29 Punkte, 4. Platz nach 17 Spielen: Das hätte nach dem Derby in Köln wohl kaum einer geglaubt und wohl auch nicht mehr zu hoffen gewagt. Doch es ist eine Tatsache, genauso wie der dritte Platz in der Vorsaison und Platz drei in der Tabelle, die die beiden Halbserien dieses Jahres zusammenzählt. Dort liegen nur Bayern und Dortmund vor dem VfL - das zeigt, dass 2015 ein außerordentlich gutes Jahr für den Verein war.
Die Mannschaft hat Lehrgeld gezahlt, hat sich unter widrigen Umständen in drei Wettbewerben behauptet, ist in den Pokalwettbewerben tragisch gescheitert und hat sich zurückgekämpft in die Spitzengruppe der Bundesliga und dort behauptet. So etwas geht nur, wenn es innerhalb der Mannschaft stimmt und jeder für jeden kämpft. Und dass das so ist, haben die Spieler heute einmal mehr gegen Darmstadt bewiesen. Dafür kann man als Fan nur ein inbrünstiges "Die Seele brennt" zurückgeben und ehrlichen Applaus spenden.
Ich freue mich darauf, die Jungs in der Rückrunde wieder erholt und frisch durchstarten zu sehen. Borussia 2015 - Ihr wart Spitze!
So, das waren die notwendigen Worte, um die heutige Leistung, aber auch die Niederlagen in der vorigen Woche, richtig in den Gesamtzusammenhang einzuordnen. Auch heute gab es viel zu kritisieren, aber auch vieles, was richtig gut war. Fangen wir mit dem irren Abnutzungskampf an, dem Borussia am Ende für sich entschieden hat. Diese Mannschaft brennt und sie ist auch durch Rückschläge nicht zu brechen - sie gibt nicht auf. Deshalb hat sich sich auch den aufmunternden Applaus vergangene Woche verdient.
Dass die Gäste mit ähnlich dreckigen Mitteln vorgehen würden wie vor ein paar Wochen Ingolstadt, war abzusehen. Bei jedem Zweikampf ging es in die Knochen. Wenn die Lilien gefoult wurden oder nur einen Kontakt spürten, wälzten sie sich theatralisch auf der Erde, forderten Karten. Ansonsten viel verbales Scharmützel mit einem Ziel: den Gegner zu provozieren. Der junge Schiedsrichter Brand hätte gegen eine solch eklige Spielweise von Beginn an vielleicht etwas besser durchgreifen können. Er tat es nicht, fuhr eine Linie, im Spiel viel laufen zu lassen und so nahm das Unheil seinen Lauf. Denn dafür war das Spiel zu giftig geführt. Dass Granit Xhaka wieder einmal die Nerven verlor und gegen Niemeyer herzhaft nachtrat, hatte einen ebenso berechtigten Platzverweis zur Folge wie es (sorry für die Häme) dem Gefoulten Recht geschah, der sich zuvor schon mit einigen fiesen Aktionen hervorgetan hatte.
Doch im Ergebnis war es eine erneute Disziplinlosigkeit von Xhaka, die vor allem die eigene Mannschaft traf. Und er selbst schafft es auf diese Weise ganz sicher nicht aus dem "besonderen Beobachtungsfokus" der Schiedsrichter heraus. Dieser Ruf wiederum führt auch immer wieder mal zu Strafen, die nicht gerechtfertigt sind. Bei dieser hier gab es nun wirklich aber keinen Ermessensspielraum und sie wird noch im Januar und Februar weh tun, wenn der Schweizer seine absehbare Sperre von mindestens drei Spielen abbrummen muss.
Doch nicht nur Granit Xhaka muss in dieser Hinsicht an sich arbeiten. Auch Lars Stindl stand am Ende nach einigen heftigen Aktionen kurz vor einem Platzverweis - zu viele Spieler ließen sich gegen die 98er und gegen Ingolstadt provozieren und aus dem Tritt bringen. Natürlich ist es schwer, immer ruhig zu bleiben. Aber auch das muss eine Spitzenmannschaft hinbekommen - sonst verliert in solchen Duellen zu oft der (gute) Fußball.
