2019-12-21

Durchkommen ist alles

Nach der Last-Minute-Enttäuschung von Wolfsburg konnte es in den verbleibenden beiden Spielen bis zur Winterpause nur darum gehen, möglichst unbeschadet ins Ziel zu kommen und idealerweise die Verfolger auf Distanz zu halten. Denn der Substanzverlust im Gladbacher Spiel war unübersehbar. Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Gegner inzwischen bessere Lösungen finden, den VfL seiner Stärken zu berauben, etwa, indem man das Kombinationsspiel in einem engen Abwehrnetz zu ersticken sucht. 
Aus diesem Grund ist es gut, dass jetzt eine Verschnaufpause kommt und die Mannschaft mit dem Trainerstab dann vier Wochen wieder daran arbeiten kann, das Spiel neu zu justieren. Das wurde vor allem aus der eigenen Hälfte heraus zuletzt oft zu behäbig geführt, auch weil vorn oft die Bewegung der Stürmer und damit Abnehmer für in die Tiefe gespielte Pässe fehlten.

Mich selbst haben die letzten zwei englischen Wochen auch ge- oder überfordert. Vielleicht hat der eine oder andere ja unter der Woche einen Bericht vom Paderborn-Spiel vermisst. Ich habe diesmal das Spiel nicht sehen können, weil ich zur gleichen Zeit auf einem Konzert war. Aus Zeitgründen und angesichts dessen, was ich über das Spiel gelesen hatte, habe ich dann auch darauf verzichtet, mir die Partie nachträglich nochmal über Fohlen TV reinzuziehen. Ich habe es stattdessen bei einer Zusammenfassung der wichtigsten Szenen belassen. Das war glaube ich eine gute Entscheidung, denn wahrscheinlich würden sich die Dinge, die ich über das Spiel von heute und das von Mittwoch zu sagen hätte, recht ähnlich klingen.

Es war auch heute eine erste Halbzeit, in der der Gegner die besseren Chancen hatte und die Gladbacher in der Rückwärtsbewegung das eine oder andere Mal schlecht aussehen ließ. Darauf folgte eine deutlich bessere zweite Hälfte, die einmal belohnt wurde und einmal nicht. 
Da gegen Paderborn am Ende ein Sieg stand, kann ich mit dem Remis heute gut leben. Es war insgesamt ja auch verdient. Unseren vielen Fans im Olympiastadion hätte ich dennoch natürlich das Erfolgserlebnis gegönnt, zumal Berlins Wundertrainer Klinsmann ja frühzeitig das Signal gab, mit dem 0:0 zufrieden zu sein, als er seine einzigen gefährlichen Offensivspieler Lukebakio und Selke in der 70. Minute rausnahm.

Es gäbe auch heute jede Menge zu analysieren, zu schauen, wo wer nicht das gebracht hat, was möglich war. Allerdings rechne ich damit, dass allein die Erholungspause über Weihnachten viele der Ungenauigkeiten im Spiel reduzieren wird. 
Die Mannschaft weiß ja, dass der Weg zum Erfolg über entschlossene Pressingsituationen wie vor dem 1:0 gegen Paderborn geht und weniger über ein unkoordiniertes Anlaufen von breit gestaffelten Abwehrspielern durch einen oder zwei Angreifer, wie es heute häufig zu beobachten war. Dass schnelle und schnörkellose Pass-Stafetten aus der eigenen Hälfte heraus besser sind als mit dem Ball am Fuß in eine massierte Doppelviererkette zu laufen. Da lässt sich vieles verbessern. 

Aber, und das gehört zu den guten Punkten in der Bilanz: Mann muss auch solche Spiele, die nicht glatt laufen, vernünftig nach Hause bringen können. Und zum Hinrundenende zweimal zu Null zu spielen, das ist eben auch eine Qualität, auch wenn bei dem einen oder anderen Angriff der Gegner auch das nötige Glück beistand. So hat Gladbach nicht nur (zusammen mit Wolfsburg) die wenigsten Gegentore bekommen, sondern liegt auch mit fünf Zu-Null-Spielen in dieser Statistik mit Bayern und Bayer vorn. Yann Sommer ist der Stammkeeper mit der besten Paradenquote der Liga. Pervan (Wolfsburg), Hitz (Dortmund) und Flekken (Freiburg) sind danach zwar noch etwas besser, aber diese drei haben nur 9, 4 beziehungsweise 8 Spiele absolviert - Sommer alle 17 Partien.  
Auf der anderen Seite sind 33 Tore kein Spitzenwert, aber angesichts der sicheren Abwehr dennoch gut für eine außerordentliche Punkteausbeute. Der Klassenerhalt dürfte so in Kürze perfekt zu machen sein. Nicht ungewöhnlich ist, dass das Sturmquartett mit zweimal sechs und zweimal fünf Toren den Löwenanteil (22) an dieser Bilanz hält. Das Mittelfeld fällt hingegen gegenüber den Abwehrspielern interessanterweise zurück. Den sechs Toren von Bensebaini, Wendt, Elvedi und Lainer stehen nur vier von Zakaria, Neuhaus und Stindl gegenüber. Mehr Torgefahr aus dem Mittelfeld ist also eine Option, noch unberechenbarer zu werden. Gerade Flo Neuhaus und Jonas Hofmann werden selbst wissen, dass da noch viel Luft nach oben wäre.

Wie dem auch sei: Mit dem letzten Berlin-Besuch für diese Saison endet die Hinrunde genau so, wie sie begonnen hat: mit einem 0:0. Dazwischen lagen elf Siege und vier Niederlagen, was für Gladbacher Verhältnisse absolute Oberklasse bedeutet. Die wochenlange Tabellenführung war sozusagen das Sahnehäubchen, und dass sie jetzt weg ist, ist für mich unerheblich. 

Denn bei allen leisen und augenzwinkernden Titelträumen wissen wir alle, dass es im zweiten Halbjahr um etwas anderes geht. Dann steht im Vordergrund, einen der ersten Plätze zu verteidigen und eben in der Rückrunde nicht wieder einzubrechen wie in den Vorjahren. Dazu gehört, die Spieler, die bislang noch keine große Rolle einnehmen konnten, weiter ins System zu integrieren. Selbst Lars Stindl fremdelt ja noch etwas, er war auch heute nach seiner Einwechslung kaum ins Spiel eingezogen.

Dazu gilt es, das Gute zu konservieren, an den Schwächen zu arbeiten und Fehler zu minimieren - dann kann eigentlich nichts schiefgehen.

Ob das gelingt, ist die große Frage. Die Art und Weise, wie alle im und rund um das Team den Rummel der letzten Wochen weggesteckt haben, wie sie damit umgegangen sind und wie seriös sie sich ins Ziel gearbeitet haben, spricht dafür, dass das klappen kann.
Aber es gibt keine Garantie. Verletzungen können das verhindern, vielleicht auch das eine oder andere unmoralische Wechselangebot, das Spielern die Konzentration für das Hier und Jetzt rauben könnte. Vielleicht ist die Konkurrenz n der Rückrunde auch eine andere. Wenn selbst Köln jetzt anfängt zu punkten, Hertha mit Millionen um sich werfen kann und die anderen, die uns finanziell voraus sind, ihrer Favoritenrolle besser gerecht werden, kann das ein ganz schweres Unterfangen werden. 

Doch Borussia muss sich auch hinter niemandem verstecken. Dieses Selbstbewusstsein, jedem Gegner gewachsen zu sein, schien mir nach dem Aus in der Euro League und der Pleite in Wolfsburg ein wenig verloren gegangen zu sein. Auch dass muss die Mannschaft in den kommenden Wochen wieder verinnerlichen. 

Soweit erstmal meine textliche Begleitung einer wirklich aufregenden und freudebringenden Halbserie unseres VfL. Euch allen wünsche ich eine geruhsame und glitzernde Weihnachtszeit und einen guten Rutsch in das hoffentlich gute Jahr 2020 - in dem wieder einmal eine Gladbacher Mannschaft Geschichte schreiben könnte. Danke, dass ihr auch in den vergangenen Monaten mein Blog so aufmerksam verfolgt habt. Das freut mich sehr und motiviert mich. Ich freue mich darauf, dass es bald weitergeht. Bis dahin, herzlichste Rautengrüße!    

