flankenbällen und zu späten Abspielen. Dagegen steht im Positiven die schöne Vorarbeit für Hazards Führungstor gegen Nürnberg und die Tatsache, dass die Gegner den kleinen unberechenbaren Dribbler noch immer fürchten. So gelang es Ibo bei den Einwechslungen meist doch, für Unruhe zu sorgen, auch wenn sich das für ihn nicht in Zählbarem niederschlug. In den letzten drei Spielen der Hinrunde, wo er jeweils mehr als 70 Minuten auf dem Feld stand, war seine Wirkung allerdings begrenzt. Das ist eine Bilanz, die auch Traoré nicht zufriedenstellen wird. Hoffen wir, dass er in der Rückrunde verletzungsfrei bleibt und sich mit mehr Spielzeit auch zurück in Bestform spielt.
Es gab Zeiten, da konnten Borussia-Fans nicht gut schlafen, wenn sie wussten, dass Raffael im nächsten Spiel nicht zur Verfügung stehen würde. Und wenn man es ohne ihn doch mal gewuppt bekam, wie im legendären 2:0 im Celtic-Heiligtum, war klar: Das geht nicht jede Woche. In dieser Saison musste es gehen, und auch daran zeigte sich, dass Borussia 2018 personell auf ganz anderen Beinen steht als noch vor zwei oder drei Jahren. Der Brasilianer stand seinem Team insgesamt nur sieben Mal zu Verfügung und er machte nicht ein Spiel über die komplette Distanz. Zu überzeugen vermochte der Torgarant der vergangenen Jahre nur zum Saisonauftakt gegen Leverkusen und gegen Stuttgart, als er - per Kopf - spät den Grundstein zum Arbeitssieg legte. Dass er auch in den nächsten Wochen nicht an seiner Bestform arbeiten kann, ist nach dem Schlüsselbeinbruch in Hoffenheim auch schon klar. Insofern wird es schwer für Raffael, in dieser Saison noch eine tragende Rolle im Gladbacher Fußball-Spektakel zu bekommen. Vorausgesetzt natürlich, niemand aus der Sturmreihe verletzt sich und fällt länger aus. Für einen Abgesang auf Raffael ist es jedoch noch viel zu früh, auch das zeigte sein Tor gegen Stuttgart. Wenn man ihn braucht, ist der "Maestro" nämlich immer noch da, wo man ihn braucht.
Mickael Cuisance hat eine grandiose erste Saison hinter sich. Und wie viele junge Spieler vor ihm tat auch er sich in seinem zweiten Bundesligajahr bis jetzt deutlich schwerer. Sechs Kurzeinsätze, nur einer über 90 Minuten beim 0:0 in Hoffenheim (der war kämpferisch überzeugend, spielerisch wie beim gesamten Team unterirdisch). Als Highlight einen Assist, das tolle Konter-Zuspiel auf Plea zum 2:0 gegen Nürnberg. Für einen 19-Jährigen ist das in keiner Weise eine Bilanz, die problematisch wäre. Ich hoffe allerdings, dass sein Umfeld und Borussias Verantwortliche dem ehrgeizigen Franzosen genau das auch vermitteln können und Cuisance geduldig bleibt. Er wird seine Chance bekommen, so wie er sie in der vergangenen Saison bekam. Aber im Moment spielen auf seinen Positionen Spieler, die ihm einiges voraus sind. Fehlende Cleverness im (Defensiv-)Zweikampf und das manchmal zu risikobewusste Spiel nach vorn waren Schwächen, die er im vergangenen Jahr bisweilen zeigte. Die hat er auch in dieser Saison noch nicht ganz abgestellt, aber das ist eine Entwicklung, die auch von der Erfahrung im Wettkampf abhängt. Dagegen setzt er seine hervorragende Technik und unberechenbare Pässe, die eine ganze Abwehr aufreißen können - wenn sie öfter ankämen. Ich glaube, dass Cuisance weiter seine Einsätze bekommt, insbesondere, falls Neuhaus mal einen Durchhänger hat. Er muss nur lernen, dass er als Joker nicht gleich mit übertriebenen Kabinettstückchen zünden, sondern zuerst die Pflicht erfüllen muss. Und die ist meist unspektakulärer, aber notwendig.
