2021-08-29

Nicht grundlos da unten

 Mit einem Punkt aus drei Spielen als Tabellen-15. in die erste Länderspielpause: Das ist eine Bilanz, die man angesichts des unangenehmen Anfangsprogramms mit Spielen gegen Bayern München und Auswärtspartien in Leverkusen und bei Union durchaus befürchten, ja sogar als nicht so ganz unrealistisch betrachten konnte.

Denn dass ein neuer Trainer nicht vom ersten Spieltag an die Maßstäbe ganz neu setzen kann, das versteht sich von selbst. Dass die Verletzungen - die vielen Spieler, die deswegen fehlen oder noch keinen Spielrhythmus haben - und die ungeklärten Situationen rund um mögliche Transfers ein weiteres Hindernis in der Neuausrichtung der Mannschaft nach der unerquicklichen Rose-Spätphase sein würden, leuchtet auch jedem ein. Also muss man einkalkulieren, dass vieles noch nicht rund läuft. So weit, so verständlich.

Jeder weiß aber auch, dass es nicht so unglücklich laufen muss. Gegen die Bayern wären drei Punkte nicht unverdient gewesen, dort wurden sie ein Stück weit von außen (Schiri/VAR) verhindert.

Dass die Spiele gegen Bayer und die Eisernen verloren wurden, lag aber bei allen Randgeräuschen zu allererst an der eigenen Leistung unserer Rautenträger. 

Egal. Haken wir Leverkusen ab, schauen wir auf heute. Und da zeigte sich einmal mehr das unerklärlich fahrige Gesicht dieses doch inzwischen über mehrere Jahre ganz gut zusammengehaltenen und eingespielten Kaders. Ja, die jungen und vergleichsweise unerfahrenen Scally und Beyer standen heute auf dem Platz, und letzterer leitete den unerfreulichen Verlauf des Nachmittags mit seinem Fehlpass auch ein. Doch ihm ist als allerletztes ein Vorwurf zu machen, wenn neben ihm die erfahreneren Nebenleute wie Bensebaini, Stindl, Hofmann, Neuhaus dem Gegner die Bälle reihenweise in die Beine spielen. Stindls Missverständnis mit Wolf führte zum 0:2, das Abwehrverhalten bei beiden Toren war unterirdisch, auch weil es wieder einmal nicht gelang, rechtzeitig ein taktisches Foul zu ziehen oder in Überzahl gegen zwei Gegner im Strafraum den Überblick zu behalten. 

In der zweiten Hälfte war es wie gegen Leverkusen ein kurzes engagiertes Aufflackern nach der Pause, und danach viel Leerlauf, Ratlosigkeit und unpräzises Spiel gegen einen in die eigene Hälfte zurückgezogenen laufstarken Gegner. Es sah eigentlich nie danach aus, als würde heute noch ein Tor für Borussia fallen wollen, genauso wie vor einer Woche. Und es wäre unverdient gewesen, wenn nach dem in der Nachspielzeit endlich erzwungenen Anschlusstreffer von Jonas Hofmann auch noch das mögliche 2:2 gefallen wäre. Doch Patrick Herrmann vergab die Topchance einmal mehr ziemlich unsouverän und legte damit ein weiteres Problem des VfL offen: Solange Alassane Plea und Lars Stindl im Angriff zu viel gleichzeitig machen müssen, weil ihre Nebenleute weder als Vorbereiter noch als torgefährliche Alternativen zur Verfügung stehen, bleibt Borussia vorne viel zu leicht ausrechenbar.

Es fehlen - noch eine Weile - die Läufe von Thuram und Embolo, die Vorstöße von Lainer und natürlich auch die Gefährlichkeit, die ein Ramy Bensebaini in Bestform ausstrahlen kann. Alle anderen sind ja bemüht, aber weder Bennetts noch Herrmann noch irgendein anderer haben den Zug zum Tor, den es braucht, um im Zweifel dann auch anderen Räume in der Hälfte des Gegners zu öffnen.

Dass es hätte anders laufen können, zeigte die Anfangsphase, in der Gladbach das Spiel sicher im Griff hatte, mit vielen Direktpässen agierte und auch passabel durchs Mittelfeld kam. Das ist ein vernünftiger Weg, denn die Spieler für dieses schnelle Direktspiel sind da. Dennoch scheiterte die Hütter-Elf, übrigens wie in Leverkusen, immer wieder dann mit schlecht getimten Bällen, wenn es in die Spitze gehen sollte. Nicht zuletzt resultierten aus solchen fahrigen Zuspielen auch die gefährlichen Konter, die am Anfang beider Niederlagen standen.

Es ist, wie es ist. Und es sieht leider so aus, als hätte die Mannschaft noch sehr viel von der Endphase der letzten Saison in den Beinen und noch nicht genug von der Überzeugung für Hütters aufwändiges, intensives und körperbetontes Spiel in den Adern, die sie im Spiel gegen den Rekordmeister noch gezeigt hatte.

Wie gesagt: Man kann nicht erwarten, dass alles schon perfekt sitzt - das war ja auch bei den Gegnern bisher nicht so. Aber dass die entscheidenden Fehler der Rückrunde - mangelnde Kompaktheit im Defensivspiel  nach Ballverlusten und die fehlende Variabilität im Spiel nach vorne alias Plan B - weiterhin die beherrschenden Probleme sind, enttäuscht schon.