Bundesliga 2019/20, 16. Spieltag: Borussia  Mönchengladbach - SC Paderborn 2:0 (Tore für Borussia: 1:0 Plea, 2:0 Stindl FEM)

Bundesliga 2019/20, 17. Spieltag: Hertha BSC - Borussia  Mönchengladbach 0:0

2019-12-15

Keine Kontrolle, keine Punkte

Alles wie immer in Wolfsburg: Gladbach bekommt seine Stärken und sein Spiel nicht auf den Rasen, die Schiedsrichterleistung spottet jeder Beschreibung und am Ende steht die Wut und die Ernüchterung über die verpasste Chance, den VW-Fluch wieder nicht gebrochen zu haben.

Doch der Reihe nach. Das Spiel heute war sehr aufschlussreich, wenngleich eher im negativen Sinne.

Auch wenn Tobias Strobl heute insgesamt keinen guten Tag erwischt hatte, ähnlich wie seine Nebenmänner Benes und Hofmann - es wurde überdeutlich, was Denis Zakaria für diese Mannschaft bedeutet. Ohne ihn bekam Borussia das Zentrum fast zu keiner Phase des Spiels dicht, und im Spiel nach vorne fehlte neben Breel Embolo ein weiterer entschlossener und robuster Spieler wie der gelbgesperrte Schweizer. 
Strobl hat durchaus seine Qualitäten, kann lange Bälle im Mittelfeld mit Kopfballstärke entschärfen und er kann nach vorne auch hervorragende lange Bälle für die Stürmer spielen. Nur bot sich dafür heute kaum Gelegenheit, auch weil der Gegner in der Abwehr sehr vorsichtig agierte und eher tief stand und direkte lange Bälle daher selten ein Mittel waren. In der Rückwärtsbewegung hatte Strobl allerdings viel Mühe, wirkte langsam und umständlich und kam oft zu spät, nicht nur beim 0:1. Es wäre dennoch unfair, ihm die Hauptschuld für die Niederlage zu geben. Denn auch die Mitspieler fanden, vielleicht bis auf Bensebaini, heute nicht zu ihrer Normalform.

Die zweite Erkenntnis betrifft Dauerkämpfer Stefan Lainer. Sein verletzungsbedingtes Ausscheiden zur Halbzeit nahm Marco Rose nicht nur eine taktische Wechseloption, sie zeigte auch, dass die Rolle als Antreiber derzeit keiner der anderen einnehmen kann. Immer wieder pusht und coacht der Österreicher seine Mitspieler auf dem Platz, oft verbal, manchmal aber auch mit einem giftigen Zweikampf oder einer Balleroberung. Jordan Beyer gelang es zu keiner Zeit, eine ähnliche Selbstverständlichkeit und Sicherheit auszustrahlen wie Lainer - wie auch, in einer Mannschaft, der zunehmend die Spielkontrolle entglitt.

Da Wolfsburg heute das klare Konzept hatte, die Gladbacher Spieler über die Zweikämpfe zu knacken, fielen diese beiden Ausfälle aus meiner Sicht besonders ins Gewicht. 

Wenn man die 90 Minuten betrachtet, geht die Niederlage leistungsmäßig völlig in Ordnung. Vor allem in der zweiten Halbzeit ging jeder Spielfaden verloren, jeder anrollende Angriff der Wölfe sorgte für Schwerstarbeit in der Defensive. Und Entlastung nach vorne fand kaum statt. 

Also alles leicht abzuhaken, nach dem Motto "Shit happens" und "Aus Niederlagen lernt man"? Mit der Niederlage an sich kann ich leben, weil sie eben nicht unverdient war. Dass die Tabellenführung damit logischerweise futsch ist, stört mich auch nur am Rande. Was ich nicht akzeptieren kann, ist die skandalöse Leistung des Schiedsrichtergespanns inklusive des sogenannten Videoassistenten. Und da muss ich mich heute leider wieder mal so richtig auskotzen.

Erstens ist es mir ein Rätsel, warum es sein kann, dass eine Mannschaft in 15 Spielen dreimal den gleichen Schiri bekommen kann. Dann fällt auf, die diese Mannschaft - bei ansonsten zehn Siegen - in besagten drei Spielen mit diesem Schiedsrichter ein Unentschieden und zwei Niederlagen kassiert, bei einer Gesamtbilanz von einem Unentschieden und vier verlorenen Spielen. Dazu kommt, dass sich in allen drei Spielen unter Dr. Felix Brych das gleiche Muster zeigt, das ich erst am 12. Spieltag bei der Niederlage gegen Union so beschrieb:


"Ich akzeptiere, dass Mannschaften wie Union die physische Karte spielen (müssen), um das Spiel des Gegners zu zerstören. (...) Der Schiedsrichter ist dann dazu da, Stoppsignale zu setzen. Wenn er das unterlässt, beeinflusst er das Spiel. Und wenn er es einseitig unterlässt, bevorteilt er eine Mannschaft - etwa die vermeintlich spielerisch unterlegene, die auf übertriebene Härte setzt. Heute war das wieder besonders krass am Beispiel von Alassane Plea zu beobachten, der immer wieder ungestraft von hinten in die Beine getreten werden durfte, während Brych ihm arrogant "Weiterspielen" signalisierte - als ob Plea sich grundlos fallenlassen würde..."          
Sogar der Name Plea (der immer wieder zum Freiwild der Verteidiger wird) kann wiederverwendet werden. Nur war es heute noch schlimmer als sonst unter dem angeblichen Weltklasse-Schiedsrichter.

Am ersten Spieltag gegen Schalke schrieb ich folgendes zu Brychs Leistung:
(...) ignorierte konsequent die vor der Saison noch einmal ausdrücklich kommunizierte Möglichkeit, nach Fouls weiterspielen zu lassen und Akteure bei der nächsten Spielunterbrechung zu verwarnen. Das ersparte Schalke drei bis vier Gelbe Karten, von denen eine gegen Stambouli schon in der ersten Hälfte zu Gelb-Rot geführt hätte. Einmal unterbrach er dafür entgegen der Regelhüter-Empfehlung einen Gladbacher Konter, um Caligiuri für ein taktisches Foul zu bestrafen. 
Auch sein gewöhnungsbedürftiger Umgang mit (Nicht-)Verwarnungen zeigte sich heute wieder, zum Nachteil von Borussia. Und da wird es dann langsam spielentscheidend.

1) Marco Roses ehemaliges Mittelfeldarbeitstier Xaver Schlager beging in den ersten 17 Minuten gleich drei gelbwürdige Fouls. Es dauerte aber bis zu 71. Minute, bis er dann den fälligen ersten Karton sah und kurz darauf ausgewechselt wurde. Wout Weghorst trat innerhalb von einer Minute gleich zwei Gladbacher in deren Hälfte um und sah - nichts. 
Jerome Roussillon wiederum wäre wohl auf jedem anderen Platz, selbst in der Kreisklasse, binnen kürzester Zeit zum Duschen geschickt worden. Erst semmelte er einen Gegner um, kassierte die verdiente Karte und applaudierte dem Schiedsrichter dafür höhnisch. In einer normalen Fußballwelt eine klare gelb-rote Karte. John Anthony Brooks holte sich in Halbzeit eins eine gelbe Karte ab. Nach der Pause unterband er einen Gladbacher Konter unter anderem mit der Hand - das übersah Brych großzügig. Und dann war da ja noch Maximilian Arnold, ohnehin einer der unfairsten Spieler der Liga. Er traf gefühlt in keinem Zweikampf den Ball, ging aber in der Kartenstatistik völlig leer aus - vielleicht auch, weil Brych viele seiner Fouls (offiziell wurden vier gezählt) einfach ignorierte.

