2019-03-31

Letzte Ausfahrt

Eigentlich wollte ich schon in der Länderspielpause einen Text zur Lage schreiben, nach dem Motto "Letzte Ausfahrt Champions League". Mit dem Hinweis, dass jetzt alles getan werden muss, den vierten Platz zu sichern und endlich wieder Zug ins Spiel und in die Rückrunde zu bekommen.
Jetzt sind wir nur ein Spiel weiter, und aus der halbwegs vernünftigen Lage nach den vier Punkten vor der Länderspielpause ist durch die 90 Minuten von Düsseldorf eine handfeste Krise geworden. Auch wenn die CL-Qualifikation noch lange nicht abgeschrieben sein muss, möchte ich davon bis zum Saisonende echt nichts mehr hören. Denn Borussia hat in der derzeitigen Verfassung im europäischen Wettbewerb nichts verloren.

Ich möchte aber vor allem in dieser Woche von der Mannschaft nichts mehr hören: keine Interviews mit Hundeblick und Erklärungsversuchen, wo es keine zufriedenstellenden Erklärungen geben kann. Keine öffentlichen Kampfansagen, Entschuldigungen oder Beschwichtigungen. Kein "Bock umstoßen", "am eigenen Schopf aus dem Dreck ziehen", kein "bis auf zwei Spiele war es ja nicht so schlecht".
"Keine Phrasen mehr" - so hat es Seitenwahl.de bereits sehr treffend formuliert. Dem schließe ich mich von ganzem Herzen an. 
Denn ich will jetzt Taten sehen und bis dahin am liebsten kollektives Schweigen von Mannschaft, Trainerstab und Management. Volle Konzentration auf das Wesentliche. Denn es kann doch nicht sein, dass eine so hervorragende Ausgangsposition auf so jämmerliche Weise verdaddelt wird.

Ich möchte, dass sich Trainer und Mannschaft diese Woche eingraben, von mir aus komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainieren, sich alles an den Kopf werfen, was nötig ist und schonungslos begradigen, was derzeit im Team schief läuft. In der Hinrunde war zu sehen, dass da einer für den anderen kämpft und läuft. Dass Fehler des einen dann eben vom Nebenmann ausgebügelt wurden - weil jeder wusste, dass es nur gemeinsam geht. Es war sogar möglich, einen bundesliga-unerfahrenen Jordan Beyer in wichtigen Partien ins kalte Wasser zu werfen, ohne dass er und die Mannschaft unterging. Und was vorne gut lief, war da stets ein gemeinsames Werk.
Im Moment geht viel zu viel, was nach vorne probiert wird, über Einzelaktionen, die auch schnell zum Bumerang werden können, wenn sie nicht klappen. Wie beim 0:1 gegen Düsseldorf, wo Plea vorne den Ball verlor, als er es gleich mit drei Gegnern auf einmal aufnehmen wollte (und musste) und der Gegenzug den VfL ins Mark traf. 
Viel zu oft musste zuletzt dem Gegner hinterhergehechelt werden, weil die Abstimmung nicht stimmte, und oft stimmt offenbar einfach die Frische im Kopf nicht oder der Instinkt, sich im richtigen Moment in den richtigen Räumen zu bewegen - defensiv wie offensiv. Die nachlassende Laufbereitschaft zeigt ebenfalls, dass die Balance im Spiel nicht mehr stimmt. Und zu oft sieht man Spieler genervt über einen Fehler ihres Teamkollegen lamentieren. So kann man keinen Erfolg haben.

Was ich auf jeden Fall am kommenden Sonntag erwarte, ist eine leistungsbereite Mannschaft, die gegen Bremen sichtbar nichts unversucht lässt, das Spiel zu gewinnen - statt es nur im Spielaufbau und in Sachen Ballbesitz dominieren zu wollen. Der Torerfolg ist das Ziel, nicht der möglichst schöne Weg dorthin. Und in der Abwehr will ich keine bei Körperkontakt aus dem Gleichgewicht gebrachten Verteidiger sehen, sondern standhafte Zweikampfführung, bei denen der Gegner nichts zu lachen hat. Ginter und Elvedi haben genau das über 18 oder 20 Spiele gezeigt, seitdem immer seltener. 

Das Spiel gegen die Bremer um Max Kruse ist vielleicht auch die letzte Gelegenheit, größere Verwerfungen mit den Fans zu vermeiden. Ich werde am Sonntag im Stadion sein und Borussia wie immer bis zum Schluss anfeuern. Ich weiß aber nicht, ob die Stimmung im Borussia Park nicht schnell kippt, fall es auch im Spiel gegen Bremen nicht läuft - nach der verheerenden Heimbilanz der vergangenen Spiele.

