2021-02-27

Nicht belohnt und doch rehabilitiert

Es ist wie immer nicht so einfach, nach so einem Spiel die richtigen Worte zu finden. Dämlich verloren, irgendwie relativ chancenlos, trotzdem eine beeindruckende Leistung und auch gelungene Rehabilitation für manch matte Leistung der vergangenen Wochen. In all dem steckt mehr als ein Körnchen Wahrheit. Aber was zählt, sind Punkte und Tore. Und in dieser Bilanz sieht es seit dem verlorenen Derby weiterhin äußerst dürftig aus.

Besonders ärgerlich ist das 2:3 heute in Leipzig aus mehreren Gründen. Zum einen tabellarisch, weil ausbleibende Punkte immer schwerer wiegen, je weniger Spiele übrig bleiben. Zum anderen vom Kopf her, weil das Selbstvertrauen, das sich die von Ausfällen und angeschlagenen Spielern geplagte Mannschaft in der ersten Hälfte zurecht ein Stück weit zurück erkämpft hatte, durch die zweite Halbzeit und das „Unhappy End“ wieder einen Knacks bekommen haben dürfte. Und natürlich, weil es wieder nicht gelungen ist, im Stadion des Kommerzprodukts den ersten Sieg einzufahren.


Es reicht einfach im Moment (nicht nur gegen Spitzenteams) nicht zu mehr. Das ist die Erkenntnis aus den heutigen 98 Minuten Leipzig. Natürlich ist es auch ärgerlich, dass nicht viel Fantasie dazugehört hatte, eben jenes Ende vorherzusehen. 

Denn Gladbach kam in der ersten Hälfte trotz verbessertem Offensivspiel mit den zwei wuchtigen Spitzen Thuram und Embolo fast aus dem Nichts zu zwei Toren, während die Brause-Vertreter ein ums andere Mal mit schnellem Spiel und zwingenden Spielzügen die Borussen einschnürten und das Gladbacher Tor berannten. Die 2:0-Führung gehörte daher in die Kategorie „clever“ einsortiert, aber nicht unbedingt in die Kategorie „verdient“. Die klasse kämpferische Einstellung, die Giftigkeit und das Geschick in den Zweikämpfen, die fehlende Präzision beim Gegner und die sehr lockere Linie, die der Schiedsrichter Manuel Gräfe wählte, sorgten dafür, dass in den ersten 45 Minuten kein Ball im Tor des glänzend aufgelegten Yann Sommer einschlug. Doch man konnte die Uhr danach stellen, dass dies passieren würde.


Und damit kommen wir zu den Problemen. Leipzig wechselte zur Pause den Stürmer Sörloth ein und agierte fortan mit zwei echten Spitzen. Und diese eine personelle (und natürlich taktische) Änderung brachte letztlich die Wende für die Gastgeber. Die gegnerische Trainerabteilung veränderte also die Statik des Spiels, während Borussias Gegenmaßnahmen, auch mit den späteren Einwechslungen, nicht für Entlastung nach vorne sorgten. Einmal mehr fand Borussias Trainerteam trotz aller Bemühungen keinen Schlüssel gegen einen top dominanten Gegner, auch nicht nach der Erkenntnis aus 45 Minuten mit klar pro Leipzig verteilten Spielanteilen.


Es gelang weder, die eigenen Ballbesitzphasen auszudehnen noch Bälle zu sichern noch Nadelstiche nach vorne zu setzen. Keine nennenswerte Chance in Hälfte 2, kein Torschuss, in allen Statistiken klar unterlegen und 49 Minuten Dauerstress in der Abwehr bis zum unglücklichen, aber natürlich nicht unverdienten Siegtreffer: Es war nicht wirklich eine Überraschung, dass der Gegner das bessere Ende für sich hatte. Auch wenn dem Tor ein grenzwertiger Schubsen gegen Lazaro voranging. Eine klare Fehlentscheidung von Manuel Gräfe war das nicht, auch wenn ich fand, dass er heute keine wirklich überzeugende Linie in der Zweikampfbewertung hatte. Aber ganz sicher hat der VfL das Spiel nicht in dieser einen Szene hergegeben.


Warum ist das so? Warum ist die Mannschaft nicht in der Lage, sich zu befreien, einen Gegnerdruck zu brechen, sich nicht so hinten reindrängen zu lassen wie zuletzt gegen City und heute gegen RB? Schwer zu sagen, und sicher nicht in wenigen Worten zu beschreiben. Es spielt viel rein in diese Situation. 


Immerhin: Was die Mannschaft in der ersten Hälfte nach vorne brachte, sah schon deutlich besser aus als am Mittwoch und in den vergangenen Wochen. Aber dafür kann man sich nichts kaufen, wenn nicht am Ende auch mal wieder ein Erfolgserlebnis steht. Aber an großen Schrauben drehen ist im Moment nicht möglich. Die personelle Situation hat sich innerhalb weniger Tage erheblich verschlechtert, Rotation ist kaum ohne Qualitätsverlust möglich, die ausbleibenden Punkte erhöhen den Druck auf dem Feld. Und die Taktung der Spiele verhindert große Erholungsphasen und auch taktische Feinarbeit.


Also muss sich die Mannschaft an den kleinen Fortschritten hochziehen, sich mit den kleinen Erfolgserlebnissen hochpushen - endlich wieder mal zwei Tore, eine bärenstarke Defensivleistung und die aufsteigenden Formkurven bei Spielern wie Thuram, Embolo, Wendt oder dem heute sehr präsenten und galligen Hannes Wolf. Dass die Einstellung stimmte, war heute deutlich im Stadion zu hören: Mit jedem abgeblockten Schuss, jedem gewonnenen Zweikampf, der von den Mitspielern lautstark kommentiert und bejubelt wurde, war der Zusammenhalt spürbar, der Willen, heute den Sieg erzwingen zu wollen.

Doch wie schon gesagt. Es fehlte dazu am Ende Entscheidendes, so ehrlich muss man sein. Eine Mannschaft, die eine ganze Halbzeit keinen gefährlichen Ball aufs gegnerische Tor bringt, kann sich auch nicht beschweren, wenn sie am Ende ohne Punkte dasteht.


Nächstes Etappenziel heißt jetzt also Dortmund. Und nach den doch eher tristen Auftritten zuletzt nehme ich aus dem heutigen Spiel - trotz der Niederlage - mit, dass die Rose-Elf auch da nicht chancenlos ist. Eine Halbzeit lang schien es heute möglich, dass der Knoten nach dieser Misserfolgserie heute platzen könnte. Und bis zur 93. Minute konnte man immerhin noch auf einen wichtigen (und dann auch verdienten) Punktgewinn hoffen. Jetzt kommt es darauf an, sich vom k.o. in der letzten Minute nicht wieder zurückwerfen zu lassen, sondern sich an den starken Szenen zu orientieren: An der guten und cleveren Ausbeute in der ersten Hälfte und dem großen Kampf, den man der spielerisch klar überlegenen Mannschaft geliefert hat.


Ich weiß, ein wenig ist das auch Pfeifen im Wald, aber was bleibt uns übrig? Resignieren ist keine Option. Also - volle Konzentration auf den BVB!


Bundesliga, 23. Spieltag: RB Leipzig - Borussia Mönchengladbach 3:2. Tore für Borussia: 0:1 Hofmann (FEM, Embolo), 0:2 Thuram.

 

Saisonspende: Es hätte richtig klingeln können in der Kasse heute. Zur Halbzeit stand die Spendenuhr auf Kurs +12 Euro. Am Ende stand die Mannschaft mit leeren Händen da. Und auf die Spendensumme kommen nur zweimal 50 Cent für die beiden Tore. Nun also 98,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-02-25

Noch zu leicht

Es war vielleicht etwas zu viel verlangt, ausgerechnet von diesem Spiel so etwas wie eine Initialzündung für den Rest der Saison zu verlangen. Aber der kleine Fußballromantiker hoffte doch darauf, dass man dem großen Pep Guardiola und seiner Milliardentruppe ein kleines Beinchen stellen können würde. Oder zumindest so auftreten könnte, dass man sich etwas von dem Selbstvertrauen, von der frechen Unbekümmertheit auf dem Weg nach vorn aus manch anderem Spiel zurückholen könnte.

Die Bilanz der 90 Minuten von Budapest ist so ernüchternd wie sie - aus realistischer Sicht - erwartbar gewesen ist. Aber das Spiel zeigte auch, dass die Borussia - aus, sagen wir Oktober, November 2020 - vielleicht zu deutlich mehr in der Lage gewesen wäre. 

Denn so uneingeschränkt verdient der Sieg der Engländer war: Viel mehr als die beiden Tore brachten sie trotz gefühlten 90 Prozent Ballbesitz nicht zustande. Sie spielten und passten, hin und her und her und hin, meist, wie sie wollten. So wie man das von Pep-Mannschaften eben kennt. Aber sie kamen kaum im Strafraum zu gefährlichen Aktionen, weil die Borussen in dieser Zone sehr konzentriert verteidigten und bis auf die beiden Gegentore stets ein Bein oder Kopf dazwischen bekamen. 

