2019-12-15

Keine Kontrolle, keine Punkte

Alles wie immer in Wolfsburg: Gladbach bekommt seine Stärken und sein Spiel nicht auf den Rasen, die Schiedsrichterleistung spottet jeder Beschreibung und am Ende steht die Wut und die Ernüchterung über die verpasste Chance, den VW-Fluch wieder nicht gebrochen zu haben.

Doch der Reihe nach. Das Spiel heute war sehr aufschlussreich, wenngleich eher im negativen Sinne.

Auch wenn Tobias Strobl heute insgesamt keinen guten Tag erwischt hatte, ähnlich wie seine Nebenmänner Benes und Hofmann - es wurde überdeutlich, was Denis Zakaria für diese Mannschaft bedeutet. Ohne ihn bekam Borussia das Zentrum fast zu keiner Phase des Spiels dicht, und im Spiel nach vorne fehlte neben Breel Embolo ein weiterer entschlossener und robuster Spieler wie der gelbgesperrte Schweizer. 
Strobl hat durchaus seine Qualitäten, kann lange Bälle im Mittelfeld mit Kopfballstärke entschärfen und er kann nach vorne auch hervorragende lange Bälle für die Stürmer spielen. Nur bot sich dafür heute kaum Gelegenheit, auch weil der Gegner in der Abwehr sehr vorsichtig agierte und eher tief stand und direkte lange Bälle daher selten ein Mittel waren. In der Rückwärtsbewegung hatte Strobl allerdings viel Mühe, wirkte langsam und umständlich und kam oft zu spät, nicht nur beim 0:1. Es wäre dennoch unfair, ihm die Hauptschuld für die Niederlage zu geben. Denn auch die Mitspieler fanden, vielleicht bis auf Bensebaini, heute nicht zu ihrer Normalform.

Die zweite Erkenntnis betrifft Dauerkämpfer Stefan Lainer. Sein verletzungsbedingtes Ausscheiden zur Halbzeit nahm Marco Rose nicht nur eine taktische Wechseloption, sie zeigte auch, dass die Rolle als Antreiber derzeit keiner der anderen einnehmen kann. Immer wieder pusht und coacht der Österreicher seine Mitspieler auf dem Platz, oft verbal, manchmal aber auch mit einem giftigen Zweikampf oder einer Balleroberung. Jordan Beyer gelang es zu keiner Zeit, eine ähnliche Selbstverständlichkeit und Sicherheit auszustrahlen wie Lainer - wie auch, in einer Mannschaft, der zunehmend die Spielkontrolle entglitt.

Da Wolfsburg heute das klare Konzept hatte, die Gladbacher Spieler über die Zweikämpfe zu knacken, fielen diese beiden Ausfälle aus meiner Sicht besonders ins Gewicht. 

Wenn man die 90 Minuten betrachtet, geht die Niederlage leistungsmäßig völlig in Ordnung. Vor allem in der zweiten Halbzeit ging jeder Spielfaden verloren, jeder anrollende Angriff der Wölfe sorgte für Schwerstarbeit in der Defensive. Und Entlastung nach vorne fand kaum statt. 

Also alles leicht abzuhaken, nach dem Motto "Shit happens" und "Aus Niederlagen lernt man"? Mit der Niederlage an sich kann ich leben, weil sie eben nicht unverdient war. Dass die Tabellenführung damit logischerweise futsch ist, stört mich auch nur am Rande. Was ich nicht akzeptieren kann, ist die skandalöse Leistung des Schiedsrichtergespanns inklusive des sogenannten Videoassistenten. Und da muss ich mich heute leider wieder mal so richtig auskotzen.

