2017-01-21

In der Zwischenzeit

Ein unbefriedigendes Ergebnis, ein Spiel mit lichten Momenten und bekannten Defiziten: Der Einstand von Dieter Hecking als Gladbachtrainer geriet unterkühlt. Und er lässt uns ein wenig in der Luft hängend zurück. Das Spiel, mit dem Stindl und Co. mal eben ihre Auswärtsausbeute in der Saison von einem auf zwei Punkte verdoppelten, ließ viele Fragen offen. Es war aber auch längst nicht so schlecht, wie es gefühlt wirkte.

Das Spiel am Böllenfalltor war, trotz einiger personeller Änderungen, nicht so weit entfernt von den letzten vielkritisierten Auftritten vor der Winterpause - jedoch mit wenigen, aber gewichtigen Einschränkungen. Die VfL-Defensive stand heute gegen die nur auf Konter lauernde sperrige Darmstädter Elf sicher und sie leistete sich diesmal keine individuellen Aussetzer, die zu Gegentoren führten. Dennoch gestattete sie den Lilien zwei Top-Torchancen, die das Spiel hätten auf den Kopf stellen können. Denn eine Niederlage wäre unverdient gewesen, mit dem Remis kann man leben, ein Sieg wäre in Ordnung gegangen, auch wenn er vor allem in der zweiten Halbzeit nicht zwingend in der Luft lag.

Nach vorne liefen sich die Borussen auch heute häufig fest. Sie kreierten aber auch deutlich mehr erstklassige Chancen als in den letzten Spielen unter Schubert. Ein Riesending für Raffael, ein Pfostenschuss von Hazard, zwei gute Gelegenheiten für Wendt - Chancen dieser Kategorie müssen normalerweise auswärts für einen Sieg reichen, wenn man hinten zu Null spielt. Es ist also ein leichter Aufwärtstrend zu erspähen, wenngleich einer noch ohne großen Ertrag. Gut war heute zudem die Körpersprache, die Zweikämpfe wurden angenommen und die Kraft reichte für die gesamten 90 Minuten.

Das erste Spiel nach der Winterpause ließ allerdings auch keinen Zweifel daran, dass wir in dieser Saison unsere Ansprüche deutlich nach unten korrigieren müssen. Zwar haben wir in der Saison schon ganz hervorragende Auftritte gesehen. Doch es ist nicht viel davon geblieben. Mal blitzt es bei Raffael auf, mal bei Hazard, heute auch bei Jonas Hofmann - doch es sind meist Einzelaktionen, die dem Gegner Schwierigkeiten bereiten. Favres Erbe, Schuberts Angriffswirbel - all das liegt derzeit auf Eis. Im Verbund durch clevere Pass-Stafetten herausgespielte Chancen sieht man im Moment kaum. Das hat etwas damit zu tun, dass die dafür nötigen und eingespielten Spieler zum Teil nicht einsatzfähig sind oder sich noch nicht in der notwendigen Form befinden. Doch da muss man einfach Geduld haben und kann nur Schritt für Schritt gehen.

Das hat Dieter Hecking für meine Begriffe gut erkannt. Auch wenn die Mannschaft zuletzt noch Champions League gespielt hat: Es geht jetzt um etwas anderes - ums Überleben in der Liga, gerade auch gegen um sich schlagende Gegner wie die Südhessen. Und das muss weiterhin unter wenig glücklichen Umständen angepackt werden. Gegen Darmstadt fehlten heute wieder sieben Stammelfkandidaten: Elvedi, Strobl, Herrmann, Traoré, Johnson, Nico Schulz und Drmic, dazu die Ergänzungsspieler Marvin Schulz und Doucouré. Das ist fast eine komplette Mannschaft. Entsprechend dünn sind die Alternativen auf der Bank gewesen. Und entsprechend milde muss man auch die zeitweise bemühte, aber oft umständliche Spielweise beurteilen.
Immerhin: Die, die die Wintervorbereitung nun heute in die erste Elf gespült hat, Jantschke und Hofmann, nutzten ihre Chance. Hofmann war einer der agilsten Borussen, traute sich auch etwas zu und rechtfertigte seinen Einsatz auch vor jenen, die sich bei der Aufstellung verwundert die Augen gerieben hatten. Auch ich hatte ihn nicht dort erwartet, aber da Drmic und Johnson noch ausfielen und Hahn im Moment keine Alternative ist, war es nicht allzuweit hergeholt. 
"Fußballgott" Tony zeigte sich konzentriert und kompromisslos wie immer, aber er ist im Spiel nach vorn weiterhin eher Hemmnis als Offenbarung - er war im übrigen auch in der Ära Favre oft ein Faktor, wenn es nicht so zackig nach vorne ging, wie man es sich gern gewünscht hätte. Fußballerisch und im Zusammenspiel auf engstem Raum ist Julian Korb auf dieser Position einfach besser. Dennoch: Wie auf der anderen Seite der merklich verbesserte Oscar Wendt sorgte Jantschke heute außen für die dringend benötigte Stabilität nach hinten, wenn auch mit mancher gewagten Grätsche.

Der VfL befindet sich zu Beginn des Jahres 2017 unübersehbar in einer Zwischenzeit. Nach vielen großen Entwicklungsschritten so jäh zurückgeworfen in der zweiten Jahreshälfte, gelingt es jetzt hoffentlich schnell, das Gleichgewicht zurückzuerlangen, um dann erneut anzugreifen. Auf dem Weg dahin muss man als Fan aber wohl auch anerkennen, dass dabei die spielerischen Maßstäbe, die wir aus den vergangenen Jahren haben, öfter mal nicht erreicht werden und das Team gerade nicht zaubert, sondern um Balance ringt. Auch und gerade gegen Gegner, die - wie heute Darmstadt  - erschreckend wenig zu bieten haben außer Kampf. Der Punktgewinn heute war ein erster Schritt. Und es wird spannend zu sehen, wie sich der VfL nächste Woche gegen eine spielerisch deutlich hochwertigere Offensive wie die aus Leverkusen bewährt.

Bundesliga 2016/17, 17. Spieltag (21.1.17): SV Darmstadt 98 - Borussia Mönchengladbach 0:0


2 Kommentare:

  1. Ein Kommentar, der ein absolut passender Spielbericht ist! Wenn man das frostige "Vergnügen" hatte im Böllenfahrttor direkt an der Eckfahne zu sitzen, ist es etwas ernüchternt: Körpersprache des "Gewinnenwollens"? Fehlanzeige! Andre Hahn läßt sich beim Aufwärmen von dämlichen Sprechkören von der Tribüne provozieren, statt sich 100 Prozent auf seinen Einsatz vorzubereiten. Gott sei Dank gab es die erwähnten Lichtblicke: Hoffmann&Hazard 1.HZ, Simakala gibt Debüt, zu Null gespielt, 2 Topparaden Sommer ...usw. Doch DA war so schwach - zufrieden macht der Punkt nicht wirklich :-(
    Und noch schlimmer, anstelle dieser Vorfreude zum Spiel zu fahren, macht sich so ein "ungutes" Oh, je hoffentlich wird's nicht gruselig"-Gefühl breit ...

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  2. Sie haben auf dich gehört. Das "Gewinnenwollen" war heute in Leverkusen der Schlüssel zum Erfolg. :-)

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