Ja natürlich, wir werden diese Woche viel Müll in den Medien lesen müssen. Über ein angeblich zerrüttetes Verhältnis zwischen Hazard und dem Trainer, über Trainer-raus-Diskussionen, die in den Fanforen ja schon entfesselt laufen, über die platten Borussia-Trottel, die sich kurz vor Saisonende noch die Butter vom Brot nehmen lassen. Über die Probleme, die es mit sich bringen kann, wenn Gladbach wieder nicht international spielt, für Spieler, die man halten will oder Spieler, die man verpflichten will. Das alles wird diese Woche auf den Verein und die Fans einprasseln, egal ob es stimmt oder nur vom krawallfreudigen Boulevard so konstruiert wird. 

Das alles wird allerdings nur dann einen Keil in die Borussia-Familie treiben können, wenn Mannschaft und Trainer den Eindruck nicht widerlegen können, dass irgendetwas im Miteinander und im Auftreten auf dem Platz kaputt gegangen ist. 
Die bitter schmeckende Suppe haben sich vor allem die Spieler selbst eingebrockt. Sie könnten ja gerade in Gladbach weiter auf einer Welle der Sympathie schwimmen, selbst wenn nicht jedes Spiel gewonnen würde, weil hier der Erfolgsdruck deutlich geringer ist als anderswo. Weil kaum ein Borusse Unmögliches verlangen würde. Aber nach der Bilanz der ersten 20 Spiele konnte man von der Mannschaft verlangen, dass am Ende der Einzug ins europäische Geschäft gelingt, zumal dem kaum Verletzte im Weg stehen wie letztes Jahr. 
Und selbst wenn alles schief liefe, wäre man in Gladbach vielleicht noch gnädig - solange man sähe, dass der Einsatz stimmt. Daran gibt es vor allem nach dem Auftritt in Düsseldorf nagende Zweifel. Ausräumen lassen sich diese nur durch Taten. Schnell.

2019-03-30

Platz neun ruft

So nicht!

Die Niederlage in Düsseldorf hat nicht nur drei Punkte und weitere "minus 2" in der Tordifferenz gekostet, die am Saisonende durchaus eine Rolle spielen kann. Diese Niederlage hat die Mannschaft sehr viel Kredit gekostet - bei mir und ich denke auch bei vielen anderen Fans. Denn der Nachmittag, auf den ich mich dank einer weiteren überflüssigen Länderspielpause nun zwei Wochen lang freuen durfte, erwies sich schnell als nur ganz schwer erträglich.


Man kann einen schlechten Tag haben, man kann verlieren, auch mal so, dass man nirgendwo anders Schuldige suchen muss. Aber das, was Borussia heute abgeliefert hat, das geht nicht. Nicht als Club, der 10000 Fans mit in die benachbarte Stadt bringt. Aber schon gar nicht, wenn man in der Position ist, um einen Champions-League-Platz in der kommenden Saison mitzuspielen.


Dabei gelang der Start recht gut, die ersten Angriffe sahen vielversprechend aus, und als Alassane Plea in der sechsten Minute vorne knapp den Ball verlor, schien dennoch alles auf ein vernünftiges Spiel hinauszulaufen. Doch mit dem Gegenzug und den folgenden zehn Minuten mit drei Gegentoren, bei denen die einst beste Abwehr der Bundesliga (noch nicht so lange her) sich anstellte wie die ersten Menschen, da fühlte ich mich zurückversetzt in den Herbst, als ich das 0:5 gegen Leverkusen vor Ort erleiden musste.


Es war die 16. Minute, es stand 0:3 und ich dachte: Gut - es ist noch lange genug Zeit, das zu drehen. Aber es folgte kein Aufbäumen, keine schäumende Wut vor dem Mund, die Berge versetzt, kein "Jetzt-erst-recht", keine Ansage an den Gegner nach dem Motto "Das lassen wir nicht mit uns machen". Nein, Borussia dödelte weiter vor sich hin, machte Fehler, vermied Zweikämpfe und versuchte sich auf den brotlosen Ballbesitz-Fußball zu konzentrieren, den sie seit Wochen durchziehen. Oft reichte ein einziger halbherzig anlaufender Stürmer, um Strobl, Elvedi und Ginter zum Rückpass zu Sommer zu bewegen. Die Minuten zerrannen, und es passierte viel zu wenig. Nichts jedenfalls, was die sehr mittelmäßige und ersatzgeschwächte (und später in der Innenverteidigung verletzungsbedingt runderneuerte) Fortuna zu beeindrucken in der Lage war.