Erstens ist es mir ein Rätsel, warum es sein kann, dass eine Mannschaft in 15 Spielen dreimal den gleichen Schiri bekommen kann. Dann fällt auf, die diese Mannschaft - bei ansonsten zehn Siegen - in besagten drei Spielen mit diesem Schiedsrichter ein Unentschieden und zwei Niederlagen kassiert, bei einer Gesamtbilanz von einem Unentschieden und vier verlorenen Spielen. Dazu kommt, dass sich in allen drei Spielen unter Dr. Felix Brych das gleiche Muster zeigt, das ich erst am 12. Spieltag bei der Niederlage gegen Union so beschrieb:


"Ich akzeptiere, dass Mannschaften wie Union die physische Karte spielen (müssen), um das Spiel des Gegners zu zerstören. (...) Der Schiedsrichter ist dann dazu da, Stoppsignale zu setzen. Wenn er das unterlässt, beeinflusst er das Spiel. Und wenn er es einseitig unterlässt, bevorteilt er eine Mannschaft - etwa die vermeintlich spielerisch unterlegene, die auf übertriebene Härte setzt. Heute war das wieder besonders krass am Beispiel von Alassane Plea zu beobachten, der immer wieder ungestraft von hinten in die Beine getreten werden durfte, während Brych ihm arrogant "Weiterspielen" signalisierte - als ob Plea sich grundlos fallenlassen würde..."          
Sogar der Name Plea (der immer wieder zum Freiwild der Verteidiger wird) kann wiederverwendet werden. Nur war es heute noch schlimmer als sonst unter dem angeblichen Weltklasse-Schiedsrichter.

Am ersten Spieltag gegen Schalke schrieb ich folgendes zu Brychs Leistung:
(...) ignorierte konsequent die vor der Saison noch einmal ausdrücklich kommunizierte Möglichkeit, nach Fouls weiterspielen zu lassen und Akteure bei der nächsten Spielunterbrechung zu verwarnen. Das ersparte Schalke drei bis vier Gelbe Karten, von denen eine gegen Stambouli schon in der ersten Hälfte zu Gelb-Rot geführt hätte. Einmal unterbrach er dafür entgegen der Regelhüter-Empfehlung einen Gladbacher Konter, um Caligiuri für ein taktisches Foul zu bestrafen. 
Auch sein gewöhnungsbedürftiger Umgang mit (Nicht-)Verwarnungen zeigte sich heute wieder, zum Nachteil von Borussia. Und da wird es dann langsam spielentscheidend.

1) Marco Roses ehemaliges Mittelfeldarbeitstier Xaver Schlager beging in den ersten 17 Minuten gleich drei gelbwürdige Fouls. Es dauerte aber bis zu 71. Minute, bis er dann den fälligen ersten Karton sah und kurz darauf ausgewechselt wurde. Wout Weghorst trat innerhalb von einer Minute gleich zwei Gladbacher in deren Hälfte um und sah - nichts. 
Jerome Roussillon wiederum wäre wohl auf jedem anderen Platz, selbst in der Kreisklasse, binnen kürzester Zeit zum Duschen geschickt worden. Erst semmelte er einen Gegner um, kassierte die verdiente Karte und applaudierte dem Schiedsrichter dafür höhnisch. In einer normalen Fußballwelt eine klare gelb-rote Karte. John Anthony Brooks holte sich in Halbzeit eins eine gelbe Karte ab. Nach der Pause unterband er einen Gladbacher Konter unter anderem mit der Hand - das übersah Brych großzügig. Und dann war da ja noch Maximilian Arnold, ohnehin einer der unfairsten Spieler der Liga. Er traf gefühlt in keinem Zweikampf den Ball, ging aber in der Kartenstatistik völlig leer aus - vielleicht auch, weil Brych viele seiner Fouls (offiziell wurden vier gezählt) einfach ignorierte.

