2022-04-23

Bedingt konzentrationsfähig

Das war wirklich sehenswert. Dreißig Minuten lang Borussia Mönchengladbach, wie es konzentriert verteidigt und etwas glücklich, aber auch effektiv einen überraschenden 2:0-Vorsprung beim Champions-League-Anwärter herausspielt. Und 90 Minuten lang der SC Freiburg, der den Gegner unbeirrt mit einer reifen Spielanlage bearbeitet, ihn sich langsam zurechtlegt - und dann ohne große Aufregung den Spielverlauf auf 3:2 dreht. 

Nur einen Fehler machten die Breisgauer in der zweiten Halbzeit. Sie nahmen Gladbach in der 93. Minute nicht mehr ernst, als die mit dem quasi letzten Angriff Herrmann anspielten und der eher aus einer Mischung aus "Wohin-mit-dem-Ball" und "Ist-ja-jetzt-auch-egal" in die Mitte flankte, wo sich Routinier Lars Stindl zwischen zwei Schlotterbecks hochschraubte und zu aller Überraschung zum 3:3-Schlusspunkt einköpfte. Ein schönes Tor zweier "Joker", das sich nun wirklich nicht mehr angedeutet hatte.

Dieses Endergebnis war nichts anderes als unverdient. Als Borussia selbst noch in der oberen Tabellenhälfte um europäische Startplätze kämpfte, mussten wir ja auch immer wieder solche späten und oft unverdienten Nackenschläge von sogenannten Underdogs hinnehmen. Deshalb nehme ich diesen unerwarteten Punkt natürlich heute auch gern mit. Ich habe aber auch eine angemessene Prise Mitgefühl mit den enttäuschten Freiburgern.

Eine Woche nach dem in allen Belangen enttäuschenden Derby war für mich der Ausflug der Hütter-Truppe in den Schwarzwald die ganze Woche über schon nichts, für das ich mich erwärmen konnte oder wollte. Vorfreude auf das Spiel, das ohnehin traditionell meist freudlos endet? Glatte Fehlanzeige. Ich machte dann heute Nachmittag das, was man als treuer Fan eben macht. Man guckt trotzdem.

Und da war die erste halbe Stunde durchaus geeignet, etwas mit dem blutleeren Auftritt gegen Köln zu versöhnen. "Warum erst jetzt?" stand dennoch in großen Buchstaben über diesen ersten 30 Minuten geschrieben. Gut, Adi Hütter hatte offensichtlich tatsächlich eine andere Taktik ausgegeben. Eine, mit der man spielstarken Teams wie dem FC Bayern oder manchmal dem BVB begegnen kann - wenn man es gut macht. Defensiv in 5-3-2-Ordnung kompakt stehen, die Räume verdichten und erst in der eigenen Hälfte zupacken. 

Das sah von Beginn an deutlich stabiler aus als das teilweise vogelwilde Halbpressen über den ganzen Platz, mit dem man sich sonst regelmäßig auskontern lässt. Es hatte auch damit zu tun, dass Jonas Hofmann in der Defensivordnung quasi auf einer Höhe mit den anderen zentralen Mittelfeldspielern Koné und Neuhaus agierte und damit zwischen Mittellinie und eigenem Strafraum die Räume zu- und Gegenspieler auf der gesamten Platzbreite gut gestellt werden konnten. So hatte Freiburg zwar mehr Ballbesitz, kam aber lange nicht so oft wie gewünscht in für das Gladbacher Tor gefährliche Räume.

Erleichtert wurde diese gute Spielphase des VfL durch den frühen Führungstreffer, der nach 14 Sekunden (!) durch Höflers Handspiel im Strafraum eingeleitet und nach drei Minuten durch Ramy Bensebaini sicher vollendet wurde. Zu den Entscheidungen, was wohl Elfmeter war oder doch nicht, komme ich später nochmal.
Komplett unerwartet war die Erhöhung des Ergebnisses auf 2:0 nach gerade einmal 13 Minuten. Florian Neuhaus gewann den Ball in einem robusten Zweikampf im Mittelfeld und der Ball kam so über Hofmann zum steil startenden Breel Embolo, der den Freiburger Abwehr-Shootingstar Nico Schlotterbeck in dieser Szene gekonnt abkochte und auch Torwart Flekken mit seinem Schuss in die kurze Ecke überraschte. Ein Tor nach schnellem Konter, gefühlt schon lange nicht mehr gesehen. Doch auch nach dem 2:0 blieb ich skeptisch, ob dieser Vorsprung für diese Gladbacher Elf bis zum Schluss zu verteidigen sein würde.

Leider blieb das 2:0 auch der einzige wirklich gute Gladbacher Spielzug bis zum 3:3 - sofern man die letzte Angriffsaktion als stringenten Angriff mit echtem Zug nach vorne werten möchte. Denn zu diesem Zeitpunkt schien sich die Mannschaft längst mit der erneuten Niederlage abgefunden zu haben und rückte auch minutenlang gar nicht mehr in voller Stärke nach. In den Minuten nach dem (lange vorhersehbaren) 2:3 in der 80. Minute war überhaupt nur wenig davon zu spüren, dass Borussia wenigstens nochmal Nadelstiche nach vorne setzen wollte. Das Spiel schien einfach so auszuplätschern, und das eher noch mit einem weiteren Freiburger Tor als mit einem der Gäste. Das sah die SC-Abwehr wohl ähnlich. So kann man sich täuschen.

