Auf Wiedersehen Werder Bremen, auf Wiedersehen internationales Geschäft: Das 4:2 im Weserstadion war noch einmal ein Spiel, das alles veranschaulichte, wofür diese Saison bei Gladbach stand. Eiskalt und wunderschön herausgespielte Tore, schlampig hergeschenkter Kantersieg durch vergebene beste Chancen und naiv verteidigte Gegentore, dominantes Spiel und zugleich teilweise hilfloses Agieren in den kurzen Drangphasen der Bremer. Spielglück bei der Selke-Szene, die das Spiel grundlegend hätte verändern können. Klare Führungen, derer man sich plötzlich dann doch nicht mehr sicher sein konnte. Und am Ende dann doch auch überall enttäuschte Gesichter, weil der Sieg, der Bremen in die zweite Liga stürzt, für die eigenen Ambitionen nichts wert war.
Über das Spiel will ich an dieser Stelle nichts mehr schreiben. Es war ein vernünftiger Auftritt, der alle Zweifel daran schnell zerstreute, dass Borussia vielleicht mit einem weiteren uninspirierten Auftritt auch noch negativ im Abstiegskampf auffallen würde. Das war schon mal positiv. Für mich war die Saison ansonsten schon lange abgehakt, insofern hätte ich mich zwar gefreut, wenn es zum Schluss noch für die Conference League gereicht hätte. Aber es fällt mir auch leicht, anzuerkennen, dass andere in dieser Saison eben den entscheidenden Schritt besser und schneller waren.
Sicher, die Saison war nicht so schlecht, wie sie in den vergangenen Monaten erschien und gemacht wurde. Sie war aber eben auch nicht gut genug, um ausreichend andere Mannschaften hinter sich zu lassen.
Deshalb galt auch gestern mein Fokus mehr denen, die es im Rahmen des letzten Saisonspiels verdient haben, erwähnt und herausgehoben zu werden. Dazu gehört vor allem der Kapitän.
Lars Stindl kann zwar keine Gerd-Müller-Rekorde knacken, aber er ist für eine Mannschaft wie Borussia dennoch wichtiger als ein Lewandowski für Bayern München. Auch in dieser Saison ist Lars vorangegangen, trotz nicht einfacher Ausgangsposition hat er abgeliefert, als denkbar unangenehmer Gegenspieler, als Score und Vorbereiter.
Es freut mich so für ihn, dass er bester deutscher Torjäger in der Bundesliga geworden ist. Und es tut mir sehr leid für ihn, dass der Bundestrainer seinen Wert bis heute nicht erkannt hat. Nach den unglücklich verpassten Turnieren zuvor hätte er es verdient gehabt, diesmal dabei zu sein. Aber er ist auch alt genug, sich davon nicht mehr herunterziehen zu lassen. Und er wird auch in der neuen Saison eine wichtige Rolle für Borussia spielen.
Ein Lichtblick war für mich im Spiel in Bremen gestern ausgerechnet einer, der nun wirklich über die Saison viel hatte einstecken müssen: Hannes Wolf machte ein starkes Spiel, durchsetzungsfähig, mit Überblick und guten Lösungen. Und auch mal mit dem Foul zur richtigen Zeit. Ich hoffe, dass der Abschied von Rose für ihn auch eine Befreiung werden kann und er in der kommenden Saison endlich besser ins Laufen kommt.
Und damit komme ich schon zu denen, die wir im Sommer nicht mehr im Borussia-Trikot sehen werden. Die - wie vergangenes Jahr Raffael, Johnson und Strobl - vielleicht nicht mehr sportlich die allerwichtigsten waren, die aber für das Innenleben einer Mannschaft so wohltuend sind.
Gemeint sind hier natürlich in erster Linie Ibrahim Traoré und Oscar Wendt. Über Oscar ist im Prinzip alles geschrieben, er ist zurecht abgefeiert worden, weil er sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt hat und ein positiver, guter Typ ist, den man so erst mal wieder finden muss.
Gut, er hat auch mich mit seinen Kerzenabschlägen aus dem Strafraum, mit seinen Ausfallschritten, die keine Flanke verhindern konnten oder mit Flankenversuchen, mit denen er zielsicher den nächstgelegenen Abwehrspieler anschoss, viele Nerven gekostet.
Aber er steht auch für so viele gute Aktionen, für Duelle mit Weltklassespielern, die er konzentriert und gut in Schach hielt (im Verbund der gesamten Defensive natürlich), für tolle und wichtige Tore, für das Feiern mit den Fans in solchen Momenten. Für seine positive Ausstrahlung und Nahbarkeit. Und natürlich für die Standhaftigkeit, sich das Gemurre der Ost nicht einfach gefallen zu lassen. Deshalb kann man nur sagen: Tack för allt, Oscar!
Im Schatten dessen ging der Abschied von Spaßvogel, Dichter und Denker Ivo Traoré sträflicherweise ziemlich unter. Kurz nach Spielschluss teilte Ivo selbst über die sozialen Medien seinen Abschied mit, der Verein hatte dies noch nicht so kommuniziert. Der Dank, der ihm daraufhin unter seinen Posts zuteil wurde, ist sicher ein Trostpflaster, aber das Wie passt so ein bisschen zu dieser verkorksten Saison.