Was der VfL nach vorne anbot, war zwar über weite Strecken erschütternd wenig. Aber am Ende standen drei, vier richtig gute Konter, die mit schlechten letzten Pässen leichtfertig verschenkt wurden. Dann eine schöne Hackeneinlage von Alassane Plea, die knapp am Tor vorbeiflutschte. Und zum guten Schluss eine einzige erfolgreiche Pressingsituation, als der City-Mitelfeldspieler Rodrigo einen krassen Fehlpass in die Füße des eingewechselten Hannes Wolf spielte, der mit seinem Abschluss aber an Torwart Ederson scheiterte. 

Viel mehr Torgelegenheiten muss man gegen einen solchen Gegner nicht erwarten. Aber es ist offenbar gerade nicht die Zeit für eiskalte Abschlüsse, wie sie Hofmann, Plea oder Thuram in der Champions-League-Vorrunde noch zelebriert hatten. Es fällt alles viel schwerer. Es sieht nicht mehr so gut aus und das scheint den Spielern selbst auch bewusst zu sein.

Wie ist es sonst zu erklären, dass heute vor allem in Halbzeit eins so viele krasse technische Unsauberheiten zu sehen waren, bei der Ballannahme, bei Pässen nach vorne, bei Zuspielen über wenige Meter? Ist es anders zu erklären, dass sich Kramer und Co von der ersten Sekunde an respektvoll in ihr Schicksal als Kaninchen fügten, das vor der Schlange hockt? Oder sagen wir in die Rolle des Hasen, der vom Igel hin- und hergejagt wird.

Vor dem Spiel hatte Marco Rose gesagt, dass es City überhaupt nicht schmeckt, wenn sie nicht den Ball und nicht die Kontrolle haben. Das klang nach einem guten Plan und dass es so ist, wissen wir ja schon von Guardiolas Stationen bei Barca und Bayern, und natürlich hat Rose damit recht. Aber die Borussen waren bis auf eine Viertelstunde nach der Halbzeit nicht einmal ansatzweise in der Lage, Gündogan und Co. den Ball für länger als ein paar Sekunden wegzunehmen. Sie mussten laufen, laufen, laufen. Manchester City passte und passte, und es war kaum möglich, dazwischenzugehen oder überhaupt in enge Zweikämpfe zu kommen.

Das bedeutete gefühlt null Ballbesitz in den ersten 15 Minuten, Kapitän Stindl und seine Kollegen kamen eigentlich noch nicht einmal in des Gegners Hälfte, weil sie schon im eigenen Strafraum vom Gegenpressing gestresst und zu Fehlern gezwungen wurden. Wenn ich es richtig beobachtet habe, befanden sich erst in der 49. Minute zum allerersten Mal (!) alle Feldspieler in der Hälfte der Gäste. Es sollte auch weiterhin eine Seltenheit bleiben.

Aber immerhin. Nach nervösem Beginn mit unerklärlichen Ballverlusten und Fehlern stabilisierte sich die Mannschaft. Und gerade, als man ein wenig Hoffnung schöpfen wollte, dass sich der VfL nach und nach von dem Dauerdruck etwas befreien könnte, fiel die Führung durch Silva.
Ärgerlicherweise genau so, wie City meist seine Tore schießt und wie man ja auch weiß, dass City am liebsten seine Tore einleitet. Ein etwas unentschlossen gespielter Pass von Chris Kramer leitete das Unheil ein. Nachdem man vorher zweimal versäumt hatte, den Ball zu klären, wollte der Mittelfeldspieler einen schnellen Angriff einleiten, spielte aber genau in die Füße des Gegners. Der Bumerang kam sogleich zurück, in Form einer langen Halbfeldflanke, die Hofmann nicht unterbinden konnte und die sich gewollt fies hinter Elvedi heruntersenkte, genau auf Silvas Kopf.  

Noch ärgerlich war das zweite Tor in der 65. Minute, weil dies nicht nur fast genauso fiel, sondern auch noch genau in die Phase hinein, in der Borussia anfing, den Gegner in dessen Hälfte vor Aufgaben zu stellen. Es war die stärkste Gladbacher Phase, doch nach dem 0:2 war diesem Aufwind auch gleich wieder merklich der Stecker gezogen.
Die Einwechslungen von Thuram, Lazaro und später Embolo ergaben Sinn, aber sie führten zu nichts. Bis auf einen unsanft im Strafraum gestoppten Angriff, bei dem sich Jonas Hofmann weh tat, der aber zurecht nicht zum Elfmeter führte und besagter finaler Chance von Hannes Wolf kam nichts mehr zustande, das die Ausgangsposition für das Rückspiel in zwei Wochen noch einmal hätte etwas interessanter gestalten können.

Aber gut, das wäre wohl wirklich zu viel verlangt gewesen, angesichts der geballten Fußballklasse, die dem VfL heute gegenüber stand. Das muss man einfach so hinnehmen, und wir wissen ja auch, dass wir uns mit solchen Starensembles nicht messen können, wenn es wirklich in zwei Spielen um das Weiterkommen geht. Dazu müsste dann soviel Außergewöhnliches zusammen kommen, vor allem vielleicht auch, dass man einen solchen Gegner gerade mal in einer eigenen Krise erwischt, und nicht gerade dann gegen ihn spielen muss, wenn man selbst nicht frei aufspielt und der Gegner von einem Erfolg zum nächsten eilt.

Was bleibt vom "Heimspiel in Budapest"? Gladbach hat einen Schritt nach vorn gemacht, weil es gegengehalten hat, weil es exzellent verteidigt hat und sich nicht hat auseinandernehmen lassen. Im Mannschaftsverbund haben Ginter und Co sehr vieles gut gelöst bekommen, gegen eine Weltklasseoffensive. Das macht Mut für die kommenden Aufgaben gegen Poweroffensiven wie Leipzig, Dortmund und Leverkusen. Allerdings gibt es einen großen Unterschied: All diese Gegner setzen viel stärker auf Geschwindigkeit und vertikales, direktes Spiel nach vorn als die Guardiola-Elf. So ganz vergleichbar ist das also nicht. Aber gut, warten wir es ab.

Problematisch bleibt die Flaute in der Offensive. Gladbach, in der Hinserie lange noch für den Chancenwucher kritisiert, erspielt sich kaum noch gute Torchancen. Und von denen nutzen die Akteure dann zu wenige. Alassane Plea kämpft, so scheint es, derzeit mehr mit sich selbst und seinem Frust über ausbleibende Erfolgserlebnisse
als mit dem Gegner. Stindl und Hofmann können nicht überall sein. Und Thuram und Embolo haben noch nicht nachhaltig gezeigt, dass sie zwingend wieder in die erste Elf gehören.


So richtig deutet also nichts darauf hin, dass der Schalter in der Offensive sofort wieder umgelegt werden könnte. Aber manchmal ist es ja nur eine Schlüsselszene, die den Unterschied macht und die Maschinerie wieder ins Laufen bringt. Mehr als hoffen kann ich darauf aber im Moment ehrlicherweise nicht. Und genauso hoffe ich, dass die Blessuren in den letzten 10 Minuten bei Hofmann (Knie) und Kramer (Oberschenkel) sich nicht noch als schlimmer herausstellen. Ein Ausfall der beiden wäre wirklich eine Hiobsbotschaft, zumal Denis Zakaria weiter seine Form sucht, das war trotz guter Ansätze auch heute gut zu sehen.  

Fazit: Borussia hat sich heute (vielleicht) mit den Besten gemessen und wurde einhellig für zu leicht befunden. Das ist
kein Vorwurf. Die Spieler haben zweifellos alles gegeben. Aber das war nicht genug, um heute in Reichweite einer Überraschung zu kommen. Für mehr war die Mannschaft vielleicht auch einfach nicht mutig und risikobereit genug. Das ist verständlich, weil dann schnell auch eine deutlichere Niederlage dabei rauskommen kann. Aber es ist auch schade, denn es wäre interessant gewesen zu beobachten, wie City mit einem möglichen Ausgleich umgegangen wäre. Aber das ist ein Thema für die berühmte Fahrradkette.

Champions League, Achtelfinale, Hinspiel: Borussia  Mönchengladbach - Manchester City 0:2.

Saisonspende: Null, nada, nichts: Heute kam nichts dazu. Das Spendenkonto steht weiter bei 97,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-02-20

Absteigender Astfußball

Na super. Nach dieser Scheiß-Woche war die erneute Heimniederlage gegen unangenehme Mainzer Gäste ja das fast schon erwartbare Unhappy End. 

Herzlichen Glückwunsch an den Ex-Gladbacher Bo Svensson und seine Mainzer Mannschaft. Denn die zeigte heute das, was ich mir eigentlich als Reaktion von meiner Mannschaft erhofft hatte: Biss und Giftigkeit, den Willen, wirklich alle Mittel einzusetzen, um das Spielglück zurückzuholen und die ungute Entwicklung der vergangenen Wochen zu stoppen. Doch neben Lars Stindl und den beiden Innenverteidigern Ginter und Elvedi sind es derzeit zu wenige, die diese Entschlossenheit offenbar über die gesamte Spielzeit auf den Rasen bringen können.

Vier Spiele ist Borussia nun sieglos, und in allen vier Spielen musste man anerkennen, dass der (in drei von vier Fällen spielerisch limitiertere) Gegner die Punkte nicht gestohlen hatte, sondern verdient einsackte.

