Er war ein gutes Spiegelbild der gesamten Saison, der letzte
Auftritt der Fohlenelf in diesem Spieljahr. Eine gute Halbzeit, die mit einem eher
unverdienten Tiefschlag endete. Und eine ziemlich schwache zweite Hälfte, die
einmal mehr illustrierte, warum am Ende im und rund um den Borussia Park - trotz
des sehr guten Abschneidens - eher gedrückte Stimmung herrschte und nicht die
angemessene Feierlaune angesichts der bevorstehenden Europareisen.
Die Saison ist endlich rum, dieses Gefühl scheint uns
alle zu einen. Und deshalb will ich auch nicht noch einmal an den Einzelheiten
dieses Spiels abarbeiten und was wann wie hätte anders laufen sollen und
müssen. Für mich gab es einen starken Auftritt in den ersten 25 Minuten und
insgesamt eine tolle Körpersprache und geschicktes Zweikampfverhalten, mit dem
Dortmund nicht zurecht kam. Erst nach und nach ließ sich der VfL mehr und mehr in
die eigene Hälfte zurückfallen und überließ den Gästen damit mehr
Spielkontrolle. Das war schlecht und sorgte dafür, dass sich der BVB in der
Phase vor der Halbzeit auch mal gefährlicher vor den Gladbacher Tor zeigte.
Dass das Tor dann noch vor der Halbzeit fiel, war
nicht gänzlich überraschend, aber zu diesem Zeitpunkt nicht verdient. Die beste
Chance hatte bis dahin Ibo Traoré mit seinem Lattenschuss gehabt.
Ich halte das
Tor auch für irregulär, weil aus meiner Sicht der Ball schon im Toraus gewesen ist. Beweisen
lässt sich das allerdings nicht. Es bleibt
allerdings rätselhaft, warum Schiedsrichter Gräfe, wenn er nach Ansicht der
Videobilder das Tor schon gelten lässt, als Begründung ausgerechnet anführt,
dass er sich dann letztendlich auf den Eindruck seines Linienrichters verlässt,
der den Ball auch nicht im Aus gesehen hat. Nur damit das klar ist: Dieser
Assistent stand Luftlinie gute 40 Meter weg vom Ball, hatte ein Torgestänge in seinem
Sichtfeld und stand sicher auch zu diesem Zeitpunkt nicht direkt auf der Torlinie.
Und: Er hatte in unmittelbarer Nähe bereits zweimal Bälle durchgewunken, bei
denen ich aus 70 Metern Entfernung sehen konnte, dass zwischen Seitenlinie und
Ball der Rasen durchscheint.
Man kann heilfroh sein, dass dieses Tor und das Ergebnis
im Borussia Park weder für uns noch für die Meisterschaftsentscheidung relevant
wurde. Das hätte ein ziemliches Theater gegeben.
Sei‘s drum, an diesem Tor allein kann man nicht
festmachen, was im Anschluss mit der Mannschaft passierte. Sie schien wie
gelähmt und fiel in den Modus der vergangenen Wochen zurück. Harmlos, nervös, fehlerhaft
und wieder viel zu passiv, was dem BVB erlaubte, zu schalten und zu walten, wie
er wollte. Zum Glück war auch für Dortmund bald klar, dass es nichts würde mit
der Meisterschaft, sonst hätten sie die Schwächen der Gladbacher sicher noch konsequenter
ausgenutzt.
Trösten kann uns, dass selbst ein Sieg gegen Dortmund
wohl nichts an der Endplatzierung geändert hätte. Aber genauso haarscharf rutschte
die Hecking-Elf an einem schlechteren Platz vorbei: weil Wolfsburg trotz 8:1
(!) am Ende ein Tor fehlte, und weil Hoffenheim auf der Ziellinie erneut patzte.
Deshalb hätten wir eigentlich Grund haben müssen, ausgelassen zu feiern. Denn
Platz 5 ist für Borussia immer noch eine wahnsinnig gute Platzierung, die wir
wohl vor der Saison sofort unterschrieben hätten. Doch das Gefühl ungetrübter
Freude stellte sich aufgrund der vergangenen Auftritte und der schwachen zweiten
Hälfte nicht so recht ein.