Auf jeden Fall kam ungefähr nach 30 Minuten in der ersten Hälfte das, was seit Wochen früher oder später in Spielen der Borussia geschieht. Der Gegner analysiert das eigene Spiel, checkt, woran es hakt und reagiert taktisch darauf. Er kommt besser ins Spiel, bringt seine Stärken besser durch, und sei es nur, Standardsituationen zu erzwingen und diese dann ab und zu auch zu verwerten. Von Minute zu Minute kam Freiburg also besser ins Spiel, und es war positiv, dass Yann Sommer und seine Vorderleute den Anschlusstreffer bis zum Pausentee noch vermeiden konnten.

Danach aber kam das, was zu befürchten stand, solange sich der "Plan-A-only"-Trainer die Sache weiterhin nur anschauen wollte. Freiburg brauchte nach Wiederanpfiff vier Minuten bis zum Anschlusstreffer per "Foul"-Elfmeter und 16 Minuten bis zum Ausgleich. Besonders mühevoll sah das nicht aus, nur die Borussen hatten inzwischen ihre liebe Mühe, den Ball mehr als ein paar Sekunden aus der eigenen Hälfte oder gar dem Strafraum rauszuhalten. 

Das hatte auch damit zu tun, dass Freiburg in Höler einen beweglichen und agressiveren Stürmer einwechselte, der in vorderster Reihe allein durch sein Anlaufen für sehr viel Unruhe sorgen kann. Beobachter des 0:6 im Hinspiel könnten sich noch daran erinnern.

Den Trainer der Borussia störte das offenbar nicht weiter. Er griff erst in der 70. Minute steuernd ein, als er positionsgetreu Scally für Lainer brachte und statt Neuhaus den jungen Conor Noß, eher ein Zehner als ein Sechser. Fortan blieb Koné der defensivere Part, Noß und Hofmann waren eher als Achter unterwegs.

Warum zum zweiten Mal hintereinander nicht als erste Einwechseloption der Kapitän der Mannschaft ins Spiel kommt, muss Adi Hütter erklären. Ich kann es nicht. Und ich finde auch, dass man Conor Noß keinen Gefallen tut, wenn man ihm in solchen Spielphasen Aufgaben gibt, die er nicht erledigen kann. Man sah ihn auch diesmal nicht, zumindest nicht als Faktor im Spiel nach vorn. 7 Ballkontakte und 4 gespielte Pässe in 25 Minuten waren seine Bilanz. Lars Stindl, der fünf Minuten weniger spielte, kam auf 18 Ballkontakte, 11 Pässe und 2 Torschüsse - auf der noch offensiveren Position, auf der auch Noß sicher besser aufgehoben wäre.

Überhaupt fiel einmal mehr auf, dass die, die sich für Borussia nachweislich in jeder Situation zerreißen - also etwa Stindl, Herrmann und Kramer - bei Hütter derzeit offenbar nicht sonderlich hoch im Kurs stehen. Zweimal korrigierten jetzt hintereinander Verletzung auf dem Spielfeld seine Nichtberücksichtigung. Diesmal, weil sich Plea kurz nach der Einwechslung von Noß verletzte. Im Derby war es Benes, den Hütter die ganze Saison lang weitgehend ignoriert hatte, der vor Stindl rein und verletzungsbedingt leider gleich wieder rausmusste.

Insofern war die Koproduktion Herrmann-Stindl beim 3:3 sicher eine besondere Genugtuung für beide. Umso blöder, dass zu diesem Zeitpunkt die Begeisterungsfähigkeit der Gladbacher Anhänger, die sich unverdrossen auch diesmal in den Breisgau aufgemacht hatten, um die obligatorische Pleite zu erleben, schon ob des Spielverlaufs weitgehend erloschen schien.
Auch wenn ich Frust und Enttäuschung gut verstehen kann, weil ich selbst so empfinde. Aber das Verhalten mancher Fans erscheint mir nicht nur in dieser Szene nach dem Tor und nach dem Abpfiff wenig zielführend, um nicht deutlichere Worte zu gebrauchen. Hier nehmen sich manche vielleicht gerade noch wichtiger, als sie es den Aktiven auf und neben dem Platz immer wieder vorwerfen. Und das hilft keinem. 

Bleibt noch die Sache mit den Elfmetern. Natürlich war ich froh, dass der Handelfmeter gegeben wurde. Und natürlich ist die Entscheidung in der geltenden Regelauslegung auch korrekt. Allerdings: Wenn man damit argumentiert, dass zweifellos keine Absicht vorgelegen hat, was in dieser Saison besonders in der Auslegung von strafbaren Handspielen beachtet werden sollte. Und wenn man bedenkt, dass Höflers Armbewegung im Fallen auch keineswegs unnatürlich sondern dem normalen Bewegungsablauf folgend war, wäre auch ein Nein zu diesem Elfmeter korrekt gewesen.
Und da liegt das Problem. Wenn beide Auslegungen regelkonform wären, aber zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist die Regel so nicht akzeptabel. Im Sinne des Spiels ist es ohnehin nicht, für so ein Handspiel Elfmeter zu geben. Aber das ist ja noch eine andere Geschichte.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Elfmeter der Freiburger nach der Pause. Lainers Kontakt mit Höflers Fuß ist knapp seitlich, er ist kaum wahrnehmbar. Hätte Lainer den Fuß des Gegners voll "gestempelt", wie es so schön heißt, dann wäre der Strafstoß unstrittig. So reichte der Kontakt, um Höfler die Chance zu geben, einen leichten Elfmeter zu ziehen, in dem er sich im nächsten Schritt ziemlich auffällig selbst die Beine stellte.
Ganz ehrlich: Nirgendwo auf dem Feld wird ein vergleichbarer Kontakt abgepfiffen. Eine klare Fehlentscheidung war es auch nicht, weiterlaufen zu lassen, insofern bleibt einmal mehr die Frage, warum der VAR Robert Schröder überhaupt eingriff. Dass Benjamin Brand das am Monitor dann plötzlich auch zum Foul erklärte, nachdem er in der ersten Halbzeit mit einer doch sehr großzügigen Linie gepfiffen hatte und damit auch ganz gut gefahren war, erschließt sich mir dann gar nicht.
Möglicherweise ist da im Hinterkopf immer auch die Befürchtung, dass man im Nachhinein doch noch dafür kritisiert wird und deswegen lieber einmal mehr dem Einspruch des VAR nachgibt als einmal zu wenig.