2)  Zwei Tore erzielte die VW-Werkself, und wenn man das Regelbuch als Maßstab nimmt, waren beide irregulär. 
Das 1:0 lege ich allerdings nicht Felix Brych zur Last, sondern dem offenbar im Kölner Keller eingenickten Günter Perl, der die Szene gar nicht erst auf Regelwidrigkeit überprüfte. Noch während des Spiels räumte die Liga diese Peinlichkeit ein, die natürlich aber ohne Konsequenzen blieb. Es gibt aber mehrere Gründe, warum ich über diese Szene nicht so erbost bin wie über den Siegtreffer in der Nachspielzeit. Erstens ist es nicht genau zu entscheiden, ob Yann Sommer wirklich durch Joao Victor die Sicht genommen wurde oder ob er entscheidend irritiert wurde. Dann ist diese Art Abseits für mich nicht im Sinne des Spiels, das habe ich auch schon mehrfach geschrieben. Der im Abseits befindliche Fuß ist weder für die Entstehung des Tores ursächlich noch ist die Situation für den Spieler in irgendeiner Weise beeinflussbar. Es ist reiner Zufall, dass sich dieser Körperteil in diesem einen Moment ein paar Zentimeter hinter der gezogenen Linie befindet. Ich weiß, die Regel ist klar, und letztlich ist es daran auch mit den vorhandenen technischen zweifelsfrei zu entscheiden (wenn man es tun will), aber mit dem Ur-Sinn der Abseitsregel hat das nichts zu tun. Und schließlich war die Führung ja ein paar Sekunden später wieder durch Embolo ausgeglichen, sodass Borussia durch die Fehlentscheidung kein merklicher Nachteil entstanden war, weil Thuram und Co. dem Rückstand ja nicht zum Beispiel das ganze Spiel über hinterherlaufen mussten. 

Ganz anders sehe ich das beim zweiten Tor. Warum weder der Schiedsrichter noch der VAR den Fallrückzieher-Versuch von Weghorst am Mann als gefährliches Spiel sehen, ist mir unverständlich. Die Fußspitze des Stürmers befindet sich bei der zu kurzen Kopfballabwehr von Beyer vielleicht zehn Zentimeter vom Kopf des Abwehrspielers entfernt - auf Kopf- bis Schulterhöhe wohlgemerkt. Wie man da nicht Foul pfeifen kann, weiß ich wirklich nicht. Aber wer in dieser Saison schon die Gelegenheit hatte, mehr als 270 Brychminuten voller wirrer Zweikampfauslegungen beobachten zu dürfen, wundert sich eigentlich über nichts mehr. 

Ich weiß, dass ich viel und oft zu ausgiebig über Schiris meckere, und dass das nicht immer alles ganz ohne Vereinsbrille ist. Und ich weiß, dass auch heute die Mannschaft in erster Linie das Spiel verloren hat. Dennoch nehme ich heute das Wort Skandal in den Mund. 
Und ich würde mir wünschen, dass sich die Mannschaft in solchen Szenen wie beim 1:2 dann auch mal kollektiv aufregt und den Schiedsrichter bestürmt, mit dem Ziel, dass der VAR eben vielleicht doch noch mal draufschaut - denn auch diese Szene hätte Perl aus meiner Sicht zwingend an Brych melden müssen. Ich wünsche mir heute auch, dass der Verein mal ein Fass aufmacht und die Schirileistung und den dritten unterirdischen Auftritt von Brych gegen uns in dieser Saison zum Thema macht. Es kann doch nicht sein, dass sich Marco Rose im Sky-Interview jeden Kommentar zu einem nachgewiesenen VAR-Fehler verkneifen muss, damit er nicht dafür noch eine Strafe bekommt. Wären die Bayern in der gleichen Situation, kämen da ganz andere Worte, da bin ich mir ziemlich sicher. 

Natürlich hilft das ganze Schimpfen nichts, die Punkte sind weg. Aber ich hoffe, dass sich die Mannschaft davon nicht zu sehr beeindrucken lässt und am Mittwoch wieder mit Zakaria (und hoffentlich mit Lainer) ein anderes Gesicht zeigt. Es wäre zu ärgerlich, einmal mehr dem Mythos des Bayern-Besieger-Fluchs neue Nahrung geben zu müssen. Also, zusammenhalten, nicht anfangen zu zweifeln oder kirre machen lassen. Volle Konzentration auf Paderborn und Hertha. Die Seele brennt!

Bundesliga 2019/20, 15. Spieltag: VfL Wolfsburg - Borussia  Mönchengladbach 2:1 (Tor für Borussia: 1:1 Embolo)

2019-12-13

Schmerzlich unvollendet

Wie soll man das in Worte fassen? 
  • mit Trauer und Verzweiflung, dass es doch wieder ein Spiel mit typisch Gladbacher Tragik war, das den VfL unsanft aus dem Europa-Rennen kickte?
  • mit milder Einsicht, dass es über die sechs Gruppenspiele am Ende einfach dieses bisschen zu wenig war, was die Rose-Elf auf den Platz brachte?
  • mit der Annahme, dass das Glück am Ende einfach aufgebraucht war, wie es Stefan Lainer treffend bemerkte?
  • mit dem Lamentieren darüber, dass vorne die größten Chancen nicht genutzt wurden, sodass deutlich weniger individuelle Fehler in der Abwehr die Niederlage besiegeln konnten?
  • mit der Wut darüber, dass ausgerechnet diese überalterte Mannschaft und der unsympathische Club ohne Fans statt unserer Borussia weiterkommt?  
  • mit dem Ärger darüber, dass auch diesmal nicht nur das Können und Fehler der Spieler den Ausgang des Spiels bestimmten, sondern auch der Schiedsrichter und der fehlende Videoassistent (der an anderer Stelle zugleich ein Glück für uns war)? Ein Handelfmeter und ein Foulelfmeter waren es diesmal, die der spanische Unparteiische geflissentlich übersah. Und natürlich ein nicht gepfiffener Freistoß für Gladbach am gegnerischen Strafraum, der den Gegner letztlich in den Ballbesitz brachte, der zum zweiten Tor führte. Von der durch die türkischen Spieler straflos verbummelten Nachspielzeit ganz zu schweigen.
Vermutlich ist es ein bisschen von allem, was uns nun wurmt und was der fröhlichen Euphorie der vergangenen Wochen einen bösen Dämpfer verpasst. Es fällt mir schwer, dieser Riesenchance nicht nachzutrauern. So nachvollziehbar es ist, dass man mit einer negativen Tordifferenz, acht Punkten und der ausgeglichenen Bilanz von Siegen, Unentschieden und Niederlagen ausscheidet; so unverdient war es unter dem Strich nach den imponierenden Energieleistungen seit dem Auftaktspiel.

Und das gilt umso mehr für dieses Spiel, in dem Basaksehir über weite Strecken relativ wenig zu melden hatte. Die erste Halbzeit war eine souveräne Sache für Borussia, mit dem Makel, dass sich die Mannschaft im sicheren Ballbesitz manchmal scheinbar wieder zu wohl fühlte und zu oft quer und langsam statt schnell und steil nach vorne spielte. 
Wie anfällig die türkische Abwehr war, zeigten ihr die Gladbacher Offensivspieler immer wieder. Zu selten brachten sie aber den entscheidenden Pass sauber an. Dennoch gab es genug Möglichkeiten, vor der Pause das 2:0 zu erzielen. Stattdessen fiel der unverdiente Ausgleich, als von den Borussen nicht konsequent genug nachgesetzt wurde und Kahveci eher aus Verzweiflung den Ball aufs Tor drosch. Der Schuss war keineswegs raffiniert. Ich meine, dass er von Elvedi noch ganz leicht abgefälscht wurde und deshalb Yann Sommer so schlecht aussehen ließ.
Doch auch das hätte eigentlich kein Problem sein müssen, auch wenn man den Spielern anmerkte, dass es sie auf dme Weg in die Kabine beschäftigte.

Basaksehir kam auch besser aus der Halbzeitpause als der VfL, doch im Anschluss bekamen die Rose-Schützlinge das Spiel wieder besser in den Griff. Das änderte sich erst in den letzten 20 Minuten mit den offensiven Wechseln der Gäste und vielen langen Bällen, mit denen der bullige Stürmer Crivelli dann auch langsam ins Spiel fand. Zuvor war er als einzige Spitze völlig wirkungslos gewesen. 

Hätte Borussia darauf defensiv anders reagieren sollen? Hätte Rose statt Plea und Stindl noch einen zentralen kopfballstarken Spieler wie Tobi Strobl bringen sollen, um dem zweiten Stürmer Demba Ba zu begegnen und den langen Bällen und Flanken etwas entgegenzusetzen? Wäre der robuste Embolo für einen möglicherweise entscheidenden Konter besser noch länger auf dem Platz geblieben? Und war es gut, weder Benes noch Hofmann als Optionen auf der Bank zu haben? 
Das ist alles Spekulation. Denn sowohl Alassane Plea als auch Marcus Thuram hatten kurz vor Schluss noch ihre Riesenchancen zum entscheidenden Tor. Wenn man die nicht nutzt, kann sich das eben rächen. Und so war es heute. Nicht Borussia wirkte wie so oft in der Schlussphase frischer und entschlossener - diesmal zeigte der Gegner gerade da Killerqualitäten, als die Gladbacher für kurze Zeit ihre Ordnung suchten. Es ist umso ärgerlicher, dass auch das zweite Gegentor ein so einfaches und so vermeidbares war. Aber auch das ist Fußball.