Denn Union reagierte heute taktisch auf die gute Anfangsphase der Fohlen, indem sie Stindl und Neuhaus sehr eng - fast in Manndeckung - nahmen und dafür eher Chris Kramer freiließen und so zum unfreiwilligen Gladbacher Spielmacher machten, was dieser überhaupt nicht zu nutzen wusste. Die taktische Antwort der Borussen blieb ohne Wumms. Denis Zakaria brachte zwar an Kramers Stelle nach der Pause deutlich Belebung, aber auch die Umstellung auf eine Dreierkette mit Bensebaini und dem oft absinkenden Zakaria als verkappten Aufbauspielern brachte gegen die massive Defensive von Union nur ganz wenig schnelle und durchdachte Angriffe hervor. Es dauerte meist zu lange, bis die eigene Hälfte überwunden war - auch weil lange Bälle gegen die Union-Defensive und dem Gladbacher Personal im Angriff wenig erfolgversprechend waren und beim anlaufen der Union-Stürmer immer wieder der sichere Passweg nach hinten gewählt wurde. 

Fazit: Es fehlt an vielem, und Borussia steht nach drei Spielen nicht ohne Grund da, wo man steht. Die Balance zwischen den Mannschaftsteilen ist noch nicht gefunden. Die Aggressivität, mit der man Gegner zu Fehlern zwingen kann, wird nicht als Mannschaftsverbund und bisher nur punktuell umgesetzt, Angriffspressing war heute zum Beispiel gar nicht zu sehen. 

Und die Zielstrebigkeit und Handlungsschnelligkeit - bis hin zum häufigeren Schuss aufs Tor, wenn es mal Sinn ergibt - lässt auch zu wünschen übrig. Für all das gibt es die oben genannten Gründe und mildernden Umstände. Es ist derzeit nicht einfach (aber genausowenig für die anderen Teams), ganz sicher. Das darf aber nicht als Entschuldigung dafür hergenommen werden. Adi Hütter und sein Team haben einen Rucksack voller Aufgaben, damit sie in zwei Wochen mit hoffentlich ein paar Spielern mehr, die sich über diese Tage wieder in Form bringen können, deutlich besser auftreten können. Bis dahin nehmen wir den Fehlstart in der Liga so an, wie man ihn - noch - nehmen kann: mit Fassung.

Exkurs: Am Schiedsrichter lag es heute nicht. Aber die selbstherrliche Arroganz, mit der Schiedsrichter Felix Brych gefühlt jede zweite (meist auch noch sehr klare) Aktion - egal ob Ausball oder Foul - falsch entschied, die ist gleichermaßen beeindruckend wie zur Weißglut treibend. Es hätte wahrscheinlich nichts genutzt: Aber auch heute beendete er das Spiel deutlich zu früh. Das Tor in der Nachspielzeit wurde allein eineinhalb Minuten gecheckt, danach ließ sich Luthe noch einmal eine gute halbe Minute Zeit mit einem Abstoß, und blieb, obwohl er dafür von Brych schon in der 46. Minute ermahnt worden war, natürlich ohne Verwarnung. Brych pfiff dann eine Minute nach Ende der angezeigten Mindestnachspielzeit von drei Minuten ab - gerade, als Borussia sich nach Ballgewinn für einen vielleicht letzten Angriff der Mittellinie näherte.

Dass kurz vor Schluss auch noch ein langer Ball auf Herrmann sofort als vermeintliches Abseits zurückgepfiffen wurde, obwohl es eine Zentimeterentscheidung gewesen wäre und doch die klare Maßgabe gilt, solche Angriffe durchlaufen zu lassen, das passte ins Bild. Aber das nur der Vollständigkeit halber. Wichtiger ist das, was die Mannschaft verbessern kann und muss.   

Bundesliga 2021/21, 3. Spieltag: FC Union Berlin - Borussia Mönchengladbach 2:1. Tor für Borussia: 2:1 Hofmann.


Saisonspende: Mühsam nährt sich das Eichhörnchen, Nach dem leeren Abend in Leverkusen gibt es heute durch Hofmanns Tor immerhin einen Euro dazu. Spendenstand nun: 4 Euro.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

2021-08-22

Abend zum Vergessen

Wenn einem rein gar nichts gelingt und man noch stundenlang hätte weiterspielen können, ohne ins Tor zu treffen. Wenn auf der anderen Seite gefühlt jeder Schuss ein Treffer ist und man nur hinterher rennt. Wenn ein Spiel mal so läuft, spricht man gemeinhin von einem gebrauchten Tag. Kein Wunder also, dass diese Vokabel auch nach dem ernüchternden 0:4 in Leverkusen die wohl meistgebrauchte war.

Doch damit ist das Spiel nicht allein zu erklären. Fangen wir bei der Leistung der Hütter-Elf an. Die war nicht ausreichend, das ist klar. Ein Torwart, der in einigen Szenen nicht die gewohnte Sicherheit ausstrahlte, um es vorsichtig zu formulieren. Man könnte auch sagen, dass er bei zwei Gegentoren schlecht aussah, auch wenn man ihm da keinen groben Fehler unterstellen muss. 

Ein Kapitän, der zwar gewohnt vorneweg ging, was die kämpferische Einstellung und die Leistungsbereitschaft anging. Der aber auch vom Elfmeterpunkt die Chance hatte, dem Spiel eine andere Wendung zu geben und dabei recht kläglich scheiterte - ebenfalls sehr ungewohnt für den sonst nervenstarken Lars Stindl.

