2023-08-19

Aufregender Auftakt

Mut, Kampf, Leidenschaft, Effektivität - und jede Menge Fehler. Der Start in die Bundesligasaison war für Borussia ein wildes Auf und Ab. Am Ende steht ein 4:4, das in der Entstehung glücklich war, zumal Borussia in der Schlussphase kaum echte Akzente setzen konnte. Über die gesamte Spielzeit war es aber sicher verdient, vor allem nach einer sehr abgezockten Anfangsphase.

Das Spiel selbst war kein Burner, ein Spektakel der eher unansehnlichen Sorte. Augsburg hatte viel Ballbesitz, aber selten die Klasse, daraus große Gefahr für das Tor der Borussia zu entwickeln. Gefährlich wurde es vorwiegend nach Standardsituationen, auch wenn nicht alle Tore so fielen.
Die Gladbacher Defensive war dennoch viel zu oft am Anschlag, weil über Außen zu wenig Druck auf den Gegner gemacht wurde und auch das Mittelfeld zu oft preisgegeben wurde. Diese Abstimmungsprobleme waren auch schon in der Vorbereitung immer mal zu sehen, und es wird Zeit brauchen, bis da alles sitzt. Hatte vielleicht auch etwas damit zu tun, dass Itakura nach der Neuhaus-Rückkehr erstmals wieder in die Abwehr rückte und mit Wöber ein neues Innenverteidiger-Duo bildete.

Nach vorne hingegen bestätigten gerade die Neuen um Cvancara dagegen, dass sie Bundesliga-Format haben und aufmerksam und torhungrig sind, gewillt, Fehler des Gegners auszulösen und zu nutzen. Das Spiel nach vorne machte phasenweise richtig Spaß - bis in der zweiten Halbzeit mehr und mehr die Kraft, die Kreativität und Lockerheit auszugehen schienen. Insofern war mit dem späten Punch zum Punktgewinn auch fast nicht mehr zu rechnen.

Für mich war das ein nervlich anstrengender, aber sehr vernünftiger Auftakt. Da steht eine Mannschaft, die etwas will. Dass nicht alles klappt, oder wie im Fall von Luca Netz heute fast gar nichts, gehört zur Entwicklung dazu. Aus diesen Erfahrungen lässt sich aber lernen, und das scheint man bei Borussia auch zu tun. Ich freue mich jedenfalls schon auf die nächsten Spiele, obwohl ich angesichts der offensivstarken Gegner meine Bedenken habe, ob die Seoane-Elf da schon genug entgegenzusetzen hat.

Überschattet wurde das Spiel einmal mehr von Daniel Schlager. Der "Unparteiische", der in dieser Liga leistungsmäßig nichts zu suchen hat, aber immer wieder ran darf, schaffte über 103 Minuten eine vielleicht einmalig einseitige Regelauslegung zugunsten der Gastgeber. Er sah Phantomfouls, immer wenn eine Augsburger Blechbüchse sich - kaum getroffen - weinerlich am Boden rollte, vergaß dafür alle verdienten Verwarnungen für den Gegner (bis auf eine für Dorsch). Selbst als Pedersen Honorat an der Außenlinie einfach umflexte und damit einen erfolgversprechenden Angriff beendete, ließ er den Karton stecken - um die Karte 30 Sekunden später nach einem harmlosen Schubser im Gerangel vor einem Freistoß an Cvancara zu verteilen. Komplett daneben.

Dass seine größte Fehlleistung in diesem Spiel am Ende nur ein Randaspekt war, war der Konzessionsentscheidung zu verdanken, die Borussia den späten Ausgleich per Elfmeter erlaubte. Denn einen Elfmeter hatte Schlager auch in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit verhängt, mit Verspätung und nach VAR-Eingriff. 

Punkt 1: In der Situation entschied Schlager richtig, ließ das Spiel nach dem Zweikampf von Luca Netz mit dem Augsburger Engels weiterlaufen. Das war nachvollziehbar, weil es - wenn überhaupt - nur einen ganz leichten Kontakt gegeben haben konnte, der Augsburger sich dann aber sehr theatralisch fallen ließ. Aufgrunddessen hätte man sogar auf Schwalbe und Gelb erkennen können.