Es bleibt uns nichts anderes, als auch diesen Wettbewerb schweren Herzens abzuhaken. Und das im Wissen, dass man in diesem Spiel eigentlich nicht so viel falsch gemacht hat. Was aber wichtiger ist: Man darf nicht zulassen, das dieses Spiel der Saison einen Knacks verpasst. Es wäre in Gladbach nicht das erste Mal, dass ein tragisches Ausscheiden die Mannschaft aus dem Tritt bringt. 
Aber: Unter Marco Rose hat es bis jetzt immer die richtige Reaktion gegeben. Nach dem Fehlstart in der Euro League erarbeitete sich das Team sehr schnell eine defensive Undurchlässigkeit, die nach dem 0:4 gegen Wolfsberg nicht so selbstverständlich schien. Nach dem doppelten Nackenschlag in Dortmund in Liga und Pokal blieb die Mannschaft in der Spur. Auch das 0:2 gegen Union wurde routiniert weggesteckt.

Deshalb bin ich zuversichtlich, dass sich nach dem späten Misserfolg heute nicht gleich nagende Zweifel in den Köpfen der Spieler einnisten. Schon am Sonntag wartet eine Aufgabe, mit deren Lösung eine weitere psychologische Hürde genommen werden könnte: Ein Sieg in Wolfsburg. Zwei gab es in der Liga, zuletzt 2003, davor 1998. Seither ist die Reise zu VW für Gladbach-Fans die wohl frustrierendste Veranstaltung, neben den traditionell ebenso fruchtlosen Reisen in den Breisgau. Also: Mund abputzen und weiter geht's! Adieu Europa - wir hoffen auf ein Wiedersehen im kommenden Jahr.


Europa League 2019/20, Gruppenphase, 6. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Basaksehir Istanbul 1:2 (Tor für Borussia: 1:0 Thuram)

2019-12-08

Drittelbilanz III: Prunkstück Defensive

"Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr Meisterschaften" - dieser Spruch wird Jupp Heynckes zugeschrieben. Und wenn es danach ginge, hätte Borussia in dieser Saison keine schlechten Voraussetzungen. Soweit ist es natürlich noch lange, lange nicht. Doch nicht nur der Sturm, auch die Gladbacher Defensive ist ein Prunkstück, auch wenn das nötige Glück manches Mal schon seinen Teil dazu beigetragen hat, dass es nur 15mal im Tor von Yann Sommer eingeschlagen hat. Deshalb geht es zum Abschluss meiner kleinen Zwischenbilanz-Serie natürlich um die Torleute und Abwehrspieler (der derzeit zweitbesten Abwehr der Bundesliga).

Wie im ersten Teil schon geschrieben, verzichte ich auf eine Bewertung von Andreas Poulsen, Mamadou Doucouré, Jordan Beyer und auch von Tobias Strobl, der ja sowohl in Mittelfeld als auch in die Abwehr gezählt werden könnte. All diese Spieler haben aufgrund von Verletzungen die meisten Spiele verpasst oder sind einfach noch nicht soweit, eine Alternative darstellen zu können. Dass man sich auf Beyer und Strobl verlassen kann, hat man gleichwohl auch in den wenigen Spielen gesehen, in denen sie eingreifen konnten. Vielleicht kommt es auf sie in der Rückrunde dann wieder stärker an. Wer weiß das schon? 




Yann Sommer: Es gibt wirklich nichts über den Schlussmann, Rückhalt, Hexer zu sagen, was man noch nicht weiß. Er spielt erneut eine fantastische Saison. Als der VfL zu Beginn der Saison noch nicht so in der Balance war wie jetzt, da war der Schweizer der Rückhalt, den es brauchte, um Extrapunkte machen zu können. Er parierte unfassbare Bälle, hielt die Mannschaft im Spiel - die Zuverlässigkeit in Person. 
Ganz selten hat man mal den Eindruck, dass er bei einem Gegentor vielleicht doch etwas besser hätte reagieren können. So etwa beim Dortmunder Siegtreffer im Pokal, als er zwar gut in die Ecke tauchte, aber den Ball nicht abwehren konnte. Verlassen kann man sich auf den jungen Vater allerdings in jeder Situation im Spiel, er ist derzeit vielleicht sogar der kompletteste Torwart in der Liga. Was es zur logischsten Sache der Welt macht, dass Max Eberl mit ihm verlängern wollte und dem in dieser Woche mit der Unterschrift bis 2023 Taten folgen ließ. 
Solange Yann Sommer gesund ist, werden wir daher auch von Max Grün und Tobi Sippel nichts zu sehen bekommen, bei denen die Null bislang nur bei den Spielminuten steht. Angst hätte ich aber auch bei keinem der beiden Ersatzkeeper.

Nico Elvedi: Der 23-jährige Schweizer hat eine rasante Entwicklung hinter sich. Das Vertrauen, das ihm Dieter Hecking in der vergangenen Runde entgegenbrachte, als er ihn zur Stammkraft in der Innenverteidigung machte, hat er zurückgezahlt. Und auch unter Rose macht er unbeirrt weiter. Starke Zweikampfführung, gute Behauptung in Kopfballduellen (vorne wie hinten), zentimetergenaue Grätschen und ein hervorragendes Aufbauspiel zeichnen Elvedi aus. Und damit ist er auch einer der Schlüsselspieler im Team geworden. Er lässt sich kaum nervös machen, bleibt auf seine Aufgabe fokussiert und lässt sich auch durch Schiri-Entscheidungen nicht aus der Ruhe bringen. Ein wahrer Eisvogel auf dem Platz, und für mich der heimliche Abwehrchef beim VfL. Verbessern kann er sich noch bei Standards, wo ihm schon mancher Gegenspieler entwischen konnte. 
Durch seine körperliche Unverwüstlichkeit war er (in Liga, Euro League und Nationalmannschaft) in diesem Jahr extremst belastet, Das war zwischendurch auch mal an einem kleinen (kräftemäßigen) Durchhänger zu bemerken. Doch auch da war er weit entfernt davon, schwache Spiele abzuliefern. Inzwischen scheint der Akku wieder ausreichend aufgeladen zu sein. Das bewies er auch am Samstag gegen die Bayern wieder eindrucksvoll.

Matthias Ginter: Nicht ganz so auffällig und konstant in den Leistungen wie Elvedi fand ich den einzigen aktuellen Nationalspieler von Borussia bisher. Das lag natürlich daran, dass Matze Ginter unheimlich viel einstecken musste, einige Spiele ausfiel und andere wohl nicht völlig fit absolvierte. Deshalb ist er, obwohl er ohne Zweifel zuverlässig sein Scherflein zum Erfolg der Mannschaft beigetragen hat, noch nicht ganz wieder in der Position, die sein eigener Anspruch ist - Abwehrchef. Allerdings muss man anerkennen, was er unspektakulär abräumt, dass er die teils naiven Fehler der ersten Spiele unter Rose (wie gegen Leipzig) abgestellt hat und sich der Bestform nähert, und das, obwohl er in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe körperliche Einschläge in Rekordzeit verkraften musste.

