2021-10-31

Den Alltag gemeistert

Wer als Fan etwas auf sich hält, der war sich sicher, dass nach der Pokal-Gala gegen die Bayern der nächste Gegner im Liga-Alltag der allerschwerste sein müsste - und dieser die Punkte aus Mönchengladbach aller Wahrscheinlichkeit nach auch mitnehmen würde. Dieses fatalistische Denken entspricht einer weitverbreiteten Fußballerlogik, der auch ich mich natürlich nicht entziehen kann.

Doch es kam diesmal anders, zum Glück. Der VfL Borussia behielt beim ersten Bundesligaaufeinandertreffen seit dem legendären Relegationsfight vor 10 Jahren die Oberhand gegen den Vau-Eff-Ell aus Bochum. Das war verdient, auch wenn es vor allem in der Haltungsnote in der zweiten Halbzeit argen Abzug gab, weil die Hütter-Elf am Ende noch ins Straucheln zu kommen drohte. Und so wäre es zähneknirschend auch ok gewesen, wenn die Gäste im Schlussspurt hier einen Punkt stiebitzt hätten.

Kurz und klar zusammengefasst: Borussia hatte das Heft über mehr als eine Stunde sicher in der Hand, kombinierte sich immer wieder sehenswert durch die Bochumer Defensive und führte auch hochverdient zur Pause mit 2:0. Nach der Pause hätte Jonas Hofmann allein vor dem Tor die Entscheidung erzielen müssen, doch nachdem er Torwart Riemann umkurvt hatte, stand seinem Schuss ins vermeintlich leere Tor noch der Kopf eines Abwehrspielers im Weg. 

Das war auch die Zeit, in der die bis dahin in den Zweikämpfen heillos unterlegenen Gäste sich auf den Weg machten, doch auch mal in der Offensive nachhaltig tätig zu werden. Schon in Halbzeit eins hatten sie einige (zu viele) gute Umschaltsituationen, versemmelten die Zuspiele auf besser postierte Mittspieler jedoch jeweils kläglich. Das wurde in der zweiten Hälfte zum Glück nicht wesentlich besser. Doch der zunehmende Druck und der etwas zu passive Ansatz der Borussen in der Schlussphase führten zu einer Reihe gefährlicher Ballverluste und mitunter zu ungeschickten Fouls. 

Eins davon unterlief dem eingewechselten Hannes Wolf am Strafraum, und Danny Blum nutzte den Freistoß sehenswert zum Anschlusstreffer. Wie schon in der Schlussphase gegen die Bayern war dann zum Glück Yann Sommer in seinem 300. Pflichtspiel für Borussia wacher als der Rest seiner Truppe, er entschärfte die beste Chance der Gäste und rettete so letztlich auch den knappen Sieg, über dessen Zustandekommen in ein paar Tagen wohl keiner mehr reden wird.

Ein paar Erkenntnisse daraus dürften aber dennoch für den weiteren Verlauf der Saison von Interesse sein.

1. Borussia kann nicht nur die ganz großen, offensivstarken Gegner gekonnt be- und ausspielen. Wie gegen Stuttgart und Hertha sah die Mannschaft im Spiel nach vorne heute sehr gefällig aus, heute zog Alassane Plea hinter den Spitzen lustvoll und ideenreich die Fäden (zu Lasten von Lars Stindl, der erneut nicht seinen effektivsten Tag hatte). Die Mannschaft belohnte sich mit zwei sehr schön herausgespielten Toren udn noch mehr gut vorgetragenen Angriffen, scheiterte aber (einmal mehr) daran, das Spiel frühzeitig und klar zu entscheiden.

2. Nach mehreren bärenstarken Defensivleistungen, in denen die Gegner kaum auf mehr als eine oder zwei erstklassige Chancen kamen (was Hertha und VfB allerdings schon ausreichte), ließ man heute viel zu viele Räume für Konter. Ob das daran lag, dass erstmals seit mehreren Spielen nicht mehr mit Dreier-/Fünferkette gespielt wurde, sondern Adi Hütter zur Viererabwehr mit Scally, Ginter, Elvedi und Bensebaini zurückkehrte? Es schien fast so, weil Bochum viel Platz über außen im Rücken der recht hoch stehenden Außenverteidiger fand. Bei einer Dreier-Innenverteidigung sind solche Räume bei Ballverlust in der gegnerischen Hälfte naturgemäß konsequenter zu schließen.

3. Die Viererkette hat natürlich auch etwas mit den Ausfällen der Innenverteidiger Beyer und Jantschke zu tun. Das lenkt den Blick auf ein anderes Problem, das heute offensichtlich wurde. Die Spieler, die derzeit in der zweiten Reihe stehen, können oft die Qualität der ersten Elf nicht ganz aufrechterhalten. Marcus Thuram fehlen noch Spielpraxis und ein paar Prozent Restfitness, um wieder zum Unterschiedsspieler zu werden. Flo Neuhaus und Hannes Wolf machten erneut mit fehlerbehafteten Kurzauftritten eher Antiwerbung für sich. Es wäre unsinnig, den Stab über beiden zu brechen. Sie haben beide schon deutlich gezeigt, dass sie viel mehr können. Aber vor allem bei Neuhaus, dem nun wirklich in der dritten Saison fast ohne Pause ein Formknick nachzusehen wäre, da wundert es schon, wie wenig souverän er derzeit auf dem Platz unterwegs ist.

4. Wenn Hütter heute auf die Dreierkette mit Bensebaini verzichtet hat, also die im Moment letzte verbliebene echt Innenverteidiger-Kombination - bedeutet das, dass er weiter auf die klassische Viererkette setzt? Es könnte sein. Zumal er die "Rose-Variante" mit Zakaria in der Innenverteidigung nicht als Option zu sehen scheint. Dafür gibt es allerdings allein durch die Lage im zentralen Mittelfeld auch weitere handfeste Gründe. Zum einen harmonieren Zak und Koné sehr gut, zum anderen fehlt der verletzte Kramer als mögliche Option, während Neuhaus in der momentanen Verfassung keine Alternative darstellt und auch Laci Benes beim Trainer seit Wochen keine Einsatzzeit mehr bekommen hat. Hinter der relativ eingespielten ersten Elf warten also mehr oder weniger formschwache Spieler und welche mit wenig Spielpraxis in dieser Saison. Das kann gutgehen - ideal ist es gleichwohl nicht.