Es wurde zwar im Spiel gar nicht thematisiert, aber der klarste Elfmeter wurde vielleicht überhaupt nicht gecheckt. Als Nico Schlotterbeck in der zweiten Halbzeit Jonas Hofmann im Strafraum klar abräumte, als der Ball beim Schuss gerade dessen Fuß verlassen hatte, ging die Fahne des Linienrichters hoch: Abseits. Für mich trotz des gerade so vorher gelungenen Schussversuches ein unstrittiges Foul (was natürlich auch schon häufig anders ausgelegt wurde). Das ist auch alles egal, wenn die vorherige Abseitsentscheidung korrekt war. 

Leider sah es in der einzigen Wiederholung, die gezeigt wurde, nach einer falschen oder zumindest knappen Abseitsentscheidung aus. Ob die Szene vom VAR geprüft wurde, ist leider nicht überliefert. Deshalb muss ich hier von einem klaren Elfmeter mit Fragezeichen sprechen und hoffen, dass irgendwann mal die kompletten Infos zwischen VAR und Feldschiri nachzuvollziehen sein werden. Sollte hier gar nicht gecheckt worden sein, wäre das ein Skandal. 

Bei aller Kritik betone ich aber auch, dass das den Spielausgang nicht merklich beeinflusst hätte. Freiburg hätte wohl auch ohne Elfmeter seine Chancen genutzt. Ob ein zweiter Elfmeter Borussia an diesem Nachmittag wieder in die Spur gebracht hätte, wäre zumindest fraglich gewesen. Ohne den ersten wäre es sicher heute schwieriger geworden, aus Freiburg etwas mitzunehmen. Mit dem einen Punkt im Gepäck, der den Klassenerhalt nun zu 99,99 Prozent gesichert hat, kann man diese Diskussion dann heute auch mal etwas entspannter führen.

Mal sehen, welches Gesicht die Mannschaft von Adi Hütter wohl in der nächsten Woche zeigt. Ob sie im Endspurt nochmal in der Lage sein wird, sich länger als eine halbe Stunde richtig zu konzentrieren. Und ob im Verein noch irgendwo ein Plan B rumliegt, wenn der Zugriff auf dem Spielfeld mal wieder verloren gegangen ist.           

Bundesliga, 31. Spieltag: SC Freiburg - Borussia Mönchengladbach 3:3. Tore für Borussia: 0:1 Bensebaini (HEM), 0:2 Embolo, 3:3 Stindl. 

Auch im xten Anlauf hintereinander und in einem brandneuen Freiburger Stadion wurde es nichts mit der ausgelobten Siegprämie. Das war nach der jüngsten Entwicklung aber auch kaum zu erwarten. Drei Tore lassen die Spendensumme immerhin auf 118 Euro klettern.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-04-17

Rehabilitationschance verschenkt

Fünf Spieltage vor Schluss das Derby gegen Köln - das bot eigentlich nur zwei denkbare Szenarien. Ein beherzter, starker Auftritt hätte das Potenzial gehabt, ein Stück Versöhnung für eine (selbst) verkorkste Saison zu sein, vielleicht sogar ein Stück Neuanfang in einem wieder vollen Stadion.
Eine blutleere Vorstellung oder gar eine erneute klare (verdiente) Niederlage wiederum hat(te) das Potenzial, auch noch die letzten erhaltenen Ruinen des erfolgreichen Jahrzehnts zwischen Relegationswunder und Champions-League-Überwintern endgültig einzureißen.
Weil ich trotz aller Enttäuschungen der jüngsten Zeit immer noch irgendwie die Hoffnung hatte, dass Mannschaft und Trainer nach dem 1:4 im Hinspiel gerade und wenigstens in diesem Spiel noch mal alles dafür geben würden, dass ersteres eintritt, bin ich kurzentschlossen dann doch selbst noch ins Stadion gefahren. 

Wir wissen jetzt alle, was es wurde: Alles. Noch. Schlimmer. Die Rehabilitationschance leichtfertig verschenkt.

Doch das Problem daran ist nicht, dass irgendjemand der Akteure auf oder neben dem Platz sich wirklich freiwillig und aktiv für die schlechteste alle Varianten entschieden hätte - eine verdiente, klare, deprimierende, vermeidbare Derbyklatsche, bei der man nun wirklich keinen Streusel Schuld mehr bei jemand anderem suchen konnte.

Das wirkliche Problem ist, dass Mannschaft und Trainer nicht in der Lage scheinen, selbst entscheidend zu beeinflussen, wie ein Spiel läuft und ob es so oder anders ausgeht. Genausowenig können sie erklären, warum sie wieder und wieder daran scheitern, aus Niederlagen oder schlechten Spielphasen zu lernen.
Ja, es gab zuvor vier Spiele ohne Niederlage. Gegen zwei Gegner, die gar nichts auf die Kette brachten. Und gegen zwei Gegner, bei denen Gladbach durchaus die Schwächen und Grenzen aufgezeigt wurden. Gegen Bochum half ein Becherwurf, den Sieg nicht über die Zeit bringen zu müssen, gegen Mainz waren es nur Yann Sommer und unverschämtes Glück, die trotz einer guten ersten Hälfte eine klare Niederlage verhinderten.

