2022-11-25

Letztes Strecken vor der Winterpause

Der internationale Profi-Fußball experimentiert mit einem verfrühten Hinrundenstopp und verordnet damit auch Borussia einen ungewohnten mehrwöchigen Winterschlaf. Und obwohl - oder gerade weil - das letzte Spiel des Jahres nicht nur leistungstechnisch, sondern auch vom Ergebnis her sehr versöhnlich verlief, ist das für Gladbach eine gute Nachricht. Denn die Streuung der Leistungen - individuell wie mannschaftlich - war in den vergangenen Wochen einfach zu groß, als dass man über eine Verschnaufpause und Zeit zum gezielten Arbeiten an Stärken und Schwächen nicht froh sein könnte. 

Zu tun gibt es auf dem Platz genug, und auch die Weichenstellungen für die Zukunft einzelner Spieler und die Kaderzusammensetzung über diese Saison hinaus werden uns in diesem Winter auch in der fußballlosen Zeit wohl beschäftigen. 

Da ich mit meinem Text ohnehin viel zu spät für die Party käme, werde ich hier nur noch wenige Worte zum Dortmund-Spiel selbst verlieren.
Es war eine der Gelegenheiten, bei denen die launische Borussia mal wieder die Schokoladenseite präsentierte. Das ließ zum einen der Gegner zu, aber auch die eigene Leistung stimmte von Minute eins bis zum Schluss. Konzentriert verteidigt, gut die eigenen Angriffe ausgespielt, in Halbzeit zwei vielleicht wieder einmal zu wenig effektiv - sonst gab es wenig zu kritisieren. Das wiederum war keineswegs selbstverständlich, angesichts der erneut dünnen Personaldecke und der schwachen Leistung gegen Bochum nur drei Tage zuvor.
Besonders gefreut habe ich mich natürlich für Jan Olschowsky, der nach den bitteren ersten Debütminuten in Bochum gleich die andere - schöne - Seite des Fußballgeschäfts kennenlernte. Er trug mit seinen Paraden einiges zu dem Sieg über den BVB bei, und das lässt auch für seine weitere Karriere einiges erwarten. Da auch er einen auslaufenden Vertrag hat, hoffe ich, dass ihm Borussia den nächsten Schritt so plausibel machen kann, dass er nicht auf dumme Gedanken kommt und sich abwerben lässt.

Dieser verdiente, aber nicht unbedingt zwingend erwartbare Sieg gegen die Scheinriesen aus Dortmund war - nach einigen unnötigen Punktverlusten - aber ehrlich gesagt auch wichtig, um mit der nötigen Ruhe in die Pause gehen zu können. Nach 15 Spielen steht Platz acht mit 22 Punkten, das ist in Ordnung.
Der Abstand nach oben zu den europäischen Plätzen beträgt 3 bis 5 Punkte, der zu der gefährlichen Region ganz unten immerhin 8. Zu sicher darf man sich dennoch nie sein, zumal der eine oder andere hochkarätige Abgang noch im Winter durchaus mehr als nur denkbar ist. In diesem Fall müsste ein Ersatz schon sofort auf ähnlichem Niveau abliefern, damit die Saison nicht doch noch in die falsche Richtung kippen kann. 

Denn wenn die Saison eins gezeigt hat, ist es, dass aus der zweiten Reihe nicht einfach nahtlos die gleiche Qualität auf den Platz zu bringen ist. Bei den ersten 16 Spielern gilt das vielleicht, aber danach wird es schon dünner. Das muss man nicht beklagen, es ist der erklärte Weg von Borussia. Und der wird nicht aus Lust und Laune so beschritten, sondern weil es die Rahmenbedingungen des Vereins so erfordern. Was das in den nächsten Monaten gerade auch für das Management bedeutet, schreibe ich vielleicht in einem weiteren Text in der nächsten Zeit noch auf.

Fürs erste reicht mir aber der leicht positive Blick auf die Statistik. Nach erzielten Toren ist Borussia nämlich sogar Vierter der Tabelle, das ist das, was uns auch am meisten Spaß gemacht hat. Schließlich haben Thuram, Hoffi und Co. die Mehrzahl der Tore nicht irgendwie reingemurmelt, sondern - teilweise großartig - herausgespielt. Nur die Bayern (49), Frankfurt (32) und Leipzig (30) haben bisher öfter getroffen als Borussia (28).

Nach Gegentoren ist die Farke-Elf nur Neunter, doch dass sie es besser kann, hat sie am Anfang der Saison mit einer sehr stabilen Phase bewiesen. Da ist dennoch viel Luft nach oben.
Aber: Mit dem 8. Platz ist alles noch drin in dieser Saison, zumal im kommenden Jahr noch 19 statt der üblichen 17-Rückrunden-Partien zu absolvieren sind. Großer Malus bleibt das erneut blamable Pokal-Aus. Aber daran sind wir ja inzwischen gewohnt. Und klagen hilft auch nicht weiter.
Freuen wir uns also darauf, dass es irgendwann wieder weitergeht mit Fußball. So eine lange Pause ohne ist wirklich nichts, was man sich nochmal wünscht.

Saison 2022/23, Bundesliga, 15. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - BVB 4:2. Tore für Borussia: 1:0 Hofmann, 2:1 Bensebaini, 3:1 Thuram, 4:2 Koné.

Vier Tore und die Siegprämie gegen die falsche Borussia lassen den Spendenstand ordentlich ansteigen. Es gibt 14 Euro drauf, damit überwintere ich mit dem Stand von 81 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-11-09

Wiederholter Systemausfall

Es ist ernüchternd, wie Borussia Mönchengladbach in dieser Saison zwischen den Extremen wandelt. Gerade noch ein dominanter und schön herausgespielter Sieg gegen Stuttgart, nun wieder eine ziemlich verdiente Niederlage in einem Spiel, das man von der ersten Minute aus der Hand gegeben hatte. Hilflos und planlos begegnete die Farke-Elf - einmal mehr - in der ersten Halbzeit einem begrenzt spielstarken, aber physisch pressenden Gegner, verlor nahezu jeden Zweikampf gegen die Bochumer und brachte sich durch eigene Unzulänglichkeiten schon nach 11 Minuten deutlich in Rückstand. 

Es dauerte 15 Minuten, bis zum ersten Mal der gegnerische Strafraum betreten wurde, 30 Minuten, bis das zum zweiten Mal gelang. Und auch in der zweiten Hälfte musste es erst die 62. Minute werden, bis ein eher zufälliger Ballgewinn durch den vom Gegner angeschossenen Jonas Hofmann dessen Stürmerkollegen Marcus Thuram erreichte und der Alassane Plea gut einsetzte. 

Das Anschlusstor verlieh Borussia neuen Schwung gegen müder werdende Bochumer. Dass es dennoch nicht mehr zum Ausgleich oder zu mehr gereicht hat, lag zum einen an dem ungenauen Pass-Spiel, das sich auf Gladbacher Seite durch die ganze Partie zog.
Zum anderen lag es aber auch an der Situation in der 82. Minute, als das 2:2 durch Bensebainis Kopfball fiel, aber Minuten später durch VAR und Referee Daniel Schlager wieder kassiert wurde, weil Flankengeber Jonas Hofmann im Abseits gestanden hatte.
Das stimmte zwar. Doch weil der Bochumer Lampropoulos zuvor den Ball ziemlich unbedrängt im Strafraum zur Seite geklärt hatte, hätte er diese Abseitsstellung zugleich von strafbar zu nicht strafbar geändert. Hätte, weil es auch hier natürlich Regelauslegungen gibt, die so weich sind, dass sie von jeden Schiedsrichter in alle Richtungen auslegbar und damit immer zu rechtfertigen sind.

Vor der Saison wurde die Regel dahingehend geändert, dass ein "kontrolliertes" Spielen des Balles durch den Abwehrspieler vorliegen muss und nicht eine eher zufällige Berührung ausreicht, das Abseits aufzuheben. So schoss Erling Haaland einst gegen Paderborn ein äußerst umstrittenes Tor, weil dem gegnerischen Spieler ein Ball übers Schienbein gerutscht war, während der Dortmunder Stürmer meilenweit im Abseits stand.
Um solche Dinge künftig zu vermeiden, wurde hier nachgebessert. Doch wie man sieht, nützt das alles nichts, wenn Schiedsrichter nicht zwischen einer kontrollierten und unkontrollierten Ballaktion unterscheiden können. Daniel Schlager begründete das Annullieren des Tores nach dem Spiel damit, dass der Abwehrspieler bedrängt gewesen sei und deshalb kein kontrolliertes Spielen des Balles möglich gewesen sei. Das ist - Entschuldigung - der größte Bullshit, den ich seit langem gehört habe. Bei einer Standardsituation, bei der ein Ball in die Mitte des Strafraums gespielt wird, gibt es keine Situation, bei der ein Spieler völlig unbedrängt zum Ball gehen kann. Die Bewegung und das Spielen des Balles war hier in dieser konkreten Situation insofern völlig normal, auch wenn Lampropoulos den Ball nicht so traf, wie er wohl wollte. Davon eine Abseitsentscheidung abhängig zu machen, ist absolut abenteuerlich.

Dass es mich bei diesem Schiri nicht wundert, ist dessen sonstigem Auftritt geschuldet. Auch diesmal lieferte Schlager eine unfassbar einseitige Spielleitung ab, was sich sehr gut an der völlig unterschiedlichen Bewertung von Zweikämpfen der Stürmer Hofmann (Bochum) und Thuram (Gladbach) ablesen lässt, aber auch an grob falschen Bewertungen wie dem Freistoß gegen Scally, als ihm Antwei-Adjei in die Füße fiel. Es ist unglaublich, dass ein Schiedsrichter, der so wenig Verständnis für das Spiel hat, zu einem (auf dem Papier) Vertreter der deutschen Schiedsrichterei auf internationaler Ebene gemacht worden ist.

Aber zurück zu Borussia. Denn es wäre zu einfach, die Gründe für die Niederlage beim Schiri zu suchen. Schließlich hätte sich Hofmann auch in der strittigen Szene schneller aus der Abseitsposition bewegen können, dann hätte es die Diskussion nicht gegeben.

Und man hätte sich nicht von Bochum so auf dem falschen Fuß erwischen lassen müssen. Es ist schwierig nachzuvollziehen, warum Kramer und Co. gegen lauf- und physisch starke und (über-)hart in den Zweikämpfen agierende Gegner gefühlt immer wieder die gleichen Fehler machen, beziehungsweise nicht zu ihrem Spiel finden. Warum sie nicht in die Zweikampfintensität des Gegners kommen. Warum sie sich nur noch mit langen Bälle nach vorne befreien können. Warum sie gerade auf solche intensiven Anfangsphasen, die leicht vorhersagbar sind, nicht vorbereitet sind. 