Gladbach hat ohne Frage einen hervorragend besetzten Kader. Aber schon ein paar Verletzungen und Formtiefs können auf zentralen Positionen für Engpässe sorgen, die gegen einen stärkeren Gegner als Bochum teuer werden können.

5. Insgesamt sieht man allerdings auch an dem heutigen Spiel, dass die Entwicklung der Mannschaft vorangeht. Sie erzwingt Ballbesitz, verwaltet ihn gut, setzt das Tempo und findet kreative Lösungen auch im Passspiel auf engem Raum und gegen aggressive Gegner - solange sie das Tempo hoch hält und nicht in den bequemeren Passverwaltungsmodus schaltet. Dass sie den Vorsprung, den sie durch nachlässiges Spiel in der letzten halben Stunde selbst gefährdet hatte, heute am Ende mit Glück und Geschick doch verteidigen konnte, wird weiter Auftrieb und Selbstbewusstsein geben. 

Zumal Spieler wie Ginter und Hofmann in den Interviews nach dem Spiel auch eine sehr gute selbstkritische Analyse lieferten. Es scheint, als setze sich hier unter Hütter langsam ein Puzzle zusammen. Es wäre schön, wenn das Team das gegen Mainz am Freitag gleich bestätigen könnte.

Ein Satz noch zum Unparteiischen: Tobias Reichel überzeugte mich mit einer sehr guten Körpersprache, klaren Ansagen gegenüber den Spielern und einer richtig guten Zweikampfbewertung. Auch deshalb war das VfL-Duell wohl ein insgesamt sehr verträgliches ohne große Aufreger. Top!

Bundesliga, 10. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - VfL Bochum 2:1. Tore für Borussia: 1:0 Plea, 2:0 Hofmann.

Saisonspende: Zu den 59 Euro kommen heute zwei für die beiden siegbringenden Tore dazu - neuer Stand: 61 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-10-28

Oh, what a perfect day!

Seit dem Jahr 2013 schreibe ich hier, wirklich regelmäßig dann so seit dem Spätsommer 2014. In all dieser Zeit hatte ich immer den leisen Traum im Hinterkopf, dass es irgendwann ein Spiel geben würde, zu dem ich einfach nur schreiben müsste: "Das war es. Das war das perfekte Spiel. Ich habe nichts zu kritisieren. Es ist alles gesagt."

Gestern war dieses Spiel. 

Aber natürlich werde ich dennoch ein paar Zeilen mehr brauchen, um zu würdigen, was gestern Abend im Borussia Park stattgefunden hat. Denn gestern wurde mehr als ein Pokalspiel gewonnen.

Dieser strahlende Auftritt von einem anderen Stern kam in einer bislang sehr wechselhaften Saison in dieser Form unvermittelt, nur wenige Tage nach einem enttäuschenden 0:1 bei Hertha BSC. Andererseits hatte die Mannschaft von Adi Hütter (so wie bisweilen auch unter dessen Vorgänger Marco Rose) schon über manche Phasen in diversen Spielen gezeigt, dass sie grundsätzlich in der Lage wäre, die Sterne vom Himmel zu spielen - wenn mal alles passt und es gelänge, die Leistung über die komplette Spielzeit abzurufen.

Das war gestern nun der Fall, und so wurde aus der schier unlösbaren Zweitrunden-Pokalaufgabe gegen die Überbayern eine Sternstunde der Vereinsgeschichte, die man später ins gleiche Museumregal einsortieren wird wie das ähnlich entfesselt vorgetragene 7:1 gegen Inter Mailand, das am Ende dem gegnerischen Spieler Boninsegna und einer Dose zum Opfer fiel.

Sicher, wir haben abgesehen von den legendären Spielen des 20. Jahrhunderts auch in der jüngeren Vergangenheit tolle Partien erlebt - etwa die rauschhaften Siege gegen Donezk und die unvollendeten Meisterstücke gegen Barcelona, Inter oder Real Madrid in der Champions League, auch diverse andere Siege gegen unseren Lieblingsübergegner von der Säbener Straße.

Was das 5:0 von gestern davon unterscheidet, ist die historische Dimension und der kleine Unterschied, dass es hier wirklich gelang, ein Spiel von Anfang bis zum Ende so brutal durchzuziehen, wie es ein Trainer in seinem Matchplan nicht besser hätte entwerfen können. Die Bayern nur einmal so hilflos zu sehen, das ist eine unbezahlbare Erfahrung und Genugtuung.

Und das macht es auch so einzigartig: Denn wenn die Bayern nicht in den nächsten Jahren so ziemlich alles falsch machen, dürfte ihnen eine solche Abreibung auf absehbare Zeit nicht mehr passieren - egal gegen welches Team in der Welt. Während ja längst nicht ausgemacht ist, dass ein Verein wie Borussia im kommenden Jahr noch die gleiche Schlagkraft besitzt wie gestern Abend.

Die Bayern spielen dagegen auch nach dieser Pleite von ihren Möglichkeiten her garantiert in einer anderen Liga. Das wird sich auch durch das Pokal-Aus nicht ändern. Schließlich war es bis gestern auch mehr als 40 Jahre her, seit sie zuletzt so deutlich vermöbelt worden waren. Damals war es ein 1:7 gegen Fortuna Düsseldorf im Jahr 1978.
Das 5:0 unserer Borussia, das am Ende von den Torchancen her auch genausogut ein 9:3 hätte sein können, ist wegen der derzeitigen Ausnahmestellung des FCB-Kaders in Europa aber aus meiner Sicht noch ein Stück höher einzustufen als der Fortuna-Kantersieg in einer eher durchwachsenen Saison des heutigen Dauer-Meisters aus München. 