In all diesen Spielen spielte die Mannschaft nicht einmal besonders "schlecht". Aber sie war meilenweit davon entfernt, dabei mal wieder überzeugend oder richtig gut auszusehen. Über Chancenwucher brauchen wir dieser Tage nicht mehr zu sprechen, weil es - zugebenermaßen gegen sehr eng verteidigende Teams - auch keine Vielzahl erstklassiger Chancen mehr gab. Und der kleine "Joker", die Standardsituationen, stechen nicht mehr so wie in der Vorrunde. Das passiert, solche Phasen laufen mal besser, mal schlechter. Aber es ist lästig, wenn man nicht in der Lage ist, einen Gegner anders zu überwinden.

Aber auch das ist nicht das eigentliche Problem. Das liegt tiefer. Egal, gegen wen es geht: Der Gegner hat gelernt, wie man den VfL im Angriff anlaufen muss, damit Ginter und Co. den schnellen Pass und jedes Risiko gegen umschaltstarke Gegner scheuen. Dann wird quer und zurück gespielt, das Spiel verlangsamt sich, der Gegner kann sich neu ausrichten und die Räume schließen. Ergebnis: Viel Ballbesitz und viele Pässe in ungefährdeten Räumen, aber auch viel verschwendete Spielzeit.

Klar, immer mal wieder gelingt es, mit guten Bewegungen (vor allem Neuhaus) durchs Mittelfeld zu marschieren oder zu kombinieren. Aber der Dauerstress, den die Gladbacher Offensive ihren Gegnern im vergangenen Jahr sonst oft gemacht hatte, weil sofort immer wieder steil nach vorne gepasst oder mit aggressivem Pressing Ballgewinne erzwungen wurden, das gelingt nur noch selten.
Es gibt natürlich auch jetzt noch zwingende und gute Spielzüge, und Chancen von der Qualität derer, die heute bei Mainz reingingen, hatte auch der VfL. Die hätten auf der anderen Seite mit etwas Glück also genauso reinfallen können.
Aber es wirkt insgesamt nicht mehr so, als wäre die Mannschaft von ihrem brutal schnellen und begeisternden Spielansatz selbst noch bis ins Letzte überzeugt. Oder man fürchtet wirklich, wie so oft ausgekontert zu werden.

Heute ging es erneut gegen einen tiefstehenden Gegner, einem, dem der neue Trainer abgewöhnt hat, selber zu viel Ballbesitz- und Kombinationsfußball spielen zu wollen. Dafür hat Mainz inzwischen durchaus genug Spieler im Kader, aber es funktionierte vor Bo Svensson ganz offensichtlich nicht, damit auch genug Punkte einzufahren. Die feinen Spielertypen sitzen bei Mainz deshalb inzwischen mehr auf der Bank, als dass sie in der Startelf stehen. Stattdessen wird gnadenlos verdichtet, genervt, geschoben, abgeräumt, und wenn es sein muss, umgetreten. Warum sonst sollte ein Dominik Kohr sonst dort im Mittelfeld rumgrätschen dürfen, wie üblich immer knapp an der Grenze zur Körperverletzung?

Aber: Heute war eben auch gut zu beobachten, wie die Mainzer (alle!) ihren Körper einsetzten. Indem sie sich reindrehten, schoben, blockten und damit den Gegner zu allererst an einer vernünftigen Ballkontrolle hinderten. Das unterband schon oft das, worin die Borussen eigentlich recht gut sind: auch auf engem Raum schnelle Lösungen zu finden und sich in die gegnerische Hälfte zu kombinieren. Pech, wenn man dann einen Schiedsrichter hat, der (wie Markus Schmidt heute) 80 Prozent dieser Zweikämpfe weiterlaufen lässt. Aber es ist weder dagegen etwas zu sagen noch dagegen, dass Svensson seinen Jungs genau dieses simple Spiel eingeimpft hat - "Kratzen und Beißen" und vorne mit wenigen Kontakten und oft nur zwei oder drei Angreifern im Umschaltspiel auch in Unterzahl zum klaren Abschluss zu kommen. 

Auch wenn das Führungstor der Gäste eher zufällig und von Ginter ungewohnt leichtgewichtig verteidigt war: Schon in der ersten Hälfte zeigte sich der FSV auf diese Weise immer mal wieder gefährlich vor dem Tor. Das war da nicht so schlimm, weil die Rose-Elf sich nicht aus der Ruhe bringen ließ und erst mit dem wegen Abseits zurückgenommenen Elfmeter und dann mit Stindls schönem Ausgleich zeigten, dass sie auch selbst den Weg ins Tor finden konnten.

Doch je länger das Spiel lief, desto eindimensionaler wurden die Bemühungen - nicht zum ersten Mal in diesem Jahr. Über die Außen lief wenig, auch weil Lainer und Bensebaini in der Schlussviertelstunde nicht mehr den frischesten Eindruck machten. Und durch die Mitte schien es von Minute zu Minute schwieriger zu werden, sodass lange, aber meist unpräzise Bälle und das Quergeschiebe oft nur als "Auswege" blieben.

Wenig hilfreich war auch, dass Chris Kramer am Tag nach seinem 30. Geburtstag zur Halbzeit gelb-rot-gefährdet in der Kabine bleiben musste. Die Karte war dabei durchaus diskutabel, weil er klar vor dme Gegner den Ball spielte, un ihn erst dann am Knöchel traf. Auch hier wäre es einfach mal schön, wenn Einheitlichkeit bei den Schiedsrichterpfiffen hergestellt würde. Denn gefühlt werden solche Szenen in der einen Woche so entschieden wie heute, manchmal als Foul ohne Karte und in der nächsten Woche dann nicht einmal als Foul gewertet.

Für Kramer kam Denis Zakaria, und er bewies leider einmal mehr, dass er derzeit nicht das anbieten kann, was ihn in der vergangenen Saison zu einem international so begehrten Spieler gemacht hat. Er ist zwar schon deutlich verbessert. Doch Kramer steht nicht umsonst immer wieder in der Startelf, weil er Räume geschickter schließt, als Anspielstation flexibler ist und mit den anderen Spielern um ihn herum einfach besser harmoniert. Das kann man dem Schweizer Zakaria nicht vorwerfen, er muss nach der langen Verletzungspausen und einigen Rückschlägen zuletzt einfach Zeit bekommen. 

Aber gerade im Moment wäre es wichtig, dass Marco Rose auch mal wieder von der Bank einen Siegbringer einwechseln kann. Auch heute verzichtete der Trainer darauf, das volle Kontingent auszuschöpfen und wechselte erst relativ spät - in der Schlussviertelstunde - neue Frische für den Angriff ein. Doch Thuram, Wolf und am Ende Embolo brachten auch heute nahezu keine Wirkung mehr im Spiel. Anders auf der anderen Seite. Da kam der Siegtorschütze Stöger von der Bank, und auch die Einwechslungen von Burkardt, Glatzel und Boetius stellten die Defensive der Borussia vor Herausforderungen.

Am Ende steht erneut ein gerade in der Schlussphase fast schon vorhersehbarer Rückschlag, der genau das Gegenteil von dem bewirken wird, was man sich vom ersten Spiel nach der Klärung der Rose-Zukunft erhofft hatte - einen leistungsmäßigen Befreiungsschlag. Die Kritik am Trainer, an der Mannschaft, an der Vereinsführung wird natürlich nun zunehmen, die Entscheidung, an Marco Rose festzuhalten, wird weiter diskutiert werden. 

Ich werde mich heute daran nicht beteiligen. Ich bin noch zu enttäuscht über den erklärten Weggang ohne vernünftige Begründung (außer dem Kontostand) und über die aus dem Ruder laufenden und nicht selten auch über den Anstand hinausschießenden Reaktionen mancher "Fans". Dennoch gehöre ich nicht zu denen, die Rose jetzt "Dienst nach Vorschrift" unterstellen. Aber mit jedem Spiel, in dem er das Team nicht an seine Leistungsgrenze bringen kann, wird dieser Gedanke sich mehr in die Fanbasis fressen.

Auch heute schien es mir - nicht zum ersten Mal - so, dass das Trainerteam einfach keine rechte Idee hatte, wie man es von außen beeinflussen könnte, die Mannschaft nach der Halbzeit auf die Siegerstraße zu bringen. Zwar war der Ballbesitz hoch (69 Prozent), auch die meisten Zweikämpfe gingen an Gladbach, doch die Laufleistung war heute wieder deutlich unterdurchschnittlich (114 km), und auch weit unter der der Mainzer (118). 

Das sind alles keine neuen Themen. Und dass es anders und besser geht, hat die Mannschaft in dieser Spielzeit schon oft genug gezeigt. Im Moment aber liegt irgendwie ein hemmender Schleier über allem, was da auf und neben dem Platz passiert. Das Team scheint auf einem absteigenden Ast zu sein. Das kann leistungsmäßig schnell wieder vorbei sein. Doch tabellarisch haben die vergangenen vier sieglosen Spiele schon voll durchgeschlagen. Drei Punkte sind es zwar nur bis zum Euro-League-Platz, doch die Champions-League-Plätze sind schon neun Punkte entfernt. Und keiner der dort stehenden Anwärter macht derzeit Anstalten, Schwächen zu zeigen. 