Bis Dieter Hecking reagierte und den ersten Wechsel vornahm, war die erste Hälfte schon fast vorbeigeplätschert. Ich hätte nach dem albern verteidigten 0:1 alle Ersatzspieler zum Aufwärmen geschickt und schon nach 20 Minuten mit einer Auswechslung ein klares Zeichen in die Mannschaft gesetzt. Dass es richtig war, den sehr unmotiviert wirkenden Hazard vom Feld zu nehmen, ist unstrittig. Doch Dieter Hecking hätte genausogut Ginter, Elvedi, Johnson, Wendt oder Stindl nehmen können. Keiner dieser sogenannten Führungsspieler verdiente diesen Namen heute. Das Bemühen war keinem abzusprechen, doch damit allein gewinnt man in der Bundesliga keinen Blumentopf. Halbwegs gute Aktionen und Zug zum Tor hatten nur Plea, die eingewechselten Herrmann und Zakaria sowie mit Abstrichen Neuhaus und Hofmann, die sich aber mit zunehmender Einsatzdauer immer mehr verfransten. Plea hat zudem noch das Manko, dass ihn seine Gegenspieler seit Wochen überwiegend ungestraft bearbeiten können, wie sie wollen, während ihm selbst sehr viel abgepfiffen wird.


Dennoch, und das ist das, was mich noch viel mehr ärgert als alles, was ich zuvor geschrieben habe: der VfL hätte dieses schlimme Spiel trotz der eigenen Trümmer-Leistung mit mindestens einem Punkt beenden können. Chancen waren da: Latte, Abseits, knapp daneben, bis hin zu dem schon fast obligatorischen verweigerten Elfmeter (wieder ein klarer Schubser gegen Elvedi). Und hätte das Team sich nur ein bisschen mehr als Einheit präsentiert, die erkennbar etwas reißen will, sie hätten die sehr emsigen, aber defensiv anfälligen Gastgeber mit Sicherheit ins Schwimmen gebracht.


Aber, und jetzt kommt ein Satz, den ich hoffte, nie über mein Team schreiben zu müssen: Ich hatte in der zweiten Halbzeit fast durchweg den Eindruck, sie wollte gar nicht gewinnen. Oder glaubten selbst nicht mehr dran, dass das gelingen könnte. Beides wäre fatal, vor allem nach dem bisherigen Saisonverlauf. Deshalb ist es für mich unerklärlich und schwer erträglich, wie sich die Mannschaft heute präsentiert hat. Warum?


Es scheint, als wüssten alle Teams in der Liga, worum es jetzt geht, was man in dieser Phase der Saison abliefern muss, um erfolgreich zu sein. Kampf, Wille, Laufbereitschaft, die Bereitschaft, an die Grenzen zu gehen und dennoch auf dem Spielfeld den Überblick zu behalten. Alle Mannschaften scheinen das zu wissen und versuchen, es zu leben - nur unser VfL irgendwie nicht.

Allerdings war das Spiel heute nur der vorläufige Tiefpunkt einer Entwicklung, die schon leise begann, als die Hecking-Elf noch regelmäßig punktete. Doch seit dem sogenannten "Heimsieg-Rekord" läuft in jedem Spiel immer weniger rund - zu wenig, um die über 20 Spieltage erkämpfte Ausgangsposition verteidigen zu können.

Doch haben das jetzt alle verstanden? Sind alle bereit, dafür alles zu geben? Ist allen bewusst, wie sie wieder die Kompromisslosigkeit und Kompaktheit in der Abwehr, die Zielstrebigkeit und Schnelligkeit im Angriff bekommen - und das im Zusammenspiel aller elf Teile einer Mannschaft? Die Zweifel werden für mich von Woche zu Woche größer.

Natürlich, Spieler haben nicht immer Topform, es gibt Schwankungen in einer Saison. Doch heute passte gar nichts zusammen.


