Die Rückkehr des Ex-Trainers in den Borussia Park mit der (in der Vergangenheit oft auch noch ungerecht bevorteilten) ungeliebten Namenscousine, eine schwierige Ausgangslage - Ergebniskrise, Verunsicherung, Verletzungen, launischen Auftritten und viel Unruhe. Und dann das: Die wahre Borussia zündete von Beginn an ein Feuerwerk an Mut, unbändiger Willenskraft, Kampfeslust. Und brachte so sehr schnell den Schulterschluss mit den Fans zustande. Das ganze Stadion stand endlich wieder wie ein zwölfter Mann bedingungslos hinter der Hütter-Truppe.
Das war eine richtig gute Erfahrung, ein wohltuendes Spektakel, das man nicht erwarten durfte oder musste. Es hatte seinen Ausgangspunkt aber auch darin, dass an diesem Abend sehr viel zugunsten des VfL zusammenlief.
Da war Adi Hütters Mut, weiter auf Netz und Scally zu vertrauen, dazu den ebensojungen Manu Koné ins kalte Wasser zu werfen und Kramer und Neuhaus draußen zu lassen. Und sofort wieder den wiedergenesenen Jonas Hofmann in die Startelf zu schicken, dessen Interviewaussagen unter der Woche für das eine oder andere Fragezeichen gesorgt hatten. Sein Kokettieren mit einem Wechsel und die freundlichen Wörter über Marco Rose irritierten den einen oder anderen. Doch auf dem Platz wurde klar, auf welcher Seite der Kreativspieler steht. Wie alles anderen lieferte er eine aufopferungsvolle, bemerkenswerte Leistung ab.
Doch wäre dies auch der Matchplan A gewesen, wenn Dortmund mit Reus und Haaland auf dem Feld gewesen wären? Man kann es sich kaum vorstellen. Denn gegen diese Kaliber wäre es sehr, sehr mutig gewesen, eine verspielt und vertikal nach vorn orientierte Doppelsechs Koné/Zakaria aufzubieten. Es war ein entscheidender Faktor, dass der Ex-Gladbacher und der nicht zu verteidigende Norweger fehlten. Und es legte offen, wie abhängig auch eine Mannschaft wie diese von einem oder zwei Spielern sein kann.
Der wahren Borussia konnte es recht sein, denn so brachte der Gegner - von Beginn an heftig beharkt - kaum etwas Notierenswertes hervor, Gladbach dominierte das Spiel, wenn auch mithilfe vieler Fouls und der konsequenten Unterbrechung des Spielflusses.
Nach dem Leverkusen-Spiel hatte ich Schiedsrichter Deniz Aytekin kritisiert, weil er nicht konsequent genug vorgegangen war. Gestern nun überzeugte er mich wieder, in einem deutlich schwieriger zu leitenden Spiel, bei dem er fast keine Fehler in der Foulbewertung und der Vergabe von Karten machte. Ein Knackpunkt des Spiels war dennoch durch ihn beeinflusst, der Platzverweis für Mo Dahoud. Man kann lange darüber streiten, ob das nun zu hart oder unnötig war, für das Abwinken nach dem Foulpfiff eine Verwarnung zu geben. Unzweifelhaft ist es regelkonform und auch die Begründung von Aytekin, damit ein Stück weit den fehlenden Respekt gegenüber den Schiris zu ahnden, kann ich gut nachvollziehen.
Allerdings ist der Eingriff in ein solches Spiel doch sehr hoch, und die Konsequenz durch die Riege der Schiedsrichter ist einfach nicht ausreichend da, um diese vereinzelten Exempel guten Gewissens gut zu finden. Da gibt es mal einen Stieler, der wie in Leipzig damals bei Plea völlig überreagiert, da gibt es einen wie den anerkannten und mit Autorität ausgestatteten Deniz Aytekin, der seine Entscheidung auch mit klaren Worten und Gesten erklärt. Es gibt aber auch viele Spitzenschiris, die sich eben keinen Respekt zu verschaffen vermögen, die sich anbrüllen lassen, und körperliche Distanz nicht durchsetzen und über Unsportlichkeiten leicht hinwegsehen. So lange es da immer nur ab und zu mal klare Kante gibt, werden solche Entscheidungen wie gestern immer ein Geschmäckle haben. Hätte es uns getroffen, wäre ich damit sicher unzufrieden gewesen, auch wenn Aytekin in der Sache sicher korrekt gehandelt hat. Denn entscheidend war die Ermahnung zuvor gegen Guerreiro, dessen Abwinken noch um einiges respektloser gewesen war.
Wie dem auch sei. Der Platzverweis war ein wichtiger Baustein dafür, dass das Spiel so lief, wie es lief. Denn es verschaffte der Hütter-Elf die Möglichkeit, relativ komfortabel die Kontrolle über das Mittelfeld zu behalten. Und da der BVB in den Duellen zuvor relativ oft die diskutablen Entscheidungen auf seiner Seite wusste, muss man auch nicht deswegen ein schlechtes Gewissen haben, zumal die Mannschaft sich den Rest ehrlich und mit großem Aufwand erkämpfte.
