In meinem bisher letzten Text schrieb ich: "Mit 20 Punkten in die zweite Saisonhälfte zu gehen, das ist insgesamt unter dem Strich in Ordnung und lässt auch genug Abstand nach hinten." Vier Spiele, zwei Punkte und ein ins Wasser gefallenes Pokalviertelfinale später weicht diese Zuversicht zunehmender Ratlosigkeit.
Eigentlich hatte ich geglaubt, dass es mir in dieser Saison helfen würde, wenn ich nicht mehr nach jedem Spiel, sondern alle drei bis vier Wochen etwas über Borussia schreibe. Denn bei einer unsteten Mannschaft im Umbruch sollte man meinen, dass es auf diese Weise leichter fallen würde, Entwicklungen über ein Spiel hinaus zu erspüren oder verfolgen zu können - statt wöchentliche Wasserstandsmeldungen abzugeben.
Doch dieser Verein und seine Mannschaft bleiben auch über mehrere Wochen gesehen und zusammengefasst ein Mysterium. Das einzige Beständige ist, dass man sich nie sicher sein kann, wie das Team um Julian Weigl im nächsten Spiel aufgelegt sein wird.
Bestes Beispiel sind die Spieltage 18 bis 21 der laufenden Saison. Ein fahrig und unnötig hergeschenktes Spiel gegen Augsburg mit der xten hergegebenen Führung ließ den Sieg gegen Stuttgart innerhalb von 90 Minuten gleich wieder recht derbe verblassen. Denn es weckte Erinnerungen an viele ähnliche Partien der vergangenen Jahre.
Darauf folgte das hart und mit Glück und Geschick ermauerte 0:0 beim Tabellenführer Leverkusen, das zugleich ein positives Novum bedeutete. Es war bis heute das einzige Saisonspiel, an dem der Gegner kein Tor erzielen konnte. Das ließ hoffen, zumindest, was die verbesserte defensive Stabilität anging.
Ein ähnlich erarbeiteter Punkt wäre auch gegen überlegene, aber auch selten besonders einfallsreiche Münchner, in der Woche darauf drin gewesen. Die Führung von Elvedi brachte den Münchnern ob des Aufflackerns ihres ehemaligen Angstgegners ein paar Schweißperlen auf die Stirn. Doch letztlich besiegelten vor allem individuelle Fehler auf Gladbacher Seite als die Klasse von Kane und Co. die am Ende verdiente Niederlage.
Nach zwei durchaus respektablen Auftritten gegen Spitzenteams durfte man also gespannt sein, ob dem Seoane-Team gegen "Underdogs" - oder sollten wir sie nicht inzwischen lieber "Gegner auf Augenhöhe" nennen - mehr gelingen würde als in so vielen Spielen dieser Art in dieser und den vergangenen Spielzeiten. Gegen die spucken-kratzen-beißenden Teams der Liga tat und tut sich Borussia schon traditionell schwer, und das ganz unabhängig von der Klasse der Spieler auf dem Platz und des Trainers an der Seitenlinie.
Der Tabellenletzte SV Darmstadt 98 war heute der erste Gegner aus den unteren Gefilden, der sich dem VfL im letzten Saisondrittel in den Weg stellt.
Und wieder zeigte ein spielerisch recht limitierter Gegner, wie man es gegen Gladbach anstellen muss, um zumindest nicht zu verlieren. Es war damit auch schon der sechste Tabellenletzte in Folge, gegen den Borussia kein Sieg gelang.
Und obwohl Jordan und Co. heute die klar besseren Chancen hatten und mit 24 Torschüssen und einem Expected-Goals-Wert von über 2 für die eigenen Verhältnisse unüblich gute Werte in diesen Kategorien aufwies, gelang wieder kein Tor und nur ein sehr ernüchterndes Unentschieden. Denn berauschend war die Gladbacher Leistung nicht. Und auch Darmstadt gelang es kaum, das Tor der Hausherren mal in Gefahr zu bringen.
Neben dem Ärger über zwei bittere Verletzungen von Hack und Jordan, die jeweils nach üblen Fouls von Darmstädter Verteidigern ausgewechselt werden mussten und vorher zu den Aktivposten im Spiel gezählt hatten, blieb also auch sonst nicht viel Gutes hängen.
Die Lehren aus diesem Spiel (und den dreien zuvor) sind folglich wenig verheißungsvoll: Borussia ist nicht beständig.