Punkt 2: Warum der VAR Tobias Reichel sich dann einschaltete, bleibt wohl sein Geheimnis. Nach allen Diskussionen über Eingriffsschwellen und Vorgaben, die es dank der häufigen VAR-Absurdidäten in den letzten Jahren gab, hätte hier NIEMALS ein Review empfohlen werden dürfen. Der Schiri ging darauf ein und schaute sich die Szenen zudem noch sehr lange an, bis er dann auf Elfmeter entschied.

Punkt 3: Diese Versagenskette zeigt einmal mehr das Elend der deutschen Spitzenschiedsrichterei auf, bei der es nur eine Handvoll Schiris gibt, die fußballverständig und souverän genug sind, sich über solche unangemessenen Eingriffe von außen hinwegzusetzen und bei ihrer Entscheidung zu bleiben, wenn es nötig und richtig ist. 

Alle Bilder gaben Schlager recht, dass dieser Zweikampf nicht elfmeterreif war. Trotzdem traute er sich nicht und fiel um. Dass der Druck auf den VAR immens ist, möglichst keinen Fehler im Unterlassen von Hinweisen zu machen, kann ich schon nachvollziehen. Dass der Sportkamerad Reichel aber auch nicht zu den guten Vertretern der Zunft gehört, wirkt sich dann aber insgesamt noch extremer und für den Sport katastrophal aus.

Zum Glück für Borussia zeigte Schlager dann aber am Ende auch nochmal auf den Punkt. Ganz klar: Dieser Elfmeter war genausowenig einer wie der für Augsburg. Beide Seiten können damit aber vernünftig leben, weil es letztlich eine "ausgleichende Ungerechtigkeit" war. 

Ich habe aber meine Theorie, warum der Schiedsrichter in dieser Szene nicht auch nochmal an den Bildschirm ging, um seine Entscheidung zu überprüfen. Die Befürchtung, in dieser entscheidenden und vergleichbaren Situation nochmal gegen Gladbach entscheiden zu müssen, könnte dazu beigetragen haben. 

Denn natürlich hätte eine vernünftige Review dazu geführt, die leichte Berührung von Vargas gegen Borges Sanchez nicht als strafbar einzustufen und den Strafstoß zurückzunehmen. Dass es einen "Treffer" gab konnte man an den Bildern nicht beweisen, man konnte es nur an Yvandros Gesichtsausdruck ablesen. Das reicht aber hoffentlich nicht einmal in Schlagers Kosmos nochmal zu einem Elfmeter.    

Wie auch immer. Mit dem 4:4 im Gepäck kann man auch diese Schiri-Katastrophe gelassener nehmen. Stattdessen steht verdientermaßen mehr im Fokus, was bei der eigenen Mannschaft gut und was nicht so gut war. Den Daumen über einzelne Spieler zu senken oder andere (zu) hochzuheben, sollten wir uns verkneifen. Es ist eine Mannschaft, die da heute auf dem Platz gestanden hat. Mancher hat mehr Probleme als andere, insgesamt wurde heute häufig zu viel Raum preisgegeben und zu langsam gespielt. 

Die Hitze mag eine Rolle gespielt haben, die noch nicht perfekte Abstimmung ebenfalls. Aber das wird. Das ist zumindest mein Eindruck. Was bleiben wird, ist, dass die Spiele der neuen Borussia wieder viele Nerven kosten werden. Aber wann war das nicht so?           

Saison 2023/24, Bundesliga, 1. Spieltag: FC Augsburg - Borussia Mönchengladbach 4:4. Tore für Borussia: 0:1 Itakura, 0:2 Cvancara, 1:3 Ngoumou, 4:4 Cvancara ("FEM")

Saisonspende: Vier Tore am ersten Spieltag und schon steht's 12 Euro.

Das gilt in der Saison 23/24: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Jonas Omlin oder einem anderen Torwart: 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 123 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

 

2023-08-11

Aber hallo, neue Borussia!