Heute war das besonders fahrlässig, weil im Tor ein Debütant stand, gegenüber dem es besonders unfair war. Natürlich presste Bochum agressiv auf den Neuling Jan Olschowsky, natürlich griffen sie den ungelenken Marvin Friedrich im Spielaufbau früh an. Aber es kam auch zu wenig Unterstützung von den anderen Mitspielern. Elvedi stand in der Anfangsphase völlig neben sich. Möglicherweise war er auch nicht fit. So wirkte es auf mich zumindest. Doch gerade die Leistungsträger und die älteren Spieler waren es heute wieder, die mit den groben Fehlern oder mit schwachen Zweikampfwerten auffielen. 

Und so gab es am Ende heute nur einen Lichtblick, und das war jener Jan Olschowsky, der sich nach den frühen Nackenschlägen sehr aktiv im Spiel zeigte und immer wieder auch schnelle Spieleröffnungen versuchte. Er war durch den Spielverlauf auch oft zu langen Bällen gezwungen. Und auch wenn viele nicht ankamen, gefiel mir die Präzision und die Schärfe der Abschläge. Das war angesichts der Umstände ein mehr als ordentliches Debüt, auch wenn Olschowsky sich nicht mit großen Paraden auszeichnen konnte. Einziger Malus war der Pass auf Elvedi vor dessen Vorlage zum Bochumer 2:0. Das Zuspiel war nicht besonders gut, doch Elvedi hätte es natürlich ganz anders lösen können und müssen.

So, wieder stehen wir also nach einem solchen Spiel etwas ratlos da und fragen uns, wann der Lerneffekt einsetzt und wie sich die Mannschaft in der nächsten Partie verkauft. Es ist wirklich alles drin in dieser Wundertüte. Aber ich muss zugeben, dass es ganz schön an meinen Nerven zerrt.

Saison 2022/23, Bundesliga, 14. Spieltag: VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach 2:1. Tor für Borussia: 2:1 Plea.

Ein Tor = ein Euro. Neuer Spendenstand ist 67 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-11-05

Zaubern, zittern, zusammenhalten

Heute können wir mal wieder zufrieden und ein bisschen glücklich sein. Ja, natürlich war im Spiel gegen zeitweise sehr starke Stuttgarter auch diesmal einiges zu bemängeln. Der Gegner legte den Finger in so manche Gladbacher Wunde. Das Spiel stand so bis zum Schluss auf der Kippe, und es wäre ohne den Sippel-Reflex kurz vor Schluss vielleicht sogar verloren gegangen. Und mit dem gleichen "Spielglück" wie im Union-Spiel wäre dieses Spiel heute wohl auch nicht zu gewinnen gewesen. 

Aber diesmal gelangen dafür auch viel mehr Dinge, die in den vorangegangenen Spielen schiefgegangen wären, mancher Ball sprang genau so, wie es Gladbach nutzte. Das Glück im Fußball ist eben ein wechselhafter Begleiter. Und dann gab es mal wieder einen Schiedsrichter, der sich trotz vieler kniffliger Zweikämpfe und Situationen seiner Aufgabe gewachsen zeigte.

Doch der Hauptgrund, warum Borussia am Ende siegreich aus dem Spiel heraus ging, hieß Borussia.

Endlich spielte die Mannschaft wieder mutiger und agierte zielstrebig nach vorn, setzte den Gegner unter Druck und zerlegte bei den Toren das Stuttgarter Defensivkonzept sogar mit akkuraten, feinen Schnitten. Die heute von Lasso Plea vorgelegten Treffer gehörten sicher zu den schönsten Kunstwerken, die in den vergangenen zehn Jahren im Borussia Park zelebriert wurden. Es lag an diesem Freitagabend schon ein Hauch von Arango und "Legenden-Spiel" in der Luft, als Gladbach die Stuttgarter in der Anfangsphase von einer Verlegenheit in die nächste stürzten.

Zur Wahrheit gehört selbstverständlich, dass die Gäste diesen Spielwitz und die Dominanz des VfL im Spielverlauf besser in den Griff bekamen und selbst immer wieder für Gefahr vor dem Kasten von Tobias Sippel sorgen konnten. Da hätte einiges in die Hose gehen können, wenn die Farke-Elf heute nicht so füreinander gekämpft hätte und gelaufen wäre. Es ist deshalb zwar nach dem Spielverlauf kein selbstverständlicher Sieg, aber ein dennoch verdienter Erfolg, der erstmal durchschnaufen lassen kann.

Meine besondere Zufriedenheit kommt dabei vor allem durch ein paar Nebenaspekte für Fußballromantiker.

Mit den Rückkehrern Manu Koné und Jonas Hofmann fehlte Daniel Farke heute immer noch eine erhebliche Zahl an Stammkräften. Aber die beiden bewiesen durch ihre hervorragende Leistung, welchen Unterschied sie im Spiel nach vorne und nach hinten für Borussia machen können.

Das letzte Innenverteidigeraufgebot spülte wiederum Tony Jantschke in die Startelf, eine äußerst seltene Konstellation. Es tat gut, ihn so kompromisslos und konzentriert wie immer zu erleben - vor allem, nachdem er bei seinem Kurzeinsatz gegen Union beim entscheidenden Gegentor keine so gute Figur gemacht hatte. Leider ist der Fußballgott aber auch heute wieder vor Ablauf der Spielzeit kaputt gegangen und wird daher möglicherweise weitere Einsätze verpassen. Das ist der Wermutstropfen, und die Verletzungsanfälligkeit zieht sich bei Tony leider schon durch die vergangenen Jahre.

Pluspunkte sammelte zum Glück auch Tobi Sippel, der seinen Kredit bei vielen Fans durch ein paar unglückliche Situationen gegen Darmstadt und Union offenbar schon verloren hatte. Umso mehr gönne ich ihm diese Monsterparade, mit der er das 2:2 verhinderte - wie auch immer er dies in der Szene gemacht hat. Es ist aber vor allem ein Lehrstück für all die, die Spieler bei der ersten Gelegenheit hochjubeln und sie sofort fallen lassen, wenn sie dann mal nicht wie erwartet abliefern.
Jeder im Kader ist ein Könner seines Fachs und ein wichtiger Teil des Ganzen - aber zugleich ein Mensch, der Fehler machen kann. Es wäre so schön, wenn das in manche Köpfe mal reingehen würde: Man gewinnt gemeinsam, man verliert gemeinsam. Und auch wenn man Fehler macht, ist man kein Versager.
Einen Spieler wie Marcus Thuram liebe ich dafür, wie er diesen Zusammenhalt auslebt, nach außen trägt und auch manchem in der Kurve den Spiegel vorhält, wenn er etwa nach dem 2:0 den Passgeber Plea hochleben lässt oder nach dem Spiel mit dem Sippel-Trikot in Richtung Fans feiert. Das ist eine intakte Gruppe, in der jeder jeden unterstützt und feiert. Und alle Fans sollten das auch tun.

Wie gut der Spirit im Team ist, wurde auch deutlich beim Schlusspunkt des Spiels, als der gerade eingewechselte Patrick Herrmann nach gefühlten Jahren endlich mal den Konter so zuende brachte, wie es sein musste, mit einem trockenen Schuss ins lange Toreck. Die gemeinsame Freude der anderen Spieler mit Flaco - das allein war das Zittern bis zum Schluss wert. Es war einer dieser Gänsehautmomente im Park, die zeigen, wie diese Mannschaft lebt, was sie kann und was sie erreichen könnte, wenn sie die Energie, den Willen, die Spielfreude und die Cleverness von heute dauerhaft auf den Platz bringen könnte.

So, zum Schluss gehen Grüße raus an den heutigen Referee Matthias Jöllenbeck, der aus meiner Sicht einer der talentiertesten seiner Zunft ist. Verbindliches, aber freundliches Auftreten, nicht aufdringlich, aber auch nicht aus der Ruhe zu bringen. Das wurde belohnt - trotz vereinzelter falscher Entscheidungen wie einem übersehenen Foul an Thuram direkt vor seinen Augen und zwei nicht ausgesprochenen Verwarnungen  gegen Anton und den absichtlich Hand spielenden Mavropanos, für den dies später zu Gelb-Rot geführt hätte. Insgesamt allerdings kam er trotz eher kleinlicher Regelauslegung mit wenig Verwarnungen aus, und das Spiel drohte dennoch nie auszuarten.

Vor allem behielt Jöllenbeck aber in den entscheidenden Szenen die Übersicht. Er gab zu Recht nur Gelb für Bensebaini bei dessen Befreiungsschlag vor einer Ecke gegen Anton, weil die Bewegung zwar heftig war, aber zum einen das Festhalten von Anton mit beiden Händen der Ausgangspunkt der Aktion war und Anton zudem dann eine ziemlich erbärmliche Schauspieleinlage abgab, als er so tat, als wäre er im Gesicht getroffen worden, was nicht der Wahrheit entsprach. Solche Sachen will ich nicht von Tikus sehen, aber schon gar nicht von einem gegnerischen Spieler.
Genauso richtig war die Entscheidung, keinen Elfmeter zu geben, als Scally im Duell mit VfB-Torwart Müller fiel. Wobei in beiden Szenen auch mal der VAR Tobias Welz Lob verdient. Denn gerade weil er Jöllenbeck bei der Bensebaini-Szene an den Monitor rausschickte und ihm so eine eigene Entscheidung ermöglichte, nahm er der Szene auch einiges an nachträglichem Erregungspotenzial.

Saison 2022/23, Bundesliga, 13. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart 3:1. Tore für Borussia: 1:0 Hofmann, 2:0 Thuram, 3:1 Herrmann.

Drei Tore bringen zwar nur drei Euro, das Spiel aber ein viel besseres Gefühl heute Abend. Neuer Spendenstand ist 66 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-10-30

Nachlassende Druckresistenz

 Es ist erstaunlich. In der Fußball-Bundesliga steht am 12. Spieltag zum wiederholten Mal eine Mannschaft an der Spitze, die fußballerisch Durchschnitt, von der Spielanlage ausrechenbar und vor allem und trotzdem immer wieder mit Wucht und Einsatz erfolgreich ist. Das reicht derzeit aus, um von ganz oben zu grüßen.

Das ist kein Kompliment für die Liga. Aber es ist auch irgendwie erklärbar, wenn man Woche für Woche sieht, wie sehr brachiale, rücksichtslose Zweikampfgewalt seit Jahren durch großzügige unparteiische Spielleitungen geradezu gefördert wird - gegenüber dem ballorientierten Fußballspiel. Aber das ist eine Grundsatzdiskussion, die für das Gladbacher Gastspiel in der Alten Försterei nur am Rande von Belang ist.

