2020-07-07

Kein Papperlapapp

Blick in Block 14. Da bin auch ich irgendwo. (Foto: Fanprojekt FPMG)

Die Spiele mit unseren Papp-Vertretern im Borussia Park sind vorbei, vielleicht war die Kulisse vom Hertha-Spiel sogar schon der Abgesang für die stillen Doppelgänger. Was zu begrüßen wäre, wenn wieder alle Fans ins Stadion dürften. 
Aber da ich über dieses Thema so viel gelesen habe, was mich auf die Gladbacher Fanfamilie stolz macht - aber auch zu Beginn vieles, was am Thema vorbeiging, selbst aus dem eigenen Fanlager, will ich in meiner Rückblende in die Saison als erstes dazu noch ein paar Zeilen schreiben. Denn diese Aktion war eine wichtige, und eine, die Borussia von anderen Vereinen unterscheidet.

Vorweg: Ich bin auch dabei - in Block 14, ganz oben. Und auch noch ein zweites Mal (gewünscht hatte ich mir Block 2 in der Süd (damit ich mal alle Tore eines Spiels aus nächster Nähe sehen kann😉). Aber woanders ist es auch schön. Gefunden habe ich meine Nummer 2 bisher allerdings noch nicht.

Dass ich da gern mitgemacht habe, hat folgende Gründe:

1) der gute Zweck: Von den 19 Euro gehen 2,50 Euro an das Fanprojekt (FPMG) und stützen damit die Jobs der dortigen Mitarbeiter. 2 Euro gehen an die FPMG-Aktion "Borussen helfen Borussen" und noch mal 2 Euro gehen an die Borussia-Stiftung. Die lokalen Firmen, die die Pappkameraden herstellen, profitieren ebenfalls von der Aktion. Vor einigen Wochen hat das Fanprojekt schon mal vorgestellt, was sie aus den ersten Bestellungen (rechnerisch damals knapp 7000) bereits an Spendengeldern übergeben haben:
20 000 Euro an die Borussia-Stiftung
10 000 Euro an Nordkurve Aktiv
10 000 Euro an die Aktion „Support your local heroes“ in Mönchengladbach
 5 000 Euro für die FPMG-Spendensammlung „Borussen helfen Borussen!“

Rechnet man diese 6,50 Euro pro Pappe mal auf den letzten Stand von deutlich über 20 000 Bestellungen hoch, ergibt sich ein Spenden-Betrag von ingesamt mindestens 130 000 Euro. Allein deshalb, finde ich, hat sich das Ganze doch schon gelohnt.

2) weil es eine Fan-Idee ist, keine Vereins-PR: Solche irren Ideen entstehen ja meist im Spaß, aus einer Bierlaune heraus. Wenn die Geschichte stimmt, die Sport1 über Ingo Müller erzählt, der das Ganze zusammen mit dem Fanprojekt realisiert hat, war es auch hier ganz ähnlich: aus dem Frust der Spielabsagen heraus ein flotter Spruch der Ehefrau über Fotos, die man im Stadion aufstellen könnte. Der Rest der Geschichte ist im Stadion zu besichtigen. 
Dass sich auch viele Prominente, Spieler, Trainer und Ex-Stars der Borussia ihren Platz gesichert haben, ändert an der Aussage der Aktion nichts - hier kommt etwas von Fans, für Fans und für das Team. Und alle gemeinsam setzen ein Zeichen gegen die Trostlosigkeit der Situation, wo Bundesligsspiele mit der Geräuschkulisse eines B-Liga-Testspiels über die Bühne gehen müssen.

3) weil es eine Riesenleistung ist: Es gibt eine Reihe von Vereinen, wo so etwas die professionelle Klatschpappen-Abteilung der PR-Abteilung organisieren und umsetzen müsste. Bei Borussia gibt es die Strukturen der professionellen Fanarbeit und jede Menge Freiwillige, die in den vergangenen Wochen dafür gesorgt haben, dass zum Leverkusen-Spiel schon 14 000 Papp-Fans ihren Platz im Stadion gefunden hatten. Zum letzten Heimspiel waren es dann weit über 20 000 Stück, die ihren Platz im Park gefunden haben. Auch darauf kann und sollten wir stolz sein. Danke für diesen Einsatz!   

4) weil es ein Mahnmal ist und keinerlei Ersatz für Fans im Stadion: Eins der größten Missverständnisse betrifft aus meiner Sicht die Funktion der Pappkameraden. Die machen ja auch keine Stimmung, so manche kritische Stimme. Doch genau darum geht es ja. Ein Solidaritätsbeweis an die Mannschaft, kein Ersatz für echte "Schlachtenbummler" im Stadion. Keine künstliche Bühne mit aus der Konserve eingespielten Sprechchören, wie es unsinnigerweise Sky auf einer extra Tonspur angeboten hat. An so etwas beteiligt sich niemand  der vielen Tausend, die sich als Abbild auf die Rängen haben stellen lassen. Wir Fans gaukeln niemandem etwas vor, was es nicht gibt. Wir symbolisieren nur die traurige Realität. Wir würden gerne schreien, unser Team anfeuern - aber wir dürfen es nicht. Dennoch sind wir "irgendwie" mit dabei.

5) Weil es für Borussia als Gemeinschaft steht: Das wird eben auch außerhalb des VfL wahrgenommen. Nicht nur die Idee, die auch international ein großes Medienecho gefunden hat und inzwischen diverse Nachahmer. Sondern auch die anständige Art, wie man bei Borussia und im Umfeld miteinander umgeht (von wenigen Ausnahmen mal abgesehen). Die Fan-Idee der Pappkameraden ist nur ein Puzzlestück im Bild, das der Verein in der Öffentlichkeit abgibt. 
Aber vielleicht ist es ein Puzzlestück, das dazu beiträgt, dass sich ein gefragter Spieler mal doch für Borussia und gegen einen anderen Verein entscheidet. Wenn man hört, dass es bei Spielern wie Bensebaini und Thuram schon ziemlich Eindruck gemacht hat, dass beim Auftauchen erster Wechselgerüchte plötzlich ganz viele Gladbachfans die Instagram-Accounts der Spieler mit freundlichen Nachrichten überfluteten - dann sollte der Borussia Park in der Corona-Version jedenfalls künftig kein Nachteil sein.

Also: Hoffen wir, dass wir die Pappfiguren bald nicht mehr brauchen und uns ihren Platz im Stadion zurückholen können. Aber bis dahin sollen sie bitte über Borussia wachen - in unserem Namen! 


Wirkt - auch im Fernsehen. Screenshot (Ausschnitt von Sky): Michael Agricola

Wer sich für den Fortgang der Aktion interessiert, kann sich hier informieren:

Fanprojekt Mönchengladbach

Hier gibt's die Bilder aus den Blöcken



1 Kommentar:

  1. Meine vollste Zustimmung zu diesem Artikel!
    Und gerade bei Punkt 1 (bin selbst auch auf den Rängen dabei, weiß allerdings nicht, wo) und Punkt 4 trifft er besonders meine Überzeugung!
    Danke mal auf diesem Weg für die immer treffenden Worte in diesem hervorragenden Blog, DANKE!
    Grüße aus Düsseldorf
    Elke

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