Dazu kommt ein eher schwaches Bild, was wir heute im
Stadion auf den Rängen abgegeben haben. Wenn wir immer fordern, dass sich die Mannschaft
und der Trainer verbessern müssen – wir müssen das auch. Zumindest, wenn wir
unseren Ruf als tolle Fans behalten wollen.
Die ersten 20 Minuten waren klasse, da ging das ganze
Stadion mit, weil einfache Anfeuerungen gestartet wurden und das Team mit dem
richtigen Feuer auf dem Rasen agierte und lautstarke Rückmeldung von den Rängen bekam. Balleroberungen wurden gefeiert, von den Gästefans war nichts zu hören.
Dann aber brach die Stimmung
zusammen, das Stadion wurde ruhiger und ruhiger und es gelang kein gemeinsames
Anfeuern mehr. Für mich auf der Südtribüne sah das so aus, dass der harte Kern
im Norden nicht mehr direkt auf die Dynamik im Stadion einging und fortan nicht mehr die
einfachen Gesänge durchs Stadion schickte. So wurde im ganzen Spiel weder der VfL-Wechselgesang
gestartet noch „Die Seele brennt“, was sicher heute angemessen gewesen wäre.
Stattdessen
wurden längere Sprechchöre angesagt, die im Süden wenn überhaupt nur
bruchstückhaft ankamen. Damit war der Faden zwischen den willigen Fans gerissen.
Ich kenne mich mit den Notwendigkeiten nicht aus, wie sie in der Nordkurve
herrschen. Aber ich merke (und sehe), dass dort ein Teil der Fans irgendwann ihre eigene Party
macht (die die Spieler sicher auch mitbekommen), der Rest der Nordkurve aber nur
halbherzig einsteigt und das übrige Stadion so nicht mitgenommen wird. Selber
etwas zu starten, ist von außerhalb der Nordkurve kaum möglich, und das führt
dazu, dass die Power erlahmt und wie heute dann der Gästeblock viel zu bestimmend wird.
Daran müssen wir arbeiten, genauso wie an dem Umgang
mit Spielern und der eigenen Erwartungshaltung. Wenn ich sehe, dass am letzten
Spieltag 15 Minuten vor Schluss Hunderte die Blöcke verlassen und so der
Mannschaft den verdienten Applaus nach Schlusspfiff für eine lange und letztlich
gelungene Saison verweigern, ist das armselig.
Richtig ärgern kann ich mich
darüber, dass Thorgan Hazard in seinem letzten Spiel für uns mit einem
gellenden Pfeifkonzert zur Auswechslung begleitet wird. Geht’s noch? Der Junge
hat Gladbach über fünf Jahre fraglos verstärkt, er hat viele Tore geschossen, viele
vorbereitet und sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Auch wenn er auch gestern
unglücklich agierte und fast Angst davor zu haben schien, dass er vor dem Dortmunder
Tor zum Abschluss kommen könnte: Das rechtfertigt niemals einen solch bitteren Abschied.
Das hat er nicht verdient, das ist unterste Schublade und ich schäme mich
dafür. Auch dieses Verhalten unserer Fans hat mir heute ein bisschen die Freude
über das glückliche Ende der Saison vermiest.
Freunde, das darf so nicht
weitergehen. Wir müssen wieder kompromisslos zusammenhalten und die Mannschaft bedingungslos
unterstützen. Absichtlich spielt keiner schlecht oder stellt schlecht auf. Aber
wir haben mit in der Hand, ob sich die Mannschaft etwas zutraut oder nicht. Das
bleibt auch so, wenn ein neuer Trainer kommt, auf den wir große Hoffnung
setzen. Ohne das Stadion und die treuen Auswärts-Fans wird keine Erfolgsgeschichte
daraus. Darüber müssen wir in der Sommerpause nachdenken - und die richtigen
Schlüsse ziehen. Ich bin gerne mit meinen Möglichkeiten bereit, dazu
beizutragen.
Bundesliga 2018/19, 34. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund 0:2
Bundesliga 2018/19, 34. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund 0:2