László Benes ist in diesem Kader ein weiterer Härtefall. Aufgrund seiner Verletzungen hat der begabte Mitttelfeldspieler mehr als ein Jahr vferloren und müsste jetzt regelmäßig auf hohem Niveau spielen. Bei Borussia klappte das in der Hinrunde gar nicht, nur eine Einwechslung (Hoffenheim) stand zu Buche. In der zeigte er, dass auf ihn Verlass ist und er Bundesliga-Niveau hat, was er schon in seiner Anfangszeit bei Borussia in der Spielzeit 16/17 zeigte. Borussia und Benes stehen im Winter vor einer schwierigen Entscheidung. Ausleihen oder behalten? Wenn das Verletzungspech auf der Sechs oder Acht hefitg zuschlagen sollte, wäre der Slowake einer, der sofort Lücken füllen könnte. Läuft alles bestens, steht er wahrscheinlich oft nicht einmal im Kader. Für eine Ausleihe müsste gleichwohl auch alles passen: Er müsste spielen und sich und sein Selbstvertrauen entwickeln können. Das gelingt bei einem abstiegsgefährdeten Club wahrscheinlich eher nicht. Ich möchte hier keine Prognose wagen.
Ein Quintett hat in dieser Saison noch keine einzige Minute Bundesligaeinsatzzeit erhalten. Das überrascht vor allem beim WM-Fahrer und -Torschützen Josip Drmic. Dass er keine große Rolle in den Planungen spielte, nachdem Alassane Plea verpflichtet worden war, ließ sich absehen. Doch dass er auch nach dem Ausfall von Stindl, Raffael und Hofmann nicht einmal auf den Platz gelassen wurde, wundert schon. Denn Drmic scheint fit, die schweren Verletzungen liegen hinter ihm. Dass er auch als Joker Tore schießen kann, hat er zum Schluss der vergangenen Saison gezeigt.
Ich finde es schade, wie die eigentlich stets faire, aber immer etwas komplizierte Verbindung zwischen Borussia und dem einstigen Hoffnungsträger nun relativ traurig endet. Gibt man ihn jetzt ab? Findet er einen Verein, der auch für ihn attraktiv ist oder setzt er sich noch ein halbes Jahr bis zum Auslaufen des Vertrags auf die Tribüne? Was wäre, wenn sich Plea verletzt und dieser Stürmertyp im Kader plötzlich wieder fehlen würde? Fragen, auf die es wohl erst am Ende der Saison eine Antwort geben wird.
Ein Wechsel des Schweizers scheint allerdings auch kein Selbstläufer zu sein. Denn Vereine wie Hannover oder Düsseldorf scheinen keine Option für Drmic zu sein, und der VfB Stuttgart, der mit ihm in Verbindung gebracht wird, scheint auch nicht so recht zu passen. Dass sich Drmic in Stuttgart gegen Gomez oder Didavi durchsetzen kann, glaube ich nicht. Und offenbar hat der VfB in Esswein auch schon einen weiteren Mittelstürmer ausgeliehen.
Nichts Neues gibt es von Julio Villalba. Der Junge aus Paraguay ist ein Phantom. Kaum einer hat ihn je mehr als ein paar Minuten spielen sehen. In der U23 nicht spielberechtigt, die meiste Zeit verletzt, gab er nur wenige Eindrücke von seinem Können bei den Testspielen. Und fiel zuletzt erneut aus, gerade da, als ihn die Verletzungen anderer hätten auf die Bank bringen können. Er ist eine Ausleihkandidat für die zweite oder dritte Liga, aber solange er so verletzungsanfällig ist, ist auch das ein Risiko.
Keanan Bennetts und Torben Müsel blieben komplett außen vor in der Hinrunde, genauso Mandela Egbo. Nach den Eindrücken der Vorbereitung war das so nicht zu erwarten. Was für die Bundesliga noch fehlt, lässt sich im Sommertrainingslager naturgemäß aber noch nicht so genau ablesen, das zeigt sich erst im Ernstfall. Dass der bei den dreien nicht eintrat, lag zu einem großen Teil aber einfach an denen, die auf ihrer Position erste Wahl sind. Gegen Thorgan Hazard auf links geht für den jungen Engländer Bennetts natürlich derzeit nichts, und für die defensivere Variante links hinten fehlt ihm wohl noch die Erfahrung.