Es war ein emotionales Spiel mit viel Aggressivität und Hin und Her, und es war sicher kein spielerischer Leckerbissen. Vor allem war es keine Blaupause für die Saison. Es war eine Aufstellung und eine Leistung, die für den Abend im Borussia Park gepasst hat, auch wenn es wieder nicht gelang, den Sack frühzeitig zuzumachen oder die Partie gegen 10 Mann ohne nervenraubende Schlussphase mit der ständigen Angst vor einem doch noch drohenden späten Ausgleichstreffer herunterzuspielen. Jede Woche kann man so einen läuferischen Aufwand, gepaart mit einem oft gelbträchtigen Zweikampfverhalten, nicht leisten - oder zumindest kann man so nicht jedes Spiel siegreich gestalten.
Aber es war das richtige Signal zur richtigen Zeit. Auch gegen einen ungewöhnlich defensiv organisierten Spitzenclub aus Dortmund kann man Lösungen finden. Auch dann, wenn man selbst nicht die vermeintlich beste Elf aufbieten kann. Denn nicht nur dem BVB fehlten in Haaland, Reus und Brandt wichtige Kreativspieler. Borussia musste auch weiterhin auf Unterschiedsspieler wie Thuram, Bensebaini und Lainer verzichten.
Mehr möchte ich zum Spiel gar nicht schreiben. Es wäre müßig, aus einer geschlossen starken Mannschaftsleistung jemanden herauszuheben. Aber auffällig war dennoch, wie abgezockt und selbstbewusst Luca Netz und Joe Scally jede Herausforderung angehen. Bemerkenswerter noch, was für ein freches und starkes Debüt Manu Koné zeigte. Bei allen drei zeigt sich jetzt schon, dass hier eine gute Zukunft für Borussia heranwächst. Da hat Max Eberl wieder einiges sehr richtig gemacht, das zeigte die Partie gestern. Um die Jungs in den Himmel zu heben, ist es viel zu früh, aber das sind Spieler, denen man vertrauen kann. Etwas Angst hatte ich anfangs nur um den Routinier Tony Jantschke, der als linker Mann in der Dreierkette doch arge Probleme hatte, vor allem, wenn Bellingham über die Seite kam. Doch der Fußballgott, ohne Spielpraxis in die Startelf katapultiert, fing sich und lieferte schließlich gewohnt kompromisslos. Wobei er sicher nicht unglücklich darüber war, dass Dortmund lange in Unterzahl spielen musste und nicht so viele Angriffswellen über seine Seite inszenieren konnte.
Bleibt noch das Thema Marco R. Ich hatte viel Hässliches befürchtet, doch die Regie des Abends sorgte erfreulicherweise dafür, dass die Fanrache am Ex im Rahmen blieb. Ich bleibe bei meiner Position. Rose und sein Team haben zwei Jahre vernünftig und mit viel Aufwand für die wahre Borussia gearbeitet. Es lief nicht alles so erfolgreich, wie es hätte sein können, aber auch nicht alles so schlecht, wie es im Nachhinein gemacht wurde. Enttäuschung und Frust über den Abgang teile ich, Beleidigungen und Hass nicht. Es wird immer wieder schnell vergessen oder nur bei tragischen Anlässen wieder ins Gedächtnis gerufen, dass hier Menschen arbeiten, keine seelenlosen Roboter, denen man ohne Konsequenzen nahezu alles an den Kopf werfen könnte. Auch hier geht es letztendlich um das Thema Respekt.
Dass der Ex-Trainer erst zum Anpfiff im Innenraum erschien und wie er sich nach Abpfiff sofort auf dem Platz mit den früheren Spielern und Mitarbeitern umarmt und diesen gratuliert hat, das trug sicher genauso zu einem etwas unaufgeregterem Umgang im Stadion bei, natürlich noch mehr der ersehnte Sieg, der uns allen eine Genugtuung war. Aber es blieb auch genug Spielraum für die auf den Rängen, die ihrem Unmut Luft machen wollten. Ich denke, damit sollten alle leben können und auch dieses ständige Trara um die die Borussenseele verletzende Wechselaktion kann damit langsam ad acta gelegt werden.
Lasst und darauf konzentrieren, wie wir den Faden zwischen Mannschaft und Fans, wie er gestern wieder eindrucksvoll zusammengesponnen wurde, noch dicker und dauerhafter machen. Auf dem Platz, neben dem Platz, auf den Rängen - wenn es diese Einheit öfter gibt, dann ist mir vor den nächsten Wochen nicht bange.
Ach übrigens: ES GIBT NUR EINE BORUSSIA, eine Borussia - Borussia Mönchengladbach 1:0! ;-)
Bundesliga, 6. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - BVB 1:0. Tor für Borussia: 1:0 Zakaria.Saisonspende: Ein toll erkämpfter Sieg. Zwar nur ein Tor, aber da Dortmund und Zu-Null steigt der Jackpot erheblich: von 7 Euro um 12 weitere auf 19 Euro. Weiter so!
Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.