2020-02-16

Aus den Klammergriffen befreit

Herrlich! Nach der ätzenden Spielpause durch das vom Sturm abgeblasene Derby hat der VfL heute in Düsseldorf gezeigt, dass er dadurch jedenfalls nicht an Griffigkeit verloren hat. Am Ende hat sich die Mannschaft gekonnt aus den fortgesetzten Klammergriffen des Gegners befreit. Aber dazu später mehr.

Sicher, die erste Hälfte war verhalten, mit einigen grandiosen Ausreißern in der Offensive wie beim Führungstreffer und dem wegen Abseits nicht anerkannten Treffer von Hofmann. Schon da waren einige tolle Angriffe dabei, die stets über den blendend aufgelegten Marcus Thuram eingefädelt wurden. Allerdings gab es auch einige Unsicherheiten und ein paar ärgerliche Aussetzer in der Verteidigung zu beobachten, von denen eine dann auch zum unnötigen, aber zwischenzeitlich nicht unverdienten Ausgleich führten.

Dass es in der zweiten Hälfte deutlich besser lief, lag an einer folgerichtigen taktischen Umstellung, die das Trainerteam von Anfang an als Option einbezogen hatte. Das war an der Personalie Strobl erkennbar, der ja sowohl in der Innenverteidigung als auch im zentralen Mittelfeld einsetzbar, also auch innerhalb des Spiel "verschiebbar" ist. 
Strobl startete als Mittelmann einer Dreierkette mit Ginter und Elvedi, doch dieses Trio wurde von Fortuna zu oft in Eins-gegen-Eins-Situationen gezwungen, weil die sehr hoch postierten Außenspieler Lainer und Wendt so schnell zu überspielen waren und Düsseldorf aus diesem Halbfeld heraus immer wieder mit Flanken gefährliche Strafraum-Zweikämpfe herausforderte, bei denen Borussias Defensive nicht immer sattelfest wirkte. 
Ob das auf Dauer gutgegangen wäre, war fraglich, zumal die zentralen Mittelfeldstrategen des Gegners - Berisha und Stöger - bis dahin sehr geschickt agierten.
Verständlich war, dass Rose nicht wieder - wie gegen Leipzig - den deutlich schnelleren Denis Zakaria in der Abwehr binden wollte. Strobl hatte allerdings sichtlich Mühe, das Tempo in Sprints gegen schnelle Stürmer wie Ampomah zu halten.
Also war es ein logischer Schritt, zur Pause auf Viererkette und eine Doppelsechs mit Strobl und Zakaria umzustellen. Das ergab im Mittelfeld ein Übergewicht und mehr Freiraum für Flo Neuhaus und Jonas Hofmann. Außerdem konnte Stindl weiter vorne auch den tapferen Alleinunterhalter Thuram etwas entlasten.

Das taktische Manöver zahlte sich schnell aus, mit dem feinen 2:1, das Thuram in der 51. Spielminute seinem Kapitän auf dem Silbertablett servierte. Der Franzose und Neuhaus hätten dann früh den Deckel drauf machen können, doch bis zum erlösenden 3:1 dauerte es noch etwas länger. Düsseldorf stabilisierte sich etwas, dem VfL fehlte wiederum der letzte Biss, um den durchaus anfälligen Defensivverbund früher entscheidend auseinanderzunehmen. Das gelang später besser, als dann endlich das dritte Tor gefallen war. Und das führte letztlich zu dem hochverdienten Sieg, dessen Höhe mit 4:1 auch in Ordnung war.

Alles in Ordnung also, wenn man das Sportliche betrachtet. Mit einem Spiel im Rückstand liegt Gladbach in Reichweite der Tabellenspitze, und heute bewies die Rose-Elf einmal mehr, dass sie auch mit dem Favoritendruck im Spiel gut umgehen kann. Dass sie taktisch flexibel ist, das wussten wir auch schon, aber wie souverän sie letztlich den Sieg eingespielt hat, war sehenswert - vor allem nach einer ersten Halbzeit, bei der noch nicht alles rund lief. Das gibt ein gutes Gefühl für das letzte Saisondrittel, das bald anbricht.

Damit wäre ich beim wöchentlich grüßenden Murmeltier angekommen, das selbstverständlich mit Respekt zu behandeln ist, und das seit Jahresbeginn bekanntlich noch ein bisschen mehr. Ich kann das heute angesichts des Endergebnisses etwas gelassener sehen als noch vor zwei Wochen.
Allerdings fällt es mir zunehmend schwer, die neue "Linie" der Schiedsrichter ernstzunehmen. Was in Leipzig geschehen ist, weiß mittlerweile jeder. Und ich würde meinen Mund halten, wenn die Erziehungsbemühungen der Bundesligaschiedsrichter seitdem auch nur ansatzweise ähnlich ausgefallen wären. 
Aber nichts da, es wird offensichtlichst mit verschiedenem Maß gemessen. Pech, dass ausgerechnet an Plea ein Exempel statuiert wurde. Gut, auch das muss ich hinnehmen.
Aber dass der heutige Schiedsrichter seine eigene schwache Leistung in einem relativ unproblematischen Spiel auch wieder mit einer albernen Verwarnung gegen einen Gladbacher Stürmer zu kaschieren versucht, ist schwer zu verdauen.