Müsel gilt als Mittelstürmer, lief im Sommer bei den Testspielen aber auch im Mittelfeld auf und gefiel da durchaus. Dennoch ist die Konkurrenz auf diesen Positionen derzeit einfach zu hoch. Er wäre aber jemand, den Hecking wohl ohne Bedenken bringen würde, wenn Not am Mann ist. Gegen Dortmund saß er zumindest schon mal auf der Bank.
Bei beiden gilt: Geduldig sein, nicht nachlassen. Vor dem Sommer wird sicher kein Bedarf sein, über eine mögliche Ausleihe zu reden. Und wer weiß, vielleicht werden die Karten ja dann auch wieder neu gemischt.
Für Mandela Egbo dagegen stellt sich langsam die Frage, ob er den Durchbruch bei Borussia noch schafft. Hinter Lang und Beyer kommen wohl rechts hinten vor ihm noch Jantschke, Strobl und Elvedi. Egbo dagegen scheint völlig raus, obwohl seine Testspielauftritte nun wirklich nicht schlecht waren. Um in der Regionalliga zu versauern, ist er eigentlich zu schade. Ich bin gespannt, wie es bei ihm weitergeht.
Und jetzt? Wer geht, wer kommt?
Ganz schwere Frage, die aber logischerweise in diesem Monat beantwortet wird. Sollten in den ersten Trainingstagen im neuen Jahr keine weiteren langwierigen Verletzungen dazukommen, sehe ich keinen unmittelbaren Bedarf für Zugänge. Max Eberl wird folglich nur handeln, wenn sich eine Möglichkeit auftut, etwa vom Kaliber Christensen - oder als Ersatz für mögliche Abgänge.
Drmic und Herrmann werden dafür natürlich am heißesten gehandelt, aber beide werden genau abwägen, ob sie jetzt ein sportliches Risiko eingehen, einen Abstieg zum Beispiel mit eingeschlossen. Oder ob sie mit Gladbach eine gute Saison auf hohem Niveau (wenn auch vielleicht mit wenig Einsatzzeit) fertigspielen und dann als ablösefreie Spieler im Sommer eine ganz andere Verhandlungsposition haben. Deshalb ist ihr Abgang für mich zwar sportlich nachvollziehbar, aber noch lange nicht sicher.
Wenn es denn so käme, wäre die erste Frage, ob man Bennetts oder Müsel den baldigen Sprung ins kalte Wasser zutraut. Auf den Außenpositionen, die Herrmann beackert (und auf der auch Drmic spielen könnte) wäre der VfL mit Traoré, Hazard, Johnson sowie Cuisance, Hofmann und Plea, die ebenfalls über außen kommen könnten, noch ausreichend besetzt, aber nicht mehr für alle Eventualitäten vorbereitet.
Eine Lösung könnte ein Spieler wie Kingsley Schindler (25, 5 Tore, 6 Assists in dieser Zweitligasaison) von Holstein Kiel sein. Der Rechtsaußen kann auch die defensiveren Parts auf dieser Seite spielen und wäre aufgrund eines auslaufenden Vertrages im Sommer wohl loszueisen. Zwar buhlen wohl auch der FC aus der verbotenen Stadt und Nürnberg um den Spieler, aber Gladbach hätte bei einem ernsthaften Interesse sicher die besten Karten. Und das auch gegenüber dem abgebenden Verein, weil sich hier gegebenenfalls auch eine Ausleihe eines jungen Spielers im Gegenzug anböte.
Wie immer sind das nur meine Gedankenspiele, da ich keinen direkten Draht ins Management von Borussia habe. Aber ich hielte einen solchen Weg durchaus für sinnvoll und denkbar, weil man so einen entwicklungsfähigen Ersatz für Herrmann bekäme, der aber nicht Leuten wie Bennetts oder Müsel einfach auf ihrer Hauptposition vor die Nase gesetzt würde. Da sind natürlich noch viele Wenns und Abers im Spiel. Aber spekulieren macht ja auch mal Spaß, vor allem, wenn der der Ball gerade nicht rollt.
In diesem Sinne wünsche ich Euch einen gelungenen Jahreswechsel, ein tolles neues Jahr, in dem wir hoffentlich mit Borussia wieder viele Siege zu feiern haben werden. Wir sehen, hören oder lesen uns dann drüben - 2019 - wieder! Bis dann, guten Rutsch!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.