Was sich nicht wegdiskutieren lässt: Der Gegner von gestern, der die Liga schon wieder problemlos dominiert, war unter dem Gladbacher Flutlicht von Beginn an überfordert mit der Aufgabe, die die laufstarken und giftigen Gladbacher den Bayern stellten. Es gelang ihnen über 90 Minuten nicht, auch nur den Hauch ihrer üblichen Dominanz auf dem Platz zu erkämpfen, um den Gegner unter Druck setzen zu können.
Und sie waren selbst mit drei Gegentoren zur Halbzeit noch gut bedient. Die so hochdekorierte wie im Spiel abgemeldete Offensive mit Lewandowski, Müller, Sané und Gnabry hatte selbst bis dahin nur einmal aufs Tor von Yann Sommer geschossen. 

Wer gedacht hatte, dass sich das, wie so oft in den Duellen der beiden Teams, im zweiten Abschnit umkehren würde und eine zurückgedrängt verteidigende Heimelf erwartet hatte, sah sich erneut getäuscht. Zwei schnelle weitere und eiskalt herausgespielte Tore von Breel Embolo brachen - auch das äußerst ungewöhnlich - den Widerstand von Thomas Müller und Co. Trotz der Chancen, die Yann Sommer und seine Vorderleute in der Schlussphase noch zunichte machten, hatten die Gäste schon nach einer Stunde komplett resigniert und suchten Wege, das Spiel möglichst unauffällig zu überstehen.

Weil ich das 5:0 gegen Kimmich und Co. in seiner fußballerischen Bedeutung so hoch einordne, nenne ich - für die Nachwelt - hier ausnahmsweise auch die Aufstellung der Spieler, die an dieser Sensation mitwirkten. Ich verzichte ausdrücklich auf das Herausheben von einzelnen Spielern, obgleich es bei fünf Torbeteiligungen von Breel Embolo und einigen nicht viel weniger "perfekten" Auftritten schon schwer fällt:

Sommer - Ginter, Elvedi, Beyer (54. Netz) - Bensebaini, Koné, Zakaria, Scally (69. Herrmann) - Stindl (69. Plea), Hofmann (73. Neuhaus) - Embolo (73. Thuram). Trainer: Hütter.    

So und damit Punkt. Zunächst genug der Heldenverehrung. Denn auch das 5:0 bringt ja noch nicht mehr als das nächste Spiel in Runde drei gegen wen auch immer ein. Für die Bundesliga bedeutet es absolut nichts, außer dass in der Vorberichterstattung der nächsten Tage das Lob für die "Bayern-Zerstörer" dermaßen hochgejazzt wird, dass die Fallhöhe für den grauen Ligaalltag gegen eine ganz anders aufgestellte, unangenehme Bochumer Mannschaft umso höher wird. 

Das Spiel am Sonntag gegen den Relegationsgegner von 2011 hat allerdings nicht viel mit der gerade gefeierten Gala im DFB-Pokal zu tun. Es klingt blöd, aber Bochum ist die härtere Nuss, die es zu knacken gilt, weil sie den Borussen um Lars Stindl - ähnlich wie Stuttgart, Augsburg oder Hertha - nicht die riesigen Räume anbieten werden, wie sie die Bayern aufgrund ihrer offensiven Ausrichtung einkalkulieren, und die ihnen gegen Borussia regelmäßig zum Verhängnis werden.
Durch Tony Jantschkes schwere Gesichtsverletzung und das gestrige Ausscheiden von Jordan Beyer (Muskelverletzung) ist die Verteidigung nun leider auch auf Wochen jeglicher Alternativen beraubt. Sollten sich Ginter, Elvedi oder Bensebaini verletzen, was wir nicht hoffen wollen, müsste die inzwischen gut funktionierende Dreierkette zur Viererkette werden oder eine Aushilfslösung wie Zakaria oder gar ein Nachwuchsspieler wie Wentzel oder Gaal nachrücken. Das ist ein Wermutstropfen der Sternstunde am Niederrhein.
Aber so, wie Adi Hütter Wege gefunden hat, die hängende Köpfe der Spieler nach dem Hertha-Spiel aufzurichten und sie mit dem richtigen Selbstbewusstsein gegen die Bayern aufs Feld zu schicken, so wird er auch eine Idee für das Duell mit dem lange bundesligaabstinenten VfL aus Bochum haben. Vertrauen wir drauf. Nach dem überraschend schönen Erlebnis gegen den "FC Bayern 05" fällt das schon wieder viel leichter.

DFB-Pokal, 2. Runde: Borussia Mönchengladbach - EwigerRekordmeisterpokalsiegertriplesextupelgewinner , auch FC Bayern München genannt 5:0. Tore für Borussia: 1:0 Koné, 2:0 Bensebaini, 3:0 Bensebaini (FEM), 4:0 Embolo, 5:0 Embolo.

Saisonspende: Es sind die Highlight-Spiele, die in dieser Saison die Spendenkasse prächtig füllen. 33 Euro waren es bisher - fünf Tore, ein Zu-Null und den prestigeträchtigen Sieg gegen die Bayern später kommen 16 Euro dazu und, um die historische Dimension dieser Vernebelung des "Sterns des Südens" zu würdigen, lege ich außer der Reihe weitere 10 Euro obendrauf. Macht 33 plus 26, also 59 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-10-23

Alte Leiden

Ganz klasse: Zweites Sky-"Topspiel" gegen einen unteren Mittelfeldclub hintereinander und auch gleich die zweite Enttäuschung. Das 0:1 gegen Hertha tut allerdings noch deutlich mehr weh als die Punkteteilung gegen Stuttgart. Denn sie legte alte Probleme offen, die Borussia offenbar trotz eines relativ lange eingespielten Kaders nicht in den Griff bekommt.

Pal Dardais Mannschaft machte das, was sie in der derzeitigen Verfassung kann - und das war von der fußballerischen Seite her wirklich nicht viel. Der VfL hingegen brachte seine vorhandenen und oft genug gegen deutlich hochwertigere Gegner nachgewiesene Qualitäten einmal mehr nicht gewinnbringend auf den Platz.

