2021-08-22

Abend zum Vergessen

Wenn einem rein gar nichts gelingt und man noch stundenlang hätte weiterspielen können, ohne ins Tor zu treffen. Wenn auf der anderen Seite gefühlt jeder Schuss ein Treffer ist und man nur hinterher rennt. Wenn ein Spiel mal so läuft, spricht man gemeinhin von einem gebrauchten Tag. Kein Wunder also, dass diese Vokabel auch nach dem ernüchternden 0:4 in Leverkusen die wohl meistgebrauchte war.

Doch damit ist das Spiel nicht allein zu erklären. Fangen wir bei der Leistung der Hütter-Elf an. Die war nicht ausreichend, das ist klar. Ein Torwart, der in einigen Szenen nicht die gewohnte Sicherheit ausstrahlte, um es vorsichtig zu formulieren. Man könnte auch sagen, dass er bei zwei Gegentoren schlecht aussah, auch wenn man ihm da keinen groben Fehler unterstellen muss. 

Ein Kapitän, der zwar gewohnt vorneweg ging, was die kämpferische Einstellung und die Leistungsbereitschaft anging. Der aber auch vom Elfmeterpunkt die Chance hatte, dem Spiel eine andere Wendung zu geben und dabei recht kläglich scheiterte - ebenfalls sehr ungewohnt für den sonst nervenstarken Lars Stindl.

Der Rest ist mehr oder weniger kollektiv fehlerhafte Verteidigung bzw. individuelle Fehler, die sich nicht reparieren ließen, nicht nur bei den Gegentreffern - und das gleichzeitige Auslassen einiger guter eigener Chancen.


Das allein reicht heutzutage schon, um in der Bundesliga ein Spiel klar und verdient zu verlieren. Das kann in der Findungsphase in einer neuen Saison mit einem neuen Trainer auch mal passieren. Und natürlich muss man da auch als Trainerteam als erstes ansetzen. 


Doch es gab gerade in diesem Spiel noch mehr spielentscheidende Einflüsse. Die sind die eigentlich Unentschuldbaren, aber sie sind für Borussia kaum zu beeinflussen. Was diese Niederlage noch ärgerlicher macht, als sie ohnehin schon ist.


Reden wir Klartext: Denis Aytekin, inzwischen weithin geschätzter Schiedsrichter, hatte, obwohl er keine ganz groben Fehler machte, heute nicht seinen besten Tag - genauso wie die Gladbacher. Er pfiff gewohnt wenig, ließ sehr viel laufen. So weit, so gut. Doch dabei entging ihm, dass die aggressive Zweikampfführung, mit der vor allem die Bayer-Akteure den Gegner durchaus erfolgreich bearbeiteten, in vielen Fällen über das normale Maß hinaus ging. Mit Konsequenzen. Denn es war (zu) oft rohes, rücksichtsloses Spiel dabei. 

Das bekam zuerst Marcus Thuram zu spüren, dem Tah ziemlich heftig in den Körper sprang, ihm dabei klar auf den Fuß trat und ihn zugleich außen am Knie traf, was Tikus wenig später zum Aufgeben zwang. 

Aytekin pfiff das Foul zwar, verzichtete aber hier wie in einigen anderen Szenen auf die notwendige Konsequenz. 

Tah bekam kein Gelb, und das Spiel eskalierte weiter, mit dem negativen Höhepunkt, der Szene, die zum Elfmeter führte. Bakker streifte mit einem Fuß zwar zuerst den Ball, stoppte den Gladbacher, der schon an ihm vorbei war, aber dann brutal mit einer "Schere". Er klemmte das linke Bein ein und traf ihn mit dem nachgezogenen rechten Fuß. Mit offener Sohle trat der Stevie Lainer auf der Strafraumlinie in die Hacke, und so wie es aussieht, brach er ihm im Ablauf dieser Szene den Knöchel. 

Aytekin hatte eine gute Sicht von der Seite auf die Szene, er gab Bakker die gelbe Karte. Möglicherweise auf dem Feld ohne Wiederholungen auch nachvollziehbar. Doch wo blieb in diesem Moment der VAR Tobias Welz? Eine klarere Rote Karte kann man sich kaum vorstellen als bei Ansicht dieser Bilder. Bei zweiten Tritt hatte Bakker keine Chance auf den Ball, seine Aktion war kontrolliert zu Ende geführt. Er wollte Lainer sicher nicht absichtlich verletzen, aber er nahm es einfach in Kauf. 


Nach dem VAR-Ärger in der Vorwoche war dies der zweite spielentscheidende grobe Fehler im Kölner Keller, nach dem es mir als VAR-Befürworter langsam auch schwerfällt, noch Argumente für ihn zu finden.


Nun könnte man lange darüber diskutieren, wie das Spiel gelaufen wäre, wenn Leverkusen danach zu zehnt hätte weiterspielen müssen. Doch das ist Spekulation. Fakt ist: Borussia verschenkte den Elfmeter und kam trotz einer ganz guten Phase nach der Pause mit einigen guten Gelegenheiten nicht zum Torerfolg. Der VfL war heute auch ohne die widrigen Umstände einfach nicht gut genug. Dass der K.o. zum 0:3 durch einen abgefälschten Ball von Bensebaini möglich wurde, sagt aber eigentlich alles über den schlechten Stern aus, unter dem dieses Spiel offenbar stand. 


Die drei verlorenen Punkte sind für mich dabei verschmerzbar. Viel schlimmer sind die Verletzungen von Lainer, Thuram, Plea und Bensebaini nach einem ebenfalls schon dunkelgelben Foul von Diaby in der Nachspielzeit. Sie könnten - je nach Schwere - deutlich länger nachhallen  als das 0:4.


Bundesliga 2021/21, 2. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 4:0.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.