Es bleibt verhext. Auch beim zweiten Auftritt im neuen Freiburger Stadion wurde es nichts damit, den 20 Jahre alten Breisgau-Fluch zu brechen. Gewinnen ist irgendwie dort für Borussia nicht drin. Ist das ein Grund zur Enttäuschung? Prinzipiell ja, heute aber nicht.
Denn die Mannschaft um Neuzugang Julian Weigl zeigte eine couragierte Leistung, sie zeigte ein Spiel ohne große individuelle Fehler, und sie hielt den Gegner bis auf wenige Ausnahmen so weit weg vom Tor, dass Yann Sommer heute für seine zweite "weiße Weste" dieser Saison eine ganz normale Leistung genügte.
Warum das erwähnenswert ist, zeigt ein Blick auf die Aufstellung in der Defensive. Hier bildeten der gelernte Sechser Chris Kramer und Marvin Friedrich, der in dieser Saison bislang auf insgesamt 70 Minuten Spielpraxis kam, das Not-Innenverteidigerpärchen. Itakura rotgesperrt, Elvedi und dann auch Jantschke verletzt, Beyer in letzter Minute verliehen und Doucouré keine Alternative - gegen den bisherigen Tabellenführer war das das letzte Aufgebot auf diesen Positionen, zumindest wenn man Ramy Bensebaini auf seiner angestammten linken Seite lassen wollte, was sich als gute Wahl herausstellte - sowohl offensiv als auch defensiv.
Eine gute Stunde lang gelang es dem VfL sogar, die klar höhere Ballbesitzquote zu behaupten und stellten den Gegner damit mehr vor Probleme als gedacht. Denn im Ballbesitz war Borussia zwar häufig darauf bedacht, den Ball sicher in den eigenen Reihen, heißt auch oft in der eigenen Hälfte kreisen zu lassen. Aber zugleich fehlte der Streich-Elf der Zugriff, und immer wieder gelang es Farkes Schützlingen, Nadelstiche nach vorne zu setzen. Da machte es sich umgekehrt bezahlt, in Kramer eben auch einen spielstarken Mann in der letzten Reihe zu haben. Der Weltmeister von 2014 machte jedenfalls, wie schon gegen Mainz ein richtig gutes Spiel.
Hätte es auf dem Weg nach vorne nicht so viele unsaubere Anspiele gegeben, und hätte Marcus Thuram sich in mancher Szene weniger auf sich selbst verlassen als einen besser postierten Mitspieler zu suchen, dann wäre heute sicher noch mehr drin gewesen. Gerade in der ersten Hälfte waren da ein paar sehr gute Chancen dabei bzw. es hätten bessere daraus werden können. Doch Thuram (der einmal mit einer ziemlich peinlichen Schauspieleinlage auffiel, als er so tat, als wäre er von Ginters hohem Bein im Gesicht getroffen worden), Jonas Hofmann oder Florian Neuhaus harmonierten nicht soo gut in diesem Spiel, auch Lars Stindl lief trotz allem Eifer ziemlich viel ins Leere.
Nach Neuhaus' verletzungsbegingtem Ausscheiden hätte es Neuzugang Nathan Ngoumou besser machen können, doch er fand genausowenig Bindung, hatte allerdings auch kaum mal die Chance, seine Schnelligkeit auszuspielen.
Bitter für ihn, dass er kurz vor Schluss dann wieder Hannes Wolf weichen musste, doch er wird es verkraften. Denn diese Auswechslung ging sicher nicht gegen ihn, sondern sollte helfen, mit einem defensiv erfahreneren Spieler das Remis über die Zeit zu bringen. Diese Aufgabe erfüllte Wolf wie schon gegen die Bayern mit gutem Einsatz und griffiger Zweikampfführung, sodass ich finde, dass er sich durchaus auch mal wieder eine längere Einwechselphase verdient hätte.
Insgesamt lässt sich mit dem Ergebnis gut leben, auch wenn man mit zwei Punkten aus drei Spielen etwas auf der Stelle tritt. Da zwei der drei Spiele gegen die Bayern und gegen Freiburg waren, tut die knappe Niederlage gegen Mainz umso mehr weh.
Aber letztlich spiegeln die Zahlen das wieder, was Borussia in den ersten sechs Spielen gezeigt hat. Sie ist auch unter Druck bereits eine sehr stabile Mannschaft geworden, die trotz vieler personeller Ausfälle auch in heißen Phasen kühlen Kopf bewahrt. Lohn sind erst 5 Gegentore, damit steht man mit Freiburg und Bayern und hinter Union ziemlich weit vorne in der Wertung.
