Seit dem Jahr 2013 schreibe ich hier, wirklich regelmäßig dann so seit dem Spätsommer 2014. In all dieser Zeit hatte ich immer den leisen Traum im Hinterkopf, dass es irgendwann ein Spiel geben würde, zu dem ich einfach nur schreiben müsste: "Das war es. Das war das perfekte Spiel. Ich habe nichts zu kritisieren. Es ist alles gesagt."
Gestern war dieses Spiel.
Aber natürlich werde ich dennoch ein paar Zeilen mehr brauchen, um zu würdigen, was gestern Abend im Borussia Park stattgefunden hat. Denn gestern wurde mehr als ein Pokalspiel gewonnen.
Dieser strahlende Auftritt von einem anderen Stern kam in einer bislang sehr wechselhaften Saison in dieser Form unvermittelt, nur wenige Tage nach einem enttäuschenden 0:1 bei Hertha BSC. Andererseits hatte die Mannschaft von Adi Hütter (so wie bisweilen auch unter dessen Vorgänger Marco Rose) schon über manche Phasen in diversen Spielen gezeigt, dass sie grundsätzlich in der Lage wäre, die Sterne vom Himmel zu spielen - wenn mal alles passt und es gelänge, die Leistung über die komplette Spielzeit abzurufen.
Das war gestern nun der Fall, und so wurde aus der schier unlösbaren Zweitrunden-Pokalaufgabe gegen die Überbayern eine Sternstunde der Vereinsgeschichte, die man später ins gleiche Museumregal einsortieren wird wie das ähnlich entfesselt vorgetragene 7:1 gegen Inter Mailand, das am Ende dem gegnerischen Spieler Boninsegna und einer Dose zum Opfer fiel.
Sicher, wir haben abgesehen von den legendären Spielen des 20. Jahrhunderts auch in der jüngeren Vergangenheit tolle Partien erlebt - etwa die rauschhaften Siege gegen Donezk und die unvollendeten Meisterstücke gegen Barcelona, Inter oder Real Madrid in der Champions League, auch diverse andere Siege gegen unseren Lieblingsübergegner von der Säbener Straße.
Was das 5:0 von gestern davon unterscheidet, ist die historische Dimension und der kleine Unterschied, dass es hier wirklich gelang, ein Spiel von Anfang bis zum Ende so brutal durchzuziehen, wie es ein Trainer in seinem Matchplan nicht besser hätte entwerfen können. Die Bayern nur einmal so hilflos zu sehen, das ist eine unbezahlbare Erfahrung und Genugtuung.
Und das macht es auch so einzigartig: Denn wenn die Bayern nicht in den nächsten Jahren so ziemlich alles falsch machen, dürfte ihnen eine solche Abreibung auf absehbare Zeit nicht mehr passieren - egal gegen welches Team in der Welt. Während ja längst nicht ausgemacht ist, dass ein Verein wie Borussia im kommenden Jahr noch die gleiche Schlagkraft besitzt wie gestern Abend.
Die Bayern spielen dagegen auch nach dieser Pleite von ihren Möglichkeiten her garantiert in einer anderen Liga. Das wird sich auch durch das Pokal-Aus nicht ändern. Schließlich war es bis gestern auch mehr als 40 Jahre her, seit sie zuletzt so deutlich vermöbelt worden waren. Damals war es ein 1:7 gegen Fortuna Düsseldorf im Jahr 1978.
Das 5:0 unserer Borussia, das am Ende von den Torchancen her auch genausogut ein 9:3 hätte sein können, ist wegen der derzeitigen Ausnahmestellung des FCB-Kaders in Europa aber aus meiner Sicht noch ein Stück höher einzustufen als der Fortuna-Kantersieg in einer eher durchwachsenen Saison des heutigen Dauer-Meisters aus München.
Was sich nicht wegdiskutieren lässt: Der Gegner von gestern, der die Liga schon wieder problemlos dominiert, war unter dem Gladbacher Flutlicht von Beginn an überfordert mit der Aufgabe, die die laufstarken und giftigen Gladbacher den Bayern stellten. Es gelang ihnen über 90 Minuten nicht, auch nur den Hauch ihrer üblichen Dominanz auf dem Platz zu erkämpfen, um den Gegner unter Druck setzen zu können.
Und sie waren selbst mit drei Gegentoren zur Halbzeit noch gut bedient. Die so hochdekorierte wie im Spiel abgemeldete Offensive mit Lewandowski, Müller, Sané und Gnabry hatte selbst bis dahin nur einmal aufs Tor von Yann Sommer geschossen.
Wer gedacht hatte, dass sich das, wie so oft in den Duellen der beiden Teams, im zweiten Abschnit umkehren würde und eine zurückgedrängt verteidigende Heimelf erwartet hatte, sah sich erneut getäuscht. Zwei schnelle weitere und eiskalt herausgespielte Tore von Breel Embolo brachen - auch das äußerst ungewöhnlich - den Widerstand von Thomas Müller und Co. Trotz der Chancen, die Yann Sommer und seine Vorderleute in der Schlussphase noch zunichte machten, hatten die Gäste schon nach einer Stunde komplett resigniert und suchten Wege, das Spiel möglichst unauffällig zu überstehen.