Sicher, heute war es kein ganz so überlegenes Auftreten wie gegen den VfB, aber vom Anpfiff ab doch 40 starke Minuten, in denen die Berliner sich des Gladbacher Spiels nur mit Mühe erwehren konnten und in denen der VfL den Weg auf die Siegerstraße hätte finden können und müssen. 

Doch die Berliner schossen das 1:0 - wieder begünstigt von einer verschlafenen Einwurfsituation der Gladbacher und viel Glück mit einem glücklich im Strafraum hin und her flippernden Ball und einem gar nicht richtig getroffenen unhaltbaren Glücksschuss - eine Führung aus dem Nichts, der die Hauptstädter auch im restlichen Spiel keine hochkarätige Torchance mehr folgen ließen. Besonders ärgerlich, dass Borussias Defensive wie schon gegen Stuttgart überhaupt nur einmal im ganzen Spiel nicht im Bilde war -und bitter bestraft wurde.

Für die Hütter-Elf reichte das heute - wieder einmal fand sie im Anschluss kein Rezept, einen laufstarken und sehr defensiv eingestellten Gegner auszuspielen und sich zumindest eine Handvoll guter Torgelegenheiten herauszuarbeiten oder zu erzwingen.

Es gab ein Tor, das knapp abseits war. Es gab einen Elfmeter, den der VAR killte (dazu später) und es gab zwei, drei überhastete Abschlüsse (Embolo, Herrmann), wenn ein Angriff doch mal bis in den Strafraum führte. Viel mehr aber war nicht, trotz allen Bemühens, den Druck hoch und das Spiel mit vertikalen Pässen gefährlich zu halten.

Es bleibt dabei: Gegen defensive Zerstörer-Teams zerbröselt die gegen starke Gegner mitunter richtig beeindruckende Offensivabteilung zu oft an ihren eigenen Ansprüchen. 

Woran liegt das? Es ist eine Beobachtung, die sich über die Jahre bei allen Trainern gezeigt hat, hießen sie Favre, Hecking oder Rose. Ist es eine Charakterschwäche in einem Kader, dem es in der Gladbacher Wohlfühloase zu gut geht? Wohl kaum. Auch heute war der Mannschaft ja das ernsthafte Bemühen nicht abzusprechen, das Spiel bis zuletzt drehen zu wollen. Von außen war aber relativ deutlich zu sehen, dass auch heute wohl 120 Minuten nicht gereicht hätten für ein Erfolgserlebnis.

Warum es im Moment in den entscheidenden Momenten hakt, lässt sich erklären.

Zu viele gestandene Spieler sind weit weg von ihrer Bestform. Die jungen Koné, Scally und Netz lassen nach einer ganzen Reihe von Startelfeinsätzen auch mal ein paar Federn - was ganz normal ist, aber ins Gewicht fällt, wenn die Spieler neben ihnen es nicht auffangen können.

Mit Thuram, Lainer und heute Ginter fehlten wieder Spieler, die den Unterschied machen können, gerade in einem solchen Spiel wie heute. Bensebaini musste durch Ginters Ausfall gleich wieder über 90 Minuten gehen, obwohl er schon in den vergangenen Monaten immer wieder sehr früh aus Verletzungen heraus ins Spiel geworfen werden musste, mit entsprechenden Rückschlägen und Verletzungen.

Doch: Was von der Bank kommt, macht in einem engen Spiel nicht den Unterschied. Es kommt keine zusätzliche Qualität auf den Rasen, obwohl dies den Namen nach eigentlich so sein müsste. Vielleicht kam heute erschwerend auch noch eine taktische Umstellung dazu, die für mich keinen Sinn ergab und die auch nicht von Erfolg gekrönt war. 

Flo Neuhaus, ohnehin nicht mit dem nötigen Selbstbewusstsein ausgestattet, tobte da hinter den Spitzen als reiner Fremdkörper herum, während die aggressiven Speerspitzen Stindl und Hofmann, die in einem physisch anspruchsvollen Spiel bis zuletzt den Unterschied machen können, den Platz verließen oder sich plötzlich auf der Außenbahn wiederfanden, wo heute alles passierte, nur nicht der sinnvolle Spielaufbau der Borussia.

Je länger das Spiel dauerte, desto weniger hatte Borussia noch einen Spielfaden in der Hand. So war es für die Hertha zu leicht, gut über die Zeit zu kommen.

Aber wie gesagt: Diese Erkenntnis, dass es gegen vermeintlich unterlegene Gegner kaum eine zündende Spielidee gibt, ist nicht neu, und sie zieht sich durch die letzten Jahre durch. Ich habe derzeit keine Erklärung, warum es nicht gelingt, gegen solche Gegner Punktverluste zu minimieren und einen gewissen Lerneffekt nachzuweisen. 

Wie man den vorhergehenden Zeilen entnehmen kann, war der Auftritt von Zakaria und Co. heute einfach objektiv nicht gut genug, um Punkte mitzunehmen. Ich tue mich zwar schwer damit, den Sieg des Gegners als verdient zu bezeichnen. Allerdings muss man konstatieren, dass Borussia sich dieses Gütezeichen heute auch nicht so recht verdient hatte. Ein Remis wäre der logische Kompromiss gewesen, aber selbst dazu war die Offensivleistung heute ganz offensichtlich zu wenig.

Dennoch oder gerade deswegen gibt es auch noch ein paar harsche Töne von mir in Richtung des Schiedsrichtergespanns, das sich das Etikett als Herthas 12. Mann heute redlich verdient hatte. Das sage ich nicht leichtfertig, aber selbst ich als kritikfreudiger und in der Hinsicht vielleicht oft zu anspruchsvoller oder emotionaler Fan habe selten eine schlechtere Leistung gesehen als die einseitige Pfeiferei, die Benjamin Cortus mit seinem Team heute auf den Rasen brachte. 

Das fing nach nicht einmal zwei Minuten mit einer völlig überzogenen Gelben Karte für ein Allerweltsfoul von Jordan Beyer an, setzte sich mit einer überkleinlichen Linie fort, die sich in der ersten Halbzeit fast ausnahmslos gegen Borussias Spieler richtete und die ihren Teil dazubeitrug, dass das Spiel so zerfahren verlief, was vor allem der Hertha zugute kam. Reihenweise falsche Einwurfentscheidungen, unter anderem die vor dem Berliner 1:0, kamen dazu.