Sportlich hatte Ivo nie eine Chance unter Marco Rose, und vorher haben seine häufigen Verletzungen viele verhindert. Doch er war auf dem Platz jemand für die besonderen Momente. Und abseits des Rasens war er unzweifelhaft einer der wichtigsten Integrationsfiguren der Mannschaft für alle Neuen, vor allem aus dem französischsprachigen Bereich, inklusive Familienanschluss in der Familie Traoré. Ich finde es auch der besonders schade, dass jemand so still und ohne Fans gehen muss. Aber ich wünsche ihm, dass er nochmal einen Verein findet, bei dem er auf dem Rasen zeigen kann, was ihn auszeichnet. Dass das klappt, ist leider in der Corona-Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr, wie man an Raffael und Fabian Johnson sieht, die weiter vereinslos sind. Deshalb auch hier: Ich ziehe den Hut vor dir, lieber Ibo!
Alles Gute, ihr Beiden. Das gilt gleichermaßen für Julio Villalba, Max Grün und wohl auch für Michael Lang, die leider alle nicht beweisen konnten, ob sie einen Mehrwert für Borussia hätten darstellen können.
Und ja, ich gebe auch Marco Rose und seinem Trainerteam gute Wünsche mit auf den Weg. Ich bewerte das sportliche Abschneiden, aber ich bewerte auch die Menschen dahinter. Und bei aller Enttäuschung und Wut über das vorzeitig abgebrochene Aufbauprojekt, über schlechte Kommunikation und ungeschicktes Verhalten in der Öffentlichkeit, über das nicht zufriedenstellende Gesamtergebnis und auch die sportlich-taktischen Fehler, die ein besseres Saisonabschneiden gekostet haben: Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, dass Rose, Maric, Zickler und Eibenberger hier bis zum Schluss anständig und mit vollem Einsatz gearbeitet haben.
Erfolg im Fußball hängt von zu vielen Komponenten ab, als dass man die Schuld immer nur auf einen abwälzen kann und sollte. Es ist bequem, keine Frage, aber es führt nicht weiter, vor allem, wenn dieses Alibi in der nächsten Saison nicht mehr da ist.
Also, auch wenn das bei vielen nicht populär sein wird: Ich finde es wichtig, dass man sich auch anständig von Rose und Co. verabschiedet. Das gilt besonders dann, wenn man sich sonst zu den besten Fans oder zu einem besonderen Verein zählt. Das lebt Max Ebert mit jeder Faser seines Körpers vor, trotz all der Enttäuschungen, die auch er einstecken musste (sicher auch mit Marco Rose). Und dafür steht auch der Vorstand von Borussia.
Ich hoffe, dass die Sommerpause und die hoffentlich weiter fortschreitende Normalisierung des Lebens, unter anderem mit der Rückkehr von Fans in den Stadien, dabei hilft, sich auch von dem ständigen Einschlagen auf Rose zu lösen, wie es sich in vielen Beiträgen in den sozialen Medien besonders noch mal in dieser letzten Saisonwoche Bahn brach.
Ich habe mich auch maßlos über seine Entscheidung geärgert, über das Drumherum und natürlich darüber, dass danach irgendwie die Luft raus war aus der Saison. Aber relativ schnell habe ich für mich entschieden, dass ich das Thema jetzt nicht monatelang immer wieder wälzen will - weil es ja vor allem mich selbst immer wieder runterziehen würde. Und im Gegensatz zu Oscar und Ibo fällt mir der Abschied vom Team Rose selbstredend inzwischen sehr leicht. Das hätte ich - und wohl kein Gladbachfan - ziemlich genau vor zwei Jahren gedacht. Aber man lernt nie aus.
Also: Ich wünsche Marco Rose und seinem Team, dass sie woanders finden, was sie sich von diesem Schritt erwarten. Ich wünsche mir aber auch, dass unsere Borussia immer in der Lage sein wird, deren Teams die Grenzen aufzuzeigen.
Dazu braucht es allerdings gute Entscheidungen im Verein, einen klaren Kopf mit Blick nach vorne - und die Einheit aller, die hinter dem VfL stehen. Lasst uns nach dieser Saison auf Neustart drücken, aus der Zeit mit Rose für die Zeit ohne Rose lernen - und damit das Beste aus diesem Spieljahr machen, mit allen seinen Höhen und Tiefen!
Bundesliga, 34. Spieltag: SV Werder Bremen - Borussia Mönchengladbach 2:4. Tore für Borussia: 0:1 Stindl, 0:2 Thuram, 0:3 Bensebaini, 0:4 Neuhaus.
Saisonspende: Vier Tore zum Saisonabschluss bringen nochmal 2 Euro ein. Leider gibt es sonst keine Saisonabschlussprämien einzulösen. Eigentlich. Denn dass Lars Stindl bester deutscher Torschütze in der Liga geworden ist, ist mir die Torschützenkönigprämie von 30 Euro wert. Damit kommen wir auf 142,50 Euro. Auf die EM, die mich nicht sonderlich interessiert, will ich mit der Spende nicht warten. Da ich dort aber auch entsprechende Prämien für Tore und Vorlagen ausgelobt habe, runde ich präventiv auf 150 Euro auf. Über die Verwendung informiere ich in Kürze an dieser Stelle.
Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.