Ramy Bensebaini: Bei dem wochenlangen Transfergeplänkel um Malang Sarr und Ramy Bensebaini im Sommer war für Außenstehende nicht so ganz auszumachen, wer denn nun Wunschlösung A und wer B gewesen wäre. Dass es mit dem Franzosen aus Nizza genausogut gelaufen wäre wie mit dem algerischen Afrika-Cup-Sieger Bensebaini, kann natürlich niemand wissen. Sicher ist allerdings, dass wohl kein Gladbach-Fan Bensebaini wieder hergeben würde. Schon gar nicht mehr seit dem Auftritt gegen München. 
Denn der 24-Jährige bringt nicht nur wie Stefan Lainer eine Robustheit und Härte mit, die das Rose-Spiel in gewisser Weise braucht. Er ist ein feiner Fußballer, der sich auch in engsten Situationen spielerisch befreien kann und er hat sich nach den ersten etwas holprigen Gehversuchen in der Liga sehr schnell den Grenzen, die die Schiedsrichter in Deutschland setzen, angepasst. Das spricht für hohe Spielintelligenz. Dass er als Afrikameister in einem Top-Nationalteam auch den Champions-Geruch mitbringt, ist auch in Gladbach nicht zu unterschätzen. Und dieses Selbstvertrauen und Können sieht man auch seinen Aktionen vor dem Tor an. Der Kopfball zum 1:1 gegen die Bayern war große Klasse, der Elfmeter so kalt und sicher verwandelkt wie man es sich nur wünschen kann.

Tony Jantschke: Stammspieler ist der "Fußballgott" ja schon seit einigen Jahren nicht mehr. Und oft lag es nur daran, dass er sich just dann verletzte, wenn eine Chance bestand, sich wieder mal in der Startelf festzuspielen. Aber an einer Sache gibt es keinen Zweifel: Tony ist immer da, wenn man ihn braucht. Man kann ihn nachts wecken und in ein Spiel werfen, er macht, was nötig ist. So stark wie bei seinen Einsätzen in dieser Saison habe ich den 29-Jährigen allerdings lange nicht mehr gesehen. Vor allem aber kann ich mich gar nicht mehr an ein wirklich schwaches Spiel von ihm erinnern. Es besteht also überhaupt kein Risiko, für Jantschke einen anderen Verteidiger auf der Bank zu lassen. Und das ist wirklich eine Luxussituation für Marco Rose - wie eigentlich für jeden Trainer, der den bodenständigen und zuverlässigen Fanliebling zur Verfügung hatte.

Stefan Lainer: Überraschte Gesichter gab es allenthalben, als Marco Rose nicht einen der starken Offensivspieler von Salzburg mit nach Gladbach lotste, sondern den gar nicht so billigen, gar nicht mehr so jungen und in Deutschland gar nicht so bekannten Verteidiger Stefan Lainer. Den hatte nun wirklich keiner auf dem Zettel. 
Die Frage nach dem Warum hat sich in der Zwischenzeit längst erledigt. Zu klar ist die Rolle, die dem Österreicher auf dem Platz zukommt. Er ist der, den man heute schon mit dem einstigen "Terrier" Berti Vogts vergleicht. Er ist der giftige Zweikämpfer, der dem Gegner nicht nur im Laufduell einmal oder zweimal in die Parade fährt, um den Ball zu klauen. Er hat auch die Luft, ein drittes oder viertes Mal zuzustoßen. Sein angriff ist oft der Auslöser für eine Pressingphase der Mannschaft, und seine Balleroberungen stehen oft am Anfang von Gladbacher Toren oder zumindest guten Angriffen. Wäre er in der Rückwärtsbewegung genauso stark wie auf dem Weg nach vorne und würde dann auch noch seine Streuung bei den Pässen verkleinern, spielte er sicher nicht bei Borussia, sondern zum Beispiel bei Atletico oder Liverpool. 
So aber ist er einer der Architekten des Gladbacher Spiels geworden, weil er vorlebt, was auch die Kollegen immer besser umsetzen. Die Mentalität, bis zum Schlusspfiff nicht nachzulassen und keinen Rückschlag als endgültig zu akzeptieren, ist bewundernswert. Und zum Glück färbt sie ab. Den Bayern spricht man ja traditionell diese unerschütterliche Mia-san-mia-Selbstverständlichkeit zu. Sie ist mit Marco Rose, so scheint es, auch nach Gladbach gekommen. Doch ein Trainer allein kann sie nicht auf den Platz bringen. Wenn man dort aber einen Stefan Lainer zur Verfügung hat, kann man als Mitspieler kaum anders als mitzuziehen. Denn er zeigt, wie es praktisch geht, den Gegner zu stressen und zu Fehlern zu zwingen.

Oscar Wendt: Es war zu Beginn der Saison wie immer - ein neuer Herausforderer auf der linken Abwehrseite kam neu zu Gladbach, aber am Ende spielte doch wieder der ewige Oscar. Und auch die zweite Erfahrung bewahrheitete sich: Oscar Wendt ist dann am besten, wenn ihm ein gleichwertiger Konkurent im Nacken sitzt. Und so hat Marco Rose die angenehme Situation, dass er zwei Topleute für diese Position zur Verfügung hat, die beide seinen druckvollen offensiven Fußball hervorragend umsetzen. Eine Sache, die viele dem 34-Jährigen vor der Saison schon nicht mehr zugetraut hatten. Auch ich war mir da nicht so sicher.
Doch letztlich hat der Schwede ja auch früher gern sehr offensiv gespielt. Die Probleme in der Rückwärtsbewegung macht er zum Teil durch gutes Stellungsspiel und Erfahrung wett, zum Teil hilft ihm auch die Aufstellung, etwa als vorgeschobener Außenverteidiger, der noch eine Dreierkette hinter sich weiß. Doch auch in der Viererkette finde ich Oscar Wendt in dieser Saison unerwartet stark. 
Es freut mich besonders, weil gerade er es auch beim Publikum (manchmal auch bei mir) immer wieder schwer hatte. Alle mögen ihn, seine Bedeutung innerhalb der Mannschaft ist wichtig und unumstritten. Aber auch er weiß, dass er langsam seinen Platz frei geben muss, wie vor ihm Filip Daems. Diese Saison aber hält er, was man sich von ihm verspricht. Und er kann seine Karriere vielleicht mit einem krönenden Abschluss versehen. Das weiß er und deshalb wird er auch nicht anfangen zu stänkern, falls ihm Bensebaini langsam den Rang abläuft. Dafür ist Oscar viel zu sehr Borusse geworden in den langen Jahren in Gladbach. Und auch das ist gut so.

2019-12-07

Goldfinger und die tapferen Siegerlein

Wow, ich bin immer noch ganz hin und weg. Das war eindeutig einer der schönsten Siege in meiner Fankarriere. Nicht, weil mancher ihn glücklich nennen wird. Es gab schon deutlich glücklichere Siege gegen den Rekordmeister. Nein, das heute war ein besonderer Sieg für mich. Am Ende des Textes versteht ihr sicher, warum.


Klar, glücklich war für Gladbach, dass die Bayern nach 45 Minuten nicht mit zwei Toren in Führung lagen. Am Ende des Spiels aber hatte sich die Mannschaft von Marco Rose drei Punkte gesichert, die sie sich redlich verdient hat. Dabei will ich gern zugeben, dass das Spiel auch eine andere Wendung hätte nehmen können. Aber der Reihe nach.

In den ersten Minuten war der VfL gut im Spiel gewesen. Zehn Minuten lang beschäftigte man die Gäste mit gutem Pressing vorwiegend in deren eigener Hälfte. Danach kamen die Bayern allerdings dem Strafraum der Gladbacher immer näher, fanden besser den Weg zwischen den Abwehrlinien des Gegners. Borussia verlor den Zugriff in den Zweikämpfen, sodass sich ein passintensives "Handballspiel" der Bayern um den Strafraum herum entwickelte, bei dem die Münchner sich ein ums andere Mal erstklassige Chancen herauskombinierten, die zum Glück alle ihr Ziel verfehlten oder von Yann Sommer zunichte gemacht werden konnten. 
So herausragend wie glücklich war allerdings sein Einsatz beim vermeintlichen 0:1, als dem Schweizer der Ball durchrutschte und er ihn nur noch mit einem Finger seiner Hand hinter der Linie anhalten konnte. Doch genau dieser Stopp-Punkt war entscheidend. Denn dadurch war der Ball, den jeder schon im Tor gesehen hatte, doch noch mit ein paar Millimetern auf der Torlinie und somit eben kein Tor. An dieser Stelle ein großes Dankes-Halleluja an den Erfinder der Torlinientechnik. Vor deren Einführung wäre das zu 100 Prozent als Tor durchgegangen. 