Der Rest ist mehr oder weniger kollektiv fehlerhafte Verteidigung bzw. individuelle Fehler, die sich nicht reparieren ließen, nicht nur bei den Gegentreffern - und das gleichzeitige Auslassen einiger guter eigener Chancen.


Das allein reicht heutzutage schon, um in der Bundesliga ein Spiel klar und verdient zu verlieren. Das kann in der Findungsphase in einer neuen Saison mit einem neuen Trainer auch mal passieren. Und natürlich muss man da auch als Trainerteam als erstes ansetzen. 


Doch es gab gerade in diesem Spiel noch mehr spielentscheidende Einflüsse. Die sind die eigentlich Unentschuldbaren, aber sie sind für Borussia kaum zu beeinflussen. Was diese Niederlage noch ärgerlicher macht, als sie ohnehin schon ist.


Reden wir Klartext: Denis Aytekin, inzwischen weithin geschätzter Schiedsrichter, hatte, obwohl er keine ganz groben Fehler machte, heute nicht seinen besten Tag - genauso wie die Gladbacher. Er pfiff gewohnt wenig, ließ sehr viel laufen. So weit, so gut. Doch dabei entging ihm, dass die aggressive Zweikampfführung, mit der vor allem die Bayer-Akteure den Gegner durchaus erfolgreich bearbeiteten, in vielen Fällen über das normale Maß hinaus ging. Mit Konsequenzen. Denn es war (zu) oft rohes, rücksichtsloses Spiel dabei. 

Das bekam zuerst Marcus Thuram zu spüren, dem Tah ziemlich heftig in den Körper sprang, ihm dabei klar auf den Fuß trat und ihn zugleich außen am Knie traf, was Tikus wenig später zum Aufgeben zwang. 

Aytekin pfiff das Foul zwar, verzichtete aber hier wie in einigen anderen Szenen auf die notwendige Konsequenz. 

Tah bekam kein Gelb, und das Spiel eskalierte weiter, mit dem negativen Höhepunkt, der Szene, die zum Elfmeter führte. Bakker streifte mit einem Fuß zwar zuerst den Ball, stoppte den Gladbacher, der schon an ihm vorbei war, aber dann brutal mit einer "Schere". Er klemmte das linke Bein ein und traf ihn mit dem nachgezogenen rechten Fuß. Mit offener Sohle trat der Stevie Lainer auf der Strafraumlinie in die Hacke, und so wie es aussieht, brach er ihm im Ablauf dieser Szene den Knöchel. 

Aytekin hatte eine gute Sicht von der Seite auf die Szene, er gab Bakker die gelbe Karte. Möglicherweise auf dem Feld ohne Wiederholungen auch nachvollziehbar. Doch wo blieb in diesem Moment der VAR Tobias Welz? Eine klarere Rote Karte kann man sich kaum vorstellen als bei Ansicht dieser Bilder. Bei zweiten Tritt hatte Bakker keine Chance auf den Ball, seine Aktion war kontrolliert zu Ende geführt. Er wollte Lainer sicher nicht absichtlich verletzen, aber er nahm es einfach in Kauf. 


Nach dem VAR-Ärger in der Vorwoche war dies der zweite spielentscheidende grobe Fehler im Kölner Keller, nach dem es mir als VAR-Befürworter langsam auch schwerfällt, noch Argumente für ihn zu finden.


Nun könnte man lange darüber diskutieren, wie das Spiel gelaufen wäre, wenn Leverkusen danach zu zehnt hätte weiterspielen müssen. Doch das ist Spekulation. Fakt ist: Borussia verschenkte den Elfmeter und kam trotz einer ganz guten Phase nach der Pause mit einigen guten Gelegenheiten nicht zum Torerfolg. Der VfL war heute auch ohne die widrigen Umstände einfach nicht gut genug. Dass der K.o. zum 0:3 durch einen abgefälschten Ball von Bensebaini möglich wurde, sagt aber eigentlich alles über den schlechten Stern aus, unter dem dieses Spiel offenbar stand. 


Die drei verlorenen Punkte sind für mich dabei verschmerzbar. Viel schlimmer sind die Verletzungen von Lainer, Thuram, Plea und Bensebaini nach einem ebenfalls schon dunkelgelben Foul von Diaby in der Nachspielzeit. Sie könnten - je nach Schwere - deutlich länger nachhallen  als das 0:4.


Bundesliga 2021/21, 2. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 4:0.

2021-08-14

Sauber, sog i!

 Football's back in the Park!

Das war ein wirklich toller Auftakt in die Saison: Stimmungsmäßig selbst am Fernseher ein lange nicht dagewesener Genuss und sportlich ein hoffnungsvoller Startschuss nach den doch eher drögen Rose-Abschiedsmonaten. Und insgesamt war es auch ein richtig flottes, ungewohnt offenes Spiel zweier Teams in der Findungsphase zu Beginn der Saison.

Sicher, es war wohl noch nie so leicht wie heute, die Bayern zu schlagen. So viele leichte Fehler habe ich beim Rekordmeister wirklich lange nicht mehr gesehen. Die Chancen auf weitere Tore waren da, mehr als einmal, gerade in den ersten zehn Minuten und in der Schlussphase der Partie. Sie wurden wieder einmal nicht genutzt, leider. Es gibt also genug Dinge, über die man sich ärgern könnte, weil es deswegen am Ende eben nicht drei Punkte, sondern nur einer war. 