Und nun kommen die richtigen Kracherwochen - mit zweimal Man City und dazwischen Leipzig, Dortmund und Leverkusen. Da kann einem Angst und Bange werden. Vielleicht ist es aber im Gegenteil auch eine gute Nachricht - nach den eher ernüchternden Wochen gegen mehrere relativ begabte Defensivmaurer. Alle dieser kommenden Gegner werden Borussia mehr unter Druck setzen und der Mannschaft deutlich mehr abverlangen. Aber sie bieten auch dort mehr Räume an, wo Stindl, Plea und Thuram etwas mit ihnen anfangen können.

Damit will ich nicht prophezeien, dass es ausgerechnet dadurch ab jetzt aufwärts geht. Denn meine Stimmungslage und meine Beobachtungen weisen momentan eher in die andere Richtung. Aber auch das muss ja nichts heißen. Und ich hoffe natürlich, dass ich nicht recht behalte.  

Bundesliga 2020/21, 22. Spieltag: Borussia  Mönchengladbach - FSV Mainz 05 1:2. Tor für Borussia: 1:1 Stindl.

Saisonspende: Ein Tor im Spiel - das ist so mager wie die Gesamtbilanz des Spiels. Das Spendenkonto steht bei 97,50 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-02-15

Verblühte Liebe

Nun haben wir sie also, die Gewissheit. Marco Rose wird die wahre Borussia im Sommer verlassen, um zu einem Börsenclub aus Dortmund zu wechseln. 

Das deutete sich in den vergangenen Wochen immer mehr an, viele von uns - auch ich - wollten es nicht glauben, nicht wahrhaben, nicht verstehen. Und ganz ehrlich – es kotzt mich persönlich fürchterlich an, dass es ausgerechnet wieder dieser Verein ist, der hier nach einem Stück Gladbacher Klasse greift, weil er es selbst nicht auf die Reihe bekommt.

Es erscheint auch nicht unbedingt als logischer nächster Schritt, vor allem für diesen Trainer, der seine Karriere offenbar unter klar definierten Bedingungen regelrecht durchzuplanen und abzusichern versucht, und der ein gewisses Risiko eingeht, indem er einen unausgewogenen Kader in einem finanziell schlingernden Verein mit einer weit überhöhten Erwartungshaltung übernimmt. Ob ihm das gelingt, interessiert mich allerdings dann auch nicht mehr.

Dass Marco Rose irgendwann den nächsten Schritt machen würde, war jedem klar. Was ihn aber dazu gebracht hat, nach nicht einmal zwei Jahren in Gladbach das Potenzial für ein weiteres Vertragsjahr am Niederrhein nicht mehr zu sehen, das werden wir nicht erfahren. Dies ist nur eine Merkwürdigkeit in dieser ganzen Entwicklung, bei der vor allem einer an Glanz verloren hat - die Hauptperson selbst.

Marco Rose hält diesen nächsten Schritt zum BVB zweifellos für richtig, und da er die Möglichkeit hat, den Vertrag vorzeitig zu kündigen, ist ihm das auch in keiner Weise vorzuwerfen. Menschliche Enttäuschung ist kein Argument gegen eine klar von beiden Parteien so fixierte vertragliche Vereinbarung. Eine Ausstiegsklausel, wie sie der VfL und Sportdirektor Max Eberl im umgekehrten Fall bei Spielern anderer Vereine und bei genau diesem Trainer schon zum eigenen Vorteil zu nutzen wussten, lässt sich nun einmal nicht wegdiskutieren.

Warum dem Trainer diese Klausel in dieser Ausprägung überhaupt notwendig schien, erschließt sich mir allerdings nicht. Wenn ich einen Dreijahresvertrag mache, und mir nach dem zweiten Jahr eine für Trainer immer noch unüblich hohe Ablöse hineinschreiben lasse: Was ist da mein Gedanke? Die Angst, dass ich im Amt gehalten werde, obwohl es vielleicht so nicht besonders läuft und ich mich nicht wohlfühlen könnte?
Dass ich nach zwei erfolgreichen Jahren vom Verein in ein drittes gezwungen würde, das ich nicht erfüllen will? Das ist in diesem Geschäft geradezu absurd, und in einem Gladbach mit dieser Vereinsführung schon dreimal unwahrscheinlich. Zumal die Ablösesumme in einem frei verhandelbaren Rahmen bei einer Restvertragslaufzeit von einem Jahr sicher auch nicht höher ausgefallen wäre als die nun fällige Klausel über fünf Millionen Euro.

Nein, wenn ein Spieler oder Trainer unmissverständlich weg will, dann wird man ihn nicht aufhalten können, Klauseln hin oder her. So hat sich Max Eberl schon öfter geäußert, und er hat natürlich recht. Mit unzufriedenen Angestellten gewinnst du keine Spiele.

Ich glaube aber, dass genau dieses Vertragsdetail dem Verein eins früh deutlich gemacht hat: dass man sich auf einen Wechsel zu diesem Zeitpunkt vorbereiten musste. Und dass er dies auch getan hat. Die zweite Mannschaft wird derzeit von einem gestandenen Trainer gecoacht, der die RB-Schule und die Spielweise kennt. Heiko Vogel wäre im „worst case“ - bei einer sofortigen Trennung - ein geeigneter Interimstrainer – vielleicht auch mehr. Und für die Nachfolge im Sommer könnten die Weichen längst gestellt sein, besonders nach den vergangenen Wochen, die Max Eberl nicht ausschließlich für Urlaub genutzt hat, soviel ist sicher. Mindestens hat Eberl seine Fühler so weit ausgestreckt, dass er nun in weitere Gespräche gehen kann.

Rätselhaft bleibt dennoch, warum Max Eberl sich bis zuletzt so betont entspannt gab und von einem Verbleib ausging. Ist da hinter den Kulissen vielleicht doch etwas vorgefallen, das auf der einen oder der anderen Seite die schnelle Entscheidung forciert hat? 

Wieso kommen plötzlich angebliche Leaks aus der Kabine, darüber, dass sich Spieler belogen fühlen und Rose sich auf eher skurrile Art für seinen Wechsel gerechtfertigt haben soll: weil er nicht mit 55 der 60 Jahren noch auf der Trainerbank sitzen wolle, müsse er jetzt den nächsten Schritt machen. Das will ich gar nicht bewerten, aber allein, dass aus der Kabine solche Dinge herausgedrungen sein könnten, wäre ein für Gladbach lange undenkbares Alarmzeichen. Und ein Aspekt, der eine vorzeitige Trennung nach sich ziehen könnte, sollte die Mannschaft kein Vertrauen mehr zu Rose haben. Dass das Präsidium noch abends mit Max Eberl die Lage beriet, könnte auch ein Hinweis darauf sein.  

Jedes Schlechte hat auch sein Gutes, sagt man. Und das zeigt sich auch in der Causa Rose, und besonders in der Reaktion vieler Fans. Es ist eine schier unglaubliche Auszeichnung für diesen Verein, dass heute – egal, wie wütend und enttäuscht sich Fans in den sozialen Netzwerken geäußert haben – eigentlich nirgends eine panische Angst herauszulesen war, dass jetzt in Gladbach alles wie bei einem Kartenhaus zusammenbrechen könnte. Dieses große Zutrauen ist nicht selbstverständlich. Und es war zum Beispiel bei Lucien Favres überstürztem Abgang noch ganz anders (auch in meiner Reaktion damals).
Und wer die Jahre zuvor erlebt hat, weiß, dass es eigentlich immer so war, dass man fürchten musste, dass mit dem Abgang von Stars oder Trainern alles hart Erarbeitete vor den Augen zerbröseln und sich alle Hoffnungen auf eine erfolgreichere Zeit mit einem Fingerschnips in Luft auflösen würde.

Nein, wenn heute ein Trainer geht, wenn ein Spieler geht – oder auch zwei oder drei -, dann ist die Konkurrenzfähigkeit von Borussia Mönchengladbach nicht schlagartig in Gefahr. Das Vertrauen, das die doch auch sehr kritischen Fans (und genauso ich) dem Management und besonders Max Eberl inzwischen entgegenbringen („ich bin sicher, dass Max das schon richtet“), ist bemerkenswert – vor allem im Kontrast zu dem, was sich sonst in den sozialen Medien schnell an Unflätigkeiten Bahn bricht.

Ich gehe jedenfalls fest davon aus, dass der Verein vorbereitet ist, dass ein Jesse Marsch von Salzburg, ein Gerardo Seouane aus Bern, ein Erik ten Hag (Ajax) oder wer sonst noch in Frage käme, die Arbeit Roses im Sinne aller fortsetzen könnte. An Bremens Kohfeldt möchte ich da zwar lieber nicht glauben, an Adi Hütter kann ich nicht glauben, da es für ihn jetzt auch kein nachhaltiger Sprung nach vorne wäre. Borussia mag finanziell zwar vielleicht einen Tick höher einzuordnen sein als Frankfurt, dies wird allerdings bei den Hessen derzeit mit sehr klugen Transfers sportlich durchaus wettgemacht.

Aber man weiß nie. Doch auch diese Debatte zeigt etwas Gutes: nämlich, dass der VfL für all diese Trainer eine reizvolle Herausforderung ist – so wie es für Marco Rose war. Gladbach ist sexy geworden. Und der Verein bleibt sexy, auch wenn ein wichtiger Sympathieträger mit seinem Team von Bord gehen wird. Denn dass Alex Zickler und Rene Maric den Weg ihres Chefs weitergehen, ist logisch.