Für diesen Tag nehmen wir die Disziplin als verbesserungswürdig zur Kenntnis und freuen uns, dass Borussia im Anschluss in Unterzahl deutlich besser mit dem im Spielaufbau doch sehr limitierten Gegner zurechtkam als im Elf-gegen-Elf. Insofern hatte der Platzverweis heute eine vielleicht sogar positive Wirkung - es war demnach die sinnvollste sinnloseste Rote Karte in der jüngeren VfL-Geschichte. Denn während Borussia unbeirrt weiter kämpfte und spielte, bewiesen die Südhessen, dass sie in Überzahl kaum in der Lage sind, ein intelligentes Passspiel aufzuziehen oder den Gegner so unter Druck zu setzen, damit sie das Spiel frühzeitig entscheiden können.
Darmstadt lebt in der Offensive allein von Kontern, Standards oder Flankenbällen. Mit letzteren machte der VfL es ihnen heute allerdings bisweilen wieder zu einfach. Denn was die Anfälligkeit für Gegentore angeht, bleibt es dabei, dass Yann Sommer derzeit seinen Kasten nicht sauber halten kann. Heute waren es wieder zwei gruselig schlecht verteidigte Szenen, die zu den Toren von Heller und Wagner führten. Und wenn man beim entscheidenden Kopfball zu spät kommt, wie Nico Elvedi gegen Wagner vor dem 0:1 oder, wie Hazard vor dem 2:2, Heller unbedrängt flanken lässt, dann bekommen auch die guten Leistungen über die gesamte Spielzeit eine hässliche Schramme.
Aber auch hier darf man nicht vergessen, wie jung Elvedi, Christensen oder Dahoud sind und dass sie unter dem Strich richtig gute Leistungen bringen, für die sie in diesem Jahr noch gar nicht vorgesehen waren, zumindest, was die Häufigkeit der Einsätze betrifft.
Gut hat mir gefallen, dass André Schubert erneut taktisch das Spiel positiv beeinflusst hat. Durch den Wechsel Brouwers für Hazard und der Umstellung auf drei Innenverteidiger hatten Oscar Wendt und Julian Korb nach vorne noch mehr Freiraum. Und den nutzten sie. Imponierend fand ich zudem, wie vor allem Nordtveit, Wendt und Stindl, aber auch Raffael, nach Xhakas Ausscheiden die Mannschaft geführt und mit Kampfkraft und der richtigen Aggressivität den Ton vorgegeben haben. Dass Nordtveit sich dann mit einem so feinen Freistoßtor belohnt und der vergangene Woche noch so unglückliche "Oscar, Oscar Wendt" den befreienden Schlusspunkt setzt, freut mich besonders.
So bleibt als Fazit eine kämpferisch hervorragende, aber auch sonst insgesamt gute Partie des VfL, mit schnellen, guten Kombinationen, mit guten Chancen und letztlich auch genügend Toren für drei wichtige Punkte. Ein Happyend, über das man sich noch mal so richtig lautstark freuen konnte - eine Befreiung nach der deprimierenden Woche zuvor.
Nun ist es endlich auch mal Zeit, durchzuatmen, die irren Aufs und Abs der Vorrunde zu verdauen und im Januar frisch und fit wieder ans Werk zu gehen. Ich schließe mich dem an und wünsche allen Lesern meines Blogs - es sind inzwischen erfreulich viele (auch dafür heißen Dank!) - ein geruhsames Weihnachtsfest und alles Gute für 2016.
Aber eins kann ich als guten Vorsatz schon jetzt versprechen: Ich werde nie wieder schreiben, dass ich "so entspannt in eine Saison gehe wie noch nie", wie ich es im Sommer tat - nicht wissend, was da alles vor uns lag.
Bundesliga 2015/16, 17. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - SV Darmstadt 98 3:2 (20.12.15)
(Tore für Borussia: 1:1 Stindl, 2:1 Nordtveit, 3:2 Wendt)