Borussia im Frühjahr 2019 hat

  • keine Körpersprache, die (auch dem Gegner) mal signalisiert, dass es für ihn jetzt hart wird. Die den Fans signalisiert, wir zerreißen uns, um das Spiel noch zu drehen. Die zeigt: Wir sind die Chefs auf dem Platz. Das Leistungsvermögen dazu hat die Mannschaft. Aber sie lässt zu, dass der Gegner das in Zweifel zieht und seine eigenen Stärken zum Tragen bringt.
  • keinen Kopf, keinen Anführer, der die Mannschaft mitreißen und aufwecken kann; die jüngsten Spieler (Zakaria, Neuhaus) sind heute noch die gewesen, die am meisten versucht haben, Zeichen zu setzen, während die erfahrenen Wendt, Stindl, Strobl, Ginter, Hofmann und Hazard im Durcheinander und in der Hektik mit untergingen oder durch Fehler auffielen.
  • keine Effizienz in den Aktionen und oft auch nicht in den Zweikämpfen. Besonders auffällig bei den in der Hinserie so starken Innenverteidigern.
  • keine Geschwindigkeit, wenn es darauf ankommt. Die Spieler fühlen sich in ihrem Ballzirkel auf Mittellinienhöhe zu wohl und erkennen oft nicht, wann der schnelle Pass nach vorne kommen muss. Einwürfe, die nach hinten geworfen werden, Freistöße aus guter Position, die kurz ausgeführt werden und nach vier Stationen beim Torwart landen, das alles häuft sich in letzter Zeit wieder.
  • keine "Brechstange": Wenn es im Spiel nicht läuft, kann man mitunter durch Standards Siege erzwingen. Was in der Hinrunde ganz ordentlich klappte, fällt derzeit fast völlig flach. Gut: Der Anschlusstreffer heute resultierte aus einem Standard, aber doch am Ende eher zufällig.
  • kein "Drecksack-Gen", im richtigen Moment das Foul zu ziehen oder, wenn man wie heute vieles nicht gepfiffen bekommt, einfach mal mehr Theater mit dem Schiedsrichter zu riskieren. Es ist nicht schön, aber wie Düsseldorf (in dem ja noch viel Ingolstadt-Gen steckt) bewiesen hat, bringt das ständige Palavern ja doch oft irgendetwas; und wenn es gestohlene Zeit des Gegners ist. Ich weiß, ich habe dem Team in dieser Hinsicht in dieser Saison auch schon attestiert, dazu gelernt zu haben. Und ich will die Lamentiererei auch nicht haben. Aber offenbar muss man großes Theater machen, um manchen Schiedsrichter zu beeindrucken.

So, mit der Leistung von Düsseldorf und der Tatsache, dass man sich innerhalb weniger Spiele von einer ligaweit gefürchteten Mannschaft zu einer Lachnummer gekickt hat, müssen Team und Trainerstab nun die nächste Woche hart arbeiten.

Aus meiner Sicht geht es dabei weniger um die Taktik - die hätte heute bei konsequenter Anwendung sicher zu Punkten geführt. Es geht jetzt darum, die offenbar auseinandergerückten Spieler wieder zusammenzuschweißen. Vielleicht sind doch einigen die Schlagzeilen und die kolportierten lukrativen Angebote anderer Vereine zu Kopf gestiegen. Spätestens heute sollte jeder wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen sein und merken, dass es nur gemeinsam geht - mit allen elf auf dem Platz. Wenn nicht, wird es ein bitteres Saisonfinish, das dann relativ sicher auf einem Platz endet, der in diesem Jahr bei aller Bescheidenheit kein Saisonziel mehr sein darf: Denn Platz neun ruft - aus nur noch sechs Punkten Entfernung!

Bundesliga 2018/19, 27. Spieltag: Fortuna Düsseldorf - Borussia Mönchengladbach 3:1 (Tor für Borussia: 3:1 Zakaria)


P.S. Ich wollte angesichts des schlimmen Auftritts des VfL eigentlich nichts über den Schiedsrichter schreiben. Die angreifbaren Entscheidungen aufzuzählen, ist angesichts des Spielverlaufs  geschenkt. Aber: Wenn ein Schiedsrichter ein an sich faires Spiel zu einer solchen Treterei eskalieren lässt, in der selbst die in dieser Hinsicht sonst relativ unverdächtigen Gladbacher mit zwei hässlichen Fouls (Neuhaus, Strobl) und an Rudelbildungen beteiligen, sagt das schon viel darüber aus, ob und wie der Referee das Spiel geleitet hat.

Wenn ein Unparteiischer mit seinem ständigen Wunsch, sich den Spielern mitzuteilen, wertvolle Spielzeit verplempert - ohne dann aber die angemessenen Strafen für die geahndeten Fouls auszusprechen, dann kotzt mich das an.

Ganz übel ist es, wenn er die in beiden Halbzeiten auch deutlich zu kurz bemessenen Nachspielzeiten zur Hälfte durch seinen ausgiebigen Redebedarf verursacht hat und zur Krönung noch nicht einmal die jeweils angezeigte Zeit ausspielen lässt. Also, ich weiß nicht, warum Herr Stieler immer noch Bundesliga pfeift. Aber wer bin ich schon, das ich das in Frage stellen dürfte?

2019-03-16

Raus aus der neutralen Zone

Wohin verschlägt es den VfL in dieser Saison? Ich weiß es nicht, auch acht Spieltage vor Saisonende noch nicht. Auf das schwer erarbeitete 1:0 in Mainz folgt ein magerer Punkt gegen Freiburg vor eigenem Publikum. Das klingt, zusammen mit dem deftigen Durchhänger vor Mainz, nach einer unerfreulich engen Kiste im Rennen um die Europa-Plätze. Und da rede ich nicht notwendigerweise von den Startplätzen zur Champions League. 
Natürlich war das 1:1 heute vom Ergebnis insgesamt so verdient, wie es zu wenig war für unsere Borussia. Und natürlich ist trotzdem noch lange nichts verloren. Die anderen müssen ja auch erst gewinnen. 

