Eigentlich wollte ich dazu gar nichts schreiben, weil es bisher nur ein Gerücht ist, das zugebenermaßen nicht so ganz abwegig erscheint. Ob es stimmt, dass Max Eberl ein knappes Jahr nach seinem abrupten und tränenreichen Abschied aus Gladbach ausgerechnet beim Konstrukt aus Leipzig anheuern will, weiß ich nicht. Aber sicher erscheint mir, dass der Tag näherrückt, an dem Max Eberl wieder in seinen Beruf einsteigt, und das definitiv nicht bei Borussia Mönchengladbach. Also können wir uns alle auch langsam damit beschäftigen, was das mit uns machen würde.
Max Eberl hat Verdienste um Borussia, die nicht hoch genug einzuschätzen sind. Er hat den Verein aus seiner langen Grauen-Maus-Phase geführt, kontinuierlich dazu beigetragen, dass man Gladbach heute wieder ernstnimmt und mit Hochachtung von diesem Verein spricht, der nach seinen glänzenden Jahrzehnten im vergangenen Jahrhundert doch für viele Jahre den Kompass verloren hatte, wie man erfolgreichen Fußball spielt.
Ohne Max Eberl wäre Gladbach mit Sicherheit nicht der Verein, der er ist. Vielleicht gäbe es ihn auch nicht mehr auf diesem sportlichen Niveau, sondern er stünde in der zweiten, dritten oder gar vierten Liga vor ganz anderen Problenen, als wir sie in diesem Sommer vor uns sehen.
In dieser langen Zeit, die Eberl Borussia als Nachwuchskoordinator und Sportdirektor an vorderster Front mitgeprägt hat, hat er sich selbst kaum Pausen gegönnt. Was er richtig oder falsch gemacht hat und inwiefern ihn die Schuld am Scheitern der Phasen Rose und Hütter trifft und ob es noch einen anderen Weg gegeben hätte als dieses Aus mit Knalleffekt - das will ich hier gar nicht diskutieren.
Sicher ist: Es gab einen Punkt, an dem Max Eberl für sich selbst handeln musste. Er hat im Januar entschieden, Hals über Kopf seinen Posten zu räumen, weil es für ihn und seine Gesundheit an dieser Stelle wichtig war und er den Eindruck hatte, dass das jetzt Vorrang hatte und anders nicht zu lösen gewesen wäre. Das muss man akzeptieren und respektieren, ungeacht dessen, was es an Schwierigkeiten für den Verein bedeutet hat und was die Vertragssituation an dieser Stelle dazu vielleicht noch hergibt.
Für
mich steht an erster Stelle der Mensch Max Eberl, und
deshalb würde ich mich zunächst mal darüber freuen, wenn er voller
Tatkraft zurück wäre und wieder für seinen Traumberuf arbeiten und
"brennen" kann. Auch wenn ich natürlich
weiß, dass dies wohl nie mehr zum Vorteil von Borussia der Fall sein
wird.
Denn er hat es sich ja nicht leicht gemacht. Er hat diesen Schritt gehen müssen und hat damit auch in Kauf genommen, dass man ihn am Ende seines Vertrages nicht für sein "Lebenswerk" in Gladbach hochleben und auf Händen aus dem Stadion tragen wird. Verdient hätte er genau das gehabt, für das, was er für und mit Borussia erreicht hat.
Er wäre vermutlich sogar der erste Gladbacher gewesen, dem man einen Wechsel in die alte Heimat zum FC Bayern nicht hätte übel nehmen können und wollen - bei aller negativen Aussagekraft, die dies für die Wettbewerbsfähigkeit von Vereinen wie Borussia gehabt hätte.
Und ich denke, irgendwann kommt auch die Zeit, wo man ihm - auf welche Art auch immer - ein verdientes Denkmal setzen wird. Dass dies nicht so bald sein wird, liegt daran, dass Max Eberls Geschichte in der Bundesliga vermutlich noch nicht vorbei ist. Und daran, dass das Ende des Kapitels für alle Seiten doch sehr unglücklich gelaufen ist.
Max Eberl hat - auch wenn das andere immer wieder so interpretieren - nie gesagt, dass er einen Burn-Out hat(te) oder dass er mit seinem Rückzug aus Gladbach auch seine Karriere als Manager oder Sportdirektor im Profifußball beendet. Es wäre ehrlich gesagt auch etwas zu viel verlangt, das alles aufzugeben - von einem nicht einmal 50 Jahre alten Vollblutprofi, der über so viele Jahre so viel Kraft und Engagement in seine Karriere im Fußball gesteckt hat und für den dieser Beruf ja sichtbar auch sein Leben war (und wieder sein soll). Warum sollte er das alles aufgeben, wenn er vor allem eine zeitlich begrenzte Auszeit brauchte, um wieder "der Alte" werden zu können. Nichts anderes hat er bei genauer Betrachtung bei seinem Abschied aus Gladbach formuliert. Und am Ende wissen wir alle auch nicht, ob er nicht nach seiner Auszeit nicht doch noch einen ganz anderen beruflichen Weg einschlagen wird.