Weil ich das 5:0 gegen Kimmich und Co. in seiner fußballerischen Bedeutung so hoch einordne, nenne ich - für die Nachwelt - hier ausnahmsweise auch die Aufstellung der Spieler, die an dieser Sensation mitwirkten. Ich verzichte ausdrücklich auf das Herausheben von einzelnen Spielern, obgleich es bei fünf Torbeteiligungen von Breel Embolo und einigen nicht viel weniger "perfekten" Auftritten schon schwer fällt:
Sommer - Ginter, Elvedi, Beyer (54. Netz) - Bensebaini, Koné, Zakaria, Scally (69. Herrmann) - Stindl (69. Plea), Hofmann (73. Neuhaus) - Embolo (73. Thuram). Trainer: Hütter.
So und damit Punkt. Zunächst genug der Heldenverehrung. Denn auch das 5:0 bringt ja noch nicht mehr als das nächste Spiel in Runde drei gegen wen auch immer ein. Für die Bundesliga bedeutet es absolut nichts, außer dass in der Vorberichterstattung der nächsten Tage das Lob für die "Bayern-Zerstörer" dermaßen hochgejazzt wird, dass die Fallhöhe für den grauen Ligaalltag gegen eine ganz anders aufgestellte, unangenehme Bochumer Mannschaft umso höher wird.
Das Spiel am Sonntag gegen den Relegationsgegner von 2011 hat allerdings nicht viel mit der gerade gefeierten Gala im DFB-Pokal zu tun. Es klingt blöd, aber Bochum ist die härtere Nuss, die es zu knacken gilt, weil sie den Borussen um Lars Stindl - ähnlich wie Stuttgart, Augsburg oder Hertha - nicht die riesigen Räume anbieten werden, wie sie die Bayern aufgrund ihrer offensiven Ausrichtung einkalkulieren, und die ihnen gegen Borussia regelmäßig zum Verhängnis werden.
Durch Tony Jantschkes schwere Gesichtsverletzung und das gestrige Ausscheiden von Jordan Beyer (Muskelverletzung) ist die Verteidigung nun leider auch auf Wochen jeglicher Alternativen beraubt. Sollten sich Ginter, Elvedi oder Bensebaini verletzen, was wir nicht hoffen wollen, müsste die inzwischen gut funktionierende Dreierkette zur Viererkette werden oder eine Aushilfslösung wie Zakaria oder gar ein Nachwuchsspieler wie Wentzel oder Gaal nachrücken. Das ist ein Wermutstropfen der Sternstunde am Niederrhein.
Aber so, wie Adi Hütter Wege gefunden hat, die hängende Köpfe der Spieler nach dem Hertha-Spiel aufzurichten und sie mit dem richtigen Selbstbewusstsein gegen die Bayern aufs Feld zu schicken, so wird er auch eine Idee für das Duell mit dem lange bundesligaabstinenten VfL aus Bochum haben. Vertrauen wir drauf. Nach dem überraschend schönen Erlebnis gegen den "FC Bayern 05" fällt das schon wieder viel leichter.
DFB-Pokal, 2. Runde: Borussia Mönchengladbach - EwigerRekordmeisterpokalsiegertriplesextupelgewinner , auch FC Bayern München genannt 5:0. Tore für Borussia: 1:0 Koné, 2:0 Bensebaini, 3:0 Bensebaini (FEM), 4:0 Embolo, 5:0 Embolo.
Saisonspende: Es sind die Highlight-Spiele, die in dieser Saison die Spendenkasse prächtig füllen. 33
Euro waren es bisher - fünf Tore, ein Zu-Null und den prestigeträchtigen Sieg gegen die Bayern später kommen 16 Euro dazu und, um die historische Dimension dieser Vernebelung des "Sterns des Südens" zu würdigen, lege ich außer der Reihe weitere 10 Euro obendrauf. Macht 33 plus 26, also 59 Euro.
Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
What a perfekt das, wahrlich ein Fussballfest, leider nicht die Erste Halbzeit live sehen können, da selber am kicken, und dann es als Witz der Kameraden verstanden. Es steht 3:0 zur Halbzeit ...
AntwortenLöschenMein erster Reflex, Mist die übliche Abreibung ... Es erst geglaubt als ich dann live die 2. HZ gesehen habe und dann erst an den Sieg geglaubt, als es 5:0 stand ... man kennt das Pech der Borussia und das 6:6 der Bayern im Pokal. Immer noch ein Rausch von dem man einige Zeit zehren muss, wenn man sich das heutige 2:1 gegen Bochum anschaut, vorne raus bis zur 75. Min super, hinten raus wieder das große Zittern ... Egal es bleibt ein Highlight der letzten/nächsten Tage und wird in die Historie unseres geliebten Vereins mit der Raute eingehen