Doch wenn ich mir die Mannschaften anschaue, die mit Gladbach um die europäischen Fleischtöpfe konkurrieren, fällt auf, dass die Hecking-Elf gerade den am wenigsten feurigen und entschlossenen Eindruck macht. Selbstbewusst schon, aber nicht mit dem Vertrauen in die eigenen Stärken wie in der Hinrunde, als man die Gegner mit schnellem, trickreichem Spiel einschüchtern, nervös machen und zu Fehlern zwingen konnte. 
Es gibt zwar immer wieder Phasen im Spiel, wo Stindl und Co. Druck machen, wo sie den Gegner ins kurzzeitig ins Wanken bringen und sich mehrere Chancen am Stück herausarbeiten. Diese Phasen verpuffen aber meist ohne Ertrag, und was dazwischen liegt, ist ein risikoarmes Fußballspiel in neutralen Zonen. 
Heute hatte Freiburg dazu noch sehr viel einfachen Ballbesitz, der dem VfL zwar keine Probleme für das eigene Tor bereitete, aber irrsinnig viel Zeit von der Uhr nahm. Das halbherzige Pressing, was die Offensivkräfte da heute anboten, war ungeeignet, den Gästen dazwischenzufunken.
Anders Freiburg. Heute haben ihnen zwei anlauffreudige Stürmer und eine gut sortierte Defensive ausgereicht, um das Gladbacher Aufbauspiel immer wieder ins Stocken zu bringen. Das führte zu vielen Sicherheits-Rück- und Querpässen, die nicht nötig gewesen wären. Gerade dann fehlt es oft an der Frische oder dem Mut, druckvolle, schnelle Pässe nach vorne zu spielen, um in die Räume zwischen die Defensivketten zu kommen und Löcher in den gegnerischen Abwehrverbund zu reißen. 

Das hat heute phasenweise zwar funktioniert (deutlich besser als in Mainz), etwa rund um das Ausgleichstor oder in der frühen zweiten Hälfte. Insgesamt aber besitzt die Mannschaft um Yann Sommer zu wenig "Drohpotenzial", um den Gegnern das eigene Spiel aufzuzwingen.  
Da sehe ich Leverkusen und Frankfurt derzeit im Vorteil, beide spielen wie aufgedreht. Leipzig ist zwar weit wenig begeisternd, aber der Brauseclub liefern zuverlässig, was die Punkte angeht. Auch Wolfsburg, Bremen und Hoffenheim bleiben gefährlich.
Borussia muss also schleunigst die Schnelligkeit im Spiel, die Zielstrebigkeit und die Effektivität wiederfinden, die ihnen den Respekt der Gegner eingetragen hatte. So-la-la-Leistungen wie heute werden nicht reichen, um am Ende von einer gelungenen Saison sprechen zu können.

Damit endlich konkret zu dieser Partie. Defensiv war das ordentlich, bis auf das Gegentor von Grifo, das man hätte besser verteidigen können. Ansonsten hatten die Gäste kaum Gelegenheiten, sich mehr als den Punkt zu verdienen. 
Und der VfL? Der sammelte gleich ein halbes Dutzend hochkarätige Chancen, hatte aber noch viel mehr Angriffe, die durch falsche Entscheidungen versandeten. Zu nennen wären zum Beispiel ein Hazard-Rückpass dorthin im Strafraum, wo ausschließlich Freiburger unterwegs waren. Oder eine Szene, als Oscar Wendt aus spitzen Winkel sieben Meter vor dem Tor fast freie Schussbahn hatte und den Ball noch einmal abspielte, statt draufzuhalten. Das erledigte dann Hazard einmal aus unmöglicher Position von der Strafraumgrenze aus und verzog doch nur knapp. Es wäre ihm zu wünschen gewesen, dass einfach mal so ein Ding reinfliegt.

Immerhin: Mit seiner schönen Vorarbeit zu Pleas ersehntem zweiten Rückrundentreffer geht der Aufwärtstrend bei beiden zumindest vorsichtig weiter. Plea war heute wieder ein Faktor im Spiel, behauptete sich besser und war nur durch Fouls zu stoppen, die aber meist nicht gepfiffen wurden. Mau fand ich das zu zögerliche Spiel von Fabian Johson. Als Rechtsverteidiger war er mir zu passiv im Spiel nach vorn und seine Sicherheitspässe sahen sehr nach Verunsicherung aus. 
Gut gefallen hat mir dagegen Denis Zakaria, dessen frühe Auswechslung ich nicht wirklich verstanden habe. Auch wenn er kein Knipser ist, ist er an fast jeder gefährlichen Szene beteiligt. Mit etwas Glück hätte er sogar einen Elfmeter bekommen können, als ihn Schwolow nach einem Patzer deutlich festhielt und damit zu Fall brachte. Aber angesichts der ansonsten auch bisweilen absurd falschen Zweikampfbewertung durch Schiri Robert Kampka (unter anderem bei Zweikämpfen von Plea, der seit Wochen gefühlt kein Foul für sich gepfiffen bekommt) war da heute nicht viel zu erwarten.