Und natürlich der zurückgenommene Elfmeter, für den es bestimmt auch wieder irgendeine Ausnahmeausrede geben wird. Denn wie hieß es doch immer wieder: der VAR soll/darf sich nur einschalten, wenn es sich um eine klare Fehlentscheidung handelt. Cortus sah den Tritt des Berliners gegen den von hinten an ihm vorbeilaufenden Scally und zeigte aus der Realgeschwindigkeit heraus aus meiner Sicht zurecht auf den Punkt. Natürlich, es war (zum Glück) kein fester Tritt in die Wade, doch die Berührung ist deutlich zu sehen und entscheidend für die Bewertung des Zweikampfs, auch wenn man bei Sky mit Superslowmotion-Bildern das Gegenteil zu suggerieren ("keine Berührung") versuchte. 

Warum also schaltete sich in Köln der Kollege Kampka ein - ein wie Cortus mit der Bundesliga in aller Regel überforderter Unparteiischer? Ich weiß es nicht, ich verstehe es nicht, und es kotzt mich an, weil offensichtlich immer wieder Gladbach unter solchen seltsamen Entscheidungen und Ermessenspielraumverdehnungen leiden muss (siehe Thurams nicht gegebene Elfer gegen die Bayern). Benjamin Cortus jedenfalls hatte nach der Intervention aus Köln natürlich auch nicht den Arsch in der Hose, bei seiner ersten Entscheidung zu bleiben, was leider gerade bei der jüngeren Garde der Schiris in solchen Situationen zu häufig passiert. 

War die erste Halbzeit in Sachen Gleichbehandlung schon eine Zumutung gewesen, steigerte Cortus seine seltsame Linie in den zweiten 45 Minuten sogar noch. Hatte er zunächst fast jeden Zweikampf abgepfiffen, fand er danach überhaupt keine nachvollziehbare Zweikampfbewertung mehr, ließ mehrere Pflichtverwarnungen einfach aus, legte vergleichbare Situationen konsequent unterschiedlich, meist zu Ungunsten von Gladbacher Spielern aus, fiel auf die mit der Spielzeit zunehmenden Schauspieleinlagen der Berliner inklusive der immer länger werdenden Behandlungspausen rein, unterband somit das impertinente Zeitspiel der Dardai-Truppe zu keinem Zeitpunkt, genausowenig wie deren Respektlosigkeiten, wenn er dann doch auch mal gegen Hertha gepfiffen hatte. 

Chapeau für die Borussen auf dem Feld, die dieses unwürdige Schauspiel doch recht diszipliniert über sich ergehen ließen. Kurz gesagt: Das war ein Grauen, das man nicht auch noch gebraucht hätte, wo doch die eigene Mannschaft schon nicht so viel Freude machen konnte.

So, das musste raus. Dennoch wird Adi Hütter mit seinem Spielern in den nächsten Tagen natürlich nicht beim Schiri, sondern ganz woanders ansetzen müssen, wenn er sie wieder in die Spur führen will, das ist klar.
Das Pokalspiel gegen die Bayern wirkt angesichts des Auftritts in Berlin und des zeitgleich in Galaform befindlichen Gegners heute wie eine unüberwindbare Hürde. Aber das heißt nicht, dass Borussia gänzlich chancenlos sein muss. Doch spätestens wenn es am kommenden Wochenende gegen Bochum geht, muss ein echter Lerneffekt her, und zwar aus dem Spiel von heute. Wir dürfen gespannt sein auf eine weitere Woche der Wahrheit.

Bundesliga, 9. Spieltag: Hertha BSC - Borussia Mönchengladbach 1:0.

Saisonspende: Zu den 33 Euro kommt heute nix dazu.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-10-16

Ein Tick zu wenig

31 Torschüsse, davon aber nur 8 direkt aufs Tor - anhand dieser Statistik lässt sich vielleicht am besten ausdrücken, warum die Bilanz des Heimspiels gegen den VfB Stuttgart gemischt ausfällt - mit einem leichten Hang zur Enttäuschung.
Ja klar, es hätte ein Sieg werden müssen, aber da fehlte heute am Ende doch auch einiges an Präzision, um gegen die eng und clever verteidigenden Gäste die drei Punkte zu sichern. Am Ende war der Punkt für die Schwaben deshalb seinerseits auch nicht unverdient, auch wenn der deutlich größere Aufwand von Lars Stindl und seinen Kollegen aufs Feld gebracht worden war, leider ohne die entsprechende Belohnung.

Einen Rückschlag muss man das dennoch nicht nennen. Denn es fehlte nicht viel zu den richtig guten Leistungen vor der Länderspielpause - allein ein kleines bisschen weniger Zielstrebigkeit im Direktspiel nach vorne, wohl auch ein bisschen von der jugendlichen Wahnsinnigkeit, mit der die Youngster Koné, Scally und Netz noch gegen Dortmund und Wolfsburg in manchen gefährlichen Zweikampf im Mittelfeld gegangen waren und damit den Gegner auch ein Stück weit überrumpelt hatten.

Es war heute vielleicht durchweg dieser kleine Tick weniger Risikobereitschaft, der den Unterschied machte, weil eben nicht immer der schnellste Weg vertikal nach vorne gesucht wurde, und damit der (heute personell auch etwas ausgedünnte, aber dennoch namhaft besetzte) Gegner eben nicht ständig unter Vollstress gesetzt werden konnte. Es gelang den Stuttgartern zudem, die Kreise von Breel Embolo soweit zu stören, dass er kaum in gefährliche Sprintduelle kam und seine Körperlichkeit und seine Ablagen den Mitspielern nicht solche Räume einbrachten, dass sie mal frei hätten durchlaufen und abschließen können.