Denn Borussia hatte 45 Minuten eine Lösung gefunden, den Spitzenreiter vor fast unüberwindliche Probleme zu stellen. Und stand am Ende nach 97 Minuten leider dennoch als verdienter Verlierer da, weil man es in der zweiten Halbzeit nicht verstanden hatte, Union daran zu hindern, ins Rollen zu kommen.

Erste Hälfte: Man überließ Union - etwas unüblich für den Farke-Ansatz - mehr den Ball als es der eigene Kader vielleicht hergegeben hätte. Und da Weigl und Co. aus einer konsequenten, disziplinierten, wachen Defensiveinheit heraus mit viel Geschick agierten, war Union zunehmend ratlos und auch nicht so druckvoll wie sonst. Wenn es sich ergab, ging es möglichst zielstrebig nach vorn, allerdings auch diesmal wieder oft nicht sauber genug im Passspiel oder nicht zwingend genug.

Deshalb brauchte es schon eine Standardsituation für den nicht ganz zwingend erwarteten Führungstreffer durch Nico Elvedi, der fast ebenso schlecht verteidigt wurde wie später auf der anderen Seite bei den spielentscheidenden Szenen gegen Gladbach. 

Gleich in der nächsten Szene hätte Thuram nach feinem Alleingang auf 2:0 erhöhen können, doch sein Kopfball landete nur auf dem Tornetz. Hätte der Ball gesessen, dann wäre der Nachmittag möglicherweise einen positiveren Ausgang genommen. Zuvor hatten die Borussen auch etwas Glück gehabt, weil Khediras von Becker abgefälschter Weitschuss vom VAR zu Recht wegen Handspiels kassiert wurde. Doch sonst kam recht wenig von den Gastgebern, was der Gladbacher Abwehr um Torwart Tobi Sippel den Angstschweiß auf die Stirn hätte treiben können.

Das blieb auch nach der Pause zunächst so. Bis Trainer Urs Fischer nach einer Stunde mit Leweling, dem Ex-Gladbacher Sven Michel und Trimmel drei frische Kräfte brachte, die für viel mehr Bewegung und Druck auf den Gladbacher Spielaufbau sorgten. Die Farke-Elf wich zunehmend zurück und schaffte es den Rest des Spiels dann fast gar nicht mehr,  für Entlastung zu sorgen. Geschweige denn, einen Nadelstich zu setzen oder einen Konter ins Ziel zu bringen. Da kehrte sich der Match-Ansatz ins Gegenteil, weil Union zunehmend die eigenen Stärken durchbrachte, Gladbach die seinen aber gar nicht mehr.

Es wurde ein Spiel auf ein Tor. Oder anders gesagt: Es wurde ein Lange-Bälle-Hagel tief in die Gladbacher Hälfte, ein Zermürbungsspiel der Abwehr, die eine halbe Stunde nur noch damit beschäftigt war, einen geklärten Ball nach dem anderen aus dem eigenen Abwehrdrittel zu prügeln, der aber postwendend zurückkam. 

Union spielte nicht schlau, Union spielte nicht besonders effektiv, sondern auf Abnutzung beim Gegner. Und das zahlt sich eben oft am Ende aus - wenn man genug Kraft und Wucht aufbieten kann. Dass die Köpenicker stets über diese Qualität verfügen, ist unbestritten. Es ist ärgerlich, dass es auch in dieser Saison wohl wieder und wieder funktioniert.

Dass der FCU das Spiel drehen konnte, lag heute natürlich auch an individuellen Fehlern von Gladbacher Spielern. Aber ob es sonst zu einem Punkt gereicht hätte, weiß man auch nicht. Dazu war Borussia über das ganze Spiel hinweg (trotz guter Ansätze vor allem mit dem gut aufgelegten Nathan Ngoumou) zu wenig zwingend in des Gegners Hälfte. Und vor allem in der Schlussphase viel zu weit weg von einem kontrollierten Spiel.

Ja, Tobi Sippel sah beim Ausgleich und beim wegen Abseits kassierten Trimmel-Treffer gar nicht gut aus. Und er wirkte in dieser Phase überhaupt äußerst unsicher, als ob er die Bälle nicht gut hätte sehen können, die da in den Strafraum flogen. Andererseits können wir froh sein, dass Behrens beim 1:1 per Kopf das Tor traf, denn sonst wäre für Sippels Fausttreffer im Gesicht des Gegners ein Elfmeter und wahrscheinlich auch Rot statt Gelb die Konsequenz gewesen. Das hätte angesichts der Verletzungsmisere gerade noch gefehlt.

Beim Siegtreffer des Gegners sah die gesamte Abwehr schlecht aus, weil kollektiv verpennt wurde, dass Union die Ecke kurz ausführen wollte. Und in der Mitte kam Jantschke nicht ins Kopfballduell gegen Doekhi. Zuvor hatte Herrmann mit einem Freistoß in der Berliner Hälfte noch die Möglichkeit gehabt, mehr Zeit von der Uhr zu nehmen. Doch sein langer Ball flog weit an allen Gladbachern vorbei in die Arme des Torwarts und ermöglichte so noch einen schnellen Angriff, der schließlich in den verhängnisvollen letzten Eckball mündete.

Sippel, Herrmann, Jantschke: Das bedeutet, drei der erfahrensten Borussen waren in der Schlussphase nicht so recht auf der Höhe - obwohl zwei von ihnen ja gerade erst auf den Platz gekommen waren. Das war neben dem Last-Minute-Treffer eine weitere ernüchternde Erkenntnis. Es ist derzeit kein Impuls von der Bank zu setzen. Die Youngster wirfst du nicht oder nur in der Not in so ein Spiel, und die Routiniers liefern nicht. So bleibt nur die immer noch gut besetzte erste Elf, die über die gesamte Spielzeit gegen einen Gegner durchhalten muss, der aber fünf gleichwertige Wechsel vollziehen kann.

Insofern muss man heute bei aller Enttäuschung und bei allem Ärger ehrlich bleiben. Sommer, Lainer, Hofmann, Itakura, Neuhaus, Wolf und der gelbgesperrte Koné - diese Ausfälle sind für Borussia in Qualität und Kaderbreite nicht zu kompensieren. Hoffen wir, dass jetzt nicht noch Bensebaini dazukommt, der kurz vor Schluss verletzt rausmusste. Aber wenn man dies so konstatiert - ausdrücklich auch angesichts der heutigen taktischen Ausrichtung und des Spielverlaufs - dann muss man die Erwartungen auch entsprechend herunterschrauben. 

Es gilt jetzt die Zähne zusammenbeißen und die letzten drei Spiele vor der aus irgendwelchen Gründen diesmal monatelangen Winterpause zu überstehen, und das mit möglichst sechs Punkten aus den Partien gegen Stuttgart, Bochum und den BVB. 

Und dann geht es in Phase zwei des Farke-Projekts. Die umfasst die weitere Transformation in eine defensiv widerstandsfähige, fehlerarme und offensiv ballorientiert effektive Mannschaft. Ein bisschen davon haben wir - immer wieder phasenweise - schon gesehen. Daniel Farke hat durch diese sogenannte WM zumindest mehr Zeit als sonst, um Fortschritte zu erreichen. Inwieweit dies dann auch bei auslaufenden Verträgen auch von personellen Veränderungen begleitet wird und ob diese dann adäquat ersetzt werden können, ist mindestens genauso spannend.

Schiedsrichter Harm Osmers handele ich heute recht kurz ab. Er machte nichts Spielentscheidendes und passte sich auch nicht den teilweise grottigen Auftritten seiner Kollegen am Wochenende an. Aber er ließ dennoch genug zu kritisieren. 

Unverständlich fand ich vor allem am Ende die sechs Minuten Nachspielzeit - natürlich in Relation zu dem, was wir sonst so oft an Mini-Nachholminuten erleben. Gerechtfertigt war das aus meiner Sicht heute nicht. Wohl aber, dass Osmers die letzte Ecke noch ausführen ließ, weil ja in der Nachspielzeit der Ball auch noch einige Male geruht hatte. Aber auch da verhalten sich die Schiris ja selten einheitlich. 

Und sonst: Wie so oft begann er tatsächlich gut, war umsichtig in der Bewertung Gelb oder nicht, kam dann aber im Verlauf des Spiels in Schwierigkeiten, weil er es versäumte, irgendwann im härter werdenden Spiel Grenzen zu setzen.

Pech hatte Marcus Thuram, dass Osmers die ständige Festhalterei seiner Gegner nicht ausreichend würdigte. Glück hatte Tikis, dass er ihm für seine Aktion gegen den Torwart nicht Gelb zeigte, als er Rönnow den Ball beim Abschlag wegspitzelte. Falsch war das von Osmers trotzdem. Wahrscheinlich hätte er Thuram dann später auch nicht unbedingt wegen Meckerns verwarnt, als sich die gesamte Mannschaft bei ihm darüber beschwerte, warum er bei einer glasklaren Abseitsposition noch so unglaublich lange weiterlaufen ließ. Aber weiß man es? Wir haben ja schon weitaus kuriosere Platzverweise gegen uns gesehen.

Auf der anderen Seite hatten Ryerson und Michel Glück, dass Osmers nicht das in der Schlussphase durchaus angebrachte Gelb-Rot nach heftigen Fouls zückte. Das hätte den Angriffsdruck der Unioner vielleicht noch etwas bremsen können. Aber nach zwei zurecht aberkannten Toren der Gastgeber und einigen Szenen, die die Stimmung in der Alten Försterei hochkochen ließ, war er vielleicht dazu nicht bereit. Was am Ende auch immer einen kleinen Sieg der brachialen Zweikampfführung über den Fußball darstellt. Aber so ist der moderne Fußball. Stand heute könnte man damit sogar Meister werden.  

Saison 2022/23, Bundesliga, 12. Spieltag: FC Union Berlin - Borussia Mönchengladbach 2:1. Tor für Borussia: 0:1 Elvedi.

Ein Tor, kein Punkt - der Spendenstand erhöht sich leicht auf 63 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-10-23

Erst zu sorglos, dann zu ratlos

Oh Borussia! Wo geht es mit dir in dieser Saison hin? Es wird immer klarer, dass das erste Farke-Jahr nicht nur ein frischer Neubeginn mit einer angenehm anderen Fußball-Philosophie ist.
Es ist auch ein Übergangsjahr, das Hochs, aber auch immer wieder bittere Tiefs bereithält. Und bei dem man sich niemals sicher sein kann, was als nächstes kommt: der Griff nach den Sternen oder ins Klo. Heute gab es letzteren, und das hatte damit zu tun, dass man erst ein bisschen zu sorglos, und später etwas zu ratlos agierte. Das spiegelte sich im Ergebnis von 1:3 dann auch ziemlich exakt wieder.

