Nun haben wir also Gewissheit - aber nicht die, die wir uns gewünscht haben. Am Ende einer Saison, die für Borussia unter keinem guten Stern stand, werden wir uns diesmal nicht auf internationale Auftritte unserer Mannschaft in der kommenden Spielzeit freuen können.
Der VfL hat heute in Wolfsburg die letzte realistische Chance dazu vertan - so, wie zuvor schon viele Chancen dieser Saison liegengelassen wurden, weil man die vorhandenen (Tor-)Chancen nicht konsequenter nutzte. Das Lamento ist allzuoft das Gleiche gewesen: Bis zum Zeitpunkt, als Wolfsburg das überflüssige 1:1 nach einem individuellen Fehler erzielte, hätten Hofmann, Hahn und Co. das Spiel längst für Borussia entschieden haben müssen.
Aber so wurde die Partie zu einem Spiegelbild der gesamten Saison: Fast eine Stunde lang souverän und gut, aber zu ineffektiv, dann 20 Minuten nervös und mit der Situation zunehmend überfordert. Darauf folgte der Hagelschauer und damit eine unfreiwillige Spielunterbrechung, auch nicht das erste kuriose Vorkommnis für den VfL in dieser Saison. Und nach dem Wiederanpfiff dann erneut ein dominanter Restauftritt, der mit einem Sieg hätte belohnt werden können, der aber genauso mit der für die Gladbacher Fahrten nach Wolfsburg so typischen 0-Punkte-Ausbeute hätte enden können.
Über die verpassten Chancen, europäisch, im DFB-Pokal, in der Liga - und natürlich auch begrenzt auf das heutige Spiel - kann man sich jetzt die Köpfe heißreden, man kann bedauern, sich ärgern, schimpfen, ihnen nachweinen.
Aber das ändert nichts. Wenn man es objektiv betrachtet, hat Borussia die Euro-League-Teilnahme am Ende nicht verdient. Einfach weil dafür zu wenige Punkte geholt wurden (warum auch immer) und weil Borussia bei den harten Fakten letztlich einfach mau abschließt: mehr Niederlagen als Siege, negative Tordifferenz, mittelmäßige Tor- und Gegentorbilanz, maximal 47 von 102 möglichen Punkten erreicht. Mit viel Glück reicht das mal für einen europäischen Startplatz, diesmal wohl nicht. Und schlimmer noch: So wie es aussieht, werden wir die Saison sogar hinter den Ziegen beenden.
Eine verlorene Saison also? Mitnichten. Was einen nicht umbringt,
macht einen nur stärker, heißt es ja. Und das Stahlbad, was die Spieler durch die Reifeprüfung in der Champions League (trotz der großen Krise im Herbst), das Erreichen des Halbfinales im DfB-Pokal und des Achtelfinales in der Euro League - begleitet von bisher beispiellosem Verletzungspech - durchschritten haben, hat die Mannschaft reifen lassen. Auch trotz oder wegen der Enttäuschungen, die diese Saison letztlich zu einer "Unvollendeten" werden lassen.
Schade ist, dass Borussia diese Erfahrungen kommende Saison nun nicht im Vergleich mit internationalen Gegnern einbringen kann. Deshalb verstehe ich auch nicht so recht die vielfach geäußerte Meinung, dass ein Jahr ohne Europa dem Verein vielleicht sogar gut tun könnte. Möglicherweise beruhigt sich der Fanzwist etwas, wenn es nicht mehr gegen Barcelona und Co. geht und der Alltag den einen oder anderen Glamour-Fan wegbleiben lässt.
Doch für die Entwicklung des Kaders ist die fehlende Herausforderung gleich aus mehreren Gründen schlecht. Zum einen, weil die Duelle auf internationalem Niveau jeden Spieler besser machen. Dann, weil der Kader zu ausgeglichen besetzt ist, als dass man ausschließlich mit Ligaspielen alle Spieler zufrieden stellen kann. Es wird Verlierer im Kader geben, weil es keiner so großen Rotation mehr bedarf.
Und zum anderen wird es ohne das Argument "Europa" deutlich schwieriger werden, Spieler nach Mönchengladbach zu locken, die die Mannschaft nochmal ein Stück besser machen würden. Andererseits bleibt die Hoffnung, dass sich die Mannschaft ohne Dreifachbelastung in der Bundesliga diesmal von vornherein besser verkaufen kann und nicht wieder (wie in den vergangenen beiden Saisons) aus der Defensive eines verpatzten Starts heraus eine Aufholjagd starten und den Konkurrenten bis zuletzt hinterherhecheln muss. Warten wir es ab, wir können es eh nicht beeinflussen.
Das alles ist aber Zukunftsmusik, zumal die letzte Partie noch nicht gespielt ist. Aber bevor man sich der Ernüchterung der letzten Wochen ergibt, sollte eins nicht unter den Tisch fallen: Der VfL hat auch viel erreicht in dieser Saison.
Die Pokalwettbewerbe waren Highlights, Halbfinale und Achtelfinale hat Borussia in den besagten Wettbewerben seit längerem nicht mehr erreicht. Die Partien in Glasgow und Florenz zählen zu den Gänsehautmomenten, zu den Spielen mit Legenden-Potenzial.
Das Scheitern in beiden Wettbewerben war borussia-tragisch, die Duelle mit Barcelona und Man City im Borussia Park waren besondere Erlebnisse. Und die Aufholjagd nach der Hinrunde mit einem vorderen Platz in der Rückrundentabelle einmal mehr beeindruckend, ganz abgesehen von der in vielen Jahren nicht mehr erreichten Bilanz in Auswärtsspielen unter Dieter Hecking.
Also, der VfL hat die Kurve gekriegt, ist trotz der schwachen Ausgangsposition zu Jahresbeginn nicht mehr in die Bredouille gekommen und beendet die Saison anständig, wenn auch nicht herausragend. Das alles sollte man über den Rückschlägen und dem Ärger in den vergangenen Wochen nicht vergessen. Und deshalb der Mannschaft zum Abschluss gegen Darmstadt nochmal die Unterstützung zukommen lassen, die sie sich redlich verdient hat.
Bundesliga 2016/17, 33. Spieltag (14.5.17): VfL Wolfsburg - Borussia
Mönchengladbach 1:1 (Tor für Borussia: 0:1 Vestergaard)
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