Sportlich wie menschlich sind dies Verluste für Borussia - auch wenn die Art und Weise, wie Marco Rose sich in dieser Angelegenheit verhalten hat, nicht clever war. Ihm Charakter abzusprechen, halte ich für unangemessen. Er hat bei den ersten Spekulationen den Punkt verpasst, wo er ohne Kredit zu verlieren hätte sagen können: „Ja, ich habe ein Angebot, und ich werde abwägen, was ich für den besseren Weg für mich halte“. Durch seine Weigerung, ein klares Bekenntnis abzugeben, feuerte er den Boulevard und die sportjournalistischen Laiendarsteller von Sky immer weiter an, ihn weiter vor sich herzutreiben.
Stoppen konnte er diese Maschinerie da nicht mehr. Das war am Anfang nicht gut gelöst, aber es wäre ab einem bestimmten Punkt auch nicht mehr unfallfrei und ohne Gesichtsverlust beim Trainer oder beim Manager aufzulösen gewesen. Dazu ging die Rum-Eierei schon zu lange.

Auch daran, wie heute die Verkündung lief, zeigt sich, dass Rose und der VfL längst nicht mehr Herr des Verfahrens waren – erst kam die durchgestochene Meldung über den kicker und andere Medien, dann die Bestätigung von Borussia in einer schnellen Pressemitteilung, ohne direkte erklärende Statements oder eine PK, auf der Rose selbst die Katze aus dem Sack hätte lassen können.

Was bleibt? Verblühte Sympathie und verblühte Träume. Aus dem Plan, bei Borussia etwas aufbauen zu wollen, aus den lobenden Worten für die die Tradition und die heutige Entwicklung des Vereins werden nun Worte ohne großen Wert, ein moralischer Bumerang. Das wird an Marco Rose hängenbleiben. Das muss er sich vorwerfen lassen, aber damit muss man in diesem Geschäft auch leben können. Es sind letztlich nicht mehr als ein paar Floskeln, die gesagt werden müssen, um die Fans hinter sich zu bringen und wie sie auch jedem Spieler für den Umgang mit den Medien antrainiert werden.

All das muss jeden enttäuschen, dem der VfL am Herzen liegt. Aber vorwerfen kann man es auch einem Marco Rose nicht, dass er es erst überzeugend verstanden hat, ein Wir-Gefühl zu transportieren, nun aber die Zeit für geboten hält, hier wieder in ein klares Ich und Ihr zu trennen.
Wie seine Worte beim BVB klingen werden, können wir uns denken. Aber auch das ist Teil des Geschäfts Fußball, in das wir als Fans immer wieder aufs Neue zu viel reininterpretieren (wollen).
Wir hätten es halt so gern, dass auch die Aktiven den Verein so zu ihrer Herzensangelegenheit machen wie wir. Wir warten wie im Märchen darauf, dass es einer mal macht und den Bayern, Dortmundern eine lange Nase dreht und sagt: „Nee, da bleibe ich doch lieber bei Borussia, egal was ihr mir bietet und versprecht.“ Aber wir wissen es ja besser - auch wenn Ausnahmen wie Chris Kramer, Tony Jantschke oder Patrick Herrmann uns manchmal zu bestätigen scheinen.

Es scheint seit heute unmissverständlich klar, dass der Ehrenplatz, den viele Fans schon für den Bauherrn einer neuen Borussia reserviert hatten, frei bleiben wird. Egal, was in dieser Saison noch gelingt oder nicht gelingt.
Am Ende wird Marco Rose trotz unbestrittener Erfolge wie dem Einzug ins Champions-League-Achtelfinale nicht lang genug dagewesen sein, um ein überdauernder Teil der Tradition dieses Vereins zu werden. Damit kann er vermutlich besser leben als mancher von uns. Aber so ist es nunmal.

Dass Borussia in den verbleibenden Spielen noch von Erfolg zu Erfolg eilen wird, halte ich heute für ausgeschlossen. Bekommt die Mannschaft nicht schnell die Kurve, hin zu wieder attraktiverem Auftreten und zu einer Aufholjagd in der Liga, könnte die Ära Rose schneller Geschichte sein als wir wohl noch vor wenigen Tagen alle miteinander gedacht haben. Denn jeder Misserfolg wird von heute allein an dem Trainerteam angelastet werden, egal ob zu Recht oder nicht.

Wie sich die Fliehkräfte innerhalb des Teams entwickeln, ist eine offene Frage. Und hier könnte es dann wirklich gefährlich werden, wenn die Mannschaft a) den Trainer als „lame duck“, als Auslaufmodell, wahr- und nicht mehr richtig ernstnimmt. Wenn einzelne Spieler b) nicht mehr vollen Einsatz bringen, weil sie sich nun auch in der nächsten Saison woanders sehen. Und natürlich c) wenn die bisher sehr eingeschworen wirkende Mannschaft darüber selbst auseinanderbricht.

Es ist zu früh zu mutmaßen, wer außer Marco Rose im Sommer den Verein verlassen wird. Einen Gefallen hat der Coach dem Verein jedenfalls nicht getan, was mögliche Vertragsverlängerungen angeht. Aber das ist nicht mehr seine Verantwortung. Doch auch wir können ab jetzt genau beobachten, wie jeder einzelne Spieler und die Trainer mit dieser neuen Situation umgehen.

Dass das so verheißungsvoll gestartete Kapitel Rose nun im Chaos und Misserfolg endet, ist aber auch längst nicht ausgemacht. Nico Kovac gewann mit Frankfurt gegen seinen neuen Arbeitgeber damals den Pokal, auch Dieter Hecking und die damalige Fohlenelf brachten eine schwierige Saison noch sehr anständig zu Ende.

Ich halte es für durchaus plausibel, dass es einen Schulterschluss gibt, denn Misserfolge machen keinen Spieler und keinen Trainer attraktiver.
Wir können es gleichwohl nur abwarten. Und am kommenden Samstag gegen Mainz muss sich zeigen, ob die Mannschaft auch diesem neuerlichen Stresstest gewachsen ist. Sonst brennt der Baum in Gladbach schneller, als uns allen lieb ist.

2021-02-14

Eisgekühlter Punktgewinn

Es kann passieren, was will: Die Fahrten nach Freiburg und nach Wolfsburg sind Dinge, die man sich als Gladbacher sparen kann und sollte. Dort sind, so scheint es, für Borussia keine drei Punkte zu gewinnen. Das war auch heute im Eisschrank des VW-Werks der Fall. Und wer das Spiel gesehen hat, weiß auch warum.

Zwei Teams, die sich absolut ebenbürtig waren. Zwei Teams, die sich heute darin Champions-League-reif präsentierten, wie man das Spiel des Gegners stört und die eigene Hälfte und das eigene Tor konsequent verteidigt. Die bei widrigen Temperaturen wahnsinnig viel investierten und auch beide mehr als 120 Kilometer liefen. Von dieser Warte aus war es ein taktisch herausragendes Spiel beider Seiten. Doch leider wurde fast folgerichtig daraus eben kein schönes Fußballspiel.

Wolfsburg war in der gegnerischen Hälfte die zwingendere Mannschaft, verzeichnete die besseren Torchancen. Doch Kapitän Lars Stindl und seine Jungs hielten verbissen dagegen und verhinderten damit letztendlich auch verdient das Schicksal, das den VfL vom Niederrhein normalerweise in solchen Spielen und vor allem in Wolfsburg ereilt - ein spätes Gegentor, am liebsten noch abgefälscht. Weil das eigentlich immer so läuft, habe ich ehrlich gesagt Schlagers Schuss ans Außennetz in der Schlussminute auch sicher drin gesehen.

Deswegen, und auch weil die Fohlenelf sich vor allem in der zweiten Halbzeit kaum Spielkontrolle geschweige denn nennenswerte Chancen erarbeiten konnte, nehme ich den Punkt heute dankbar mit. Die Pflichtpunkte, um in Europacup-Nähe bleiben zu können, muss man zuallererst in den Pflichtaufgaben gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellenbereich holen, bevor man ein Remis nach einem Spiel gegen einen wirklich starken Gegner für zu wenig hält. Die verlorenen Punkte muss man nicht heute beklagen, wo man der Mannschaft vom Einsatz und Engagement her wirklich nichts vorwerfen kann. Diese Punkte wurden an anderer Stelle liegengelassen, siehe vergangenes Wochenende.

Aber es gibt weiterhin keinen Grund für Aufregung. Es sind noch genug Punkte zu vergeben, um jedes für Gladbach realistische Ziel zu erreichen. Dazu braucht es konzentrierte Leistungen gegen den Ball - wie heute - es braucht aber auch Durchschlagskraft nach vorn, aus dem Spiel und bei Standardsituationen. Die ist Borussia zuletzt immer mehr abhanden gekommen, trotz vieler guter Bewegungen und Pässe zwischen den Strafräumen. Insofern war das 0:0 auch in dieser Hinsicht in Ordnung.

Leider war heute auch keine Erlösung von der Bank dabei. Die eingewechselten Embolo und Wolf waren, wie der Rest des Teams, bis zum Schluss mehr mit der Verteidigung der Räume beschäftigt, als dass sie nach vorne viel gefährliches hätten kreiern können. Schade, aber kein Beinbruch.