Aber am Ende ist auch das 1:1 für beide Teams verdient, denn es hätte genausogut - wie so oft - in Richtung der Bayern kippen können, vor allem in der Druckphase nach der starken Gladbacher Anfangsviertelstunde und zu Beginn der zweiten Halbzeit. Selbst der letzte Angriffsball der Gäste, den Kimmich relativ kläglich aus guter Position neben das Tor setzte, hätte noch für ein unglückliches und unverdientes Ende sorgen können. 

Aber es passt zu dem Eindruck, den Adi Hütter vermittelt und der sich auch im erfolgreichen Pokalspiel gezeigt hat: Kramer und Co. sind bereit, alles reinzuwerfen, auch die Wege zu gehen, die richtig weh tun, und das auch noch in der letzten Minute der Nachspielzeit. Das ist in der Tat etwas, das alle Hütter-Teams ausgezeichnet hat, und das scheint er auch hier in der kurzen Zeit schon gut vermittelt zu haben. 

Es liegen daher Welten zwischen dem letzten kläglichen Auftritt in München, der ja noch nicht so lange her ist, und dem Spiel heute, in dem die Borussia dem Gegner von der ersten Minute an signalisiert hat, dass sie nicht klein bei geben wird. 

Das sieht man an dem unverwüstlichen Stevie Lainer, dem Wühler Stindl, aber auch an Chris Kramer und Flo Neuhaus, die ja als Kilometerfresser bekannt sind, aber dennoch heute mit Krämpfen an ihre Grenzen kamen. Man sieht es aber auch an Joe Scally, der nach seinem guten Debüt in Kaiserslautern heute noch zwei Schippen drauflegte, nahezu fehlerlos auftrat und damit Sané vor allem in der ersten Halbzeit zum Statisten degradierte. Scally bewegt sich in der Mannschaft, als wäre er schon jahrelang dabei. Besonders auffällig, dass er mit dem Ein-Kontakt-Fußball, mit dem sich die Mannschaft immer wieder aus engen Situationen an der Seitenlinie befreit, hervorragend zurecht kommt. Seine Pässe sind präzise, seine Ballannahme sauber, da ist in kurzer Zeit eine echte Alternative auf dieser Position herangewachsen. Eindrucksvoll.

Erfreulich finde ich auch die Entwicklung bei Hannes Wolf. Auch heute hatte er einige ärgerlich-unpräzise Zuspiele drin, die möglicherweise gute Chancen verschenkten. Aber er eroberte wieder viele Bälle, schloss Räume, ging konsequent selber verlorenen Bällen hinterher - und gewann einige auch prompt zurück. Da zeigt eine Formkurve klar nach oben. Aber das gilt es für ihn nun zu bestätigen, bevor seine Konkurrenten um den Stammplatz alle wieder bei vollen Kräften sind.

Patrick Herrmann wiederum hätte sich in seinem 300. Spiel früh belohnen müssen, doch wie schon in Kaiserslautern wählte er die falsche Lösung und vertändelte seine Schusschancen. Davon abgesehen ist sein Einsatz vorbildlich.
Fleißig, schnell und mit gutem ersten Kontakt am Ball: Auch Keanan Bennetts ließ erneut sein Können aufblitzen. Vielleicht hat er beim nächsten Mal dann noch das Selbstvertrauen, genauso zielstrebig in die Box zu ziehen oder mal draufzuhalten, wie er an der Außenlinie agiert. Vielleicht erobert er sich ja doch noch seinen Platz im Kader, nach den letzten beiden Kurzeinsätzen würde ich das nicht ausschließen.

Aus einer absolut überzeugenden Mannschaft muss trotzdem natürlich heute Yann Sommer hervorgehoben werden. Wäre er nicht gewesen, mit seinen unglaublichen Reflexen bei Schüssen aus zwei bis fünf Metern - wir müssten uns keine Gedanken über vorenthaltene Elfmeter und vergebene Chancen machen. Das war wahnsinnig stark vom Schweizer.

So gesehen muss man ihm ja schon fast die Schuld für die Aufregung in den Schlussminuten geben. ;-)

Da war dann noch mal ordentlich was los, und ein weiteres Kapitel Gladbach und die Schiedsrichter wurde geschrieben. Es gab: zwei klare Fouls an Marcus Thuram, zweimal großzügig übersehen vom Feldschiedsrichter Marco Fritz und nicht beanstandet vom Kölner Keller in Person von Christian Dingert. Es ist wie so oft, dass offenbar an Gladbach neue Regeln ausprobiert werden. Oder waren es alte? Wer weiß das schon.

In Szene eins greift Upamecano mit dem Arm an Thurams Schulter und trifft ihn gleichzeitig unten am Fuß, sodass Thuram unkontrolliert hinfällt und den Pass kurz vor dem Tor nicht bekommen und verwandeln kann. Eigentlich eine klare Sache, und da Fritz die Szene wohl nicht komplett im Blick hatte, eigentlich auch die klare Möglichkeit des VAR, ein Review zu empfehlen. Was die beiden Schiris besprochen haben, weiß ich natürlich nicht, doch Fritz entschied auf Weiterspielen, ohne sich die Szene selbst nochmal anzuschauen. 

