Es war vielleicht etwas zu viel verlangt, ausgerechnet von diesem Spiel so etwas wie eine Initialzündung für den Rest der Saison zu verlangen. Aber der kleine Fußballromantiker hoffte doch darauf, dass man dem großen Pep Guardiola und seiner Milliardentruppe ein kleines Beinchen stellen können würde. Oder zumindest so auftreten könnte, dass man sich etwas von dem Selbstvertrauen, von der frechen Unbekümmertheit auf dem Weg nach vorn aus manch anderem Spiel zurückholen könnte.
Die Bilanz der 90 Minuten von Budapest ist so ernüchternd wie sie - aus realistischer Sicht - erwartbar gewesen ist. Aber das Spiel zeigte auch, dass die Borussia - aus, sagen wir Oktober, November 2020 - vielleicht zu deutlich mehr in der Lage gewesen wäre.
Denn so uneingeschränkt verdient der Sieg der Engländer war: Viel mehr als die beiden Tore brachten sie trotz gefühlten 90 Prozent Ballbesitz nicht zustande. Sie spielten und passten, hin und her und her und hin, meist, wie sie wollten. So wie man das von Pep-Mannschaften eben kennt. Aber sie kamen kaum im Strafraum zu gefährlichen Aktionen, weil die Borussen in dieser Zone sehr konzentriert verteidigten und bis auf die beiden Gegentore stets ein Bein oder Kopf dazwischen bekamen.
Was der VfL nach vorne anbot, war zwar über weite Strecken erschütternd wenig. Aber am Ende standen drei, vier richtig gute Konter, die mit schlechten letzten Pässen leichtfertig verschenkt wurden. Dann eine schöne Hackeneinlage von Alassane Plea, die knapp am Tor vorbeiflutschte. Und zum guten Schluss eine einzige erfolgreiche Pressingsituation, als der City-Mitelfeldspieler Rodrigo einen krassen Fehlpass in die Füße des eingewechselten Hannes Wolf spielte, der mit seinem Abschluss aber an Torwart Ederson scheiterte.
Viel mehr Torgelegenheiten muss man gegen einen solchen Gegner nicht erwarten. Aber es ist offenbar gerade nicht die Zeit für eiskalte Abschlüsse, wie sie Hofmann, Plea oder Thuram in der Champions-League-Vorrunde noch zelebriert hatten. Es fällt alles viel schwerer. Es sieht nicht mehr so gut aus und das scheint den Spielern selbst auch bewusst zu sein.
Wie ist es sonst zu erklären, dass heute vor allem in Halbzeit eins so viele krasse technische Unsauberheiten zu sehen waren, bei der Ballannahme, bei Pässen nach vorne, bei Zuspielen über wenige Meter? Ist es anders zu erklären, dass sich Kramer und Co von der ersten Sekunde an respektvoll in ihr Schicksal als Kaninchen fügten, das vor der Schlange hockt? Oder sagen wir in die Rolle des Hasen, der vom Igel hin- und hergejagt wird.
Vor dem Spiel hatte Marco Rose gesagt, dass es City überhaupt nicht schmeckt, wenn sie nicht den Ball und nicht die Kontrolle haben. Das klang nach einem guten Plan und dass es so ist, wissen wir ja schon von Guardiolas Stationen bei Barca und Bayern, und natürlich hat Rose damit recht. Aber die Borussen waren bis auf eine Viertelstunde nach der Halbzeit nicht einmal ansatzweise in der Lage, Gündogan und Co. den Ball für länger als ein paar Sekunden wegzunehmen. Sie mussten laufen, laufen, laufen. Manchester City passte und passte, und es war kaum möglich, dazwischenzugehen oder überhaupt in enge Zweikämpfe zu kommen.
Das bedeutete gefühlt null Ballbesitz in den ersten 15 Minuten, Kapitän Stindl und seine Kollegen kamen eigentlich noch nicht einmal in des Gegners Hälfte, weil sie schon im eigenen Strafraum vom Gegenpressing gestresst und zu Fehlern gezwungen wurden. Wenn ich es richtig beobachtet habe, befanden sich erst in der 49. Minute zum allerersten Mal (!) alle Feldspieler in der Hälfte der Gäste. Es sollte auch weiterhin eine Seltenheit bleiben.
Aber immerhin. Nach nervösem Beginn mit unerklärlichen Ballverlusten und Fehlern stabilisierte sich die Mannschaft. Und gerade, als man ein wenig Hoffnung schöpfen wollte, dass sich der VfL nach und nach von dem Dauerdruck etwas befreien könnte, fiel die Führung durch Silva.
Ärgerlicherweise genau so, wie City meist seine Tore schießt und wie man ja auch weiß, dass City am liebsten seine Tore einleitet. Ein etwas unentschlossen gespielter Pass von Chris Kramer leitete das Unheil ein. Nachdem man vorher zweimal versäumt hatte, den Ball zu klären, wollte der Mittelfeldspieler einen schnellen Angriff einleiten, spielte aber genau in die Füße des Gegners. Der Bumerang kam sogleich zurück, in Form einer langen Halbfeldflanke, die Hofmann nicht unterbinden konnte und die sich gewollt fies hinter Elvedi heruntersenkte, genau auf Silvas Kopf.