Manchmal Fisch, manchmal Fleisch, manchmal Lauch - und manchmal irgendwas dazwischen. Borussia ist eine Diva geworden. Und insofern kam auch der bemerkenswerte vorbeugende Auftritt von Daniel Farke und Roland Virkus bei der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel nicht so ganz aus dem Nichts. Dort wurde wortreich darauf hingewiesen, dass man von außerhalb die bisherige Saisonleistung doch wohl ein bisschen zu negativ einschätze, obwohl doch das erste Heimspiel gewonnen wurde, die Bayern beim 1:1 geärgert sowie das Derby und das Spiel gegen Leipzig zu den Sternstunden dieser Saison zu zählen wären. 

Das stimmt alles. Aber die andere Seite der Medaille - die Spiele oder Spielphasen, die an die klaren Pleiten der Rose-/Hütterzeit erinnerten, waren eben auch schon dabei. Die wurden von Farke am Freitag blumig kleiner geredet und die Stärken größer, als sie vielleicht derzeit sind.
Das hat psychologisch möglicherweise auch seinen Sinn, damit die Mannschaft nicht selbst zu früh ins Grübeln kommt. Aber es ist auch gefährlich, wenn man es zu sehr für bare Münze nimmt.
Denn in einer Saison, in der offenbar jeder jeden - auch mal hoch - schlagen kann und viele Mannschaften in der Tabelle eng beineinander liegen, da kann das auch ganz schnell in eine ungute Richtung kippen.

Ich glaube, in dieser Unsicherheit - Angst will ich es nicht nennen -, beobachten viele Fans, darunter auch ich, von außen die schlecht vorhersehbaren Formausschläge der Mannschaft. Mehr ist es (noch) nicht. Die Borussen-Familie steht hinter dem, wofür Virkus und Farke stehen und was sie immer wieder betonen.

Die Fans verzeihen auch Fehler. Aber sie haben auch im Blick, dass das Abschneiden in der Liga nicht nur Ziel an sich darstellt, sondern vielleicht auch entscheidenden Anteil daran haben wird, ob und wieviele der Leistungsträger mit auslaufendem Vertrag auch mit Borussia in die darauf folgende Saison gehen wollen und werden. Dafür braucht es viele Punkte und am besten ein europäisches Ticket für ein paar Mehreinnahmen und als attraktivitätssteigerndes Mittel.
Und davon hängt wiederum noch mehr ab, nämlich ob Borussia in den kommenden Jahren den erreichten Stand halten können wird oder ob jedes Jahr wieder aufs Neue ein Existenzkampf in der Liga das wahrscheinlichste Szenario sein wird.

Jeder von uns weiß, welche Qualität die Spieler haben und dass sie sie dieser Tage nicht immer so ausschöpfen wie erhofft. Mal ist es Bensebaini, der neben sich steht, heute war es Marvin Friedrich, der gefühlt bei jeder gefährlichen Szene der Frankfurter schlecht aussah. Manu Koné kämpft mit der richtigen Balance im Spiel zwischen sicherem Ball und der risikobehafteten genialen Aktion, mit der er sich durch drei Gegner mogeln könnte. Joe Scally könnte eine Pause guttun. Und auch der treffsicherste im Team, Marcus Thuram, neigt dazu, eher mal die leichteren Chancen liegenzulassen und die komplizierteren zu verwerten.

Dazu kommt die Verletzungsproblematik, die sich durch Vorbereitung und Saison zieht. Heute waren die Optionen von der Bank besonders übersichtlich, weil Neuhaus, Hofmann, Itakura, Sommer, Lainer, Wolf passen mussten und so auch keiner der anderen Stammspieler mal eine echte Konkurrenz zu fürchten hatte.
Gut, dass Chris Kramer wieder mit dabei war und durchgehalten hat. Dennoch stand da natürlich immer noch eine konkurrenzfähige Elf auf dem Platz, von der man mehr erwarten konnte, als dass sie nach 45 Minuten das Spiel im Prinzip schon verloren hatte - und die auch nach Wiederanpfiff ganze 12 Minuten brauchte, bis Frankfurts Torwart Trapp den ersten leichten Ballkontakt der zweiten Hälfte hatte, weil Pleas Pass auf Thuram viel zu lang geriet. 

Was also passiert da manchmal? Was läuft schief?

Was unter Farke schon gut funktioniert, wurde auch an dieser Stelle schon ausgiebig gelobt. Der VfL kann hervorragend nach vorn kombinieren und sich über lange Bälle oder gute Standards auch mal aus der Verlegenheit helfen, wenn es gegen einen defensiv gut sortierten Gegner anders schwer fällt.
Die Qualität der Mannschaft ist unübersehbar, ebenso die gewachsene Widerstandsfähigkeit bei Rückständen oder unter Druck. Auch heute blieb sich das Team im geduldigen und oft auch zielgerichteten Spiel nach vorn treu, auch nach dem 0:3. 

Was der Unterschied zu manch gewonnener Partie war, liegt auf der Hand: Weniger Effektivität vor dem Tor, unsauberes Passspiel mit Ballverlusten, individuelle Fehler wie bei den Gegentoren - und eine gewisse Ratlosigkeit, wenn der Gegner den Plan ganz gut durchkreuzt.
So war Tikus heute weitgehend abgemeldet, der lange Schlag auf ihn war längst nicht so eine Drohung wie sonst - weil die Eintracht es verstand, ihn meist gut abzusichern. Auch das Pass-Spiel unterband der Gegner mit einer guten Raumaufteilung, viel Laufleistung - und jeder Menge Fouls.

So viele Fouls zogen die Spieler des VfL längst nicht - zur Halbzeit führte der Gast da mit sage und schreibe 13:4 und am Ende mit 20:9. Einerseits ist das natürlich gut. Andererseits zeigt es auch manchmal, dass man nicht gut genug in die Zweikämpfe kommt. Taktische Fouls wären etwa nach den Ballverlusten vor dem ersten und dritten Tor wichtig gewesen. Doch sie gelangen nicht oder wurden nicht gezogen. Auch deshalb war Borussia heute hinten so verwundbar. 

Frankfurt konnte dadurch zeigen, wie man mit Ballgewinn und mit nur zwei oder drei schnellen Angreifern die aufgerückte Gladbacher Defensive klassisch auseinanderschrauben kann. Und die Verteidiger von Borussia bekamen keinen Zugriff.
Es war fast ein Lehrstück, wie dies Kolo Muani und Lindström beim ersten (mit freundlicher Unterstützung von Koné und Friedrich) und beim dritten Tor umsetzten, und auch das eine oder andere Mal darüber hinaus.
Beiden Toren gingen relativ optimistisch gespielte Fehlpässe von erfahrenen Spielern (Stindl und Weigl) voraus, und anstatt gegen den konterstarken Gegner mit seinen sehr schnellen Stürmern sofort abzusinken, um nicht zu viele Räume in der Abwehr und zwischen Kette und Torwart freizugeben, ging jeweils der erste Schritt nach vorne, um den Ball möglichst schnell wieder zurückzuerobern. 

Das ist immer ein gewagtes Spiel - und wenn nicht alles passt, wie die Position der Mitspieler, die Entfernung zum Ballführenden und auch die Möglichkeit, einen Gegner zur Not mit einem Foul zu stoppen, dann kann das so ins Auge gehen wie heute.

Dass dazwischen auch noch das zweite Tor nach einer ganz schlecht verteidigten Ecke stand, passte zu einer ersten Halbzeit, in der Frankfurt in allen wichtigen Belangen überlegen war, es dennoch aber eigentlich mindestens 2:3 statt 0:3 hätte stehen müssen. Denn Borussia hatte eigene Top-Chancen, etwa durch Thuram, der allein vor dem Tor Trapp anschoss, anstatt ihn vielleicht besser mit einer Körpertäuschung zu umspielen. Gleiches galt für Lars Stindl, der von Kramer schön freigespielt wurde, aber zu überhastet und zentral abschloss, sodass auch da Trapp mühelos abwehren konnte.

Borussia mühte sich trotz des ernüchternden Spielstands sichtlich weiter, aber von einem spielerischen Feuerwerk, das die Gäste vielleicht hätte beunruhigen können, war das auch in der zweiten Halbzeit weit entfernt. Das Anschlusstor fiel eher unvermittelt, davor war eher der vierte Eintracht-Treffer erwartbar. Und das kleine Hoch nach dem 1:3, bei dem auch das Stadion stimmungsmäßig nochmal hochfuhr, wurde durch den Kabelsalat bei der Spidercam und der folgenden Spielunterbrechung wieder im Keim erstickt. 

Es war einfach so: Eintracht Frankfurt hatte heute das Spiel die meiste Zeit im Griff und fast immer die bessere Lösung. Der Sieg war hochverdient. Und in Gladbach muss man schnell Lösungen finden, um solche Gegner effektiver bespielen zu können. Der Blick auf die Verletztenlist hilft da wenig. Reißen müssen es jetzt die anderen. Hilft ja nix.

Nach zuletzt zwei in den entscheidenden Szenen patzenden Schiedsrichtern hintereinander konnte mich auch Daniel Siebert nicht wirklich überzeugen. Er hatte zwar keinen ganz groben Bock in seiner Spielleitung. Aber es waren die kleinen Dinge, die nicht passten. Wie gesagt: 13:4 und 20:9 lautete die Foulbilanz pro Frankfurt. Gladbach bekam dennoch drei Verwarnungen, die Eintracht nur zwei. Das spielt insofern eine Rolle, dass Koné und Weigl für ihr jeweils erstes Foul recht früh die Gelbe Karte sahen - wobei die von Koné von der Intensität ok war, die von Weigl nur zwei Minuten später gerade noch akzeptabel. Legt man dann noch den unabsichtlichen Tritt auf den Gegner-Fuß von Chris Kramer als Maßstab an - eine zweifelhafte Verwarnung -, dann stellt man fest, dass Siebert auf der anderen Seite doch sehr viel großzügiger unterwegs war. 

Hätte er diese Linie beiderseits durchgehalten, wären Kamada und Jakic mit hoher Wahrscheinlichkeit noch in Halbzeit eins duschen gegangen. Deutlich genauer nahm es Siebert wie so oft mit Formalien. Er unterband jeden Versuch, Freistöße schnell auszuführen, was bei dem Spielstand naturgemäß Frankfurt entgegen kam und Gladbach gar nicht recht war. Auch Einwerfende zwei Meter zurückzubeordern, ist sein Ding. Die vor der Saison als total wichtig ausgegebene Devise, konsequent Verwarnungen für Freistoßblockade-Aktionen oder den Ball wegtragen zu vergeben, hatte auch Siebert offenbar wieder längst aus dem Schiri-Commitment gestrichen. Aber was soll's - es passt ins Bild der letzten Wochen, war aber heute nicht der Grund für die Niederlage.