Positiv erwähnen will ich, dass wir heute nicht ein einziges Mal über das Wohl und Wehe des VAR sprechen mussten. Es gab einfach keinen Anlass für einen Eingriff, trotz nickliger Zweikampfführung beider Teams.

Und unser "Lieblings-Schiri" Tobias Stieler hat zwar sein selbsterfundenes Benimm-Commitment, mit dem man (Gladbacher) Spieler völlig willkürlich vom Platz stellen kann, selbst längst vergessen. Er machte aber eben diesmal auch nichts, was das Spiel stark in eine Richtung beeinflusst hätte. Er sorgte sich sogar sehr väterlich um unsere angeknockten Spieler, wie in der Szene mit Jonas Hofmann. Aber immerhin sorgte er mit sehr diskutablen Verwarnungen gegen Embolo und Bensebaini dafür, dass wir ihn nicht gleich ins Herz schließen müssen. Denn beide werden nach der nächsten gelben Karte ein Spiel aussetzen, was heute nicht unbedingt ein Spiel hätte näher rücken müssen.

Bundesliga 2020/21, 21. Spieltag: VfL Wolfsburg - Borussia  Mönchengladbach 0:0.

Saisonspende: Keine Tore im Spiel - das ist dann wenigstens eine weiße Weste für Yann Sommer und damit 1 Euro aufs Spendenkonto. Drei Euro fehlen noch zur 100-Euro-Marke - aber die scheint derzeit für die Fohlenelf äußerst mühsam zu knacken zu sein.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-02-06

Mal wieder Aufbaugegner

Bäh. Was für ein bescheidener Abend.

Dass die Unbesiegtserie der Borussia in diesem Jahr auch irgendwann reißen musste, war klar. Dass es ausgerechnet gegen den Erzrivalen passieren würde, und dann auch verdient, wenn auch in dieser schmerzhaften Unnötigkeit - das überschattet nun aber gleich wieder vieles von dem guten Eindruck der vergangenen Wochen.
Wie üblich gehen die Emotionen nach so einem Spiel auch bei den Fans hoch, und nicht selten wird dann auch gleich übers Ziel hinausgeschossen und bestimmten handelnden Personen sofort der Abschied nahegelegt. Das ist nicht mein Stil. Und ich glaube, es gibt auch keinen Grund dazu, selbst wenn dieser Rückschlag sicherlich hätte vermieden werden können.

Marco Rose wird angesichts immer wieder auftauchenden Fragen nach seiner Zukunft und der BVB-Gerüchte merklich dünnhäutiger. Und heute muss er sich natürlich auch der berechtigten Frage stellen, ob es eine gute Idee war, gleich auf sieben Positionen durchzuwechseln und die halbe Stammelf auf die Bank zu setzen.

Gespielt hat aber nicht Marco Rose, sondern zu einem guten Teil die, die sich in die Mannschaft spielen wollen. Und ich muss abgesehen davon erwarten können, dass jeder, der in ein Derby gegen Köln geschickt wird, diese Aufgabe auch mindestens so beherzt annimmt, als spielte er gegen Bayern München oder Dortmund. Gegen diese Gegner hat Borussia von der ersten Minute an losgelegt wie die Feuerwehr, hat dem Gegner damit minutenlang die Luft genommen und ihn sichtlich beeindruckt.
Dieses Feuer hat mir heute von Beginn an gefehlt. Aber die Mannschaft war auch später nicht in der Lage, es noch zu entfachen und sich in einen Derbymodus zu versetzen, bei dem man dann auch als Fan damit leben kann, wenn es am Ende dann nicht mehr ganz reichen sollte.

Dennoch: Das große Wechselspiel in der Startelf irritiert; einerseits uns Fans, für die das Derby ungeachtet des Tabellenstandes des Gegners ein heiliges und vor allem unverlierbares Spiel zu sein hat. Bei dieser Rotation fragt man sich schon, ob der Gegner nicht insgeheim doch etwas zu leicht eingestuft worden war, oder ob man die Bedeutung des Spiels vielleicht nicht hoch genug eingeschätzt hat. Ich denke, dass in der Aufstellung ein vernünftiger Plan steckte, mit schnellen Außen und Embolo und Stindl in der Mitte die Kölner aushebeln zu können. Zu sehen war davon aber nicht viel. Und dann fehlen auch dem Trainer am Ende die Argumente, diesen Plan zu erklären.

Fragwürdig finde ich zudem das Signal, das man dem Gegner damit sendet. Mehr kostenlose Motivation kann ich der gegnerischen Mannschaft ja nicht verschaffen. FC-Trainer Markus Gisdol musste doch nur auf die Gladbacher Aufstellung zeigen und sagen: Schaut mal, die nehmen uns nicht ernst.

Das allein erklärt die Derbyniederlage allerdings nicht, mit der sich Borussia nach längerer Zeit wieder einmal leichtfertig als Aufbaugegner für einen taumelnden Gegner hergegeben hat.
Die heutige Niederlage fußt weniger auf dem, was als Aufstellung auf dem Papier stand, sondern vor allem auf dem, was dann tatsächlich auf dem Platz passierte.
Das war zu wenig. Und die Tatsache, dass der Gegner nicht viel mehr als fußballerisch biedere Hausmannskost zu bieten hat, macht es noch schwerer zu akzeptieren. Denn wir wissen ja alle, dass auch das für drei Punkte reichen kann - wenn der Gegner es zulässt.

Ich werfe der Mannschaft nicht vor, dass sie nicht seriös versucht hätte, den Gegner zu bespielen. auch nicht, dass sie nicht gewillt war, das Spiel zu gewinnen. Das wäre falsch. Doch die Mittel, die sie einsetzte, waren nicht die richtigen. Und die Vehemenz, das Spiel unbedingt drehen zu wollen, verlor sich oft in vielen Querpässen und viel Ballbesitz in für den Gegner ungefährlichen Mittelfeldräumen. Und zwar über die gesamte Spielzeit, mit "B-Elf" wie mit "A-Elf". Und so verpufften auch knapp 120 gelaufene Kilometer und 88 Prozent Passquote - weil diese Werte eben nicht oder nur sehr vereinzelt zu herausgespielten Torchancen der höchsten Kategorie führten. 

Vieles von diesem vorhandenen Einsatz war für die Katz', weil die Bewegung in den Räumen nicht so war, dass man die kompakte Defensive des FC hätte aushebeln können. Weil die Pässe wieder einmal nicht präzise genug waren. Und weil das Team zweimal früh und höchst selbstverschuldet einem Rückstand hinterherlaufen musste.

Klar, das 0:1 war gruselig verteidigt, aber ohne unfreiwillige Gladbacher Hilfe beim Abfälschen hätte
Rexhbecaj selbst diesen leichten Angriff nicht verwandelt. Dass Flo Nauhaus auf der anderen Seite aus einer Halbchance gleich von zwei abfälschenden Kölner Beinen profitierte, war die passende Antwort und hätte eigentlich jedem Spieler Warnung sein können, dass es heute eben nicht so sehr auf "Hacke, Spitze, 1, 2, 3" ankommen würde, sondern auf klare, direkte, gute Kombinationen, aber auch Bissigkeit und geschickte Zweikampfführung. 

Spielerisch zum Ziel zu kommen, davon waren Lars Stindl und Co. heute die meiste Zeit meilenweit entfernt, auch wenn sie gar nicht so selten die richtigen Lösungen anpeilten. Allein: Es kam nicht viel dort an, wo es sollte.

Im Gegenteil: Besonders ärgerlich war das geschenkte 1:2 durch einen krassen Fehlpass am Strafraum von Stevie Lainer. Denn wenn man schon einmal im Spiel einen dummen Gegentreffer mit dem Ausgleich "repariert" hat, ist es umso frustrierender, sich durch so einen Lapsus ohne Not gleich wieder ins Hintertreffen zu bringen.

Borussia verhielt sich im Prinzip aber nach beiden Rückständen richtig und so abgeklärt, wie wir es inzwischen schon gewohnt sind. Sie spielte unbeeindruckt weiter, versuchte in gute Räume zu kommen und blieb unaufgeregt, im Modus "sicheres und gepflegtes Spiel nach vorne". Vielleicht war das für ein Derby, bei dem sich der Gegner mit verrinnender Spielzeit für jeden erfolgreich zur Ecke oder ins Aus geklärten Ball lautstark gegenseitig abklatschte und so hochpushte, aber ein bisschen zu viel Gelassenheit und Vertrauen in die eigene Spielkultur.

Außer diesen beiden Toren hatte der Gast nach vorne immerhin nichts Nennenswertes zu bieten. Ginter und Tony Jantschke räumten humorlos alles ab, was hätte gefährlich werden können. Aber bis auf Stindls Großchance waren in der zweiten Hälfte auch die Gladbacher Gelegenheiten überschaubar. Und das war bei der Feldüberlegenheit schon enttäuschend, vor allem, weil mit zunehmender Spielzeit immer häufiger und immer planloser Flanken in den Strafraum gehebelt wurden, deren Erfolgsaussichten von vornherein überschaubar waren. Auch hier fehlte vor allem eins: Präzision, aber oft auch Schärfe. Und die Wucht, sich durchsetzen zu können bei denen, für die die Bälle gedacht waren.