Also, ganz klar: Es war mit viel Einsatz erkämpftes Glück, dass die Bayern erst in der zweiten Hälfte zur Führung trafen - zum Glück so zeitig, dass Borussia noch darauf reagieren konnte (haben wir in unserer Spielhistorie mit den Roten ja auch oft genug schon anders erlebt). Doch auch wenn es bis dahin so aussah, als würde das Bayern-Spiel so dominant weitergehen (zur Halbzeit 15:1 Torschüsse, über 60 Prozent gewonnene Zweikämpfe und fast 70 Prozent Ballbesitz), begann letztlich mit dem 0:1 ein anderes Spiel. Der VfL wurde nach einer Stunde Spielzeit mutiger und wehrte sich besser.

Hatte Bayern-Trainer Flick zuvor die Gladbacher Stärken in seinem Matchplan einfach nur gut gekontert, sodass die auf mehreren Positionen veränderte Startelf der Borussen nicht so recht in die eigenen Räume kam? Oder fehlten im Spiel der Rose-Elf einfach nur Details - etwa ein zweikampfstarkes, ballsicheres und flinkes Element wie Breel Embolo?
Auf jeden Fall wurde das Spiel mit seiner Einwechslung ein anderes. Bayern wurde vorsichtiger, zog sich etwas zurück, Gladbach verlagerte das Pressing wieder weiter nach vorn und zwang den Gegner zu Fehlern und kombinierte mit solchen Erfolgserlebnissen von Minute zu Minute besser und kam zu eigenen Chancen. 
Die vorher so souveränen Bayern gaben das Heft des Handelns aus der Hand. Außer dem Führungstreffer kam in der zweiten Halbzeit von Lewandowski und Co. fast nichts Gefährliches mehr aufs Tor von Yann Sommer, und die Statistik verschob sich ganz erheblich zugunsten der Gastgeber. Am Ende waren die Gladbacher über zwei Kilometer mehr gelaufen, hatten die Zweikampfquote auf 55 Prozent gesteigert (!) und natürlich ein Tor mehr geschossen als der Gegner.

Es ist natürlich etwas unfair, aus der geschlossen füreinander kämpfenden Gewinnermannschaft einzelne Spieler herauszustellen. Denn gewonnen und dazu beigetragen haben alle, vom unermüdlichen Stefan Lainer über Marcus Thuram (der wieder an der Entstehung der Tore beteiligt war, auch hinten in der Abwehr rackerte und über 11 Kilometer lief) bis zum heute gewohnt fleißigen, aber etwas unglücklich agierenden Capitano Lars Stindl. Dennoch sind mir drei Spieler aufgefallen, die heute vielleicht den Unterschied gemacht haben.

Dass sich Matchwinner Ramy Bensebaini ein Extralob verdient hat, versteht sich von selbst. Der Kopfball zum 1:1 (toll freigeblockt beim Eckball von Marcus Thuram) war Extraklasse und schulbuchmäßig. Der Elfmeter sowieso: Eiskalt und unhaltbar verwandelt gegen Manuel Neuer, der zwar in der richtigen Ecke war, aber dennoch keine Abwehrchance gegen diesen präzisen Linksschuss hatte. Darüber hinaus räumte der Algerier aber auch souverän und fast immer fair gegen Müller und Coman auf der linken Abwehrseite auf. Und fand Zeit für gute Wege nach vorne. Das war eine glatte Eins mit Sternchen.

Der zweite ist einer, der diese Saison noch nicht so häufig glänzen konnte: Jonas Hofmann war in vielen Szenen gewohnt unspektakulär unterwegs. Er machte dabei aber die ganz wichtigen Wege zwischen Defensive und Offensive. Am Ende standen 12,6 Kilometer auf seinem Tacho, also deutlich mehr als zehn Prozent der gesamten Mannschaftslaufleistung (117,88 km). Dazu kamen 91 Prozent seiner Pässe an, und - nicht selbstverständlich im offensiven Mittelfeld - er gewann 53 Prozent seiner Zweikämpfe. Nicht unterschlagen sollte man zudem den Eckball-Assist zum 1:1. Es ist müßig, darüber zu philosophieren, ob Flo Neuhaus das heute ähnlich gut gemacht hätte. Sicher ist, dass auch mit Jonas Hofmann wieder voll zu rechnen ist. Und das ist ein gutes Gefühl, so wie es selten besser war, wenn man einen Blick auf die bestens besetzte Gladbacher Bank geworfen hat. 

Der dritte herausragende Spieler war für mich Nico Elvedi, der zusammen mit Matze Ginter das Torungeheuer Lewandowski zähmen konnte. Doch Elvedi machte dabei einen so abgeklärten Eindruck, dass er mich wirklich einmal mehr tief beeindruckt hat. Dazu 91 Prozent Passquote und 86 Prozent gewonnene Zweikämpfe (!), das ist gegen diesen Gegner sensationell.

Ja, und weil ich gerade so euphorisch bin, will ich dann doch mal etwas wagen. Vor einigen Wochen habe ich nur geschmunzelt und mich herzlich darüber gefreut, dass im Überschwang der Hochgefühle (über die ungewohnte Tabellenführung) plötzlich jemand den Hashtag #DeutscherMeisterwirdnurderVfL in Umlauf brachte - ich glaube, es war Peter Bahner bei Twitter, der damit anfing und dies schon mit diversen möglichen Feier-Szenarien im kommenden Mai garnierte. 

Nun sind wir in der Saison zwar erst unwesentlich weiter. Es kann alles auch innerhalb von ein paar Wochen wieder ganz anders aussehen. Doch wenn ich diese Mannschaft hier mit denen der vergangenen Jahre unter Favre, Schubert oder Hecking vergleiche, scheint mir ein Einbruch in den Leistungen, wie wir ihn zuletzt mehrmals erlebt haben, deutlich weniger wahrscheinlich. 
Das liegt auch daran, was die Spieler selbst an Selbstverständlichkeit und eigenem Anspruch nach außen signalisieren und transportieren, wie das Trainerteam sie dabei stützt - und dass sie diese Versprechung bislang auch zu halten imstande sind. Da steht keine Elf, die bereit ist, sich den Schneid abkaufen zu lassen, wie es uns in den vergangenen Jahren oft gegen die Bayern oder Dortmund, aber auch gegen kämpferisch anspruchsvolle Teams, gegangen ist. 
Diese Mannschaft führt nach Fehlstart die Tabelle in ihrer Euro-League-Gruppe an. Sie hat in der Liga erst dreimal verloren, und das jeweils auf Augenhöhe, etwa mit direkten Konkurrenten wie Leipzig und Dortmund. 
Diese Mannschaft gewinnt Spiele immer wieder zwischen der 85. und 95. Spielminute, und das trotz Dreifachbelastung (und einer Reihe von verletzten Stammspielern über viele Wochen hinweg). 

Die Borussia der zweiten Jahreshälfte 2019 - das ist eine Spitzenmannschaft. Und sie hat das Zeug dazu, dies auch bis in die Endphase der Saison zu bleiben. Und das kann bedeuten, dass sie bis zuletzt in Reichweite der Meisterschaft sein kann. Etwas Besseres kann man über Gladbach kaum sagen. Man muss das nicht gleich erwarten - aber man kann es für möglich halten.
 
Dieser Sieg heute war mehr als nur die Verteidigung der Tabellenführung und ein schöner, süßer Sieg über einen ungeliebten Favoriten der Liga, der uns schon so oft gequält hat. Dieser Sieg war das Signal, dass sich Marco Roses Mannschaft hinter niemandem verstecken muss. Und dass es nicht automatisch immer so enden muss wie es bei Gladbach immer endet - mit einem Seufzer und der Feststellung, dass man wieder mal ganz nah dran war. Diesmal fühlt es sich anders an. Eine Garantie gibt es nicht. Aber es lohnt sich langsam, daran zu glauben. Denn der Glaube kann bekanntlich Berge versetzen. Pack mas - Mia san Borussia! Oder so ähnlich.
            
Bundesliga 2019/20, 14. Spieltag: Borussia  Mönchengladbach - FC Bayern München 2:1 (Tore für Borussia: 1:1 Bensebaini, 2:1 Bensebaini FEM)

P.S. Zum Glück ohne Konsequenzen, aber wer mal einen Schulungsfilm zum sprichwörtlichen Bayern-Bonus bei Schiedsrichtern sucht, sollte eine Aufzeichnung des heutigen Spiels nehmen. Stichwort: Wer wann für was Gelb bekommt und wer nicht. 
Den Herren Lewandowski (Frust-Grätsche von hinten gegen die Wade des Gegners, weit und breit kein Ball in der Nähe) und Martinez (mit Anlauf und beiden Beinen voran in den Gegner rutschen) wiederum ist zu wünschen, dass ihnen nie ein anderer so in die Parade fährt. Oder ihr Gegenspieler so viel Glück hat wie sie heute, dass dem jeweiligen Gegner nichts Schlimmeres passiert ist. Aber jetzt ist es für heute auch gut. Schiedsrichter Marco Fritz hat aus meiner Sicht ja auch schon mal noch schlechter gegen uns gepfiffen als heute.