Daniel Siebert hatte das ganze Spiel über immer die Augen zu, wenn sich Düsseldorfer Spieler an Thurams Trikot hängten, klammerten, ihn festhielten oder umrissen. Es war vor allem in der ersten Hälfte ein unsägliches Geklammere und Trikotgezerre von Düsseldorfer Seite. Siebert lag mehrfach krass falsch bei seinen Foulbewertungen - so auch in der Szene, als sich dann auch der besonnene Tikus mal etwas sichtbarer beschwerte, über ein gegen ihn gepfiffenes (Nicht-)Foul - und das zu Recht. Und dafür kassierte er (wie Plea) die Gelbe Karte, nachdem ihm Siebert 1,2,3,4mal - ja was eigentlich? seine Vergehen vorgezählt hatte. Egal ob nun wegen Reklamierens oder wegen angeblicher Fouls - beides wäre unangemessen gewesen.

Richtig ärgerlich wird so eine Karte dann, wenn man sie mit dem vergleicht, was auf der anderen Seite wegen Foulspiel gegeben wird. Beispiel Kaan Ayhan. Der riss Thuram bei einem Gladbacher Konter in der 67. Minute tief in der Hälfte der Borussia um, Siebert ließ Vorteil laufen, verwarnte den Spieler im Anschluss aber nicht. Keine zwei Minuten später trat Ayhan in der eigenen Hälfte den enteilenden Thuram humorlos um, ohne dass er den Ball hätte spielen können. 
Da kam selbst der Referee, der bis dahin sichtlich versucht hatte, Verwarnungen mit allen Mitteln zu vermeiden, nicht mehr um die Gelbe Karte herum. Aus meiner Sicht war diese Aktion schon dunkelgelb eingefärbt, weil der Düsseldorfer keinerlei Chance auf den Ball hatte und Thuram weit außen, aber allein auf das Tor zugelaufen wäre. In jedem Fall hätte Ayhan da aber mit Gelb-Rot vom Platz gemusst. Zumal er schon in der 48. Minute im Stile eines Footballers mit beiden Armen hinter Thuram hergesprungen war, um ihn zu Fall zu bringen, allerdings vergeblich. 

Zweites Beispiel: Jörgensen (Zanka). Der hätte natürlich auch schon viel früher Gelb sehen können, nein müssen. Vielleicht wäre es nicht uninteressant, wenn sich das Sportgericht auch nochmal die Szene in der 32. Minute anschauen würde, wo Thuram erst über mehrere Sekunden festgehalten wird und dann an der Torauslinie zu Boden geht, was den Sportskameraden der Düsseldorfer so erzürnt, dass er sich zum am Boden liegenden Gladbacher wendet und, so sieht es zumindest aus, in seine Richtung spuckt. 
Immerhin, in der 90. Minute war es dann aber endlich so weit. "Zanka" hielt Embolo am Strafraum fest, was Siebert auch ahndete. Statt Gelb wäre hier allerdings Rot die bessere Entscheidung gewesen, weil Embolo allein vor dem Torwart gestanden hätte, den Ball zwar nicht unter Kontrolle hatte, aber doch in klarer Schussweite.
So endete das Spiel nach Gelben Karten unentschieden, was einigermaßen lächerlich ist. Wobei Gladbachs zweite Karte gegen Stindl ebenfalls der verschärften Schiri-Linie folgte, aber für Ballwegschlagen in Ordnung ging.

Was folgt daraus? Keiner weiß es. Nachdem ich mir in Sachen Plea über Tage auch in diversen sozialen Medien den Kopf heißgeredet hatte, wollte ich eigentlich wieder zum Kern des Spiels zurückkehren. Wie ihr seht, gelingt es mir nur mäßig, weil ich diese Ungleichbehandlung nicht akzeptieren kann. Ändern kann ich es aber auch nicht. Also hilft nur, sich noch mehr auf die Leistung von Borussia zu fokussieren und zu hoffen, dass der nächste Schiri besser hinschaut und sich nicht wieder auf überflüssige Erziehungs-Spielchen einlässt wie die Herren Stieler und Siebert. Immerhin: Die Mannschaft hat sich dadurch weder in Leipzig noch in Düsseldorf aus dem Konzept bringen lassen. Und das zeigt auch die Reife und die Klasse des Teams um Yann Sommer. Das lässt hoffen. 
    
Bundesliga 2019/20, 22. Spieltag: Fortuna Düsseldorf - Borussia  Mönchengladbach 1:4 (Tore für Borussia: 0:1 Hofmann, 1:2 Stindl, 1:3 Stindl, 1:4 Neuhaus)

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