Über die Frage, ob für all das nun die Groß-Rotation verantwortlich gemacht werden kann oder muss, kann man trefflich streiten. Einerseits ist es natürlich so, dass bei einigen anderen Rotationsversuchen in dieser Saison auch schon die Einwechslung der Stammspieler von der Bank während der Partie notwendig wurde, weil es ohne sie nicht lief wie erhofft. Dies war dann auch in der Regel von Erfolg gekrönt, und heute eben nicht. 

Andererseits ist unbestritten, dass Vielspieler Pausen brauchen und Zweite-Reihe-Spieler Spielpraxis. Bestes Beispiel dafür war heute ausgerechnet der, der nicht geschont wurde. Stefan Lainer zeigte vor dem 1:2 einen für ihn ungewöhnlichen Aussetzer, er war in den vergangenen Spielen allerdings auch des öfteren schon etwas unpräzise und hektisch in seinen Zuspielen. 

Ich werde ihm trotz dieses Fehlers heute mit Sicherheit nicht die Schuld für die Niederlage zuschieben, dafür ist er über die gesamte Saison ein zu verlässlicher und untadeliger Spieler, der aus der Mannschaft kaum wegzudenken ist. Fehler passieren, auch einer "Maschine" wie Lainer - aber Spiele werden nur gemeinsam verloren oder gewonnen.

Aber zurück zur Rotationsfrage. Dass es bei aller Qualität, die da ohne Elvedi, Kramer, Bensebaini, Hofmann, Plea und Thuram auf dem Platz stand, nicht alles so eingespielt aussieht wie mit jenen Stammkräften, das liegt auf der Hand. Doch dass sich die Neuen gerade in der Anfangsphase erst in die richtigen Abläufe reinfinden mussten, war für mich schon etwas überraschend.

Der Plan der Kölner, die Mitte dichtzukriegen und vor allem den Dreh- und Angelpunkt Lars Stindl aus dem Spiel zu nehmen, war schnell erkennbar. Das gelang allerdings weniger dem Gegner, als dem Schiedsrichter Christian Dingert, der Stindl für sein erstes Foul in der zweiten Minute (!) verwarnte und ihn so in den engen Zweikämpfen, in denen er seine wahren Stärken ausspielen kann, zu früher Zurückhaltung zwang. Nun kann man streiten, ob das eine zwingende Gelbe Karte war. Ich meine nicht, aber man kann sie sicher geben, auch wenn Stindl nicht mit gestrecktem Bein und etwas unglücklich mit dem Körper in den Mann ging.

Die Frage ist vielmehr die, warum in einem Derby vom Schiedsrichter ein solches Zeichen gesetzt werden muss, wenn sich noch gar nicht abzeichnet, ob es überhaupt ein hartes Spiel werden wird. Natürlich hielt Dingert die Linie auch nicht durch und verteilte später manche eher fragwürdige Verwarnungen. Aber das hatte nichts mit dem Ausgang des Spiels zu tun - anders als eine Szene kurz vor Schluss, über die ich mich am Ende dieses Textes noch einmal kurz, aber gründlich wundern werde.

Doch die richtigen Schlüsse aus der Anfangsphase hätten auf Gladbacher Seite sein müssen, den Weg über die Außen konsequenter zu forcieren. Mit Hannes Wolf und Patrick Herrmann waren da durchaus Spieler aufgeboten, die im Eins-gegen-Eins bestehen könnten.
Doch bei aller Liebe und Verbundenheit zu Oscar Wendt und Flaco Herrmann, die ja nun wirklich viele Derbys auf dem Buckel haben: Das war heute einfach zu wenig, um einen Anspruch auf mehr Einsätze zu formulieren. 

Hannes Wolf zeigte wie so oft Licht und Schatten. Er war im Gegensatz zu Herrmann galliger und gewann ein paar gute Zweikämpfe und sicherte Bälle, die sonst zu einem gefährlichen Gegenangriff hätten führen können. Doch nach vorne kam: nichts.

Auch Breel Embolo entwickelte keine Wucht im Angriff, aber das hatte schon eher damit zu tun, dass für ihn einfach kaum verwertbare Bälle kamen und die Räume, in denen er seine Stärken - Schnelligkeit und Physis - gut ausspielen könnte, sich angesichts des oft behäbigen Gladbacher Spielaufbaus nicht öffnen ließen.

Denis Zakaria mühte sich zwar, aber er war heute meilenweit von einer Form entfernt, in der er einem größeren Club als Gladbach auf Anhieb nutzen könnte. Und nun muss man nach der verletzungsbedingten Auswechslung auch wieder überhaupt um ihn und sein Knie bangen. 

Der einzige, der erwartungsgemäß im Derby aufblühte und Pluspunkte sammeln konnte, war der unverwüstliche "Fußballgott". Tony Jantschke fing zwar mit leichten Unsicherheiten an und wurde in einer ungewohnte Rolle als zentraler Ballverteiler im Abwehrzentrum gefordert, doch er steigerte sich schnell, räumte wie gewohnt ab und zeigte vor allem mit einer Monstergrätsche an der Seitenlinie an, wie es hier heute öfter hätte laufen sollen, wenn es nicht mit der feinen Klinge funktioniert: Mit gesunder Härte und Konsequenz.

Sei es, wie es sei: Nach einer Stunde sah die Aufstellung dann wieder aus wie gewohnt, 20 Minuten vor Schluss kam dann auch noch Ramy Bensebaini, um mehr Geschwindigkeit und Durchschlagskraft über links zu entwickeln; und natürlich als Waffe für Standardsituationen.

Doch das Fazit dieser Einwechslungen war ernüchternd. Das Spiel wurde mit Thuram, Plea und Hofmann zwar durchdachter, kombinationsstärker und etwas zwingender, doch der letzte Punch kam auch mit der ersten Garde nicht zustande. 

Es lässt sich eben nicht jeden Woche alles noch reparieren, was vorher versäumt wurde. Auf diesen nüchternen Nenner gebracht, muss man leider den Sieg der Gäste als verdient anerkennen und darf sich trotzdem so richtig über das Zustandekommen ärgern. Allein: Es bringt nichts, sich über verschüttete Milch aufzuregen. Bedenklich ist aber die wiederholte Beobachtung, dass der "zweite Anzug" zwickt, wenn man über die 14, 15 konstant auf Topniveau spielenden Akteure hinaus wechseln muss. Da hatte ich den Kader zu Beginn der Saison für ausgeglichener gehalten.

Die heute verlorenen Punkte kommen auf jeden Fall nicht wieder, sie müssen an anderer Stelle zurückgeholt werden, wenn man die Ziele in greifbarer Nähe behalten will. Dazu bietet sich nächste Woche gleich mal einer der "Höllenspielorte" an, in dem Borussia traditionell keinen Sieg einfahren kann, egal ob er verdient wäre oder nicht. 

Doch vielleicht bringt die Wut aus diesem Spiel dann am kommenden Sonntag beim VfL Wolfsburg den richtigen Kick. Da die VW-Werkstruppe in diesem Jahr mal wieder ein echter Konkurrent da vorne ist, wäre dies umso wichtiger. Und ich finde, wir erwarten das nach dem heutigen Spiel als Fans dann einfach auch mal.

Etwas entspannter hätte sich die Reise nach Niedersachsen sicherlich angelassen, wenn die Fohlen den Kölnern heute zumindest noch kurz vor Schluss den Sieg entrissen hätten. Das 2:2 wäre sogar kurz vor Abpfiff zum Greifen nahe gewesen, ob es verdient gewesen wäre, darüber kann man streiten. Doch Schiedsrichter Dingert spielte ohnehin nicht mit. 

Was war passiert? Ein langer Ball der Gladbacher in den Strafraum, ein enges Laufduell und ein vom Kölner Abwehrspieler gezielt zum Torwart zurückgespitzelter Ball, den Timo Horn mit einem Schlag nach vorne oder zur Seite hätte klären können. Doch er nahm den Ball etwa auf Höhe des Fünfmeterraums mit den Händen auf.
Nach den geltenden Regeln ist das an dieser Stelle mit einem indirekten Freistoß für den Gegner zu bestrafen.

Das interessierte Schiedsrichter Dingert allerdings nicht, was nur den Schluss zuließ, dass er den Ausnahmetatbestand zugrundelegte - "wenn das Zuspiel des Mitspielers offensichtlich unkontrolliert erfolgte". Dies war jedoch in diesem Fall falsch, natürlich aber auch kein Fall, indem der VAR eingreifen dürfte und sollte. Aber es gibt zu denken, dass ein Bundesligaschiedsrichter hier dermaßen daneben liegt. Aber es wundert mich leider auch nicht.
Auch nicht, dass Dingert dann Flo Neuhaus noch verwarnte, der sich über den ausgebliebenen Pfiff bei ihm beklagte. Es war schon seine achte gelbe Karte, die nächste Sperre naht also schon.

Letzten Endes ist auch dieser letzte Aufreger des Spiels egal, denn wir wissen auch nicht, ob einer der Borussen am heutigen Tag in der Lage gewesen wäre, diese vom Gegner auf dem Silbertablett servierte erstklassige Torgelegenheit aus fünf Metern dann auch zu einem Punkt zu versilbern. Deshalb merke ich es hier nur an - denn der Schiedsrichter war heute (und wie in den allermeisten Fällen) nicht "schuld" an der Niederlage.     