Bundesliga 2018/19, 26. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - SC Freiburg 1:1 (Tor für Borussia: 1:1 Plea)

2019-03-09

Auf dem Weg zurück in die Spur

Wer die Spieler mit der Raute auf der Brust nach Schlusspfiff heute beobachtet hat, weiß, wie wichtig das hart erkämpfte 1:0 in Mainz war - klar, auch für uns Fans, vor allem aber für die in der Woche hart kritisierten Profis. Die halbe Mannschaft riss beim Abpfiff jubelnd die Arme in die Höhe, als hätte sie die nächste Runde im Europapokal erreicht. Und die erleichterten Gesichter sprachen Bände.

Nicht ohne Grund, denn dieser Sieg tat nach den schlimmen Erlebnissen der Vorwochen nicht nur sehr gut. Er kam zum absolut notwendigen Zeitpunkt. Denn wie es in den Köpfen der Borussen arbeitete, war in der ersten Halbzeit überdeutlich zu sehen. 

Ein entschlossener Beginn mit der wieder einmal verpassten Mega-Chance, in Führung zu gehen, das zeigte nach und nach Wirkung. Zwar lief der Ball in der guten Anfangsphase ganz gefällig, aber als sich die Mainzer in der Abwehrformation besser fanden und selbst aktiver wurden, legte das die Verunsicherung bei Gladbach schonungslos offen. Einige gruselige Fehlpässe, reihenweise ins Aus geschlagene Bälle von Yann Sommer, ein immer behäbiger werdender Spielaufbau und immer wieder unpräzise Zuspiele in die Spitze ließen den guten Eindruck aus den ersten Minuten verfliegen.

Das Glück der VfL war heute aber, dass auch der Gegner es nicht so mit dem Toreschießen hatte. Zwar räumte die Abwehr um den wieder in gewohnter Form auftretenden Nico Elvedi und Mr. Zuverlässig Tony Jantschke kompromisslos auf und ließ im Strafraum nahezu nichts zu. Den Mainzern boten sich dennoch immer wieder Schusschancen von der Strafraumgrenze, die sie aber dankenswerterweise weit am Tor vorbei sendeten bzw. so aufs Tor brachten, dass Yann Sommer (heute mal im Feldspieler-Trikot - Sachen gibt's!) dabei nicht ins Schwitzen geriet. Eine richtig anspruchsvolle Parade verlangten ihm die Mainzer heute jedenfalls nicht ab.

Das Manko des FSV galt auch für die Mannschaft von Dieter Hecking - trotz einiger sehr schön vorgetragener Angriffe. Aber da es Hofmann und Hazard dann doch einmal mit einer schnell ausgeführten Ecke gelang, die Mainzer Abwehr zu überrumpeln, reichte die unter dem Strich überschaubare Offensivleistung zum Sieg. Dass der Flankenball mit etwas Glück von Strobl zu Elvedi kam - geschenkt. Wichtig war, dass der Schweizer nicht erst darüber nachdachte, wie er denn jetzt aufs Tor schießen könnte, sondern dass er einfach schoss und traf. Das befreite die Spieler sichtbar von dem Ballast, den sie über weite Strecken des Spiels mit sich herumschleppten.

Es gab also noch viel Stückwerk auf dem Weg zurück in die richtige Spur. Das wundert nicht, nach der verheerenden Bilanz der letzten vier Spiele. Positiv ist, dass die Null hinten heute wieder stand, und das verdient, aufgrund einer geschlossenen und konzentrierten Defensivleistung der ganzen Mannschaft. 
Gut auch, dass einige Spieler sehr aufsteigende Tendenz zeigten. Rückkehrer Tobias Strobl überzeugte mit einer soliden Leistung, Elvedi war fast fehlerlos, vor allem mit bärenstarken Zweikämpfen. 
Denis Zakaria, der heute häufig über den rechten Flügel kam, hatte zwar Licht und Schatten in seinen Aktionen, er bewegte nach vorn aber unheimlich viel. Nicht zuletzt führte sein Sprint zum Eckball vor dem 1:0. 
Selbst Alassane Plea war um Längen verbessert. Er kam zwar noch nicht so recht zum Abschluss, leitete aber eine Reihe guter Angriffe ein, bei denen er endlich auch wieder eine gesunde Zweikampfhärte bewies. Dass er von seinen Gegenspielern einiges einstecken musste, sollte er als Beleg nehmen, dass er auf dem richtigen Weg ist, zurück zu alter Klasse. Wie das gesamte Team. 
Doch ob das reicht, gilt es gegen Freiburg erst noch zu bestätigen. Und es ist zu erwarten, dass die Streich-Elf noch mehr Kampf und Geschwindigkeit in die Waagschale zu werfen weiß als der heutige Gegner. Ob Borussia sich fürs erste aus dem Tief herausgekämpft hat, werden wir also erst nach diesem Spiel am Freitag wissen. Heute war nur der erste Schritt, um die jüngsten Negativerlebnisse abzuschütteln.   