Doch auch wenn in der Folge wieder öfter quer oder nach hinten gespielt wurde und dies dem Pressing der Gäste entgegenkam: Es war nicht zu vergleichen mit der schwachen Leistung etwa in Augsburg. Borussia dominierte das Spiel, varierte das Tempo und spielte sich auch genug gute Gelegenheiten heraus. Allein das konsequente Ausspielen von schnellen Angriffen war heute nicht optimal.
Defensiv hingegen stand die Hütter-Elf fast durchweg stabil, ließ nur ganz wenig zu. Sicher, Koné hätte sich vor dem Sonntagsschuss von Mavropanos energischer in die Schussbahn werfen müssen, dazu kam der fast fatale Fehlpass des Franzosen auf Beyer, der um ein Haar zum 2:0 durch Coulibaly geführt hätte. Ansonsten hatte der VfB auch in der zweiten Hälfte kaum eine gute Annäherung zum Tor von Yann Sommer zu bieten. Was erfahrungsgemäß nicht heißt, dass man ein solches Spiel nicht auch noch durch ein reingegurktes Gegentor hätte verlieren können.

Danach roch es heute nicht - aber eben auch nicht nach dem klaren Sieg, den man nach dem guten Beginn schon hatte aufdämmern sehen, als Borussia den Gegner gefühlt minutenlang in der eigenen Hälfte festsetzte. Das bittere 0:1 wurde bis zur Halbzeit durch den schönen Schuss von Jonas Hofmann repariert, und eigentlich ging dann alles in die richtige Richtung. 

Auch in der zweiten Hälfte war Borussia das bestimmende Team, blieb bemüht, das Spieltempo hochzuhalten, kam aber zu selten zu wirklich zwingenden Chancen. Besonders ärgerlich war in dem Zusammenhang allerdings der von Ginter kläglich vergebene Freistoß nach einem Foul an Embolo haarscharf an der Strafraumgrenze. Da und bei vielen Standardsituationen fehlt derzeit einfach die Rafinesse, um aus solchen Gelegenheiten zum Erfolg zu kommen.

Auch von der Bank kam heute nicht genug Elan, um das Spiel noch zu entscheiden. Zwar legte Plea gut und engagiert los, kam zu vernünftigen Abschlüssen. Doch nach dem überflüssigen Knockout, den Kempf ihm mit einem übermotivierten Einsteigen im Kopfballduell verpasste, fehlten dann auch bei Lasso wieder öfter die Übersicht. Patrick Herrmann war giftig und zeigte einige gute Bälle, zum Beispiel in der Nachspielzeit, als sein langer Ball von Embolo noch erlaufen und gespielt werden konnte, bevor ihn VfB-Schlussmann Bredlow unsanft abräumte - leider aber auch nicht elfmeterreif (was ich nochmal bei Fohlen TV nachprüfen musste, weil der "Qualitätssender" Sky nicht in der Lage war, auch nur eine Wiederholung der Szene anzubieten). Und Flo Neuhaus, erst kurz vor Schluss eingewechselt, konnte auch nicht wirklich Werbung für sich machen.

Fazit: Manchmal muss man sich ärgern, dass man trotz Überlegenheit nicht gewonnen hat. Aber da man der Mannschaft nicht viel vorwerfen kann und sie heute bewiesen hat, dass sie an die Galavorstellungen vor der Länderspielpause anknüpfen konnte - also, dass sie die Vorgaben von Adi Hütter offenbar immer besser verinnerlicht, wäre es deplatziert, zu kritisch mit dem Team umzugehen. Nehmen wird den Punkt mit, wer weiß, wofür er noch wichtig sein kann.

Soll ich noch etwas zum tollen Felix schreiben? Brych als Schiri, Hartmann als Vierter Offizieller und Zwayer im Kölner Keller - das war schon eine Kombination zum Fürchten. Zum Glück erwiesen sich die Befürchtungen als weitgehend unbegründet, zumindest jedenfalls nicht spielentscheidend. Bis auf typische Brych-Situationen: Eine lächerliche Minute Nachspielzeit in Halbzeit eins, in der allein zwei Tore gefallen waren. Vier Minuten am Ende, die er trotz weiter verbummelter Zeit und verschiedentlichen schiedsrichterseitigen Plaudereinlagen trotzdem nicht verlängerte, sondern noch zwei Sekunden zu früh abpfiff. Und dann die teils ihm und teils seinem Gespann zuzurechnenden klar falschen Entscheidungen bei Ausbällen oder Fouls (auf beiden Seiten) plus die inkonsequente Linie bei taktischen Fouls und Verwarnungen. Ich beschwere mich nicht über die Karten, die er in Richtung Borussias zeigte, dann soll er bitte aber auch auf der anderen Seite mit dem gleichen Maß messen. Aber mein Gott: Das ist ja nach einigen guten Schiris zuletzt schon ein Jammern auf hohem Niveau.

Also sei's drum. Konzentrieren wir uns auf die nächste Woche gegen Hertha, was aus unerfindlichen Gründen - wie das untere Mittelfeldduell heute - auch schon wieder als Topspiel am Samstagabend daherkommt.    

Bundesliga, 8. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart 1:1. Tor für Borussia: 1:1 Hofmann.

Saisonspende: Auf den bisherigen Stand von 32 Euro kommt heute nur ein Euro drauf - prost auf die Schnapszahl 33.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

 

2021-10-03

Horrorserie, weggebügelt

Wow. Zweites Spiel gegen einen favorisierten Gegner hintereinander, und mit dem zweiten, nicht unbedingt zu erwartenden Sieg befreit sich Borussia erstmal aus den Niederungen der Tabelle. Sechs Punkte gegen den BVB und Wolfsburg nach zuvor mageren vier aus fünf Spielen: Das ist klasse, das ist wichtig für den Kopf, aber natürlich auch dafür, dass Adi Hütter und das Team in den nächsten Tagen etwas ruhiger arbeiten können. Solange jedenfalls, bis irgendwelche Boulevard-Sportjournalisten uns gleich wieder zum Titelaspiranten küren. ;-)

Ich muss zugeben, diese Leistungen gegen den BVB und Wob habe ich so nicht erwartet. Das Auf und Ab vorher, der Rückfall in alte, schlechte Muster wie beim 0:1 in Augsburg ließ doch erhebliche Zweifel daran, dass die Mannschaft (zumal durch prominente Ausfälle gehandicapt) den Schalter auf dem Feld schnell wieder zum Besseren umlegen könnte. 