Den wirklichen Gründen dafür abzuhelfen, wird in dieser Trainingswoche Ziel sein müssen. Denn am kommenden Sonntag wartet Union Berlin. Und von denen ist ähnliches zu erwarten wie vom heutigen Gegner. Was meine Anspannung ob des weiteren Saisonverlaufs nicht wirklich lösen hilft.

Saison 2022/23, Bundesliga, 11. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt 1:3. Tor für Borussia: 1:3 Thuram.

Ein weiteres Thuram-Tor - nun steht die Summe bei 62 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-10-19

Schmerzhafte Wiederholungen

Enttäuschung de luxe, entscheidende Schiedsrichterschwächen, weitere schwere Verletzungen von Schlüsselakteuren und obendrauf eine oft erbärmliche Bildregie, die viele Live-Szenen verpennte. Meine Unterhaltungswahl für den Dienstagabend war da ganz offensichtlich die richtige. Statt die Top-TV-Partie im DFB-Pokal mit Beteiligung Borussias zu schauen, ging es für mich ins Konzert. Ich bin sehr froh drüber.

Deshalb gibt es hier von mir aber auch diesmal keinen ausführlichen Bericht über das Spiel, das ich mir nur nachträglich noch mal oberflächlich reingezogen habe.

Was wohl unstrittig ist, ist dass der Spitzenreiter der zweiten Liga das Spiel verdient gewonnen hat, auch wenn sich Borussia in der zweiten Hälfte gesteigert hat. Selbst die erste Halbzeit war nicht so schlecht, wie sie bisweilen gemacht wurde. Es gelang nicht, die Kontrolle über das Spiel zu erlangen, wie es von der Konstellation wohl das Ziel und die Erwartung war. Aber es war auch kein kompletter Kontrollverlust, wie wir ihn auch schon von Borussia gesehen haben.

Wieder einmal - und daran kommen wir nicht vorbei -  hat sich die Mannschaft aber (vor allem in der  Anfangsphase) von einem aggressiven und physisch starken Gegner aushebeln und die Butter vom Brot nehmen lassen - quasi mit Ansage. Insofern bin ich mir auch nicht sicher, ob es wirklich klug war, in Bensebaini und Stindl zwei Spieler auf der Bank zu lassen, die genau die Kampfqualitäten haben, auf die es gegen einen Gegner wie Darmstadt ankommt. Sei es drum. 

Immerhin war dieses Spiel bei aller Enttäuschung noch meilenweit weg von dem peinlichen Auftritt in Hannover in der Vorsaison. Borussia blieb offensiv bei sich, hatte zwar zu viele Unsauberheiten im Spiel nach vorn, aber durchaus auch Chancen, das Spiel anders zu gestalten.
Defensiv zeigten sich allerdings die gleichen Schwächen wie in den Spielen zuvor. Und wenn man dem Gegner die Torerzielung vergleichsweise leicht macht, dann reicht das eben auch mal nicht. Zumal gegen einen Gegner, der schon jetzt problemlos im unteren Tabellendrittel der Bundesliga mithalten können sollte.

Ebenso klar wie das unter dem Strich verdiente Ausscheiden scheint mir, dass zu einer Partie von Borussia wieder einmal ein Schiedsrichter geschickt wurde, der seiner Aufgabe in entscheidenden Momenten nicht gewachsen war. Robert Schröder war in seiner Leistung sogar fast eine Kopie von Benjamin Cortus wenige Tage zuvor in Wolfsburg.
Das wurde unter anderem an zwei Parallelen deutlich - einer unberechtigten gelben Karte gegen Weigl und natürlich dem größeren Aufreger, einem weiteren klaren Elfmeter, der Marcus Thuram versagt blieb. Der im Darmstädter Merck-Stadion war dabei noch klarer als der in Wolfsburg. Und das heißt schon etwas.

Vielleicht hätte da dann auch ein VAR geholfen. Das Problem liegt aber - wie diese beiden Spiele mit und ohne Video-Hilfe gezeigt haben - weniger am Kölner Keller als an dem Kollegen auf dem Platz, wenn dieser seine Arbeit nicht macht. Dazu gehört, dass man in Zweikampfbewertungen darauf achtet, ob überhaupt der Versuch gemacht wird, den Ball zu spielen oder ob es nur auf den Gegner geht.

Borussia leidet als spielstarke Mannschaft besonders unter solchen Gegnern, aber auch unter Schiris, die das nicht unterbinden. Dafür sitzt bei den Unparteiischen der Kategorie Schröder das Selbstvertrauen bombenfest, wie mit Drei-Wetter-Taft eingesprüht. Nach der Partie hatte der Referee immerhin die Größe, sich für den nicht gegebenen Elfmeter zu entschuldigen. Was für den Unterlegenen ein schwacher Trost bleibt.

Das Beste im Schlechten: Die Verletzungen von Yann Sommer und Jons Hofmann sind offenbar nicht so schwer, dass sie bis ins neue Jahr ausfallen. Beide können auch weiter auf ihre WM-Teilnahme hoffen. Ob sie in diesem Jahr aber noch für Borussia auflaufen können, ist sehr unwahrscheinlich. 

Und damit wird es spielertechnisch schon langsam merklich dünn im Kader. Dass die Nachrücker da noch nicht ganz mithalten können, hat auch der Abend gestern gezeigt. Aber da müssen wir alle jetzt durch. Das ist der Weg, den Borussia geht - und wenn man die verletzten Spieler nicht ausreichend ersetzen kann, dann wird es auch in der Tabelle weitere Rückschläge geben. Es ist ein Jahr des Übergangs, das wissen wir bei allem Vertrauen in das Potenzial dieser Mannschaft doch alle. Grund für Alarmismus gibt es daher noch lange nicht. Zumindest, wenn die richtigen Lehren auch aus Niederlagen wie diesen gezogen werden.

Saison 2022/23, DFB-Pokal, letzte Runde: SV Darmstadt 98 - Borussia Mönchengladbach 2:1. Tor für Borussia: 1:1 Netz.

Tja, das war dann schon der letzte Spendenbeitrag aus dem DFB-Pokal in dieser Saison. Ein mickriger Euro kommt dazu, nun also: 61 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-10-15

Zu wenig für mehr

2:2 in Wolfsburg. Mehr war drin, weniger auch. Gefühlt war es also das gleiche Spiel wie immer gegen diese komische Mannschaft in diesem komischen Stadion in dieser komischen Stadt. Am Ende ist keiner so richtig zufrieden, es gab wie immer viel auf die Knochen, viel Hin und Her zwischen den Strafräumen und auch wieder krasse Schiedsrichterentscheidungen, über die sich lange diskutieren lässt. Und an allen strittigen Szenen war natürlich traditionell auch heute Maximilian Arnold beteiligt.

Ich will mit dem Fußballerischen anfangen. Das war heute zu wenig für mehr. Insofern kann man am Ende ohne Zweifel von einem gewonnenen, vielleicht sogar glücklichen Punkt reden. Wolfsburg zeigte über weite Strecken das zielstrebigere Spiel, Borussia gelang es nicht - wie noch vor einer Woche gegen Köln -, bei sich selbst und den eigenen Stärken zu bleiben.
Das Spiel nach vorne war nicht zwingend genug und nicht sauber genug, um mehr Chancen oder Tore herauszuarbeiten. Das erste Führungstor war zwar als schöner Konter eingeleitet, zum Erfolg wurde es aber vor allem durch Thurams starke Einzelleistung, die Wolfsburgs Lacroix nur freundlich begleitete. Das zweite Tor resultierte aus einer Standardsituation.

Auch die wenigen anderen Szenen, in denen es für das Tor von Coen Casteels gefährlich wurde, kamen vor allem aus ruhenden Bällen. Insofern war die Bilanz mit zwei erzielten Toren heute schon vorne schon recht effektiv gelöst.

Dass es dennoch auswärts nicht zum Sieg reichte, lag heute am gesamten Mannschaftsverbund, der gegen den Ball nicht die Griffigkeit zeigte, wie wir sie gegen Köln und Leipzig gesehen haben. Es war natürlich auch weit von der Bremen-Leistung entfernt, doch es war auffällig, dass die Farke-Elf die Außenbahnen und vor allem Wimmer auf der linken Abwehrseite nicht in den Griff bekam. Die Tore fielen gleichwohl von der anderen Seite aus, wo jeweils Paulo Otavio der Ausgangspunkt war. Es war allerdings trotz einiger kritischer Szenen kein alleiniges Bensebaini-Problem und auch kein Scally-Problem, sondern eins der kollektiven Verteidigung. Die haben wir schon deutlich cleverer und besser erlebt, und deshalb kann man auch nicht viel gegen die Gegentore sagen. Zudem gab es ja noch zwei Aluminiumtreffer und zwei, drei weitere wirklich hochkarätige Chancen der Gastgeber, in denen diese immer zu viel Raum vor und im Strafraum fanden.
Lag es daran, dass Kramer im Zweifel der bessere Löcherschließer ist als Plea, Stindl und Hofmann zusammen? Egal, Gladbach hatte heute nicht die Stabilität, mit der man nach den 90 Minuten lautstark zwei verlorene Punkte hätte beklagen können. Ganz und gar nicht.

Das Unentschieden geht also sportlich so voll in Ordnung. Was nicht in Ordnung geht, ist, dass - wieder einmal - der Schiedsrichter und sein "Helfer" im Kölner Keller Schicksal spielen durfte. Natürlich sollte ich mich nicht wieder darüber aufregen. Aber da ich nunmal auf möglichst genaue Einhaltung von Regeln und auch auf diese blöden Schlagworte namens Gerechtigkeit und Gleichbehandlung Wert lege, werde ich auch diesmal wütend, wenn ich über die Leistung von Benjamin Cortus und seinem VAR Markus Schmidt nachdenke.

Dabei will ich mich vor allem auf die eine Szene kurz vor Schluss beschränken, in der die ganze Krankheit des (grundsätzlich weiter von mir verteidigten ) VAR genauso deutlich wird wie die von Woche zu Woche variierenden Empathie-Gefühle von Schiris und die wechselnden und uneindeutigen Anweisungen ihrer Vorgesetzten. 

Ich sage (fast) nichts über die alberne Gelbe Karte für Julian Weigl, bei der die Intensität des Zusammenpralls fast vollständig von dem frontal anlaufenden und mit dem langen Bein von unten ausholenden Maxi Arnold ausging. Während Weigl darauf fokussiert war, den Ball mit einem langen Bein zu spielen, ging sein Gegner mit ebenfalls langem Bein und quergestelltem Fuß nur auf den Block. 