Zwei Minuten später setzt sich Thuram gegen Upamecano durch, kreuzt vor ihm am Fünfer, sodass der Münchner hinter Thuram keine Chance mehr hat, den Ball zu spielen. Dennoch gibt es drei klare Kontakte, die Thuram beinträchtigen und zu Fall bringen, bevor er aufs Tor schießen kann. Vergangene Saison gab es mehrere Elfmeter in ganz ähnlicher Art für Thuram. Hier aber ließ sich Fritz auf gar keine Diskussion ein. Schon während Thuram fiel, winkte er energisch "Weiterspielen", hatte also keinerlei Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung, die die Fernsehbilder aber nicht recht stützen können. 

Es ist für mich einmal mehr absolut unverständlich, warum ein Schiedsrichter die technischen Hilfsmittel nicht nutzt, um so eine Szene sicher aufzulösen. Oder warum ihn der VAR nicht mutig darauf hinweist, dass er falsch liegen könnte. Es soll ja ab dieser Saison weniger Elfmeterpfiffe geben, wenn es der Stürmer merklich auf den Kontakt mit dem Gegner abgesehen hat. Diese Linie finde ich richtig. Aber um zu beurteilen, ob es sich wirklich so verhält, sollte man die Videobilder nutzen. Sonst endet doch wieder alles in Diskussionen um "zu wenig" oder "gerade so genug Kontakt" für einen Elfmeter.

Mein Verdacht hier: Gerade in Szene 2 unterstellte Fritz, dass sich Thuram nur fallen ließ, um nach der vorhergehenden Szene eine Konzessionsentscheidung zu erzwingen. Thuram ließ sich aber gerade nicht leichtfertig fallen, er wurde gefoult. Und so krönte der Feldschiedsrichter seine insgesamt schon sehr dürftige Leistung mit zwei glatten, möglicherweise spielbeeinflussenden Fehlentscheidungen. 

Fritz pfiff in einem hart umkämpften Spiel mit etwa 250 teils knackigen Zweikämpfen insgesamt nur zehn Fouls und gefiel sich darin, so gut wie alles laufenzulassen, im übrigen durchaus auf beiden Seiten. Besonders auffällig ein (unabsichtlicher), aber heftiger Tritt von Lewandowski auf den Knöchel von Scally, der zwingend mit Gelb hätte geahndet werden müssen. Es gab nach der Verletzungsunterbrechung aber: Einwurf für die Bayern. Ebenso überraschend, dass es mehrfach klar falsche Entscheidungen bei Ecke/Abstoß oder bei Einwürfen gab.
Angesichts dieser "Leistung" und den beiden verweigerten Elfmetern war die Kirsche auf der Torte dann die Gelbe Karte, die er dem etwas zu heftig protestierenden Adi Hütter in der Schlussphase zeigte, in seiner unnachahmlich selbstherrlichen Art natürlich. Es sind solche Gelegenheiten, die uns sicher noch oft wehmütig an jemanden wie Manuel Gräfe denken lassen.

Aber egal, es hilft nichts: Verpfiffen ist verpfiffen und wird nicht "zurückgegiven". Die Hütter-Elf hatte genug Chancen, die Sache auch anders zu regeln, das Remis geht in Ordnung, zumal angesichts der noch immer angespannten Personalsituation. 

Und was vielleicht das Wichtigste ist: Mit der Art und Weise, wie die Mannschaft heute und am vergangenen Montag aufgetreten ist, geht ein Ruck durch alle: Wer so kämpft und spielt, hat uns Fans sofort wieder bedingungslos auf seiner Seite. Und holt sich natürlich auch Selbstvertrauen auf dem Platz für die nächsten Aufgaben. Dieser Anfang ist gemacht, der Gladbacher Spirit war heute auch am TV schon wieder spürbar - das freut mich total und macht Hoffnung auf eine gute und sehenswerte Saison.  


Bundesliga 2020/21, 1. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FC Bayern München 1:1. Tor für Borussia: 1:0 Plea.

Saisonspende: Mit dem Tor von Alassane Plea kommt heute ein Euro dazu. Mehr war drin, aber dies verhinderten die Borussen mit ihrer Schwäche vor dem gegnerischen Tor und das grandiose Elfmeterverweigerungsgespann Marco Fritz/Christian Dingert. Dennoch: Spendenstand 3 Euro - für den Anfang nicht schlecht.

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.


2021-08-10

Solide Arbeit

Das war doch ein anständiger Auftakt. Mit einer arg dezimierten Mannschaft ohne echten Stürmer und kaum Alternativen auf der Bank, setzte sich der VfL am Ende verdient gegen einen ziemlich aufgedrehten Drittligisten durch. Ohne Gegentor, auch ohne mehr als zwei große Chancen des Gegners zuzulassen, und dafür mit sehr vielen eigenen Topchancen. Das ist gut - nach einer etwas verkorksten Vorbereitung und nahezu ohne ernste Testspiele. Also kann ich auch mit einem knappen Ergebnis und etwas Zittern leben.

Es hätte natürlich auch schief gehen können, ganz klar. Aber ich hatte trotz der Lauterer Druckphasen eigentlich nie das Gefühl, dass das Spiel verloren gehen könnte. Es war nervig, dass Patrick Herrmann und Co. wieder einmal nicht gelang, sich gegen einen aufgerückten pressenden Gegner besser zu befreien und den entscheidenden Konter zu setzen. Stattdessen waren vor allem Richtung Schlussphase viele Abschläge von Yann Sommer leichte Beute des Gegners und brachten außer etwas Zeitspiel auch keine Entlastung mehr. 