Das haben das Trainerteam um Hütter - taktisch wie emotional - und die Spieler mit einer hervorragenden Einstellung und einem verschworenen Auftreten dann wie aus dem Nichts dann doch geschafft. Und auch gestern durchgezogen, anders als sonst oft nach begeisternden Spielen gegen "übermächtige" Gegner.

Denn auch wenn diese letzten beiden Partien gezeigt haben, was der VfL an einem guten Tag zu leisten imstande ist - das ist kein Selbstläufer für die Saison. Dazu war auch das Spiel gestern enger, als es am Ende wirkte.

Erneut in der "Junge-Wilde-Aufstellung" mit Netz, Scally, Koné und diesmal auch Jordan Beyer in der Startelf gelang Borussia ein absoluter Sahnestart - und das ausgerechnet in den hässlichen Ausweichtrikots ohne Borussia-Wappen. Zwei Tore Vorsprung schon in Minute 7 gegen eine bisher defensiv sehr stabile gegnerische Defensive, das ist schon ein Ausrufezeichen. 

Allerdings: Beide Tore gingen zu mindestens 70 Prozent auf die mutige Aktion eines Spielers zurück, sie waren nicht aus einer kontrollierten Ballbesitzphase herauskombiniert. 

Der herausragende Breel Embolo erkämpfte sich zunächst die gute Freistoßsituation vor dem ersten Tor mit einem wuchtigen Lauf über die linke Seite gegen Bornauw. Und mit etwas Glück bekam er den Ball dann im Strafraum auch so serviert, dass er ihn sehenswert per Fallrückzieher ins Tor schießen konnte. 

Noch besser allerdings die Vorbereitung des 2:0. Da behauptete er sich gleich gegen drei Gegner an der Außenlinie und fand auch noch die richtige Länge für den Steilpass auf Jonas Hofmann - eine Präzision, die der Mannschaft in den Spielen zuvor einfach zu oft gefehlt hatte, wodurch sehr viele gute Gelegenheiten - und damit womöglich auch bessere Resultate - liegen gelassen wurden.

Zum kontrollierten Spiel gegen stärker werdende Wölfe trug jedoch die sichere Führung nicht bei. Zwar fiel das 1:2 eher zufällig, aber die Gastgeber bekamen das Spiel nach etwas mehr als 20 Minuten zunehmend besser in den Griff und es entwickelte sich daraus ein offenes Spiel zweier williger und physisch starker Teams, weniger jedoch ein Feuerwerk an Chancen auf beiden Seiten.

In der zweiten Halbzeit setzte sich das fort. Wolfsburg zwang Borussia durch zusätzliche Offensivkräfte oft in die eigene Hälfte und zum Reagieren, auch der Platzverweis gegen Lacroix sorgte nicht dafür, dass Gladbach seine numerische Überlegenheit besser ausspielen konnte. Auch in dieser Szene war der gefoulte Embolo wieder der entscheidende Mann. Doch Lars Stindl nutzte die Elfmeterchance nicht, sodass wieder bis weit in die Nachspielzeit zittern angesagt war, ehe Scally seine Leistung mit dem bravourösen Lauf zum 3:1 krönte.

Dass der Sieg verdient war, daran gibt es keinen Zweifel. Der VfL war die schlauere Mannschaft, brachte vollen Einsatz in den Zweikämpfen und leistete sich deutlich weniger Fehler als der Gegner. Doch zur Geschichte gehört eben auch, dass es dennoch - wie so oft in den vergangenen Jahren - trotz guter Leistung eine herbe Enttäuschung hätte geben können, wenn der Gegner seine Chancen (Lukebakio, Weghorst, Waldschmidt) besser genutzt hätte.

Damit bin ich bei dem, was gestern vielleicht die größte Erleichterung ausgelöst hat. Nach wahnsinnigen 18 Jahren gewinnt Borussia wieder mal ein Spiel in der trostlosen VW-Werksarena, damit ist jetzt bis auf den Freiburg-Fluch jede Horrorserie des 21. Jahrhunderts mal geknackt. Besonders gegönnt sei das all den Fans, die Jahr für Jahr immer wieder dorthin aufgebrochen sind, um ihren Teil zum Erfolg in Wob beizutragen. Dass sie sich in dem leblosen Stadion jederzeit die stimmliche  Hoheit verschaffen können, ist ja nichts Neues. Aber dass es auch gestern dort trotz des guten Saisonstarts der Gastgeber nur zu einer so jämmerlichen Kulisse (12000 Zuschauer, über 17000 hätten reingedurft) gereicht hat, das sagt schon viel über die emotionale Relevanz der VW-Truppe aus.

Was war noch bemerkenswert?

Top-Spieler: Erneut war das eine vor allem geschlossen gute Leistung der Mannschaft, in der jeder für jeden rennt und Fehler des einen gemeinsam wieder ausgebügelt werden. Drei Akteure verdienen dennoch eine besondere Erwähnung.

Breel Embolo zeigt es bisher nicht oft genug - aber wenn er so gut aufgelegt ist wie gestern, dann ist er ein Fels in der Brandung und eine echte Waffe als Sturmspitze. Bälle sichern, ablegen, robust verteidigen, spielerisch fokussiert, nicht überhastet und präzise in den Aktionen, und dann auch noch torgefährlich. Das war eine Eins mit Sternchen. Der Schweizer agierte gestern in bester Lukaku-Manier, war kaum zu verteidigen.

Als idealer Partner zeigte Jonas Hofmann gestern, welchen Wert er für die Mannschaft hat. Als Taktgeber, Balleroberer und Pressingspieler, und natürlich auch als Torschütze. Aber: Gegen tiefstehende Gegner funktioniert das (Konter-)Rezept von gestern wohl weder bei Embolo noch bei Hofmann so effektiv.