2)  Zwei Tore erzielte die VW-Werkself, und wenn man das Regelbuch als Maßstab nimmt, waren beide irregulär. 
Das 1:0 lege ich allerdings nicht Felix Brych zur Last, sondern dem offenbar im Kölner Keller eingenickten Günter Perl, der die Szene gar nicht erst auf Regelwidrigkeit überprüfte. Noch während des Spiels räumte die Liga diese Peinlichkeit ein, die natürlich aber ohne Konsequenzen blieb. Es gibt aber mehrere Gründe, warum ich über diese Szene nicht so erbost bin wie über den Siegtreffer in der Nachspielzeit. Erstens ist es nicht genau zu entscheiden, ob Yann Sommer wirklich durch Joao Victor die Sicht genommen wurde oder ob er entscheidend irritiert wurde. Dann ist diese Art Abseits für mich nicht im Sinne des Spiels, das habe ich auch schon mehrfach geschrieben. Der im Abseits befindliche Fuß ist weder für die Entstehung des Tores ursächlich noch ist die Situation für den Spieler in irgendeiner Weise beeinflussbar. Es ist reiner Zufall, dass sich dieser Körperteil in diesem einen Moment ein paar Zentimeter hinter der gezogenen Linie befindet. Ich weiß, die Regel ist klar, und letztlich ist es daran auch mit den vorhandenen technischen zweifelsfrei zu entscheiden (wenn man es tun will), aber mit dem Ur-Sinn der Abseitsregel hat das nichts zu tun. Und schließlich war die Führung ja ein paar Sekunden später wieder durch Embolo ausgeglichen, sodass Borussia durch die Fehlentscheidung kein merklicher Nachteil entstanden war, weil Thuram und Co. dem Rückstand ja nicht zum Beispiel das ganze Spiel über hinterherlaufen mussten. 

Ganz anders sehe ich das beim zweiten Tor. Warum weder der Schiedsrichter noch der VAR den Fallrückzieher-Versuch von Weghorst am Mann als gefährliches Spiel sehen, ist mir unverständlich. Die Fußspitze des Stürmers befindet sich bei der zu kurzen Kopfballabwehr von Beyer vielleicht zehn Zentimeter vom Kopf des Abwehrspielers entfernt - auf Kopf- bis Schulterhöhe wohlgemerkt. Wie man da nicht Foul pfeifen kann, weiß ich wirklich nicht. Aber wer in dieser Saison schon die Gelegenheit hatte, mehr als 270 Brychminuten voller wirrer Zweikampfauslegungen beobachten zu dürfen, wundert sich eigentlich über nichts mehr. 

Ich weiß, dass ich viel und oft zu ausgiebig über Schiris meckere, und dass das nicht immer alles ganz ohne Vereinsbrille ist. Und ich weiß, dass auch heute die Mannschaft in erster Linie das Spiel verloren hat. Dennoch nehme ich heute das Wort Skandal in den Mund. 
Und ich würde mir wünschen, dass sich die Mannschaft in solchen Szenen wie beim 1:2 dann auch mal kollektiv aufregt und den Schiedsrichter bestürmt, mit dem Ziel, dass der VAR eben vielleicht doch noch mal draufschaut - denn auch diese Szene hätte Perl aus meiner Sicht zwingend an Brych melden müssen. Ich wünsche mir heute auch, dass der Verein mal ein Fass aufmacht und die Schirileistung und den dritten unterirdischen Auftritt von Brych gegen uns in dieser Saison zum Thema macht. Es kann doch nicht sein, dass sich Marco Rose im Sky-Interview jeden Kommentar zu einem nachgewiesenen VAR-Fehler verkneifen muss, damit er nicht dafür noch eine Strafe bekommt. Wären die Bayern in der gleichen Situation, kämen da ganz andere Worte, da bin ich mir ziemlich sicher. 

Natürlich hilft das ganze Schimpfen nichts, die Punkte sind weg. Aber ich hoffe, dass sich die Mannschaft davon nicht zu sehr beeindrucken lässt und am Mittwoch wieder mit Zakaria (und hoffentlich mit Lainer) ein anderes Gesicht zeigt. Es wäre zu ärgerlich, einmal mehr dem Mythos des Bayern-Besieger-Fluchs neue Nahrung geben zu müssen. Also, zusammenhalten, nicht anfangen zu zweifeln oder kirre machen lassen. Volle Konzentration auf Paderborn und Hertha. Die Seele brennt!

Bundesliga 2019/20, 15. Spieltag: VfL Wolfsburg - Borussia  Mönchengladbach 2:1 (Tor für Borussia: 1:1 Embolo)

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