2019-12-01

Die Festung gefestigt

Ho ho ho! Hätte es heute Nachmittag nicht zwei unübersehbare Schwächen im Spiel des VfL gegeben, dann müsste man langsam Angst vor der Elf von Marco Rose bekommen. Was dessen Mannen heute kämpferisch, aber noch mehr spielerisch auf den Rasen des Borussia Parks gebracht haben, das kratzte schon an der Perfektion - wenn man bei den Standardsituationen und der Chancenverwertung alle Augen zudrückt. 
Im Ernst: Freiburg steht sicher nicht unverdient im oberen Tabellendrittel und ist ein ernstzunehmender Gegner. Aber heute brachte die Mannschaft von Christian Streich nahezu nichts davon auf den Platz - weil Borussia es einfach nicht zulassen wollte. 
Wenn ich es richtig beobachtet habe, datierte der erste gelungene Spielzug, den die Gäste in den Gladbacher Strafraum brachten, aus der 67. Minute.


Natürlich hatten die Breisgauer da schon zwei Tore geschossen und auch ein paar weitere Torgelegenheiten gehabt. Aber diese resultierten ausschließlich aus Ecken und Freistößen, also aus ruhenden Bällen. Mit denen hielten die Gäste das Spiel heute dann auch offener, als es in Wirklichkeit war. Und Borussias Offensive tat ihnen den Gefallen, Großchance um Großchance und damit die endgültige Entscheidung liegen zu lassen. Wer das Spiel gesehen hat, weiß aber, dass es genausogut 11:3 hätte enden können, auch wenn die Spielstatistik bis auf die Zweikampfbilanz (klar für Borussia) nahezu ausgeglichene Werte ausweist.

Ansetzen müssen Marco Rose und sein Trainerteam natürlich genau bei diesen zwei Schwächen, wobei man vergebene Chancen kaum wegtrainieren kann und die Chancenverwertung mit der zunehmenden Sicherheit, die die Borussen heute im Spiel nach vorne wieder an den Tag legten, auch nicht wirklich Grund zur Sorge für das nächste Spiel sein muss. Würde man keine Chancen herausspielen, wäre das sicher bedenklicher. 

Unübersehbar sind dagegen die Schwierigkeiten, die die Mannschaft (immer wieder, nicht nur heute) bei der Verteidigung von Standards im eigenen Strafraum hat. 
Das 1:1 durch den Freistoß von Schmid ist sicher ein spezieller Fall, weil hier schlicht die Bewegung der Spieler innerhalb der Mauer suboptimal war. Was mich eher wundert ist, warum man seitens der Regelhüter mit einer Änderung vor der Saison erst unterbindet, dass gegnerische Spieler in der Abwehrmauer stehen dürfen, ihnen dann aber erlaubt, dass sie sich ins Blickfeld der Mauer davor stellen dürfen. Der Grund, warum die Gladbacher Mauer beim 1:1 löchrig wurde, war aus meiner Sicht, dass Bensebaini und Neuhaus an den vor ihnen zur Seite laufenden Freiburgern vorbeigucken und orientieren mussten, wohin der Ball fliegt. Ich finde die Abschaffung der Gedrängel- in-der-Abwehrmauer-Regel gut. Aber dann sollte man solche Ersatz-"Spielchen", die sich nur vor die Mauer verlagern, künftig auch bitte unterbinden.

Definitiv trainierbar ist das Abwehrverhalten bei lang in den Strafraum geschlagenen Freistößen, Ecken und Flanken. Dass Robin Koch in einer Szene so leicht zu einem freien Kopfball kommen konnte, weil sein Gegenspieler Elvedi zuvor von einem anderen Freiburger geschickt geblockt wurde, darf eigentlich nicht passieren - vor allem, wenn das nicht das erste Mal geschieht. Ich meine, auch Wolfsberg und Bremen haben gegen uns ähnlich agiert. 

Auch die Situation, die zum 2:3 führte, haben wir diese Saison schon diverse Male gesehen, wenn auch zum Glück nicht immer mit einem Gegentor als "Belohnung". Dass diese Getümmelflanken ganz schwer zu verteidigen sind, ist mir klar. Aber wenn der Gegner Spieler hat, die so flanken und auch so in den Ball gehen können, ist es umso wichtiger, hier bessere Lösungen zu finden. Das ist übrigens keine Kritik an den Jungs, die da heute ihren Mann gestanden haben. Solche Situationen kann man nur zusammen lösen, und daran muss man auch gemeinsam arbeiten. Dass diese Mannschaft das mit der nötigen Ernsthaftigkeit tut, steht für mich außer Frage.

Muss man heute jemanden herausheben? Sicher hat Breel Embolo ein tolles Spiel gemacht, das freut mich für ihn sehr, weil er ja auch sehr mit Misserfolgen zu hadern scheint. Den vergebenen (aber gut geschossenen) Elfmeter kann man ihm bei diesem Endstand auch leicht vergeben. 
Aber für mich war das heute vor allem anderen eine ziemlich starke Mannschaftsleistung, zu der jeder seinen Teil nahezu gleichwertig beigetragen hat. Herausheben würde ich, wenn überhaupt, Tony Jantschke und Ramy Bensebaini, die kompromisslos, präzise und fair alles abräumten, was im Freiburger Trikot auf sie zukam. Das ist insofern nicht selbstverständlich, weil sie eben nicht wie Elvedi, Zakaria oder Lainer schon die ganze Saison voll im Spielrhythmus sind. Beide haben mir heute unheimlich imponiert, was aber die Energieleistung von anderen wie Patrick Herrmann, Marcus Thuram, Flo Neuhaus oder oder oder keineswegs schmälern soll.

Die Doppel-Eins für die Tabellenspitze in Liga und Europa-Gruppe steht also - verdient - noch eine weitere Woche auf unserer Habenseite. Fast gewöhnt man sich schon daran. 
Ist es da Segen oder Fluch, dass diese Leistung und das Spiel von heute jetzt eine Woche lang zum Maßstab für das Duell gegen die Bayern am Wochenende erhoben wird? Früher hätte ich Böses geahnt, weil den Spielern die (meist auch übertriebenen) medialen Lobeshymnen selten gut taten. Wenn ich aber den Saisonverlauf Revue passieren lasse, steht da eine Mannschaft, die auch unter Druck bisher gute Reaktionen gezeigt hat und den wachsenden Erwartungen mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit entsprochen hat. Kleinere Rückschläge wie gegen Union sprechen nicht unbedingt dagegen, weil die Reaktion darauf etwa in dieser Woche mit zwei Siegen gegen ebenso unbequeme Gegner eindeutig für die Entwicklung der Mannschaft sprechen.
  
Dennoch tun wir gut daran, nicht zu viel zu erwarten, wenn es am Samstag gegen den Rekordmeister geht - aber auch nicht zu wenig zu erhoffen. Der FC Bayern scheinen sich gefangen zu haben, und sie sind immer in der Lage, auch eine Mannschaft wie Gladbach auseinanderzunehmen. 
Allerdings sprechen auch einige Dinge für den VfL: Der Respekt, den sich die Mannschaft bei den Gegnern erarbeitet hat, nicht zuletzt dadurch, dass man den Borussia Park nach der seltsamen Sieglos-Serie wieder zurückerobert hat und inzwischen die Heimtabelle mit 16 Punkten aus sieben Spielen wieder anführt. Die Fähigkeit, auch verletzte Spieler immer wieder gleichwertig zu ersetzen, wie heute Ginter durch Jantschke. Die seriöse Abwehrarbeit vor einem Toptorwart - nach Gegentoren ist die Gladbacher Abwehr die zweitbeste der Liga. Und dann ist da noch die schnelle und pressingstarke Offensive, die die große Schwachstelle der Münchner - ihre Abwehr - vor große Probleme stellen könnte.
Wenn es anders kommt, ist es so. Aber anders als in vielen Jahren zuvor muss man es nicht schon vorher mit großer Wahrscheinlichkeit befürchten. Und das finde ich ganz famos. 
        