Köln war nun der erste Gegner, von dem man erwarten konnte, dass er ein härterer Prüfstein werden würde. Und obwohl die Kölner solide spielten, die Räume wie gewohnt gut verdichteten und vernünftige Derby-Einstellung auf dem Platz brachten, wären sie am Samstag ein schlagbarer Gegner gewesen. Die wenigen guten Chancen, die Borussia sich zwischen vielen anderen haarsträubenden Szenen herausspielte, hätten mit etwas mehr Cleverness auch drei Tore hergegeben.
Und über die Art und Weise, wie die Gegentore nicht verteidigt wurden und damit zu verhindern gewesen wären, möchte ich heute eigentlich überhaupt gar nicht mehr reden. Das war von meiner Position im Stadion hoch hinter/über Yann Sommers Tor nur schwer zu ertragen - weil das Unheil jeweils schon frühzeitig zu erahnen war.

Entscheidender als alle individuellen Schwächen und rabenschwarzen Tagen von eingesetzten (National-)Spielern war für mich jedoch, was kollektiv von Beginn an fehlte und warum: Der Versuch, zu zeigen, wer das Spiel dominieren und gewinnen will. Wenn ich das Hinspiel gegen den Erzrivalen 1:4 in den Sand gesetzt habe - was zumindest in der Höhe damals nicht verdient war - dann erwarte ich für das Rückspiel den sichtbaren unbedingten Ehrgeiz, Revanche nehmen zu wollen. 

Der Gegner muss doch vom Anpfiff an spüren, dass ich ihn heute "auffressen" will und ihm keine Luft zum Atmen lassen will. Das in den ersten fünf Minuten zu sehen, zu fühlen, mitzuerleben - das hätte auch das Publikum wohl gebraucht, um auf Temperatur zu kommen, zu bleiben und selbst ein Faktor im Derby werden zu können. So wurde es von Seiten der Spieler ein weiterer misslungener Versuch, den Gegner mal so ein bisschen mit der feinen Klinge zu bespielen und zu gucken, ob ein Borussia-Barcelona-Spielzug dabei rauskommt und am Ende auch im Tor landet.

Damit allein war und ist der Borussia-Anhang aber nach den häufiger schlechten denn rechten Leistungen der vergangenen 12 Monate nicht mehr hinter sich zu bringen. Und so fiel auch der Support im Stadion mit dem frühen Rückstand schnell in sich zusammen. Irgendwann ertrug man es nur noch. Das ist kein Ruhmesblatt für die Mannschaft, das ist aber auch keins für Fans, die sich im Ganzen gesehen längst dem Niveau der fußballerischen Darbietungen angeglichen haben. Wenns läuft, ist alles gut. Aber wehe, wenn es schwierig wird.
Das trifft natürlich nicht auf alle zu, und das gilt genauso für die Mannschaft. Aber die Fans (ich nehme mich da ncht aus) sind im Moment aus meiner Sicht nicht der Faktor, der die Mannschaft aus ihrer Lethargie befreien kann. Und umgekehrt gilt das genauso - was zu einem schwierigen Verhältnis führen kann, das schon bei manchem Verein begünstigt hat, dass dieser in einen gefährlichen Abwärtsstrudel geraten ist. Wie sich das auflösen lässt? Ein entsprechend ernstzunehmender Auftritt im Derby wäre ein Anfang gewesen.
Jetzt wird nur ein klarer (personeller) Schnitt nach der Saison und eine nachvollziehbare Neuorientierung helfen, um den Reset-Knopf zu drücken und Gladbach wieder unabhängig vom Grad des sportlichen Erfolges zum geilsten Club der Welt zu machen. 

Ich warne in diesem Zusammenhang aber davor, sich zu lange mit Schuldzuweisungen zu beschäftigen und Diskussionen über Vergangenes zu führen. Egal, wieviel Anteil zum Beispiel Max Eberl an der jüngsten Entwicklung hat, wieviel davon handwerkliche Fehler waren und wieviel auf äußere Einflüsse wie Corona, Verletzungen und dadurch fehlende Kaderveränderungen zurückging.
Das macht den VfL nicht wieder erfolgreicher. Es lenkt aber von den Versäumnissen auf und neben dem Platz seit Eberls Rücktritt ab und verschafft zu leichte Alibis. Daraus lernen, was seit dem Wechsel zu Rose falsch lief: Ja. Sich zerfleischen aber bringt keinem was - außer vielleicht denen, gegen die wir am Samstag verloren haben.

Immerhin bot mir persönlich dieses Spiel außer der erneuten Ernüchterung doch auch noch einige wichtige Hinweise über meinen Verein, die ich vielleicht am Fernseher und ohne die Stadionrundumsicht nicht gehabt hätte. Diese Erkenntnisse verstärken meine Meinung, dass sich im Sommer erheblich mehr tun muss als ein paar kosmetische Korrekturen oder nachzuholende Transfers.

Ich bin wirklich keiner, der einen Trainer schnell in Frage stellt. Dazu bin ich nicht nahe genug dran. Aber was vom Team um Adi Hütter bei den letzten Spielen NICHT ausging, um ein Spiel zu beeinflussen, das macht mich sehr nachdenklich. Ob ein Trainer an der Seite rumpelstilzen muss, um sein Engagement in einem solchen Spiel nachzuweisen, das ist sicher Geschmackssache. Sicher ist das nicht nötig, wenn die Mannschaft ihm folgt und ihn auch anders versteht. Und normalerweise muss ein Trainer auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden, ob ein Team "heiß wie Frittenfett" in ein Derby oder ein anderes wichtiges Spiel geht.