Bundesliga 2018/19, 25. Spieltag: FSV Mainz 05 - Borussia Mönchengladbach 0:1 (Tor für Borussia: 0:1 Elvedi)

2019-03-02

Überrumpelt, übervorteilt, unterirdisch

Womit fange ich meinen Text an - mit der Mannschaftsleistung oder der Schiedrichterleistung? Diese Frage habe ich mir schon während des Spiels gestellt, als nach dem 1:4 die Messe endgültig gelesen war. 
Bis zur letzten Minute hatte ich mich soweit beruhigt, dass ich eigentlich die Fehler des VfL an den Anfang stellen wollte. Denn dies heute war über 70 Minuten in der Tat ein sehr unterdurchschnittliches Spiel der Hecking-Elf. Der Elfmeterpfiff zum Schluss allerdings änderte meine Meinung wieder. Also: zuerst ein paar Worte zu Herrn Zwayer und seinem Team, mit besonderen Grüßen in den Kölner Keller. Was da heute abgelaufen ist, ist in meiner Erinnerung beispiellos.  

Fangen wir hinten an. 90. Minute: Kimmich im Zweikampf mit Hazard, der Münchner taucht runter und umklammert im Fallen den Belgier. Dafür bekommt er Elfmeter. Das ist hochgradig lächerlich. Mag sein, dass es für den Schiri auf dem Feld in Echtzeit so aussieht. Aber wozu gibt es den Linienrichter und die Videoassistenten, wenn nicht, um solche krassen Fehlentscheidungen zu korrigieren. Mir fehlen da inzwischen die Worte.

Ein paar Minuten früher. Lewandowski köpft aus kurzer Distanz aufs Tor, Sommer hält wieder mal fantastisch. Bevor er den kurz vor ihm liegenden Ball unter Kontrolle bekommen kann, rauscht Lewandowski in ihn hinein, ohne den wegprallenden Ball zu spielen und hindert Sommer zugleich daran, aufzustehen und ins Spiel einzugreifen. Gnabry kann den Ball vor dem blockierten Torwart ins Tor dreschen. Ein klares Foul am Goalie. Keine Reaktion beim Schiri, keine in Köln.

Sprung zurück in die erste Minute. Als der Eckball reinfliegt, stößt Martinez Elvedi so mit dem Arm weg, dass der in der Rückwärtsbewegung ins Straucheln gerät und fällt. Ein Foul, das man im Stadion im richtigen Winkel bis in den obersten Rang unter dem Dach sieht. Martinez steht am Fünfer völlig frei und köpft ein. Ein klareres Offensivfoul habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Der Hammer: Das Tor wird in Köln überprüft und trotzdem nicht annulliert. Und auch Zwayer selbst sieht keinen Anlass, sich das  nochmal anzusehen. 

Fünf Bayern-Tore, drei davon irregulär: Das muss man erstmal hinbekommen. Die Unparteiischen können froh sein, dass Gladbach auch so noch genug Fehler gemacht hat und somit die "Leistung" der Referees nicht so entscheidend war, als dass man sie mal genauer unter die Lupe nehmen müsste.  
Es gab darüber hinaus auch noch eine ganze Reihe weiterer falscher, aber nicht so weitreichender Entscheidungen gegen beide Mannschaften (etwa die gelbe Karte gegen Boateng beim Handspiel oder die gegen Hofmann wegen Haltens). Klar ist aber auch: Zwei dieser drei regelwidrigen Tore haben für den Spielverlauf weichenstellende Wirkung gehabt.

Das Gefühl, dass mein Verein in diesen Szenen benachteiligt worden ist, nagt an mir. Aus meinen Texten wird sicher des öfteren deutlich, dass ich Ungerechtigkeiten nicht ausstehen kann. Allerdings hindert mich heute nur eins daran, Skandal und Schiebung zu rufen: die schlechte Leistung von Borussia. Bei allem anderen Ärger: Das war mit Ausnahme der guten Phase in der ersten Halbzeit, als sich die Mannschaft von dem frühen Schock erholt hatte, einfach durch und durch zu fehlerhaft. 