Bundesliga 2019/20, 13. Spieltag: Borussia  Mönchengladbach - SC Freiburg 4:2 (Tore für Borussia: 1:0 Thuram, 2:1 Embolo, 3:1 Herrmann, 4:2 Embolo)

2019-11-30

Drittelbilanz II: Verlässliche Klasse im Mittelfeld


Schon mehrfach hatte ich ja angesetzt, um eine kleine erste Zwischenbilanz der Rose-Borussia zu ziehen. Und nachdem ich den ersten Teil online gestellt hatte, wollte ich mit dem zweiten Teil - der das (zentrale) Mittelfeld zum Thema hat, natürlich möglichst schnell danach aufschlagen. Das hat auch nicht ganz geklappt, aber was solls. Genug geredet - dann mach ich mal weiter.


Laszlo Benes: Neben Denis Zakaria ist der Slowake bisher der Dirigent im Mittelfeld. Präzise Pässe, viel Übersicht und ein traumwandlerisches Spielverständnis zeichnen Benes aus, dazu kommt Laufstärke und cleveres physisches Spiel - er ist oft unauffällig, aber meist effizient in den Zweikämpfen. Dazu kommen richtig gut getretene Standards, die leider aber noch zu selten einen Abnehmer finden - aber das ist nicht seine Schuld allein. Der Schritt, sich vergangene Saison nach Kiel verleihen zu lassen, war unheimlich wichtig für seine Entwicklung - die vorher in allererster Linie durch viele langwierige Verletzungen ins Stocken geraten war. Und das Vertrauen, das er in Kiel auf dem Platz genoss, zahlt er jetzt auch in der ersten Liga zurück. Natürlich ist es überraschend, wie prägend er in kurzer Zeit auch für das Spiel des VfL geworden ist.
Doch was er versprach, war ja schon vor einigen Jahren zu sehen, als er im Endspurt der Saison 2016/17 in seinem zweiten Bundesligaspiel gleich den Siegtreffer gegen Hertha erzielte - leider bislang auch sein einziges Bundesligator. Die Abgeklärtheit und Rafinesse, mit der er da auftrat, war erstaunlich und ließ erwarten, dass er sich schnell bei uns durchsetzen würde
(Fun Fact am Rande: In genau diesem Spiel waren mit ihm sieben Spieler in der Startelf, die auch in dieser Woche auf dem Platz standen: Sommer, Wendt, Elvedi, Hofmann, Benes, Herrmann und Stindl).

Ich bin ein großer Fan von Lacis elegantem und leichtfüßigen Spiel. Und dass er selbst mit steigendem Selbstbewusstsein auf Arroganzanfälle verzichtet wie ein anderer Spieler, der nicht mehr die Raute trägt, macht ihn noch sympathischer und wichtiger. Benes hat auf jeden Fall die Chance genutzt, die der Ausfall von Stindl, Traore und Hofmann zu Beginn der Saison ihm bescherte. Umso wichtiger, dass er frühzeitig bis 2024 verlängert hat.

Jonas Hofmann: Anders als Benes ist es noch nicht die Saison von Jonas Hofmann geworden. Die schwere Verletzung zu Saisonbeginn war dafür in erster Linie verantwortlich, denn in der Vorbereitung ließ sich das durchaus schon gut an. Obwohl ihm das pressing- und laufintensive Spiel von Marco Rose besonders liegen sollte, fremdelt er seit seiner Rückkehr doch noch ein bisschen mit seiner Rolle, ist nicht so eingebunden in gute Angriffsaktionen wie vergangene Saison. Aber auch hier gilt, dass er mit zunemender Spielpraxis an alte Zeiten anknüpfen können sollte.

Christoph Kramer: Der überzeugte Herzensborusse Kramer hat es gar nicht so leicht, in dieser Saison seinen Stammpatz zu finden. Denn aus der geübten Doppelsechs wurde nur noch eine, deren Aufgaben Denis Zakaria in dieser Saison einfach überragend interpretiert. Nun gut, so ganz durchgehalten wird diese strikte Aufteilung im zentralen Mittelfeld auch nicht, sodaß das Wechselspiel und die Aufteilung der Räume gerade in der Rückwärtsbewegung enorm wichtig ist. Hier passt die Allzweckwaffe Kramer sehr gut zu seinen Partnern. Und wie offensiv Chris Kramer gerade zu Beginn seiner Karriere in Gladbach oft agierte, ruft gerade diese Saison wieder in Erinnerung. Als Achter oder verkappte Zehn taucht er ungewohnt häufig am und im Straraum auf. Seine gute Technik und die mitunter unkonventionellen Ideen, die er im Dribbling einbringt, sind Dinge, die den Unterschie machen können. Als Typ ist er ohnehin unheimlich wichtig für das Team.

Florian Neuhaus: Der Shootingstar der vergangenen Saison ist noch nicht wieder auf dem Niveau der Hinrunde 2018/19. Das macht sich aber nicht so extrem bemerkbar wie in der schwächeren Rückrunde - weil Flo in dieser Saison einfach etwas weniger Verantwortung auf seinen Schultern tragen muss und dafür andere wie zuletzt Lars Stindl oder Jonas Hofmann in die Bresche springen können. Es war ja vor der Saison eine der Fragen, ob es unter Rose eine Idealposition für den feinen Spielgestalter geben würde, der körperlich nicht der robusteste ist.
Mit etwas Anlaufzeit (nach der intensiven Vorsaison und der U21-Europameisterschaft im Sommer nicht so verwunderlich) kam Neuhaus auf Touren und war auc immer wieder in den Räumen zu finden, wo Tore erzielt werden. 
Doch das ist bisher seine große Schwäche geblieben: Mehrfach erstklassig teilweise im Strafraum eingesetzt, hat er seinen Torriecher noch nicht gefunden. Er lässt einfach zu viele Chancen liegen. Auch beim Vorbereiten hakt es noch etwas. Nach den zehn Vorlagen letzte Saison ist ihm diese Saison noch keine einzige gelungen. Das wiederum liegt aber auch an der veränderten Architektur des Gladbacher Spiels. Tore werden seit Sommer wieder viel häufiger über die Außenposition vorbereitet, der Weg durch die Mitte und der gut getimte Pass steil in den Strafraum, den Neuhaus wie kaum ein anderer beherrscht, kommt viel seltener vor. 
Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass seine Vertragsverlängerung bis 2024 eine ganz große Nummer für Borussia ist. Denn Neuhaus ist spielintelligent genug, um sich an die Erfordernisse des Rose-Fußballs anzupassen und seinen Weg zu gehen. Mit Laufstärke und verbessertem Zweikampfverhalten ist er auf jeden Fall ein Garant für effektive Verteidungsarbeit aus dem Mittelfeld heraus. Da macht ihm kaum einer etwas vor.
 
Denis Zakaria: Der absolute Stern, der über dem Tabellenführer leuchtet. Egal wo man ihn hinstellt: "Zak" ist kaum aufzuhalten, facht das Spiel nach vorne mit seinen Ballgewinnen und unwiderstehlichen Läufen nach vorne an. Und in der Defensive tritt er gefühlt jeden Funken Angriffshoffnung des Gegners mit resoluten Sieben-Meilen-Schritten beherzt und doch in aller Regel fair aus. Nachdem er relativ früh schon vier Gelbe Karten gesammelt hatte, zeigte er sich auch in den Risikozweikämpfen deutlich präziser, profitierte aber vielleicht auch ein wenig davon, dass die Schiedsrichter ihn als Spielertyp inzwischen auch besser kennen und einschätzen können. Wenn es einen Spieler gibt, auf den man in der Startelf auf gar keinen Fall verzichten will, ist es sicher der junge Schweizer. Und das hat inzwischen auch der Rest der Fußballwelt kapiert. Insofern wird es schwer, ihn über die Saison hinaus zu halten. Das Schmerzensgeld wird in diesem Fall allerdings zum Glück in erheblicher Höhe sein.

Abschluss der kleinen Serie wird die Borussias Abwehr und die Torwartposition sein. Ich hoffe, Euch auch das baldmöglichst liefern zu können.