Doch die sichtbare Ratlosigkeit, wenn ein Gegner nicht das macht, was man für den eigenen Plan A braucht, die zieht sich durch viele Spiele. Taktische Umstellungen bleiben aus, Einwechslungen verpuffen ohne Wirkung. Gestern hätte man, um ein Zeichen für die Elf auf dem Rasen (und auch für das Publikum) zu setzen, nach 10 Minuten die gesamte Bank zum Aufwärmen schicken können. Stattdessen schaut man zu, wie sich das Unheil seinen Weg bahnt, oder sich überforderte Spieler (wie Lainer oder später Scally) verzweifelt abmühen.

Und manchmal scheint die Gladbacher Bank überhaupt nicht aufmerksam oder auf der Höhe zu sein.
Ein besonders krasses Beispiel war die Szene zum 0:3. Da liegt Matze Ginter offenbar verletzt am Boden, das Spiel ist nach dem Tor und dem Goal Check für zwei Minuten unterbrochen. Und auf der Bank wird in dieser Zeit kein Spieler angewiesen, sich möglicherweise vorbeugend für eine Einwechslung bereit zu machen. Erst als Ginter den Platz verließ, wurde Scally losgeschickt. Und als er gerade an der Nordkurve ankam, um sich noch etwas warmzumachen, wurde er wieder zurückgerufen, weil dann doch offenbar jemandem aufgefallen war, dass die Mannschaft unterdessen zu zehnt weiterspielen musste. In der Zwischenzeit lief das Spiel weiter. Drei Minuten unnötige Unterzahl bis zu Scallys Einwechslung waren die Folge. Was ist da bitte los?

Über die Wechsel könnte man ebenso lange sprechen. Warum kam Scally mit wenig Spielpraxis auf die linke Seite und nicht Netz, der dort zuletzt sehr vernünftig gespielt hatte? Warum gelang es auch einem Christoph Kramer mit seiner Erfahrung nicht, im zentralen Mittelfeld mehr Zugriff auf den Gegner zu bekommen? Warum kommt Kapitän Stindl in einem solchen Spiel als letzter Einwechselspieler und ist dann auch in dieser Phase der einzige, der mit ein paar giftigen Zweikämpfen wenigstens noch etwas Leben in die sehr brave Derby-Szenerie bringt?
Wie gesagt, es mag für all das gute Gründe gegeben haben. Allein - sie zahlen sich nicht aus. Und wenn Fans und offenbar auch Spieler das Vertrauen in die Ideen und die Handlungsfähigkeit des Trainers verlieren, wird es schwer, erfolgreich zu sein. Der Satz von Manu Koné, dass der Gegner taktisch defensiv wie offensiv besser eingestellt war als Borussia, sagt da einiges aus.

Apropos Koné: Er ist ein Grund, warum man die Gladbacher Zukunft nicht schwarz sehen muss - sofern ansonsten gute Schlüsse aus dieser Saison gezogen werden. Denn er ist einer, der ein echter Leader werden kann. Er hat ja offenbar mannschaftsintern schon mal das Wort deutlicher ergriffen, als es ihm als junger Spieler normalerweise zukommen würde. Er war gestern auch der einzige, der Applaus vom Publikum bekam, und das völlig zurecht. Bei ihm stimmten gestern die Einstellung und die Leistung, auch wenn natürlich auch er nicht ohne Fehler war. Vor allem war ihm anzusehen, dass er wusste, was ein Derby bedeutet und wie man sich dort verkaufen muss.

Mir hat das Spiel gestern immerhin noch mal auf dem Platz deutlich gezeigt, auf wen Borussia weiter setzen kann und wer verzichtbar wäre. Das war für mich letztlich ein Gewinn, denn mit dieser Saison bin ich durch, da ist für mich endgültig der Deckel drauf, es ist nichts mehr zu erwarten.
Aber natürlich hoffe ich auf die neue Saison, unter anderen Vorzeichen, von mir aus gerne mit Abstrichen an den Ansprüchen, aber mit dem Willen, diese dennoch so schnell wie möglich übertreffen zu wollen. Diese Demut und Zielstrebigkeit ist bei Borussia spätestens im letzten Jahr merklich abhanden gekommen.
Aber genau das wäre es, was wir alle brauchen: etwas Gemeinsames, an das wir glauben können und wollen, über das wir uns und unseren Verein definieren. Den Weg dahin müssen realistische Ziele und gut begründete Entscheidungen ebnen.
Dann freue ich mich auch wieder, in den Borussia Park zu fahren und gemeinsam mit der Mannschaft alles zu geben. Die Seele schmerzt. Aber sie brennt auch. Immer noch!

P.S. Es erübrigt sich, nach dieser verdienten Niederlage groß über den Schiedsrichter zu lamentieren. Ich finde zwar, dass Deniz Aytekin nach seiner langen Verletzung vergangenes Jahr noch nicht so recht an seine früheren Leistungen anknüpfen konnte. Auch gestern nicht, zumindest in der zweiten Halbzeit, als aus einem eigentlich fairen Spiel eines mit einigen unschönen Fouls auf beiden Seiten wurde.
Aber das ist nicht mein Punkt. Mir ist unverständlich, wie das Tor zum 0:3 Bestand haben konnte. Florian Kainz trifft natürlich im vorhergehenden Duell mit Ginter nahe der Mittellinie überwiegend den Ball. Allerdings sieht man, dass er auch Ginter trifft und Ginters Fuß dem Ball noch eine leicht andere Flugbahn verpasst. Das alles spielt aber allein schon keine Rolle, wenn man die Intensität des Einsatzes von Kainz betrachtet. Der Kölner geht mit komplett durchgestrecktem Bein auf Hüfthöhe in den Ball, die Sohle ist dabei nicht vorgestreckt, sondern offen und trifft von oben auf den gegnerischen Fuß, ist also eine klassische Aktion von "Fuß draufgehalten". Wenn das nicht als (durchaus auch gelbwürdiges) Foul bewertet wird, was denn dann? 