Ich hätte mir den Foulpfiff gegen Weigl auch noch gefallen lassen, wenn nicht im vorletzten Derby eine fast identische Situation (nur einen guten Meter höher, nicht am Boden) zwischen Ginter und Kainz genau aundersherum entschieden worden wäre. Damals trat der Kölner mit durchgestrecktem Bein auf den aufwärts geschwungenen Fuß von Matze Ginter. Das Spiel lief damals weiter und daraus resultierte das vorentscheidende 0:3.

Hauptsächlich geht es mir aber natürlich um die 83. Minute. Unstrittig ist, dass der Freistoß kurz vor dem Strafraum und die Gelbe Karte für Otavio eine Fehlentscheidung war, weil der Wolfsburger seinen Gegner hier fast nicht berührt, Thuram eher noch auf dessen Fuß tritt. Für den Schiri ist das schwer zu sehen, der VAR greift da auch nicht ein. Das ist unglücklich, aber schwierig zu lösen. Dass ein Spieler heutzutage von sich aus sagt, dass das kein Foul war, ist auch nicht zu erwarten. Es war auf jeden Fall eine Szene, die ich von dem Franzosen nicht sehen will und auch von keinem seiner Mitspieler. Es ist nämlich auch eine dieser Szenen, die es ihm bei vielen Schiris dann auch wieder schwer machen, echte Fouls für sich gepfiffen zu bekommen. Marcus, lass es künftig einfach! Du hast es nicht nötig.

Sei es wie es will: Hätte Bensebaini den Freistoß ins Tor geschossen, hätten wir jetzt große Debatten um diese Schwalbe im Zweikampf zuvor. Wolfsburgs Torwart Casteels bewahrte Schiri Cortus mit seiner Parade immerhin davor. Doch dank Maxi Arnold und dem Schiri-Team sind nun wir es, die sich zu Recht aufregen. Den zur Seite abgewehrten Ball erlief nämlich wiederum Thuram paralell zur Torlinie in Richtung Seitenaus. Arnold kam fast zeitgleich von der Seite in den Zweikampf, wieder mit vollem Körpereinsatz, mehr, um den Gegner und/oder Ball zu blocken, als selbst den Ball zu spielen. 

Und jetzt wird es kleinteilig, aber eindeutig. Thuram war schneller und hätte den Ball gespielt, wenn Arnold ihn nicht mit dem Blocken des Spielbeins in Schienbein-/Kniehöhe daran gehindert hätte. Der Rest des Zweikampfs war der Check und das Abrollen des Gladbachers ins Toraus - aufgrund der Intensität, mit der Arnold in den Gegner ging. Nur die erste, in der Zeitlupe glasklar erkennbare Berührung war allerdings ursächlich dafür, dass Thuram den Ball nicht und Arnold den Ball anschließend ganz leicht spielte, sodass dieser ins Aus rollte.

Jetzt könnte man anführen, dass Thuram auf dem Weg aus dem Strafraum war und somit keine direkte Gefahr für das Tor bestand. Dass Arnold den Ball spielte und sein Gegner nicht. Dass die Schiedsrichter ja weniger von solchen "leichter-Kontakt"-Elfern pfeifen wollten. Alles Bullshit.
Denn es gilt nach wie vor: Ein Foul an einem Angreifer im Strafraum ist Elfmeter. Ein Foul ist es überall auf dem Platz, wenn der Gegner durch eine klare Berührung des Gegners daran gehindert wird, den Ball zu spielen, egal ob mit Absicht oder nicht. Im Strafraum gelten auch keine anderen oder verschärfte Regeln für diese Banalität.
So war letzte Woche Hofmanns Tritt gegen Kainz ein unstrittiger, wenn auch unglücklicher Elfmeter. Und ebenso gibt es heute keine Kamera-Einstellung, die aus diesem Zweikampf von Arnold gegen Thuram kein Foul machen kann. Das ist eine Schwarz-Weiß-Entscheidung, Punkt. Und der VAR hat sie - warum auch immer - falsch bewertet.
Und das versaut mir die Laune, weil es immer wieder passiert und im Nachhinein dann mit irgendwelchen weichen Worten umgedeutet wird. Nein, es war nicht zu wenig für einen Elfmeter. Es war nach den geltenden Fußballregeln ein zu ahndendes Foul und somit Elfmeter.

Und natürlich: Wer weiß, ob das Borussia mehr eingebracht hätte heute. Gerechter war es ohne den Pfiff. Und natürlich sind solche Elfmeter nicht die, die wir sehen wollen. Aber so sind die Regeln nunmal. Deswegen bin ich so bedient heute. 

Und weiß trotzdem, dass es in erster Linie mein Team war, das es heute mit einer besseren Leistung in der Hand (und im Fuß) gehabt hätte, dass diese Szene völlig bedeutungslos geblieben wäre.     

Saison 2022/23, Bundesliga, 10. Spieltag: VfL Wolfsburg - Borussia Mönchengladbach 2:2. Tore für Borussia: 0:1 Thuram, 1:2 Thuram.

Zwei Thuram-Tore erhöhen den Zwischenstand auf 60 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-10-09

Mit Struktur zum Derbysieg

Ein schöööner Tag! Die Welt steht still, ein schöner Tag! Komm, Welt - lass dich umarmen, welch ein Tag!!"

Sagen oder singen wir es mit dem Song eines einstigen Gladbach-Sponsors: Nach drei Pleiten gegen die Rivalen vom Dom können wir endlich mal wieder einen Derbysieg aus vollem Herzen genießen. Dass das am Ende hochverdient war, muss nicht extra betont werden. Es war einfach so, da musste Gästetrainer Baumgart schon eine sehr exklusive Sichtweise um ein angeblich rotwürdiges Foul gegen Ljubicic bemühen, um wenigstens einen kleinen Zweifel daran zu säen, dass heute alles mit rechten Dingen zugegangen war. Immerhin: Am verdienten Platzverweis gegen Florian Kainz und auch am verdienten Derbysieg konnte der sichtlich gewurmte FC-Trainer dann auch nicht mehr vorbeidiskutieren.

Dass es so kam, und dass es mit 5:2 am Ende so klar wurde und auch noch hätte klarer ausgehen können - das war nach dem herben Dämpfer in Bremen in der Vorwoche weit weniger selbstverständlich.
Doch Daniel Farkes Team zeigte heute von der ersten Minute an, dass es erstens seine Lektion gelernt hatte und dass die Mannschaft zweitens eine andere, bessere Struktur zur Verfügung - und verinnerlicht - hatte als im gesamten Hütter-Jahr und auch im Vergleich zu den Zeiten, als es mit Marco Rose bergab ging.

Borussia spielte heute von der ersten bis zur letzten Minute das, was sie spielen kann und was sie spielen wollte. Das sah zwar nicht immer so aus, wie man es in einem emotionalen Derby vielleicht erwartet, aber es war das, was der Mannschaft gut tut und was sie stark macht.
Den Ball behaupten, den Ball in den eigenen Reihen halten, auch wenn das oft mit dem Spielen über den Torwart und die Innenverteidiger einhergeht und mitunter länger dauert, bis man den Weg in die gefährliche Zone des Gegners gefunden hat. Kein wildes und ungeordnetes Rauf und Runter auf dem Platz, was am Ende eher dem Gegner hilft als der eigenen Mannschaft.

Und: Zweifel gar nicht erst aufkommen lassen. Zwar war Köln in der Anfangsviertelstunde agiler und auch etwas zwingender im Spiel, doch der Abwehrverbund stand stabil und verhinderte wirklich große Chancen des Gegners. Denn zuallererst musste nach Bremen und in diesem prestigeträchtigen Duell heute hinten die Null stehen. Hier in Rückstand zu geraten, das hätte die Aufgabe heute sehr viel komplizierter gemacht.

Zum Glück fiel das erste Tor aber auf der anderen Seite. Etwas glücklich, als "Schulterkopfball" von Marvin Friedrich, aber in der Art auch wieder Derbylike, mit vollem Einsatz und dem nötigen Körpereinsatz. Ebenso überraschend und für Jonas Hofmann sehr unglücklich, fiel dann erst Kainz im Strafraum und anschließend das 1:1 per unstrittigem Elfmeter. Doch ich hatte heute in keiner Phase des Spiels nicht das Gefühl, dass die Mannschaft dadurch zu beeindrucken gewesen wäre.

Die Jungs um den von Minute zu Minute immer stärker das Spiel lenkenden Julian Weigl blieben dran und wurden noch vor der Pause belohnt. Ok, auch hier war es ein günstiger Umstand, dass der Elfmeterverursacher Kainz zuvor schon Gelb gesehen hatte. Die Überzahl erleichterte nach dem von Ramy Bensebaini sicher versenkten Elfmeter die zweite Halbzeit naturgemäß enorm. Aber auch die muss man erstmal so fokussiert runter spielen - gut, die Szene vor dem zweiten Kölner Tor nehme ich da aus, das war wirklich sehr schläfrig, aber auch nicht wirklich spielerheblich.

Die üblichen Borussen-Urängste, ob der Vorsprung nach einigen leichtfertig verdaddelten Chancen am Ende nicht doch noch verspielt werden würde, beendeten Stindl und Bensebaini mit ihren schönen Toren. Wenn man ein Haar in der Suppe finden möchte, dann war es erneut die Chanceneffektivität - und die etwas zu verspielten Versuche, den in dieser Phase taumelnden Gegner noch weiter auszuhebeln.

Zum Glück für den 1. Fußballclub aus K. nutzte Marcus Thuram aber heute nur seine letzte Torgelegenheit, und dies besonders sehenswert mit dem Außenrist. Die Chancen, die er vorher liegengelassen hatte, wären wahrlich leichter zu verwandeln gewesen. Es wäre aber wirklich auch schade darum gewesen, wenn er seinen Modeste-(Imita)Tor-Jubel vor dem Gästeblock heute nicht hätte zeigen können.

Aber sei's drum. Dieses Team hat heute durchweg überzeugt - kämpferisch, spielerisch, charakterlich. Und die Spieler haben uns damit auch die wichtigste Antwort auf das Rätsel aus der vergangenen Woche gegeben. Nämlich ob unsere Angst vor einer bei Druck regelmäßig auseinanderfallenden Mannschaft auch unter Farke berechtigt bleibt. Natürlich wird es immer wieder mal Rückschläge geben.