Bayern München reichte heute eine durchschnittliche Leistung und viel einfallslos-englisches "Kick-and-rush", um die VfL-Defensive ein ums andere Mal schlecht aussehen zu lassen. Ginter, Elvedi und Lang waren in vielen Szenen gegen entschlossen zur Sache gehende Gegner überfordert und erschreckend zweikampfschwach, nur Wendt hielt da ein bisschen cleverer gegen. Wäre Sommer nicht gewesen, wäre es ein noch viel bitterer Abend geworden. Doch auch er war beim zweiten und vierten Tor (wo er zur Flanke hätte rauslaufen können) nicht frei von Mitverantwortung. Über das ganze Spiel gesehen drängte sich ein Eindruck auf: Die Bayern waren für ein enges Spitzenspiel gerüstet, hochmotiviert in den Zweikämpfen - der VfL nicht.

Dennoch hätte das Spiel eine andere Wendung bekommen können. Weil Borussia sich nach dem 0:2 zunehmend fing, das eigene Spiel besser durchbrachte und auch eine Reihe guter Chancen herausspielte. Das 1:2 kurz vor der Pause war der verdiente Lohn dafür. Mit diesem Spielstand in die zweite Hälfte zu starten, war keine schlechte Ausgangsposition. Die war dann - unverständlicherweise - fahrlässig schnell hergeschenkt. Nach wenigen Sekunden nutzte Lewandowski einen erneuten kollektiven Aussetzer der Heimmannschaft zur Vorentscheidung. 

Wenn es etwas gibt, was man der Mannschaft heute als erstes vorhalten muss, ist es dass sie in beiden Halbzeiten völlig lethargisch ins Spiel gingen und sich so leichtfertig aller Siegchancen beraubten. Dass so etwas in der ersten Minute (wo die Bayern ja schon mit dem ersten Angriff hätten führen müssen) passiert - ok. Obwohl es in dieser Saison ja bei weitem nicht das erste frühe Gegentor war. Sich nach Wiederanpfiff dann aber genauso dämlich anzustellen und überrumpeln zu lassen, ist unerklärlich und unentschuldbar.
Und wenn ich vor vier Wochen noch davon geschwärmt habe, dass der VfL die (Nerven-)Stärke eines Spitzenteams zeigt, muss man jetzt ernüchtert feststellen, dass das offenbar auf dem Weg seither verloren gegangen ist. Und das, obwohl personell die gleiche Mannschaft auf dem Spielfeld steht.

Damit will ich es, was die Mannschaft angeht, heute bewenden lassen. Allerdings habe ich heute auch noch ein paar Sätze zum Trainerteam. Dass Alassane Plea trotz seiner Formkrise von Anfang an spielte, kann ich nachvollziehen. Stürmer brauchen Vertrauen. Zudem war Drmic, der sich zuletzt präsentiert hatte, verletzt und Raffael gerade erst wieder zurück. Was ich nicht verstanden habe, war, dass Plea trotz einer erneut unterirdischen Leistung auf dem Platz blieb und Hecking stattdessen in Hofmann und Neuhaus zwei der laufstärksten und kreativsten Spieler vom Platz holte. Natürlich, dass die Wirkung von Zakaria und Raffael überschaubar blieb, lag auch am Spielverlauf und dem dann endgültigen K.o. zum 1:4, der schnell folgte. Und gut, nicht jeder Plan klappt auch. Aber der heute leuchtete mir auch nicht so recht ein.

Und nun? Innerhalb von vier Spieltagen ist aus einer komfortablen eine gefährliche Situation geworden. Hoffentlich kann die Mannschaft das abschütteln und findet sehr schnell zurück zur Kompaktheit in der Abwehr und zur Zielstrebigkeit in der Offensive. Denn auch wenn die letzten vier Gegner keine Laufkundschaft waren, sondern mindestens gleichwertig besetzte Konkurrenten: So geht es nicht weiter. Derzeit scheinen zu viele Spieler zu sehr mit sich selbst und ihren Fehlern beschäftigt zu sein. Das muss raus aus den Köpfen. 
Die verheerende Ergebnisbilanz der letzten vier Spiele bedeutet noch etwas: Nach diesen Wochen der bitteren Wahrheiten warten nun die nächsten vier Wochen der Wahrheit - ich hoffe sehr, dass die Hecking-Elf diese gegen Mainz, Freiburg, Düsseldorf und Bremen deutlich freundlicher gestalten kann. Sonst ist der Europa-Startplatz in höchster Gefahr. Und das will ich nicht erleben, zumal ich gegen Bremen endlich auch mal wieder selbst im Stadion sein werde.  

Bundesliga 2018/19, 24. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Bayern München 1:5 (Tor für Borussia: 1:2 Stindl)