Aber die Tatsache, dass die Hütter-Elf die Härte des Gegners gut annahm und sich kämpferisch ebenso solide zeigte und zudem die meisten Chancen gut herauskombiniert wurden, zeigt, dass da Hoffnung auf schnelle Besserung besteht.
Und ganz ehrlich: Meine größte Angst war sowieso die vor einer seltsamen Entscheidung von Schiri Harm Osmers, die ohne VAR im Rücken dann auch nicht mehr reparierbar gewesen wäre. Insgesamt lieferte der Unparteiische aber eine vernünftige Leistung ab, auch wenn er in manchem Zweikampf deutlich daneben lag. Gut regelte er die kleineren Rudelbildungen, vor allem nach dem heftigen Foul an Stindl. Dafür übersahen die Assistenten mehrmals Abseitsstellungen, was zum Glück aber auch ohne Konsequenzen blieb.

Erste Fingerzeige für die nächsten Spiele lieferte die Partie aber auf jeden Fall. Allerdings nicht im Angriff. Lars Stindl ist unverzichtbar und gesetzt - gerade auch durch solch giftigen Aktionen wie gegen den foulspielenden Klingenburg. Der Kapitän wird aber dann bald wieder in der etwas zurückgezogenen Position zum Einsatz kommen, wenn Plea und Thuram wieder voll dabei sind. Patrick Herrmann und Hannes Wolf zeigten richtig guten, bissigen Einsatz als Balleroberer. Im letzten Drittel sind sie allerdings nach wie vor fahrlässig ungefährlich. Zu viele falsche Entscheidungen bei Schüssen oder letzten Pässen, da ist noch viel Luft nach oben. Wir werden - zum Glück - bald wieder eine echte Sturmbesetzung sehen. Was nicht heißt, dass deshalb für Wolf oder Herrmann kein Platz mehr in der Startelf sein kann.

Hinten steigerten sich Elvedi und Ginter nach etwas trägem Beginn deutlich und waren letztlich souverän in der zweiten Hälfte. Stevie Lainer aufgedreht wie immer, auch topfit bis in die Schlussminuten, als man seinem Gegenpart auf der linken Seite dann langsam die nachlassenden Kräfte anmerkte. Dennoch überzeugte mich der US-Boy Joe Scally mit seinen kraftvollen Läufen, einem "erwachsenen" Zweikampfverhalten und seiner Aufmerksamkeit und Handlungsschnelligkeit in allen Situationen, defensiv wie offensiv. Der wird sich durchsetzen.
Allerdings: Er hatte gegen den bundesligaerfahrenen Jean Zimmer auf seiner Seite schon ab und an ein paar Schwierigkeiten. Das ist normal, aber es zeigt auch, dass er gegen stärkere Gegner (noch) an seine Grenzen stoßen kann. Aber die Zeit wird er bekommen. Sind Bensebaini und Lainer fit, wird er erstmal ins zweite Glied zurücktreten müssen - aber er zeigte, dass man sich jetzt schon auf ihn verlassen kann.

Gleiches gilt für Laszlo Benes, der als Verbindungsspieler sehr fokussiert wirkte, hervorragende Pässe und Standarsituationen aus dem Fuß zauberte, aber immer wieder auch noch die eine oder andere überhastete Aktion drin hat.
"Unsichtbarster Spieler des Spiels" war für mich Chris Kramer - er war überall und saugte viele Bälle förmlich im Mittelfeld weg und stoppte so früh gute Angriffsansätze der Lauterer. Kramer ist derzeit wohl sicherster Stammspieler im Mittelfeld.

Licht und Schatten dagegen beim EM-Fahrer Florian Neuhaus. Sehr hochwertige Ideen, so Richtung Champions-League, aber nicht immer so gut ausgeführt und auch nicht immer geeignetes Mittel gegen eng und aggressiv pressende Gegenspieler. Mit zunehmender Spielzeit bekam er die Balance besser hin und zeigte - wie alle anderen auch - knackiges Zweikampfverhalten; auch ein Punkt, der fürs Erreichen der nächsten Runde gestern wichtig war.

Bleiben ein paar Worte zu Keanan Bennetts. Der schnelle, talentierte Jugendliche ist erwachsen geworden - körperlich, aber auch mental. Ein paar gute Aktionen hatte er nach seiner Einwechslung, ein, zwei Mal war er zu zögerlich, traute sich den Abschluss oder das nächste Dribbling nicht zu. Einmal pfiff ihm Osmers eine vielversprechende Aktion an der Seitenlinie wegen eines zweifelhaften Handspiels weg. Da ist unzweifelhaft Potenzial. Doch was ihm fehlt, ist Selbstvertrauen durch Spielpraxis. Die wird er bei Borussia wohl absehbar nicht in ausreichendem Maß bekommen, was schade ist. Dass er bei einem kleineren Verein den Durchbruch schaffen kann, glaube ich aber schon nach den jüngsten Eindrücken. Mal sehen, wie beide Seiten die Wochen der Saisonvorbereitung nun bewerten.

DFB-Pokal, 1. Runde: 1. FC Kaiserslautern - Borussia Mönchengladbach 0:1. Tor für Borussia: 0:1 Lars Stindl.