Wenn Max Eberl aber tatsächlich bei der ungeliebten Vereinsimitation aus Leipzig anheuern würde, wäre das zuallererst seine Entscheidung und sein gutes Recht - mit der Einschränkung, dass das auch nicht ganz ohne die Zustimmung von Borussia laufen würde, das der Vertrag bislang ja wohl nur ruht und er erst "ausgelöst" werden müsste. Sicherlich würde das angesichts der Vertragssituation nicht ohne eine Ablösesumme für Borussia abgehen. Es wäre aber auch nicht angemessen, ihn bis zum Ende des Vertrages 2026 ganz daran zu hindern, einen neuen Job anzunehmen. Vor allem, da er seit seinem Ausstieg ja auch offensichtlich nicht mehr bezahlt wird.
Natürlich wäre es enttäuschend, wenn Max Eberl, der seine ganze Managerkarriere lang seine Last mit Konkurrenten wie Leipzig hatte, die mit nicht vergleichbaren finanziellen Mitteln ausgestattet sind und für die scheinbar andere Regeln gelten, ausgerechnet einen solchen Player verstärken würde. Und dann noch Leipzig, das ein knallrotes Tuch für jeden traditionellen Fußballfan darstellt. Das von und nur durch den unangenehmen Brauseunternehmer lebt, der sein kritikwürdiges Sportimperium inklusive Finanzierung von rechts- und schwurbeloffenen Medien unaufhaltsam wie ein Krebsgeschwür in die verschiedenen Sportarten und Ligen fräsen lässt.
Andererseits wäre das - aus sportlicher Sicht - der derzeit logischste Schritt für einen Manager vom Kaliber Eberl. Wenn er keinen Job im Ausland anstrebt, bleiben in der Bundesliga nur wenige Vereine, die ihm mehr bieten können als das von ihm mitgeformte Borussia Mönchengladbach. Beim FC Bayern sind die Slots gerade geschlossen, und dort wäre er auch immer nur einer von mehreren Entscheidern. Ruhiges Arbeiten - eher nicht. Gleiches gilt für den BVB, der seine personellen Mananger-Rollen ja auch gerade erst neu gefüllt hat, sowie für Bayer Leverkusen nach dem Abschied von Rudi Völler.
Viel mehr ist da nicht, wenn man annimmt, dass Max Eberl nicht noch einmal einen Verein von Grund auf so aufbauen will wie Borussia nach 2008. Es würde also leider einen gewissen Sinn ergeben, nach Leipzig zu gehen.
Wie gehe ich damit um? Mit unverbrüchlicher Dankbarkeit für das, was war - no hard feelings. Denn was mit seiner Hilfe wieder aus meinem Lieblingsverein geworden ist, ist kaum hoch genug einzuschätzen. Mit den besten Wünschen, dass er dort die Liebe zum Fußball und die Kraft zum Bestehen in seinem Beruf wiederbekommt, die ihm zuletzt fehlte.
Seinem neuen Verein (und somit ihm) sportlichen Erfolg zu wünschen, fiele mir beim Arbeitgeber RB Leipzig allerdings sehr schwer. Denn ich möchte nicht, dass der Weg dieses Vereins auf Dauer erfolgreich verläuft, weil er die Strukturen im Fußball zerstört und Beispiel für andere sein wird, die sich ebenfalls sportlichen Erfolg von Grund auf neu erkaufen wollen.
Es ist also kompliziert. Und käme es so, zerrisse es nicht nur ein wenig mein Herz, das gebe ich zu. Ganz frei von grummelndem Unbehagen wäre dieser Schritt aus oben angeführten Gründen für mich nicht, auch wenn ich ihn aus der Sicht der Person Max Eberl natürlich nachvollziehen könnte. Aber irgendwann im Leben muss man eben auch weitergehen, sich von Liebgewonnenem verabschieden und gute Leute in Frieden ziehen lassen, ob einem nun alles an dessen neuem Ziel gefällt oder nicht.
Es wäre in jedem Fall zu einfach, jemanden in Bausch und Bogen zu verdammen, weil er nun andere Wege geht und die letzten gemeinsamen Schritte nicht so gelaufen sind, wie es sich beide Seiten erhofft hatten. Am besten wäre es für unser Seelenleben sicherlich, wenn Max Eberl sein Comeback nicht in Leipzig feiern würde. Aber es ist wie mit Spielern, die ablösefrei gehen können, wenn sie ihren Vertrag erfüllt haben. Sie dürfen das. Auch wenn es uns nicht gefällt. Und trotzdem geht danach das Leben weiter.
In diesem Sinne: Tu, was du tun musst und wann du glaubst, es tun zu müssen, Max. Was du für Borussia Mönchengladbach getan hast, vergesse ich dir nie. Und ich werde mich bemühen, auch alle Schritte danach möglichst fair zu bewerten. Ob das immer glingt, weiß ich heute noch nicht.