Aber nach der Erfahrung von neun Spieltagen unter Daniel Farke ist für mich der Eindruck: Nein, das 1:5 von Bremen war nicht typisch für diese Mannschaft. Die ist zwar von den Namen überwiegend noch die gleiche wie letztes und vorletztes Jahr. Aber sie hat eine andere Basis für ihr Handeln bekommen.
Eine Basis, die sehr gut zu ihr passt und aus der sie Stärke ziehen kann.
Und aus der es ihr auch leichter fällt, Schwächen auszuhalten und gegnerischen Stärken erfolgreicher zu widerstehen. Viel mehr kann man von einem neuen Trainer und seinem Team in dieser kurzen Zeit nicht erwarten. Die Spieler müssen an jedem Spieltag aufs Neue dafür wieder bereit sein. Heute hat man genau das in jeder Szene gespürt.

Ach ja: Schön, wenn man auch mal nix über einen Schiri schreiben muss. 

Deshalb jetzt einfach nur: Ein Hoch auf die Derbysieger!!

Saison 2022/23, Bundesliga, 9. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - 1. FC K*ln 5:2. Tore für Borussia: 1:0 Friedrich, 2:1 Bensebaini (FEM, Hofmann), 3:1 Stindl, 4:1 Bensebaini, 5:2 Thuram.

Nach einem solchen Spiel zahlt man doch gern. 5 Euro für die fünf Tore, zehn für die Derby-Genugtuung, das bedeutet 43 plus 15, also jetzt 58 Euro. Das macht einen Spieltagsschnitt von 6,44 Euro. Das passt schon.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-10-01

Zeitweise abwesend an der Weser

Ich sach ma so: Moin - jetzt wach, Borussia? Nach der Länderspielpause heute im Topspiel eine Viertelstunde zu lange geschlafen, und schon war der Abend zerfidelt und das Kind in den Bremer Brunnen gefallen. Diese unerklärlich schläfrige Auftaktviertelstunde war trotz ehrlicher und merklicher Bemühungen danach nicht mehr auszugleichen, und so steht am 8. Spieltag eine verdiente wie ernüchternde 1:5-Klatsche beim starken Aufsteiger Werder.
Immerhin eine Niederlage, die man dem grundsätzlich sympathischen Gegner nicht so krumm nimmt wie anderen - nicht nur, weil der SV Werder neben Borussia derzeit der einzige Rautenclub der Liga ist.

Ja, mit dem 1:5 hat sich die Farke-Truppe viel von dem eingerissen, was sie sich in den vergangenen Spielen mehr oder weniger mühsam aufgebaut hat. Das ist total ärgerlich. Es war aber auch nicht zu erwarten, dass Lars Stindl und seine Kollegen nun die Liga jede Woche so umpflügen wie beim 3:0 gegen Leipzig vor zwei Wochen. 

Dumm ist es aber schon, dass diese spielerischen Extreme nun ausgerechnet so nah beieinander lagen. Solche Rückschläge wie heute versetzen mich als gestählten Borussia-Fan immer in Unruhe. Die Angst, es könnte mit einem Schlag alles einstürzen, was eben noch so hoffnungsvoll erschien - sie ist immer dabei. Und gerade die hohen Niederlagen der letzten Jahre gegen Freiburg, Leverkusen, München oder Dortmund wirken da wie warnende Leuchtfeuer.

Dennoch nehme ich die heutige Niederlage ganz anders entgegen als die eben genannten. Denn es stand über 90 Minuten eine etwas neben sich stehende, aber füreinander einstehende Mannschaft auf dem Platz - eine Elf, die auch angesichts dieser Widrigkeiten zusammengehalten hat. Die Ramy Bensebaini wieder aufmunterte, wenn und obwohl der bisher so starke Algerier heute mehrere seiner Kreisligamomente hatte, wie bei den vorentscheidenden Toren zum 3:0 (eigentlich sein Assist) und bei seinem unerklärlich eleganten, seitlich eingesprungenen Eigentorkunstwerk zum 4:0.

Es war ein Team auf dem Platz zu sehen, dass sich treu geblieben ist, das den Weg weitergegangen ist - und auch wenn die Resilienz heute in entscheidenden Phasen unzureichend war - dennoch standgehalten hat. Weil Borussia das Spiel - gegen zugegebenermaßen dann weniger aggressive Bremer - später erheblich besser in den Griff bekam und sich wirklich genug Chancen herausspielte, um die Partie sogar noch bis zum Schluss offen zu gestalten. Bei einer normalen Chancenverwertung wäre eine spannende Schlussphase, vielleicht gar ein Punkt drin gewesen. Verdient wäre das dann auch nicht gewesen, aber das kümmert andere ja auch nicht.

Es war also ein anderer Spirit zu registrieren, als noch in den Endphasen der Übungsleiter Hütter und Rose. Es war allerdings auch deutlich, dass heute einfach zu viele Spieler zu viele Probleme mit sich und der Abrufbarkeit ihrer normalen Leistung hatten. Nicht nur der unglückliche Bensebaini, auch Scally, Stindl, Hofmann und andere waren alles andere als in Galaform. Daran lässt sich in einem funktionierenden Kollektiv aber besser arbeiten, als wenn irgendwann nur mit den Schultern gezuckt wird oder einer auf den anderen zeigt, wenn etwas in die Hose gegangen ist.

Und um fair zu bleiben: Das hatte natürlich heute auch sehr viel mit dem gut eingestellten Gegner zu tun, der die Gladbacher Schwächen gnadenlos aufdecken und auch effektiv ausnutzen konnte - so ähnlich, wie es dem VfL gerade erst gegen Leipzig gelungen war.  

Also: Ich bleibe positiv, weil der Farke-Weg für die Mannschaft der richtige zu sein scheint- nein: ist - und weil Rückschläge zu einer Entwicklung dazu gehören. Es hätte nicht so deftig sein müssen, das wissen alle. Aber besser so ein Schuss vor den Bug als viel Gemurmel, das die vorhandenen Schwächen nur kaschiert.

Sehr schnell klären muss die Mannschaft aber wichtige Fragen: Wie es sein kann, dass man die ersten 15 Minuen verschläft, obwohl man weiß, dass der Gegner in den ersten und letzten Minuten des Spiels besonders aktiv und besonders torgefährlich ist. 

Wieso die Zweikampfbilanz in der ersten Halbzeit kollektiv so unterirdisch sein konnte, das Absinken in der Verteidigung und die defensive Struktur überhaupt nicht funktionierte, und dann teilweise auch nicht konsequent nach hinten mitgegangen wurde, sodass etwa Ducksch beim 3:0 noch gemütlich auf den völlig freien Füllkrug querlegen konnte, wo weit und breit kein Gladbacher war, der ihn am Torschuss hätte hindern können. 

Oder wie es sein kann, dass man sich dieses Pressings, wenn es so konsequent gespielt wurde, nicht mal ansatzweise erwehren konnte. Antworten darauf sind deshalb so wichtig, weil ein solcher schwarzer Tag einmal passieren kann, aber nicht häufiger. Und natürlich, weil am nächsten Wochenende ein Gegner kommt, der genauso unangenehm zu spielen ist und der in diese Kerbe selbstverständlich auch gern reinschlagen möchte. So leicht wie heute sollte man es keinem Gegner nochmal machen - und schon gar nicht dem Erzrivalen aus K***.

An so einem Tag muss man sich mit dem Schiedsrichter eigentlich am wenigsten beschäftigen. Matthias Jöllenbeck hat aber ein Lob verdient, weil er relativ unsichtbar blieb und mit seiner Linie ziemlich gut durch kam. Das machten ihm die beiden Teams aber auch leicht, denn anders als so manch anderer Ligateilnehmer stand bei beiden stets der Ball im Mittelpunkt - nicht der Versuch, dem Gegner in jedem Zweikampf möglichst noch einen mitzugeben oder durch rücksichtsloses Spiel gar Verletzungen in Kauf zu nehmen. Die Borussen sind dessen eigentlich ohnehin unverdächtig. Aber gerade die Bremer bewiesen heute, dass man physisch, knackig und auch hart spielen kann und dabei doch nicht ständig die Verletzung des Gegners riskieren muss. Das hat mir sehr gefallen und lässt mich den Sieg des Gegners auch leichter anerkennen. 

Ganz am Rande lasse ich hier noch eine Sache zum Nachdenken fallen, die ich nie verstehen werde. Auch wenn ein Spiel entschieden ist, lege ich persönlich Wert auf Gleichbehandlung bei der Nachspielzeit. Jöllenbeck pfiff heute beide Halbzeiten ohne eine Sekunde Nachspielzeit ab - trotz sechs Toren, VAR-Überprüfungen, Verletzungspausen und ordentlich Zeitspiel vom Sportkameraden Pavlenka ab Minute 8. 

Klar, ich weiß, dass das pünktliche Abpfeifen bei solch klaren Ergebnissen - zumindest nach 90 Minuten - die Regel ist. Aber da am Ende in der Tabelle ja auch nur ein mehr oder weniger geschossenes Tor über Titel, Platzierung oder Abstieg entscheiden kann, ist dies aus meiner Sicht trotzdem nicht in Ordnung. Zumindest, wenn beide Teams noch sichtbar nach vorne spielen, was heute der Fall war (anders als beim 0:6 gegen Freiburg in der letzten Saison). Natürlich hätte das am Bremer Sieg heute nichts geändert, das ist mir schon klar. Aber ich finde, bedenkenswert ist es unabhängig von dieser Partie dennoch.

Saison 2022/23, Bundesliga, 8. Spieltag: SV Werder Bremen - Borussia Mönchengladbach 5:1. Tor für Borussia: 4:1 Thuram.

Nach einem solchen Spiel kann man für das Spendenkonto nicht viel erwarten. Ein Euro kommt hinzu, jetzt sind es 43 Euro. Hoffen wir auf einen zweistelligen Zuwachs am kommenden Wochenende. Dazu braucht es ja "nur" den Sieg im Derby.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-09-17

Ausgecoacht, abgekocht, zerkramert

Heißa, das hat Spaß gemacht! Hochverdient schießt Borussia den neuen Arbeitgeber des Vorvortrainers aus dem Borussia Park und zeigt dabei eine der reifsten Leistungen der jüngsten Vergangenheit.

Während Marco Rose bekannte Marco-Rose-Dinge machte, ersann das Trainerteam um Daniel Farke einen cleveren Weg, wie man dem Gegner trotz des noch immer ersatzgeschwächten Kaders doch das eigene Spiel aufzwingen könnte.
Ganz ehrlich: Die Lösung war pfiffig, unerwartet und genau nach meinem Geschmack. Da Nico Elvedi wieder fit war, musste Chris Kramer diesmal nicht mehr den Aushilfsinnenverteidiger geben. Dass Farke ihn aber von dort gleich als eine Art Zehner mit vielen Freiheiten neu einteilte, hätte sicher auch niemand von uns erwartet. In der defensiven Struktur hatte das vor allem den Vorteil, einen richtigen guten ersten Anläufer gegen die Leipziger Abwehr zu haben, der Marcus Thuram von dieser Aufgabe entlastete.