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So, wie versprochen noch die Details zu meiner Saisonspende: Auch in dieser Saison werde ich meinen kleinen Spenden-Wettbewerb aufrechterhalten, zum Vorjahr habe ich alles (auch in Ermangelung internationaler Herausforderungen) leicht angepasst. Folgendes gilt für die Saison 2021/22:

Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

Mit dem 1:0-Sieg sind in der Erstrundenpartie im DFB-Pokal somit gleich die ersten beiden Euro (1 Tor, zu Null gespielt) aufs Konto gekommen.

2021-08-09

Unvollständig

Ein paar Stunden nur noch bis zum ersten Pflichtspiel von Borussia in der neuen Saison auf dem Betzenberg. Und jetzt erst fange ich an, meine Eindrücke über die Vorbereitung aufzuschreiben. Was stimmt nicht mit mir?

Nein, es kribbelt immer noch nicht bei mir, die Vorfreude auf das neue Spieljahr ist gedämpft, kein Anzeichen auf das übliche Hinfiebern, dem ersten Anstoß entgegen. Das ist komisch, aber für mich aufgrund der letzten Wochen und Monate auch nicht überraschend. Und hoffentlich gibt sich das, wenn nachher der Ball wieder rollt...

Aber: So sehr ich allen den Stadionbesuch wünsche, die sich in diesen Tagen wieder einmal auf den lange vermissten Anreiseweg zum Borussia Park oder in ein anderes Stadion machen. Ich halte es angesichts der Pandemie-Lage nach wie vor für nicht richtig. Es ist nichts, was ich hier näher diskutieren muss oder möchte. Aber ich habe für mich entschieden, dass ich - trotz zweifacher Impfung - weiterhin erst dann einen Stadionbesuch in Erwägung ziehen möchte, wenn dies wieder für eine volle Stadionkapazität möglich und sicher ist.

Im Moment steigen die Inzidenzen wieder deutlich an, und das liegt in erster Linie an den Lockerungen in vielen Bereichen, die besonders für die sommerliche Wahlkampfzeit vorhersagbar waren, aber sich in den kommenden Wochen auch vorhersehbar auswirken und später wohl zu neuen Problemen - und Einschränkungen - führen werden. Zumindest, bis die Impfquote so gut ist, dass das Virus besser beherrschbar wird.

Ich habe im Sommer mit Befremden gesehen, wie die großen Sportverbände ihre internationalen Großveranstaltungen - Fußball-EM und Olympia - ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen haben. Auch diese Spiele haben mich nur am Rande interessiert. Ich registriere die hohe Zahl von Corona-Infektionen unter den Bundesligaspielern, die - wie wir Normalos - natürlich auch wieder mal vernünftig urlauben wollten und nach diesen zwei Ausnahmesaisons auch jede Erholung und Zerstreuung brauchten und verdient hatten.
Das alles liegt für mich aber zugleich wie ein negativer Nebel auch über der Vorbereitung zur neuen Saison - und verdirbt mir die Vorfreude. Ob sie mit den ersten Spielen wiederkommt? Wir werden sehen.

Der andere Grund für meine Zurückhaltung auf meinem Blog ist ja eigentlich auch klar. Bis vergangenen Freitag gab es keine Spielerzugänge oder -abgänge, die eine Einordnung meinerseits erfordert hätten. Die Vorbereitung selbst lief - sagen wir: holprig.

Und selbst mit dem inzwischen feststehenden Wechsel von Linksverteidiger Luca Netz von der Hertha zum VfL und dem wohl in den nächsten Tagen folgenden Transfer des ecuadorianischen Verteidigers William Pacho (sprich "Patscho") ist dieses Thema natürlich noch lange nicht abgeschlossen.
Beide Neuzugänge sind sehr jung und versprechen viel. Doch um beurteilen zu können, ob sie sofort helfen können, muss man sie erst etwas länger beobachten können.

Um beurteilen zu können, was man Adi Hütter und seinem Team in dieser Saison insgesamt zutrauen kann, ist es jedenfalls noch immer zu früh. Die Tests waren kaum aussagekräftig, bis zuletzt wurde - auch aufgrund der fehlenden EM-Fahrer und der Verletzungsmisere in den vergangenen Wochen - viel durchgewechselt. Junge Spieler bekamen ordentlich Spielzeit, doch bis auf Conor Noß, Rocco Reitz und Joe Scally, die dem Profikader sichtbar am nächsten sind, werden sie wohl auf absehbare Zeit wieder in der U23 oder U19 verschwinden. 

Die Tatsache, dass Rocco Reitz dann vergangene Woche für ein Jahr nach Belgien ausgeliehen wurde, beantwortet zumindest mal die Frage nach der Besetzung der Zentrale im Mittelfeld. Chris Kramer, Manu Koné und Laszlo Benes stehen dafür bereit, Denis Zakaria präferiert nach Aussagen von Max Eberl einen Wechsel in diesem Sommer, vielkeicht tut sich da ja schon diese Woche etwas.
Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass Flo Neuhaus sich wohl endgültig für eine weitere Saison bei Borussia entschieden haben muss, denn sonst hätte Borussia Reitz sicher nicht abgegeben. Zumal der talentierte Famana Quizera - ohnehin eher offensiver als auf der Sechs einzustufen - in der Vorbereitung für mich nicht die Duftmarken setzen konnte, die man sich von ihm erhofft hatte. Da gefiel mir Conor Noß deutlich besser.