 


Aytekin hatte offenbar seine Meinung dazu und ihm reichte eine Einstellung und lächerlich wenige Sekunden am Monitor, um sich diese zu bestätigen. Für mich war das absolut nicht in Ordnung. Um es klar zu sagen: Auch wenn dieses Tor das Spiel natürlich letztlich vorentschieden hat, geht es mir hier überhaupt nicht um den Spielverlauf, sondern um die sehr zweifelhafte Bewertung der Szene an sich. Besonders ärgerlich, dass diese Szene wie schon die schweren Fouls an Stevie Lainer und Marcus Thuram in Leverkusen zu Verletzungen führten. Auch da war Aytekin der Referee und nicht ausreichend auf der Höhe, was übertriebenen Körpereinsatz anging.    

Bundesliga, 30. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln 1:3. Tor für Borussia: 1:3 Embolo. 

Auch im dritten Anlauf hintereinander wurde es nichts mit einer Derbysieg-Prämie. Embolos später Treffer rundet die Spendensummer immerhin auf 115 Euro auf.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

 

2022-04-09

Unerleichterte Erleichterung

Fünf Spiele vor Schluss elf Punkte Vorsprung auf Abstiegs- und Relegationsplätze und damit der nahezu sichere Klassenerhalt nach einem nie wirklich gefährdeten Zu-Null-Sieg: Normalerweise wäre heute ein Tag zum Feiern, wo doch nach dieser wechsel- und oft grauenvollen Saison der größte anzunehmende Unfall abgewendet scheint. Borussia spielt auch in der kommenden Saison in der ersten Liga, davon sollte man jetzt ausgehen können.

Und doch spüre ich weder echte Erleichterung noch so etwas wie Zufriedenheit über den Sieg beim Schlusslicht aus Fürth, der auch heute unser absoluter Lieblingsgegner blieb.

Denn auch die Vorstellung am Fürther Ronhof heute war nicht geeignet, den Eindruck einer  phlegmatischen Mannschaft wegzuwischen, die nur das tut, was unbedingt notwendig ist, die keine überzeugenden Lösungen findet, sobald der Gegner sein Spiel umstellt und sie selbst vor eine neue Aufgabe stellt. Und die Zweifel daran, was der Trainer der Mannschaft an Input gibt, konnte der lockere Sieg heute bei mir auch nicht zerstreuen. Eine Woche vor Köln stehe ich wieder ratlos da, und habe keinen Schimmer, was Neuhaus und Co. am kommenden Samstag zu leisten in der Lage sein werden.

Das Spiel heute und vor allem der Gegner war dafür kein Prüfstein. Und dennoch blieb am Ende einmal mehr vieles Stückwerk. Nach einer guten halben Stunde mit einigen feinen Kombinationen der Hütter-Elf hatten Thuram und Plea den VfL zwar zu einer sicheren Führung geschossen. dies aber mit freundlicher Unterstützung der Gastgeber, die in der ersten Halbzeit eindrucksvoll nachwiesen, warum sie mit Abstand auf dem letzten Platz stehen. Die Borussen ruhten sich fortan aber auch schon aufreizend lässig darauf aus.

Es brauchte keine besondere Energieleistung, keine tollen Sprint- oder Laufwerte, keine Zweikampfhärte, um dem harmlosen Gegner den Schneid abzukaufen und ihn dann über weite Strecken glanzlos in Schach zu halten. Und doch gab es durch Nachlässigkeiten in der Rückwärtsbewegung und meist wenig effektivem Pressing, das leicht zu überspielen war, die eine oder andere gute Chance des Gegners, die das Spiel nochmal unnötig hätte spannend werden lassen können.

Am Ende war es ein glatter Sieg, bei dem sich die Mannschaft von Adi Hütter frühzeitig, so schien es jedenfalls, schonen wollte oder konnte. Doch wofür, wenn das nächste Spiel eine ganze Woche entfernt ist und es schon lange keine Doppelbelastung mehr gibt?

Es war kein besonderer Ehrgeiz zu entdecken, sich mit einem klareren Erfolg noch ein bisschen mehr Selbstvertrauen anzuschießen, vor dem letzten wirklich wichtigen Spiel der Saison, dem Heimderby gegen Köln in der nächsten Woche.
Vor allem in der zweiten Halbzeit gab es zu wenig Zug zum Tor, um die noch immer unterirdische Tordifferenz vielleicht etwas aufhübschen zu können. Und natürlich, um nach einer auf dem Papier ziemlich guten Punktebilanz aus den letzten vier Spielen (10 von möglichen 12) auch so noch das Signal zu senden, dass man aus den restlichen Spielen das Maximum herausholen möchte.

Der Sommerfußball von heute gegen einen Gegner, der sich der schwachen Leistung vom Hinspiel verblüffend anglich, obwohl er in der Rückrunde schon viel viel bessere Leistungen gezeigt hatte, ist ein Muster ohne Wert. Und das vor allem mit Blick auf die Mentalität, mit der der Club aus der verbotenen Stadt vermutlich nächsten Samstag anreisen wird.
Ob Ginter und Co. den Schalter da rechtzeitig umlegen und gegenhalten können, haben sie heute nicht erahnen lassen. Nach dem Verlauf dieser Spielzeit bin ich da sehr skeptisch. Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren.