Borussias Tagesform ist absolut nicht vorherzusehen oder auszurechnen - außer für den Gegner, der sich zumindest im Laufe eines Spiels ganz gut darauf einstellen kann.
Fortschritte im Spiel sind flüchtig, im jeweils nächsten Spiel muss man wieder mit den gleichen alten Macken und Fehlern rechnen, die sich durch die vergangenen drei oder vier Saisons ziehen - und die leider auch in diesem Jahr das Trainerteam um Gerry Seoane offenbar nicht in der Griff bekommt.
Und das wirft auch nach gut 25 Pflichtspielen der Saison auch langsam einen Schatten auf den Trainer, dessen Handschrift mal mehr und oft gar nicht zu erkennen ist. Mit der Viererkette stabilisierte sich die Mannschaft zuletzt gegen die Spitzenteams defensiv, war offensiv aber fast gar nicht zu sehen. Diese Aufstellung war unter anderem auch dem anhaltenden Verletzungspech geschuldet, und auch dem monatelangen Fehlen von Ko Itakura.
Nun waren der Japaner und auch Wöber wieder da, und Seoane kehrte zurück zur Dreierkette, mit Honorat und Netz als vorgelagerte Flügelspieler. Das war defensiv keineswegs ein Downgrade, aber im eigenen Ballbesitz half es eben auch nicht, den Gegner besser zu bespielen. Stattdessen scheuten die Borussen vor allem im Spielaufbau über die Verteidiger oft jegliches Risiko und spielten schon bei nur einem anlaufenden Darmstädter Stürmer hintenrum und wieder viel über Torwart Nicolas. Das war gegen den heutigen Gegner zu viel der Ehrfurcht.
Was konstant bleibt, ist, dass die Mannschaft will. Sie bemüht sich, sie kommt auch in gute Positionen für den vorletzten oder letzten Pass, doch allzuoft sind diese Zuspiele dann zu ungenau oder enden in Missverständnissen. So bringt sich die Mannschaft immer wieder um den Lohn ihrer Arbeit.
Dass in dieser Saison jeder Mannschaftsteil mal so von Verletzungen gebeutelt war, dass der Konkurrenzkampf darunter litt, macht es auch nicht leichter, in die Spur zu finden. Aber dennoch muss man erwarten können, dass gegen Gegner vom Kaliber Darmstadt spielerisch, taktisch und punktemäßig mehr drin ist als ein glücklicher Punkt im Hinspiel und ein weiterer glanzloser im Rückspiel.
Denn die Konkurenz, die längst schon nicht mehr vor Borussia, sondern hinter ihr in der Tabelle platziert ist, schläft nicht. Um die Saison zumindest ohne große Sorgen und schadlos über einen ergehen lassen zu können, muss deutlich besser gepunktet werden als in den letzten vier Spielen. Zwei Punkte aus vier Partien sind trotz der Gegner Bayern und Bayer nicht dafür geeignet, beruhigt in die nächsten Wochen zu gehen.
Und solange Woche für Woche wieder so rätselhafte Auftritte gegen kampfstarke Gegner drohen, kann man nicht einmal gegen den Drittligisten aus Saarbrücken guten Gewissens auf Sieg Richtung Pokalhalbfinale setzen. Das wäre tatsächlich etwas, was für diese Saison nochmal viele Kräfte freisetzen könnte. Oder was bei einem Scheitern für ein ganz schwieriges Klima im Verein und seinem Umfeld sorgt. Ich wünschte, ich könnte mehr Zuversicht vermitteln. Aber das heutige Spiel gibt dafür leider nichts her. Borussia 2024 wogt auch im Jahr 2024 wie Schilfrohr im Wind hin und her. Es bleibt kompliziert.
Saison 2023/24, Bundesliga, 21. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Darmstadt 98 0:0.
Saison 2023/24, Bundesliga, 20. Spieltag: Bayern München - Borussia Mönchengladbach 3:1. Tor für Borussia: 0:1 Elvedi.
Saison 2023/24, Bundesliga, 19. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 0:0.
Saison 2023/24, Bundesliga, 18. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - FC Augsburg 1:2. Tor für Borussia: 1:0 Jordan.
Saisonspende: 2 Tore aus vier Spielen bringen 2 Euro, zwei Zu-Null-Spiele auch. Damit steht es nun 53,50
Euro.
Das gilt in der Saison 23/24: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Jonas Omlin oder einem anderen Torwart: 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 123 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
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