Natürlich: Es kann sich bis zum Transferschluss noch viel tun, auch auf der Abgangsseite. Dann aber sollte Borussia in der Lage sein, mit diesem Geld einen vernünftigen Ersatz zu verpflichten. Und diese Zugänge wird es auch nur dann geben, wenn ein Stammspieler - Ginter, Thuram, Plea, Hofmann, Bensebaini - Borussia verlässt. Bisher sieht es danach nicht aus. Die Transfers von Koné, Netz und - wenn es klappt - Pacho dagegen sind auch so finanzierbar. Koné ist als potenzieller Nachfolger von Zakaria/Neuhaus schon sehr früh verpflichtet worden. Das Geld sollte noch aus der Champions-League-Saison gestemmt worden sein. Netz und Pacho kommen nicht umsonst, aber doch für überschaubare Millionenbeträge. Im Gegenzug sind durch Lang, Wendt und Traoré (relativ teure) Kaderplätze frei geworden, die diese Kosten zumindest abfedern werden.

Wenn alles so bliebe, könnte ich mit diesem Kader jedenfalls gut leben. Er ist konkurrenzfähig, und im Gegensatz zu den Saisons davor haben auch die echten und die Möchtegern-Konkurrenten um die europäischen Startplätze nicht so irre investiert, dass einem angst und bange werden müsste.
Im Gegenteil: Kaderplanung und Saisonvorbereitung scheinen bei allen Teams genauso schleppend zu verlaufen wie bei Borussia.
Wer also gut aus den Startlöchern kommt, kann sich schon einen möglicherweise entscheidenden Vorteil für diese Saison verschaffen. Insofern ist es vielleicht auch gar nicht so schlecht, in der Liga gegen Kaliber wie den FC Bayern und Bayer Leverkusen zu starten, die beide auch noch keine Bäume ausgerissen haben. Aber das ist Zukunftsmusik. 

Heute ist erstmal gefährliche Fußballromantik angesagt. Live-Spiel im frei empfangbaren Fernsehen, der ehrwürdige Betzenberg (in meiner Erinnerung selten ein gutes Pflaster für Borussia, doch die Statistik gegen den FCK sieht insgesamt sogar positiv aus) und ein unberechenbarer Drittligist, der schon ein paar Spiele weiter ist als der Favorit.
Da bin ich froh, wenn alles gut über die Bühne geht. Eine Blamage, wie sie Frankfurt 50 Kilometer vom Betze entfernt gestern erlebt hat, würde ich da nicht ausschließen. Und deshalb liegt mir Schadenfreude über Hütters Ex auch fern - zumindest vor dem Spiel.

Apropos Adi Hütter. Vorschusslorbeeren gibt's nicht mehr, dank Marco Rose, den ich aber ansonsten schon abgehakt habe - bis auf den einen oder anderen Spruch, der auch künftig noch - ganz "lässig" - auf seine Kosten gehen wird. Doch mein Eindruck des neuen Übungsleiters ist bislang eigentlich sehr positiv. Er ist verbindlich, gut vorbereitet, geht ruhig und sachlich in die Aufgabe hinein und scheint auch eine gute Ansprache für die Spieler (und bisher für die Medien) gefunden zu haben.

Wie schnell es ihm gelingen wird, die beste Lösung für das vorhandene Spielermaterial zu finden (und nicht umgekehrt) - etwas, was Chris Kramer im Borussia-Podcast ja betonte (möglicherweise im Unterschied zum Vorgängertrainer), das ist natürlich bis zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation.
Doch er wird dazu erstmal genug Ruhe im Umfeld haben, davon bin ich überzeugt. Obwohl, bei einer Pleite heute Abend... Na ja, auch dann müsste man ihm in dieser Saison wohl noch deutlich mehr Zeit geben, das umzusetzen, was er vorhat.

Bleibt der einzige Misston im Verein: Die seltsam mehrdeutige Zurückstufung von Uwe Kamps als Chef im Torwartteam, die man wohl auch im Zusammenhang mit dem Abgang des erst vor nicht allzulanger Zeit geholten und hochgelobten Steffen Krebs nach Stuttgart lesen muss. Auf dem einen Mannschaftsfoto war Uwe Kamps noch dabei, auf dem anderen nicht, dazu die stille Entfernung aus dem Staff/Trainerteam auf der Vereins-Homepage und die wenig erhellenden Aussagen von Uwe und Max über eine Suche nach einem guten Platz im Verein für das Urgestein. Es hätte glatter laufen können. Für mich ist Uwe Kamps eins meiner Jugend-Idole, und es wäre schade, wenn eine so lange und gute Zusammenarbeit bei Borussia nicht einvernehmlich oder mit Gesichtsverlust der einen oder anderen Seite enden würde. Aber ich bin zu weit weg, um die Hintergründe einschätzen und bewerten zu können. Deshalb tue ich es an dieser Stelle auch nicht. Und vertraue darauf, dass der mit bereits drei namhaften Stationen im Lebenslauf ausgestattete, aber auch noch sehr junge neue Torwarttrainer Fabian Otte unsere Jungs gut in Form gebracht hat und im täglichen Training "bei Laune" hält.

So, genug geschwatzt. Eins fehlt ja noch: Ja, ich lobe auch in der neuen Saison wieder eine Saisonspende aus. Aber die Übersicht dazu kommt erst im nächsten Text 😜. Hoffentlich dann auch schon mit den ersten Euros, die von Adis Jungs bis dahin eingespielt worden sind.