Bundesliga 2020/21, 20. Spieltag: Borussia  Mönchengladbach - 1. FC K*** 1:2. Tor für Borussia: 1:1 Neuhaus.

Saisonspende: Ein Törchen - und seine wir ehrlich: nur 50 Cent für ein Derby sind enttäuschend, die Gesamtsumme steht nun bei 96 Euro.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-02-04

Jetzt aber wirklich 2:1

 Schon wieder 2:1 gegen den VfB Stuttgart! Ich gebe zu, mit dem erfolgreichen Einzug ins Viertelfinale lässt sich leicht feixen und die Ungerechtigkeit der 2:2-Fehlentscheidung vor zweieinhalb Wochen an gleicher Stelle gegen den gleichen Gegner etwas gelassener sehen.

Aber bis dahin war es ein knochenhartes Stück Arbeit. Und das auch im wörtlichen Sinn. Die Schwaben durften ordentlich ungestraft Holz hacken und mit Ellbogen arbeiten, weil Schiedsrichter Daniel Siebert einen auf großzügige Linie machte, ohne es wirklich zu können. 

Das störte Borussia zwar merklich, vor allem in der Anfangsphase. Doch angeführt vom bissigen Kapitän Lars Stindl, dem sein Stuttgarter Schatten Wataru Endo in der ersten Hälfte ziemlich zusetzte, nahmen sie das körperbetonte Spiel mehr und mehr an.
Startschuss dafür war vielleicht Ramy Bensebaini mit einem durchaus wütenden und rustikalen Tritt, der ihm zurecht die Gelbe Karte einbrachte.
Doch danach kam der VfL besser in die Spur, holte sich seine spielbestimmende Souveränität zurück, brachte aber dennoch zunächst nur wenige richtig gute Abschlusschancen zustande.
Das insgesamt verdiente 1:1 knapp vor dem Pausenpfiff war zwar dann schön herausgespielt und vom starken Marcus Thuram toll abgeschlossen. Es fiel aber doch auch ein wenig aus dem Nichts heraus.

Bis dahin hatte die Rose-Elf aber schon sehr viel Kraft aufwenden müssen, weil sie sich nach weniger als zwei Minuten ein klassisches Eigentor eingeschenkt hatte, dem sie nun hinterherlaufen musste. Nach einer Ecke traf Florian Neuhaus mit einem wenig platzierten Fernschuss nur seinen Mitspieler Ginter im Strafraum, von da wanderte der Ball schnurstracks und nach einem grenzwertigen Zweikampf von Silas Wamangituka gegen Stindl über zwei Stationen zum Führungstreffer ins Gladbacher Tor. Silas dribbelte sich da sehenswert durch, hatte aber auch das nötige Glück bei seinem Abschluss. Doch das Abwehrverhalten war hanebüchen. Bei eigenem Ballbesitz so früh in einen Konter zu laufen, bei dem der Gegner zunächst 2 gegen 1 steht, dann im Strafraum schon klar in Unterzahl ist und sich doch gegen vier Gegner durchsetzt - das war keine Empfehlung für ein Champions-League-Team.

In dieser Phase waren die Gastgeber brutal effektiv, kamen auch zu weiteren Umschaltsituationen, die ins Auge hätten gehen können. Kurz flackerte bei mir die bittere Erinnerung an das 0:5 gegen Leverkusen im Pokal auf, wo auch ein Konter nach dem anderen im VfL-Tor landete, obwohl Borussia selbst unverdrossen und mutig nach vorne spielte.

Doch Stindl und Co, diesmal im Tor wieder unterstützt vom heute fehlerlosen Tobias Sippel, kämpften sich zurück ins Spiel und belohnten sich rechtzeitig mit dem Ausgleich. Nach der Pause startete der VfB zwar erneut druckvoll und aggressiv in die Partie, doch ein Fehler in der Stuttgarter Hintermannschaft brachte Borussia auf die Siegerstraße. Torwart Bredlow rutschte beim Rauslaufen zum Steilpass auf Alassane Plea kurz aus und verlor so die notwendigen Meter zur Klärung der Situation. Und in der Mitte hatte zuvor Mavropanos noch das Abseits aufgehoben. Glück und Geschick waren da auf Seiten der Gladbacher.

Interessanterweise wurde ich nach diesem Tor aber erheblich ruhiger als noch in Halbzeit eins. Irgendwie hatte ich ab da das Gefühl: Heute geht hier nichts mehr schief. Borussia behielt nach der Führung die Spielkontrolle, beschäftigte den Gegner gut und ließ kaum noch einen gefährlichen Angriff zu. Dazu trug sicherlich auch die taktische Umstellung im Team bei, dessen Marschroute spätestens mit Oscar Wendts Einwechslung in der 71. Minute noch klarer wurde. 

Borussia stellte da auf Dreier- beziehungweise Fünferkette um, zog sich kompakt zurück und überließ dem Gegner absichtlich mehr und mehr den Spielaufbau. Das war Gift für die Stuttgarter Konterspieler, die deutlich besser im Ball erobern und schnellen Umschalten sind als im geduldigen Spiel gegen eine massierte Deckung. Eine "Ballbesitzmannschaft" ist der Aufsteiger noch nicht. Und so lief die Zeit von der Uhr, ohne dass der VfL nochmal so dauerhaft unter Druck geriet wie in der Schlussphase im Ligaspiel gegen den gleichen Gegner.

Doch Borussia wäre nicht Borussia, wenn sie nicht doch noch einmal haarscharf an einer möglichen Verlängerung vorbeigerauscht wäre. Zwei, drei Bälle kamen dann doch gefährlich durch, und weil wie üblich kein vernünftiger Konter fertig gespielt und veredelt werden konnte, blieb es bis zum Schluss eng und hektisch.
Krönung war die Situation kurz vor dem Ende, als Kalajdzic mit seinem Kopfball aus kurzer Entfernung erst Ginters Schulter und dann Lainers angewinkelte Hand traf. In Köln ging die Prüfung der Szene allerdings schnell mit dem Ergebnis "kein strafbares Handspiel" zu Ende, was viele VfB-Fans sehr erzürnte.

Ich glaube, das man hier beim besten Willen kein Kriterium für ein strafbares Handspiel finden kann.  Hier war es jedenfalls eine ziemlich kurze Entfernung vom Kopf des Stuttgarters zur Hand Lainers, sein Arm war auch nicht über Schulterhöhe oder in irgendeiner unnatürlichen Haltung. Er war eng angewinkelt, also nicht geeignet, um die Körperfläche zu vergrößern. Die Hand ging auch nicht zum Ball, Lainer versuchte sie eher noch wegzuziehen.
Also aus meiner Sicht war es völlig unstrittig, hier keinen Elfmeter zu geben, zumal ich eine sehr vergleichbare Szene am vergangenen Samstag beim Handspiel eines Unioners kurz vor Schluss ganz genauso klar mit nicht strafbar bewertet habe (wie auch die Schiedsrichter dort es taten).

Aber was in Köpfen von Schiris bei einem engen Pokalfight vor sich geht, weiß man eben auch oft nicht. Und wir alle haben ja auch schon Pferde vor der Apotheke... ihr wisst schon.

Unnötig aufregend waren diese letzten Szenen natürlich dennoch. Und das ist das, was sich die Mannschaft ankreiden lassen muss - dass sie es wieder nicht geschafft hat, den Sack mal frühzeitig mit einem dritten Tor zuzumachen. Ansonsten bin ich sehr zufrieden, wie sich Thuram und Co. heute verkauft haben. Denn in kurzer Zeit erneut gegen einen sehr unangenehmen Gegner spielen zu müssen, ist ja nicht ganz ohne. Und was der VfB da in beiden Spielen gegen uns auf den Rasen gebracht hat, ist auch wirklich stark gewesen. Das sollte man nicht vergessen.

Vergessen sollte man im Team allerdings erstmal wieder jeden Gedanken an etwas Blechernes, was ja ohne die Bayern und Leverkusen im Wettbewerb angeblich so viel leichter geworden ist. Denn jetzt geht es erstmal zum nächsten oberwichtigen Termin. Es gilt, den 1. FC Köln noch ein bisschen tiefer in die Krise zu schießen. Und auch wenn der ewige Rivale sich im Pokal gegen Regensburg leichtfertig verabschiedet hat, bedeutet es nicht, dass das bei Sky als Top-Spiel eingestufte Derby ein Selbstläufer wäre.

Auch da braucht es wieder volle Power vorn wie hinten. Aber immerhin ist die Borussia der Saison 20/21 bisher nicht damit aufgefallen, irgendeinen Gegner zu unterschätzen. Hoffen wir, dass das auch bei unserem Lieblingsgegner weiterhin so bleibt. 

DFB-Pokal 2020/21, 3. Runde (Achtelfinale): VfB Stuttgart - Borussia Mönchengladbach 1:2. Tore für Borussia: 1:1 Thuram, 1:2 Plea

Saisonspende: Mit zwei Toren wandert ein weiterer Euro ins Spendenschweinchen. Mit jetzt 95,50 Euro kommt die magische 100-Euro-Grenze in Gefahr. Kleiner Tipp an die Aktiven. Ein Derbysieg reicht, um diese Hürde zu überspringen.

Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.