Egal wie, egal gegen wen - immerhin war es am Ende heute ein unbestritten verdienter Auswärtssieg. Den konnte selbst der unter der Woche noch wegen seines Versagens als VAR zu Recht kritisierte Schiedsrichter Tobias Stieler nicht verhindern. Obgleich es ihm scheinbar schwer fiel, Gladbach auf die Siegerstraße bringen zu müssen, als er das sehr klare Foul an Stevie Lainer erst nicht selbst wahrnahm und dann auch relativ lange am Stadionmonitor darüber nachsann, ob er den fälligen Elfmeter wirklich geben muss. Letzteres ist natürlich Spekulation, angesichts des klaren Treffers war die lange Review-Dauer durch VAR Markus Schmidt und Stieler allerdings schon etwas seltsam. 

Ein bisschen mag es Stieler aber gefreut haben (auch das unterstelle ich mit Augenzwinkern), dass er dann das schöne Solo von Florian Neuhaus zum 3:0 annullieren konnte, weil sich Marcus Thuram - weitab von der entscheidenden Szene zum Tor - etwas zu sehr mit den Armen Freiraum verschafft hatte und sein Gegner dabei ins Straucheln geriet. Natürlich war das - wie meist bei Stielers Spezial-Entscheidungen - regelkonform. Denn ein Foul kann auch gepfiffen werden, wenn es nicht in unmittelbarer Ballnähe stattfindet. 

Angesichts von Stielers Linie heute, der sehr viel laufen ließ; angesichts von sehr sehr häufig bei Kontern ungeahndeten ähnlichen Fouls gegen (Gladbacher) Stürmer und angesichts der Tatsache, dass der gefoulte Abwehrspieler überhaupt nicht mehr ins Spiel hätte eingreifen können, war es eine Entscheidung, die man hinnehmen kann und muss. Die man aber genauso auch für fragwürdig im eigentlichen Sinne des Spiels halten darf, weil sie eben keinen Einfluss auf die Erzielung des Tores hatte.

Allerdings muss ich klar sagen, dass mich heute nicht die Leistung des Schiedsrichters zum Stirnrunzeln brachte, sondern der schaumgebremste Auftritt der Mannschaft. Auch die eingewechselten Kramer, Stindl und Hofmann passten sich dem sehr mauen Niveau ihrer Sportkameraden an - von der ersten Einsatzminute an.
Vielleicht sehe ich das alles etwas zu negativ, vielleicht komme ich auch in der kommenden Woche noch in Derby-Stimmung. Im Moment allerdings bin ich davon noch weit entfernt. Denn das, was ich über die gesamte Spielzeit in den vergangenen sechs Spielen nach dem 0:6 von Dortmund gegen ausnahmslos tabellenbenachbarte Gegner gesehen habe, versetzt mich nicht in positive Aufregung für den Endspurt gegen ausnahmslos stärker einzuschätzende, weil unangenehmere Gegner.

Ein starker und erfolgreicher Auftritt gegen Köln könnte mich nochmal packen, und zugleich die Chance erhalten, das Spieljahr eventuell doch noch auf einem einstelligen Tabellenplatz zu beenden. Das wäre, so blöd es klingt, ein guter Erfolg. Und da diese Mannschaft ja offenbar auch manchmal in der Lage ist, mehr als das unbedingt Notwendige zu tun, ist nichts auszuschließen. Aber nach ebensovielen kleinen und großen Enttäuschungen muss das Team um Kapitän Lars Stindl da bitteschön in Vorleistung treten. Nicht mit markigen Sprüchen in der Derbywoche, sondern in echten Taten am Samstagabend auf dem Rasen des Borussia Park. Ich bin gespannt. 

Bundesliga, 29. Spieltag: SpVgg Greuther Fürth - Borussia Mönchengladbach 0:2. Tore für Borussia: 0:1 Thuram, 0:2 Plea (FEM, Foul an Lainer).

Zwei Tore und eine weiße Weste für einen fast nicht beschäftigten Yann Sommer lassen den Spendenstand heute um 3 auf 114 Euro steigen.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2022-04-03

Saison in a nutshell

 Spieltag 28 von 34 - und man fühlt sich wie im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Das Heimspiel gegen Mainz 05 bot all das, was uns in dieser Saison immer wieder hin- und herreißt. Eine überlegene erste Halbzeit, die zu den besten dieses Spieljahres zählt. Eine zweite Halbzeit, die den schlechtesten noch keine Konkurrenz macht, aber auch nicht allzuweit davon weg war. 

Die ersten 45 Minuten knüpften nahtlos an die jüngsten mutigen Auftritte an, wo nicht nur die Physis gegen körperbetonte Gegner stimmte, sondern auch der Spielwitz zurück im Team schien. Zwar gab es außer dem Führungstreffer zum Zunge schnalzen nur wenige Angriffe, die wirklich zu Ende gespielt werden konnten. Aber die schnellen, variablen, vertikal und direkt platzierten Anspiele machten Mainz große Probleme, sodass diese sich nur durch Fouls in fast jedem Zweikampf und lang geschlagene Bälle zu helfen wussten.

Einziges Manko wieder einmal: Zur Halbzeit stand nur eine knappe 1:0-Führung.

Dann geschah das, was auch schon diverse Male in dieser Saison zu beobachten war. Der Gegner analysierte in der Pause seine Fehler, stellte taktisch um, griff früher und aggressiver an, und er wechselte (mit Burkardt und Lee) technisch versiertere Spielertypen ein. Bei Borussia geschah sichtbar: nichts dergleichen. Und so bestimmte der Gast vom Wiederanpfiff an den Takt des Spiels, übernahm die Kontrolle, ließ die Gladbacher Offensive ins Leere laufen und kam selbst zu einer Reihe von Chancen, sodass ein Mainzer Sieg am Ende alles andere als unverdient gewesen wäre.