Vorne sind es eben aber auch nur 7 eigene Tore, von denen drei am ersten Spieltag fielen. Das ist im Ligavergleich unterdurchschnittlich. Gibt unter dem Strich Platz 8, aber mit Tuchfühlung bis Platz 3.
Warum man derzeit die Spiele mit Optimismus und ohne Bauchschmerzen angehen kann, liegt auch daran, dass Thuram und Co sich eigentlich genügend Chancen erspielen, auch wenn sie im Spiel bisweilen unter Druck geraten. Die eigenen Chancen sind da, es werden nur zu wenige genutzt.
Das kann sich von Spiel zu Spiel ändern, wie wir wissen. Natürlich fehlt Plea da, Kapitän Stindl ist noch nicht wieder bei 100 Prozent, Hofmann ist nicht ganz so effektiv wie sonst und Neuhaus fremdelt noch etwas mit der Rolle hinter der Spitze. Gerade zwischen ihm und Thuram gab es auch heute wieder einige Abstimmungsprobleme. Aber das ist nichts, was sich nicht von Trainingswoche zu Trainingswoche verbessern ließe.
Also: Weiter geht's! Die Motivation für diese Trainingswoche sollte ja von allein kommen. Schließlich geht es am Samstagabend nicht nur gegen das hässliche Konstrukt namens RB, sondern zugleich gegen den neuen Arbeitgeber des nicht mehr wohlgelittenen Ex-Trainers und vermutlich den baldigen Arbeitgeber des früheren, noch immer weit wohlgelitteneren Managers. Es wird ein heißer Tanz im Borussia Park werden. Vielleicht ganz gut, dass wir Lieblings-Schiri Tobias Stieler dann schon heute hatten und nicht erst da.
In dieser Hinsicht habe ich heute wenigstens nichts ganz Schwerwiegendes gegen den Referee vorzubringen. Klar, etwas einseitig pro Freiburg fand ich ihn auch diesmal, aber da war nichts dabei, was das Spiel dramatisch beeinflusst hätte. Bis auf die 30. Minute vielleicht. Da hätte aus meiner Sicht der VAR wach sein müssen. Wenn ein Angreifer im Strafraum getroffen wird und nicht der Ball, gibt es laut Regel Elfmeter. Dass Bensebaini nach seinem spektakulären, aber abgeblockten Schuss am Fünfmeterraum im Getümmel danach den Ball spielt und klar am Fuß getroffen wird, war genau so eine Szene. Glasklar.
Dass der Schiri das auf dem Platz anders wahrnimmt - ok. Aber da es schon so viele mit detektivischem Eifer bewiesene Foulelfmeter wegen weniger Berührung gegeben hat, frage ich mich natürlich wieder einmal: Warum bei Gladbach nicht? Aber ich gebe zu, es war eine unübersichtliche Szene, wo mehrere Spieler zu Boden gingen. Möglicherweise wäre auch vorher noch etwas Ahndenswertes gegen Gladbach aufgefallen.
Gleich nach dieser Szene gab es dann einen (von mehreren) krassen Fehlern in der Zweikampfbewertung durch Stieler, diesmal allerdings mit ernsten Konsequenzen. Der Zusammenprall von Neuhaus mit Daniel-Kofi Kyereh war kein unglücklicher Zweikampf, sondern ein rüdes Foul. Stieler ließ stattdessen aber erstmal den Konter ungerührt laufen, obwohl sich hinter ihm insgesamt vier Spieler am Boden krümmten.
Letztlich traf es Neuhaus vermutlich am härtesten, es scheint sich um eine Kreuzbandverletzung zu handeln, was wirklich bitter wäre. Allerdings war das nun nicht Stielers Schuld und auch anschließend blieb das Spiel trotz harter Zweikämpfe im Rahmen. Das half Stieler sicher. Ich schreibe es aber eher den beiden Teams zu, denn beide wollten heute vor allem Fußball spielen, anders als etwa die Mainzer vor einer Woche. Und das, gebe ich zu, hat mir dann heute auch den späten Nachmittag etwas leichter gemacht.
Saison 2022/23, Bundesliga, 6. Spieltag: SC Freiburg - Borussia Mönchengladbach 0:0.
Das zweite Zu-Null der Saison, leider auch vorne. Damit kommt heute nur ein Euro dazu, also sind es jetzt 28.
Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
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