Dass Kramer, der diese Position ähnlich zuletzt wohl im WM-Finale 2014 kurzzeitig spielen durfte, trotz zweier Hofmann-Tore und einer Galavorstellung von Tikus wohl unangefochten Spieler des Spiels wurde, lag aber daran, wie gut er diese ungewohnte Rolle über 90 Minuten ausfüllte. 12,7 Laufkilometer zeigen an, dass er wie gewohnt überall auf dem Platz auftauchte, Lücken stopfte, aber auch aus einer höheren Position als sonst Angriffe mit inszenierte und sogar selbst gefährlich im Strafraum auftauchte - eine Rarität in den vergangenen Jahren.

Er war der heimliche Spielmacher und Taktgeber, und das, obwohl Borussia mit Julian Weigl und Manu Koné heute eigentlich schon zwei weitere Spielmacher auf dem Platz hatte. Mit dieser Flexibilität auf dem Platz kamen die Gäste zu keiner Zeit zurecht. Und vielleicht hatten sich sich auch davon blenden lassen, dass Borussia bisher zu den gemächlichsten Teams im Spielaufbau gehört hatte. Heute war das anders, da war viel Zug und Geschwindigkeit in Bällen und Läufen. Auch mehr Präzision in den Pässen. Und das macht dann auch den Unterschied bei dem, was am Ende auf der Anzeigetafel steht.

Man merkt von Spiel zu Spiel, dass diese Mannschaft zusammenwächst und verinnerlicht, für welchen Fußball sie stehen will, und diesen tragen die Spieler auch immer selbstbewusster ins Spiel - obwohl dank der Verletzungen fast jede Woche improvisiert werden musste. Bislang hatte das immer nur phasenweise geklappt, und Borussia verlor zeitweise auch etwas die Kontrolle über das Spiel. Heute nicht.

Und wenn ein Plan funktioniert, dann merkt man das auch Spielern an, die ab und an unwirsch und lustlos wirken, wenn es nicht so läuft. Marcus Thuram brennt wieder, er rennt und lacht und ist kaum zu stoppen. Aber auch Ramy Bensebaini hat seinen Spaß am Spiel zurück, wie er heute mit tollen Läufen und nicht zuletzt seinem technisch fein vollendeten 3:0 zeigte. Der Algerier ist einer der technisch besten Fußballer in diesem Kader. Und wird nicht ohne Grund immer wieder mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Doch in der Form dieser Tage wäre es ein Coup, wenn man auch ihn am Ende weiter in Gladbach halten könnte. Auch wenn das aktuell für Luca Netz keine gute Nachricht wäre.

Das ist aber Zukunftsmusik. Das Spiel heute war in jedem Fall eine Meisterleistung von A bis Z: von den Akteuren, taktisch und in der praktischen Umsetzung. Es gab kaum individuelle Fehler, die Mannschaft verteidigte klar und sicher und half und pushte sich in jeder Situation. Und sie spielte ihre Möglichkeiten nach vorne hervorragend aus. Der einzige Kritikpunkt ist, dass nicht noch zwei, drei Tore mehr auf die Anzeigetafel kamen. Und doch bleibt es ein Spiel, das zu diesem Saisonzeitpunkt und zu diesem noch immer frühen Stand nach der Verpflichtung eines neuen Trainers, eigentlich kaum perfekter hätte gespielt werden können.

Es ist, wie es ist: Marco Rose wurde mit seiner Mannschaft im Borussia Park so gut bespielt, dass auch personelle  Wechsel nichts an der Dominanz auf der einen und der Chancenlosigkeit der Leipziger auf der anderen Seite ändern konnten. Ketzerisch könnte man sagen, dass das ehemalige Trainerteam bis heute im Spiel keinen Plan B aufrufen kann, denn auch nach der Pause war außer fünf Minuten Strohfeuer mit einer guten Kopfballchance und ein paar Distanzschüssen nichts von RB zu sehen, was dieses Spiel noch in eine andere Richtung hätte kippen lassen können.

Man kann natürlich auch einfach sagen, dass Borussias Spielplan nichts anderes zugelassen hat. Das klingt und gefällt mir jedenfalls viel besser. Und angesichts dessen lässt sich genüsslich festhalten: Marco Rose wurde heute ganz fein ausgecoacht, abgekocht und zerkramert. 

 

Bleibt noch der Blick auf die Nebengeräusche. Nein, ich bezeichne niemanden als Hurensohn, das ist nicht mein Stil und deshalb stehe ich auch nicht hinter beleidigenden Plakaten, wie sie angesichts der Rose/Eberl/RedBull-Problematik heute in der Nordkurve auftauchten. Ich teile auch nicht den Brief des Fanprojekts, dem sich Sottocultura inhaltlich ja angeschlossen hatte.
Ich habe zum Thema Eberl vor einiger Zeit schon etwas geschrieben. Dabei bleibt es auch. Es ist bitter, ihn dort bald in Funktion zu sehen, zu Marco Rose ist mein Verhältnis dagegen längst nicht so emotional, und RB bleibt für viele Dinge ohnehin verachtenswert. Es ist aber immer eine Frage des Niveaus, auf das ich mich mit der Kritik selbst begeben will.

Protest ist gut, intelligenter Protest umso mehr. Der Protest gegen das Brausekonstrukt in Gladbach ist seit Jahren ausrechenbar, nervig und so hilf- wie wirkungslos. Niemand schlägt sich auf die Seite von Traditionsclubs oder stimmt in die Kritik gegen die RB-Maschinerie ein, wenn man ihm 19 Minuten lang die Ohren volltrillert oder auch mal ganz schweigt. Ich weiß nicht, wie es besser geht. Ich weiß aber auch: Provokation allein nutzt sich ab, und Provokation um der Provokation willen führt aufs falsche Gleis. Und es wird dich nie jemand dafür feiern, im Gegenteil.

Denn so wenig ich für das Hurensohn-Plakat übrig habe, es dient ja vor allem einem Zweck: die zu triggern, die sich davon angesprochen fühlen wollen. Nicht nur in der Fankurve werden Begriffe wie dieser inflationär gebraucht, und dies hat nur noch wenig mit der wörtlichen Bedeutung zu tun. Gerade der hier so hochgehängte Begriff, der in allen Stadien auf Timo Werner, Dietmar Hopp oder auch den jeweiligen Gegneranhang gemünzt durch Stadion gebrüllt wird, ist ein Klassiker für diese fortgesetzte Provokation.

Es ist ein seit Jahren fortgesetzter Kleinkrieg, den man führt, weil man sich in Fankurven wiederum vom inkonsequenten Verhalten von DFB/DFL gegängelt und getriggert fühlt, der zwar schnell zu handeln bereit ist, wenn ein Dietmar Hopp beleidigt wird, aber bei anderen (auch gravierenderen) Gelegenheiten nicht so genau hinschaut. Mit Prostituierten und ihrem Nachwuchs im eigentlichen Sinn hat das sehr wenig zu tun.

Nochmal: Ich heiße die Plakate von heute nicht gut, ich stehe inhaltlich nicht dahinter. Ich will sie nicht sehen. Sie sind aus meiner Sicht aber auch nicht so gravierend, dass ein Schiedsrichter theatralisch mit der Unterbrechung oder dem Abbruch des Spiels drohen muss. Vor wenigen Wochen waren in Rostock zum Beispiel erheblich diskriminierendere Banner unbeanstandet geblieben. Der DFB ermittelte erst im Nachhinein und nicht durch den Schiri auf dem Feld. Wie es ausgeht, ist noch offen. Und wir alle kennen aus verschiedenen Stadien auch Banner und teilweise Choreos mit "Tod den...".

Schiedsrichter Patrick Ittrich stellte sich heute hin und sagte, dass die Initiative zum Entfernen des Hurensohn-Plakats nur von ihm selbst gekommen sei. Ich will das nicht in Zweifel ziehen. Aber man dürfte sich gleichwohl bei DFB, DFL und den Schiedsrichtern schon die ganze Woche auf so ein Szenario vorbereitet haben - um auf inakzeptable Spruchbänder reagieren zu können, vielleicht aber auch mal wieder grundsätzlich ein Zeichen zu setzen. Sicher wäre gerade in Erwartung von Spruchbändern zu dieser Thematik andere geräuschlosere Wege ohne den großen Schiri-Auftritt möglich gewesen, um derartige Plakate zu verhindern oder schnell wieder zu entfernen. Am Ende ist der ganze Vorgang ärgerlich, weil der Kratzer am Image des ganzen Vereins hängenbleibt, aber der geht nunmal in erster Linie auf das Konto der Banner-Zeiger. 

Vollkommen absurd wird es aber, wenn Sky diese Sache dann während und nach dem Spiel noch zusätzlich zu skandalisieren versucht, obwohl man zugleich zuvor peinlichst genau darauf geachtet hat, diese Plakate dem Zuschauer komplett vorzuenthalten. Nach dem Spiel werden dann diese Spruchbänder plötzlich zitiert, es wird sich darüber empört und jeder Gladbacher Aktive vor dem Mikrofon zu einer Stellungnahme genötigt. Das macht aus einem Plakat, das im Normalfall im Stadion für ein paar Minuten und im übertragenden TV überhaupt nicht zu sehen ist, eine kleine Staatsaffäre. Es zeigt aber auch wieder einmal, dass die übertragenden Sender keinen unabhängigen Journalismus bieten, sondern ein Unterhaltungsangebot von Gnaden der Bundesliga-Macher.

Mal sehen, ob das Thema noch weitere Kreise ziehen wird. Ich hoffe nur, dass trotz der Länderspielpause dann doch das im Vordergrund bleibt, was die Mannschaft heute geleistet hat. Darauf aufbauen lässt sich jedenfalls ganz prima.

Saison 2022/23, Bundesliga, 7. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - RB Dosenpfand 3:0. Tore für Borussia: 1:0 Hofmann, 2:0 Hofmann, 3:0 Bensebaini.

Das dritte Zu-Null der Saison wurde auf eindrucksvolle Weise herausgespielt. Und da es gegen das Konstrukt aus der dunklen Brausewelt gelang, kommen zu den vier spielbezogenen Euro noch zehn Extra-Taler dazu. 14 Euro steigern die Zwischensumme auf einen Schlag um 50 Prozent auf jetzt 42 Euro. Und wir wollen nicht damit anfangen, was gewesen wäre, wenn mancher Mitspieler heute den Chris Kramer vor dem Tor besser eingesetzt hätte...

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.