Die Gladbacher Saison "in a nutshell" also. Wir sahen die strahlenden Seiten und die, die das Team von Adi Hütter überhaupt erst in die prekäre Tabellensituation geführt haben. Das ist keine gute Nachricht. Denn auch wenn heute eine Reihe Stammelf-Anwärter gefehlt haben: Weder war ein Fortschritt in der Stressresistenz gegen einen plötzlich 30 Meter weiter vorn angreifenden Gegner zu sehen. Noch war das Coaching in der zweiten Halbzeit geeignet, den Glauben an die Lösungskompetenz des Trainerteams zu steigern. 

Es war natürlich ein nachvollziehbarer Wechsel, Lars Stindl nach seiner langen Pause nach einer Stunde vom Feld zu nehmen, zumal er sichtlich pumpte. Den jungen kombinationsstarken Conor Noß auf dessen Position endlich mal zu bringen, war in der Theorie auch ein guter Zug. Doch da es die gesamte Mannschaft in keiner Phase des Spiels mehr verstand, einen klar strukturierten Angriff aufzubauen, versandeten auch die Stärken des jungen Iren völlig. Warum ein Christoph Kramer wieder erst in der 80. Minute ins Spiel kam, lange nachdem Borussia angefangen hatte, um ein Gegentor zu betteln (und dies schließlich auch erfolgreich), erschließt sich mir leider auch nicht. 

Angesichts der heutigen 90 Minuten zeigt sich einmal mehr, dass man die Verbesserungen in den vergangenen Spielen richtig einordnen muss und es weiterhin keinerlei Grund für irgendwelche übertriebene Hoffnungen gibt. Denn so wie Embolo und Co. für ein paar Minuten vorne die Sterne zum Himmel spielen könnten, so schnell kann das ganze Kontrukt auch wieder wie ein Soufflé in sich zusammenfallen. 

Und aus dieser plötzlich auftretenden Schwäche kann sich die Mannschaft selbst nur selten wieder befreien. Und das Trainerteam offensichtlich auch nicht. Also liegt es wie heute an Weltklasse-, nein Universumsklasse-Paraden von Yann Sommer, wie ein solches Licht-und-Schatten-Spiel ausgeht. 

Mit dem Spiel von heute wird auch klar, wie gut es war, dass das Bochum-Spiel nicht über die volle Distanz ging - so klar die Führung in dem Becherwurfmoment auch wirkte. Und wie gut es war, dass in dieser Saisonphase dann doch eher die Teams mit dem VfL die Klingen kreuzten, die nicht so effektiv waren oder nicht in der Lage, die Defensive Borussias mehr zu beschäftigen.

Der Spielausgang war auch heute nicht vom Schiedsrichter beeinflusst. Dennoch empfand ich die Leistung von Daniel Schlager oder besser gesagt seine ungleiche und oft einfach falsche Zweikampfbewertung - wieder einmal - als unterirdisch. Gerade in der ersten Halbzeit, als die Mainzer eigentlich in jedem Zweikampf zum Foul gezwungen waren, war das eine Katastrophe. Gerade in solch nickligen Spielen braucht es Unparteiische, die nicht möglichst viel laufenlassen wollen, sondern eine klare Linie haben. Die hatte Schlager zu keiner Zeit. Anfangs verteilte er Verwarnungen für das erste Allerweltsfoul, in der zweiten Halbzeit blieb der Karton auch in den hitzigsten Situationen stecken. Es ist in der Bundesliga inzwischen manchmal anstrengender, die Aktionen des Referees zu ertragen als das Gepöhle der beiden Mannschaften. Das kann es doch auch nicht sein.

Für Borussia ist der Punkt am Ende ein gewonnener, was den Ärger nach der guten ersten Hälfte natürlich nicht mildert. Aber es war auch zu sehen, wie es gehen kann. Wenn die Mannschaft von Adi Hütter konzentriert bleibt, aktiv und aggressiv den Gegner anläft und zu Fehlern zwingt, steht sie in der Dreierkette inzwischen deutlich stabiler und findet auch immer öfter zu ihrer Selbstverständlichkeit im schnellen Spiel nach vorne. 

Doch sobald sich das Geschehen mit mehr Gegnerdruck stärker in die Gladbacher Hälfte verlagert, gibt es den Rückfall in die schlechten alten Zeiten. Gutes Beispiel war der völlig überflüssige Befreiungs-Fehlpass von Stevie Lainer, den er überhastet und unkonzentriert genau in die Füße eines Mainzers schoss.
In der Wiederholung der Szene von der Hintertorkamera sieht man genau, dass seine Mitspieler in dem Moment "abschalten" und sich entspannen, weil sie (zurecht) glauben, dass der Ball ja weit aus der Gefahrenzone geschlagen wird und möglicherweise eine Kontersituation entstehen kann. Doch dieser kleine Moment der Unaufmerksamkeit reichte den Gästen aus, ihren klasse durchgezogenen Spielzug zum 1:1 abzuschließen. 

Nicht, dass das der erste Fehler im Spiel gewesen wäre. Aber es war einer der vermeidbarsten und der ärgerlichsten. Und mit der Fähigkeit, solche Situationen zu erkennen und solche Fehler abzustellen, steht und fällt das Gladbacher Spiel und ergo das Abschneiden am Ende der Saison. Es gibt Fortschritt, auch heute gab es die. Aber es gibt eben auch noch genug, bei dem uns das Murmeltier freundlich lächelnd grüßt. Und das von außen zu verfolgen, liebe Freunde, ist auf Dauer sehr, sehr anstrengend. 

Bundesliga, 28. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FSV Mainz 05 1:1. Tor für Borussia: 1:0 Embolo.

Ein weiteres Embolo-Törchen machen die Schnapszahl perfekt. Und den Schnaps kann man heute auch wieder gut gebrauchen. Neuer Stand: 111 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.