Danke Borussia, das war ein schöner Auftakt in das neue Spieljahr. Einen ungefährdeten Erstrundensieg im Pokal gegen einen Oberligisten musste man zwar erwarten können. Aber es hat dennoch schon richtig Spaß gemacht, der Mannschaft von Gerardo Seoane zuzuschauen. Eine Viertelstunde lang zeigte allerdings der Amateurvertreter den Profis, dass es doch einen merklichen Unterschied zwischen Testspiel und Ernstkampf gibt, wie es im Vokabular des Schweizer Trainers gern tönt.

Die giftigen Bersenbrücker standen in der Anfangsphase Weigl und Co richtig auf den Füßen, pressten konsequent und störten alle schönspielerischen Ansätze des VfL. Es hätte auch noch unangenehmer werden können, wenn die Gastgeber in der 8. Minute - verdient - in Führung gegangen wären. Doch zum Glück warf sich dem der neue Mannschaftskapitän Jonas Omlin zweimal resolut, gekonnt und erfolgreich entgegen. 

Danach gelang es den Borussen aber immer besser, das eigene Spiel zu entwickeln. Das lag auch daran, dass der Fünftligist einen Teil seiner Kräfte in der Anfangsphase gelassen hatte und dem Gegner den Rest des Spiels mehr und mehr Spielanteile und Räume überlassen musste.

Die Tore fielen irgendwann als logische Konsequenz der Überlegenheit und sie waren allesamt sehenswert. Im Spiel nach vorn zeigte sich schon sehr gut, wie Seoane die gewonnene Geschwindigkeit mit Ngoumou, Honorat und Cvancara hinter einem Pass-Strategen wie Alassane Plea (und in der zweiten Halbzeit auch  Flo Neuhaus) einsetzen will. Viele Angriffe verpufften zwar auch heute noch, weil Laufwege falsch eingeschätzt wurden oder Pässe unpräzise kamen. Doch es funktionierte vieles zwischen den Alten und den Neuzugängen in der Offensive auch schon sehr gut. 

Cvancara vergab zwar ein paar Chancen leichtfertig, doch er traf auch doppelt und legte einen Treffer auf. Darüber hinaus zeigte er das, was einen Mittelstürmer auszeichnet. Riecher für Situationen, Prellbock- und Ballbehauptungsqualitäten, den Mut für Schüsse aus allen Positionen und die nötige Schnelligkeit, um Gegenspieler ins Schwitzen zu bringen. Auch Ngoumou und Honorat haben in der Vorbereitung bewiesen, dass sie torgefährlich sind und zusammen so manche Defensive aushebeln können. 

Spieler des Spiels war für mich aber Alassane Plea, der nicht nur hinter den Spitzen den Ballverteiler gab, sondern zum Teil schon tief in der eigenen Hälfte Bälle sicherte und in die Umschaltbewegung gab. Der sich auch in der Defensive fleißig und zweikampfstark zeigte. Als Vorbereiter wird er in der neuen Saison sicher noch viel öfter glänzen. Ein Tor war ihm heute aber erneut nicht vergönnt, weil entweder der letzte Pass nicht genau genug kam oder ihn ein Abseitspfiff stoppte. Dennoch: In dieser Verfassung ist Lasso ein Schlüsselspieler für die Saison. 

Weniger souverän war der Eindruck, wenn es um die Verteidigung der eigenen Hälfte ging. Das sah in den Testspielen schon deutlich besser aus als phasenweise im heutigen Spiel. Unter Druck offenbarten Scally und Netz auf den Außenpositionen, aber auch die erfahreneren Innenverteidiger Marvin Friedrich und Neuzugang Maxi Wöber einige Unsicherheiten. Während letzterer sich im Laufe des Spiels stabilisierte, blieb Friedrich heute Unsicherheitsfaktor und damit den Beweis schuldig, dass er in die Bundesliga-Startelf gehört. 

Wenn sich im zentralen Mittelfeld die zwischenzeitliche Personalknappheit auflöst, wird Ko Itakura wieder in die Abwehr rücken. Und dann könnte es für Friedrich trotz ganz guter Testspielleistungen wieder nur für die Bank reichen, zumal Tony Jantschke in der Vorbereitung einen insgesamt erheblich sichereren Eindruck gemacht hat und endlich mal wieder richtig verletzungsfrei und fit wirkt.