Ein Hoch auf Joseph Scally: Er flog ins kalte Wasser, weil Lainer und Bensebaini fehlen. Und er machte einen unglaublichen Schritt nach vorne. Sieben Spiele in der Liga, und er ist derzeit kaum noch aus der Mannschaft wegzudenken. 

Äußerst clever im Zweikampf, mutig im Eins-gegen-Eins (wenn auch manchmal noch etwas zu risikofreudig), athletisch auf der Höhe und nicht müde zu kriegen, links wie rechts sofort on fire, und auch mit einem Selbstbewusstsein bis nach New York ausgestattet: wohl deshalb gelingt ihm im Moment fast alles. Es ist kein Zufall, dass er gestern den Schlusspunkt setzte und die Entscheidung markierte. Mit einem Angriff, den er über Sommers Abschlag selbst einleitete und eiskalt zum 3:1 vollendete. Es gab selten einen verdienteren Torschützen als Joe Scally in diesem Spiel.

Was ihn auszeichnet, ist auch das Selbstverständnis, das vielen US-Amerikanern eigen ist - "du kannst alles erreichen, wenn du nur willst". Und in dieser extrem fokussierten und ehrgeizigen, von dem eigenen Leistungsvermögen überzeugten Haltung vermag ich ein wenig auch unseren Ex-Kapitän und Scallys Landsmann Kasey Keller wiederzuerkennen. 

Schiedsrichter: Drei Spiele hintereinander, bei denen es auch für den Schiedsrichter eine gute Note gibt - das ist wirklich selten. Ganz konnte Frank Willenborg die Leistung seiner Vorgänger zwar nicht halten. Aber er lieferte eine souveräne und trotz des intensiven Spiels mit vielen Fouls geräuschlose Leistung ab. Bis auf die ärgerliche Gelbe Karte gegen Zakaria, bei der der Schiri auf eine Schauspieleinlage von Waldschmidt reinfiel, war die Strafbemessung und die Foulbewertung in Ordnung. Beim möglichen Elfmeter an Hofmann in der ersten Halbzeit und der Roussillon-Szene, bei der er letztlich zu Recht die Rote Karte zurücknahm, hätte auch die Möglichkeit einer Interpretation in die andere Richtung gegeben, weil bei beiden Szenen die Wolfsburger durch nur unter dem Mikroskop beobachtbare Ballberührungen vor größerem Ärger bewahrt wurden. Aber im Sinne des intensiven Spiels konnte man damit auch so leben.

Nicht akzeptieren kann ich allerdings wieder einmal die Schwächen des VAR, einmal mehr durch den in Köln sitzenden Sascha Stegemann. Auch wenn der Elfmeter von Lars Stindl wirklich schlecht geschossen war und es am Ende für den Spielausgang unerheblich war: Es darf nicht passieren, dass die korrekte Ausführung eines Strafstoßes keinen des Feldschiri-Teams und keinen VAR interessieren.

Bei Stindls Fehlschuss wurden gleich zwei Regeln gebrochen, die zu einer Wiederholung hätten führen MÜSSEN. Maxi Arnold lief - als einziger - viel zu früh in den Strafraum rein. Und Torwart Koen Casteels hatte beim Schuss nicht wie vorgeschrieben einen Fuß auf oder über der Torlinie.

Bei ersterem musste ich von "Collinas Erben" lernen, dass es zwar ein klarer Verstoß sei, aber in der Praxis dies meist nur geahndet würde, wenn der gegnerische Spieler den Schützen auch irritiert bzw. beeinflusst. Das öffnet der willkürlichen Bewertung mal wieder Tür und Tor. Allerdings war Arnold bei Stindls Schuss höchstens noch eineinhalb Meter vom Schützen entfernt und somit durchaus in einer ahndenswerten Reichweite.

Klar ist die Nummer mit Casteels. Dieses Vergehen kann der Schiedsrichter im Stadion vielleicht nicht unbedingt klar sehen und bewerten. Deshalb ist es ein Muss für den VAR, hier einzugreifen. Anders übrigens als beim Fall Arnold. Wegen einer solchen Aktion hätte Stegmann sich nicht melden dürfen. Alles klar? Natürlich nicht, denn das ist absolut albern - oder man müsste eben einen der drei Assistenten im Stadion damit beauftragen, auch die Einhaltung dieser Regel zu überwachen und gegebenenfalls zu monieren.

Es ist gutgegangen und daher kein Grund, sich noch groß darüber aufzuregen, zumal ein verwandelter Elfmeter uns die ganze Diskussion erspart hätte. Es zeigt allerdings einmal mehr die tief im System verwurzelten Unzulänglichkeiten des VAR-Regelapparats - und die von VARs, die einfach nur ihre Arbeit nicht machen.

Für uns hatte das Ganze immerhin noch etwas Gutes. Hätte Stindl getroffen, wäre wohl die Schlussphase mit dem aufopferungsvoll verteidigten Vorsprung nicht gewesen (gut gerade nach den vielen in der Schlussphase verspielten Punkten in der Vorsaison) - und natürlich nicht der letzte Angriff mit Scallys wunderbarem Lauf über den ganzen Platz. 

Beides sind Dinge, die bei der Teamwerdung, beim Aufbau von Vertrauen in sich selbst sehr hilfreich sein können. Und daran gilt es weiter zu arbeiten. Damit solche Siege künftig noch weniger von der Chancenauswertung des Gegners und noch mehr von der eigenen Spielkontrolle abhängen können.

Bundesliga, 7. Spieltag: VfL Wolfsburg - Borussia Mönchengladbach 1:3. Tore für Borussia: 0:1 Embolo, 0:2 Hofmann, 1:3 Scally.


Saisonspende: Die beiden jüngsten Spiele machten nicht nur Spaß, sie waren auch lukrativ für das Spendenschwein: Gegen Wolfsburg kamen durch drei Tore und den so lange ersehnten Sieg auf dem Bestriebssportplatz des VW-Werks 13 Euro zusammen. Mit den 12 Euro aus dem Dortmundspiel und den vorher eher mühsam gesammelten 7 Euro aus 5 Spielen liegt die Summe nun bei 32 Euro. Gut so!

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.