Noch ärgerlich war das zweite Tor in der 65. Minute, weil dies nicht nur fast genauso fiel, sondern auch noch genau in die Phase hinein, in der Borussia anfing, den Gegner in dessen Hälfte vor Aufgaben zu stellen. Es war die stärkste Gladbacher Phase, doch nach dem 0:2 war diesem Aufwind auch gleich wieder merklich der Stecker gezogen.
Die Einwechslungen von Thuram, Lazaro und später Embolo ergaben Sinn, aber sie führten zu nichts. Bis auf einen unsanft im Strafraum gestoppten Angriff, bei dem sich Jonas Hofmann weh tat, der aber zurecht nicht zum Elfmeter führte und besagter finaler Chance von Hannes Wolf kam nichts mehr zustande, das die Ausgangsposition für das Rückspiel in zwei Wochen noch einmal hätte etwas interessanter gestalten können.
Aber gut, das wäre wohl wirklich zu viel verlangt gewesen, angesichts der geballten Fußballklasse, die dem VfL heute gegenüber stand. Das muss man einfach so hinnehmen, und wir wissen ja auch, dass wir uns mit solchen Starensembles nicht messen können, wenn es wirklich in zwei Spielen um das Weiterkommen geht. Dazu müsste dann soviel Außergewöhnliches zusammen kommen, vor allem vielleicht auch, dass man einen solchen Gegner gerade mal in einer eigenen Krise erwischt, und nicht gerade dann gegen ihn spielen muss, wenn man selbst nicht frei aufspielt und der Gegner von einem Erfolg zum nächsten eilt.
Was bleibt vom "Heimspiel in Budapest"? Gladbach hat einen Schritt nach vorn gemacht, weil es gegengehalten hat, weil es exzellent verteidigt hat und sich nicht hat auseinandernehmen lassen. Im Mannschaftsverbund haben Ginter und Co sehr vieles gut gelöst bekommen, gegen eine Weltklasseoffensive. Das macht Mut für die kommenden Aufgaben gegen Poweroffensiven wie Leipzig, Dortmund und Leverkusen. Allerdings gibt es einen großen Unterschied: All diese Gegner setzen viel stärker auf Geschwindigkeit und vertikales, direktes Spiel nach vorn als die Guardiola-Elf. So ganz vergleichbar ist das also nicht. Aber gut, warten wir es ab.
Problematisch bleibt die Flaute in der Offensive. Gladbach, in der Hinserie lange noch für den Chancenwucher kritisiert, erspielt sich kaum noch gute Torchancen. Und von denen nutzen die Akteure dann zu wenige. Alassane Plea kämpft, so scheint es, derzeit mehr mit sich selbst und seinem Frust über ausbleibende Erfolgserlebnisse als mit dem Gegner. Stindl und Hofmann können nicht überall sein. Und Thuram und Embolo haben noch nicht nachhaltig gezeigt, dass sie zwingend wieder in die erste Elf gehören.
So richtig deutet also nichts darauf hin, dass der Schalter in der Offensive sofort wieder umgelegt werden könnte. Aber manchmal ist es ja nur eine Schlüsselszene, die den Unterschied macht und die Maschinerie wieder ins Laufen bringt. Mehr als hoffen kann ich darauf aber im Moment ehrlicherweise nicht. Und genauso hoffe ich, dass die Blessuren in den letzten 10 Minuten bei Hofmann
(Knie) und Kramer (Oberschenkel) sich nicht noch als schlimmer herausstellen. Ein Ausfall der beiden wäre wirklich eine Hiobsbotschaft, zumal Denis Zakaria weiter seine Form sucht, das war trotz guter Ansätze auch heute gut zu sehen.
Fazit: Borussia hat sich heute (vielleicht) mit den Besten gemessen und wurde einhellig für zu leicht befunden. Das ist kein Vorwurf. Die Spieler haben zweifellos alles gegeben. Aber das war nicht
genug, um heute in Reichweite einer Überraschung zu kommen. Für mehr war die Mannschaft vielleicht auch einfach nicht mutig und risikobereit genug. Das ist verständlich, weil dann schnell auch eine deutlichere Niederlage dabei rauskommen kann. Aber es ist auch schade, denn es wäre interessant gewesen zu beobachten, wie City mit einem möglichen Ausgleich umgegangen wäre. Aber das ist ein Thema für die berühmte Fahrradkette.
Champions League, Achtelfinale, Hinspiel: Borussia Mönchengladbach - Manchester City 0:2.
Saisonspende: Null, nada, nichts: Heute kam nichts dazu. Das Spendenkonto steht weiter bei 97,50 Euro.
Zur Erinnerung, darum geht's: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in den drei Wettbewerben: 50 Cent. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl oder Marco Rose: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Tore oder Vorlagen von Gladbacher Spielern in der deutschen Nationalelf: 1 Euro. Erreichen der K.o-Phase und für jede weitere erreichte CL-Runde: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Meisterschaft oder Finalsieg in CL oder EL: 50 Euro. DFB-Pokalsieg: 30 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
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