Insgesamt lässt sich aber sehr positiov in die Saison schauen. Es läuft allerdings schon wieder fast zu glatt und harmonisch. Während das Management um Roland Virkus und Nils Schmadtke geräuschlos dafür sorgte, dass der enorme spielerische Verlust (Thuram, Hofmann, Stindl, Bensebaini) weitgehend oder mit etwas Fantasie für die Zukunft ersetzt werden konnte (Honorat, Cvancara, Wöber, Hack und Talente wie Ranos und Chiarodia), blieb die Mannschaft unter Seoane inder Vorbereitung unbesiegt und zeigte sich dabei geschlossen und leistungsfreudig wie lange nicht mehr. Eine neue Hierarchie bildet sich und es scheinen alle an einem Strang zu ziehen.

Doch was diese Eindrücke wert sind, zeigt sich erst, wenn ein paar Spiele des recht happigen Startprogramms in der Liga absolviert sind. Erst dann wird man wissen, in welche Richtung sich Borussia in diesem Jahrorientieren kann und muss. 

Das Schöne ist: Es macht bisher sehr viel Spaß, diese neue Borussia zu begleiten. Und es gibt Hoffnung, dass die Neuerfindung der Fohlenelf funktionieren und mitreißen kann, selbst wenn die Ergebnisse nicht immer so sein werden, wie kühne Optimisten sie sich ausmalen möchten. Es wird eine schwierige Saison, aber wir alle können uns hinter dieser neuen Mannschaft versammeln, weil wir uns mit ihr identifizieren können. Das ist schon viel wert.

Nun noch ein paar Worte in eigener Sache: Zwei Monate war hier Sommerpause, und das ganz bewusst bis zum ersten Pflichtspiel. Ich habe diese Auszeit gebraucht, und ich habe mich emotional auch noch weiter vom Fußball-Zirkus (Geschäft ist ja schon fast verniedlichend) entfernt. 

Ich fiebere immer und auch weiterhin mit Borussia mit. Aber die Entwicklung der Rahmenbedingungen, die nur die bestehenden Machtverhältnisse im internationalen Fußball und an der Spitze der deutschen Bundesliga weiter zementieren, lassen mich die Wettbewerbe immer weniger ernstnehmen. Im Normalfall werden Teams wie mein VfL keine Titel mehr holen, das ist mir klar, und das verdirbt den Reiz am Wettbewerb. Die Perversitäten im Transfermarkt werden weitergetrieben, bis irgendwann das ganze Kartenhaus zusammenfallen wird. Aber auch das berührt mich immer weniger.

Deswegen werde ich auch hier nicht mehr so viel Energie reinstecken wie bisher. Einmal aus den genannten Gründen des aus den Fugen geratenen Fußballsystems. Zum anderen aber auch, weil ich nach einem Jobwechsel beruflich ziemlich gefordert bin. Weil ich häufiger das Gefühl habe, dass ich mich nach zehn Jahren wiederhole. Und weil ich Zeit für andere Projekte gewinnen will, die mir auch wichtig sind. 

Im Gegensatz zu den Jungs von Mitgedacht mache ich keinen kompletten Schnitt. Ich werde aber nicht mehr so regelmäßig und zeitnah nach Schlusspfiff zu jedem Spiel etwas schreiben. Habe ich mir zumindest vorgenommen.

Was bleibt, ist meine Saisonspende, die führe ich unverändert fort. Und es gibt hier auch immer noch genug zu lesen, denke ich. Mal sehen, was Borussia dafür so hergibt diese Saison. Die Spiele sind heute jedenfalls schon mal sehr positiv eröffnet worden. Das macht Mut.     

Saison 2023/24, DFB-Pokal, 1. Runde: TuS Bersenbrück - Borussia Mönchengladbach 0:7. Tore für Borussia: 0:1 Honorat, 0:2 Ngoumou, 0:3 Cvancara, 0:4 Cvancara, 0:5 Honorat, 0:6 Hack, 0:7 Ranos

Saisonspende: Sieben Tore und ein Zu-Null sind ein guter Start in die Spendensaison. Es geht mit 8 Euro Pokal-Vorgabe in die Bundesliga-Spiele.

Das gilt in der Saison 23/24: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Jonas Omlin oder einem anderen Torwart: 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 123 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.