Die Saison ist schon eine Weile durch, aber eins bin ich noch schuldig: die Einlösung meiner Saisonspende. Glatte 120 Euro sind es geworden - wer nochmal nachlesen will, wofür ich pro Spieltag kleine Geldsümmchen ausgesetzt habe, kann dies unten im Kleingedruckten tun.
In den beiden Jahren zuvor war die "Performance" der Borussia in dieser Hinsicht besser, das muss man ja schon sagen. Da waren es 142,50 beziehungsweise 137 Euro, die ich jeweils auf 150 Euro aufgerundet habe. Wie ich schon angekündigt habe, tue ich das auch diesmal, es geht schließlich um die Sache.
Wie verwende ich diese Summe? Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht, weil ich gern mehrere Organisationen unterstützen möchte. Durch aus meiner Sicht sehr unangenehme Entwicklungen außerhalb des Sports fällt das Ergebnis meiner Überlegungen und meine Unterstützung in diesem Jahr "deutlich politischer" aus als in den Jahren zuvor. Ich begründe meine Spenden. Das wird mancher nachvollziehen können oder gut finden, manch anderer nicht.
Wem es nicht gefällt, der muss die Inhalte nicht teilen, es nicht einmal lesen. Wenn es andere zum Nachdenken anregt, und vielleicht zu ganz anderen Schlussfolgerungen führt, ist das für mich auch fein. Nur: Respektiert meine Argumentation, respektiert andere. Und verschwendet nicht unser aller Zeit mit Whataboutism. Grundsatzdiskussionen will und werde ich nicht führen.
Das hier sind die Empfänger meiner Saisonspende in diesem Jahr:
50 Euro für das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe, Nothilfe Ukraine: Die Folgen des Krieges in der Ukraine und des Dammbruchs am Dnipro sind verheerend. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, dass ich einen kleinen Beitrag zur Soforthilfe leisten will. Ich spende zwar lieber direkt an kleine Organisationen, aber dort habe ich darüber im Moment nicht genug Informationen zu seriösen Projekten und effektiver Hilfe. Wer etwas empfehlen kann, gern. Dann kann ich beim nächsten Mal vielleicht darauf zurückgreifen. Diesmal geht das Geld an das Aktionsbündnis von Caritas, DRK, UNICEF und Diakonie.
40 Euro für Sea-Watch e.V.: Der jüngste Asylkompromiss ist aus meiner Sicht ein neuerlicher Tiefpunkt in der EU-Geschichte. Er löst kein einziges Problem in den Fluchtgebieten. Er wird den Staaten an den EU-Außengrenzen nicht gerecht. Er verrät sämtliche Werte, für die sich vor allem christlich geprägte Gesellschaften so gern selbst feiern. Feiern kann man eine solche Politik aus meiner Sicht nur dann, wenn man große Teile der Realität in der Welt einfach ausblendet und nur bis zur nächsten Hauswand blicken möchte.
Ihr hört heraus, ich bin sehr frustriert über die gesamte Entwicklung. Denn die Fluchtbewegungen werden durch die Auswirkungen des Klimawandels in den kommenden Jahren ohne Zweifel erheblich stärker werden. Und selbst wenn man an den Grenzen immer höhere Mauern baut: Das Ausgangsproblem geht nicht weg. Mit der Asylverschärfung wird es allerdings auch zunehmend schwerer werden, Menschen auf dem Mittelmeer vor dem Tod zu retten. Denn die Menschen werden trotzdem weiter in Boote steigen, risikoreichere Fluchten auf sich nehmen. Zugleich wird Helfern die Arbeit mit diesem Asylkompromiss weiter erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Solange es geht, unterstütze ich die Retter auf See daher in meinen Möglichkeiten.
25 Euro für das Frauenhaus Marburg: Toxische männliche Arschlöcher gibt es nicht nur im Showbusiness, unter Fußballprofis oder bei Rammstein. Sexualisierte Gewalt ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet, geduldet oder gar akzeptiert. Das ist in vielen Gesellschaften weit verbreitet. Es ist genauso quer durch alle Schichten unserer urdeutschen Gesellschaft vorhanden, bis heute wird es in vielen Familien anerzogen und vorgelebt. Ein bisschen Schutz für mutige Frauen, die sich aus einer solchen Partnerschaft oder Familie lösen wollen, bieten Frauenhäuser. Sie sind uneingeschränkt unterstützenswert, wenn gleich es eine Schande ist, dass es sie geben muss.
25 Euro für Hate Aid: HateAid schützt Demokratie und Meinungsfreiheit. Der Verein arbeitet dafür, dass jeder Mensch das Recht und die Möglichkeit hat, sich im Internet frei zu entfalten. Die Organisation unterstützt Opfer von Hass und Gewalt im Netz, ganz konkret durch Beratung und rechtliche Unterstützung von Betroffenen, und bei der Bekämpfung von systematischer Desinformation.
10 Euro für die "Letzte Generation": Nein, ich bin kein Klimakleber. Ich halte viele Aktionen der Letzten Generation auch nicht für zielführend und gut. Aber ich kann nachvollziehen, warum eine Gruppe vorwiegend sehr junger Menschen mehr und mehr glaubt, nur noch mit sehr drastischen Mitteln wie Farbanschlägen oder dem Lahmlegen von Straßen und damit des überwiegend fossil betriebenen Individualverkehrs, ein schnelleres Umsteuern für mehr Klimaschutz erreichen zu können. FridaysforFuture haben mit dem jahrelangen "netten Straßenprotest" zwar weltweit sehr große Aufmerksamkeit generiert, aber konkret nicht genug erreichen können.
Warum ich einen eher symbolischen Betrag für die Letzte Generation spende, hat zwei Gründe. Zum einen macht ein früherer Kollege dort mit und unterstützt damit das Engagement seiner Kinder. Dieser Mann hat sein ganzes Leben in verschiedenen Organisationen gesellschaftlich relevanten (Bürgerrechts-)Themen gewidmet. Er hat sich dabei sehr viel auch mit (zulässigem) gewaltlosem Widerstand in der Demokratie befasst.
Diese Protestform gab es immer, und es wurde von staatlicher Seite immer versucht, sie pauschal zu kriminalisieren. Der Mann, von dem ich spreche, ist kein Spinner, kein Revoluzzer, schon gar kein Terrorist. Seine Töchter sind es auch nicht. Nicht für alle in dieser Organisation kann ich das oder ihr Radikalisierungspotenzial natürlich so sicher beurteilen. Wo Straftaten geschehen und Gerichte zu entscheiden haben, ob der Protest noch zulässig war oder nicht, müssen und sollen sie das tun und zu entsprechenden Urteilen kommen.
Die pauschale Kriminalisierung dieser Bewegung aus großen Teilen unserer Politik heraus aber ist nicht akzeptabel. Genausowenig übrigens wie Selbstjustiz wildgewordener Autofahrer.
Deshalb unterstütze ich die Letzte Generation mit einer kleinen Summe. Das Geld geht aber nicht an die Aktivisten selbst für weitere Aktionen, sondern an den Umwelt-Treuhandfonds, der Kosten für juristischen Beistand bei Protestaktionen der Klima- und Umweltbewegung übernimmt.
Eins noch zum Schluss: Ich weiß, dass die Empfehlung ist, Spenden möglichst nicht in mehrere kleine Summen zu splitten. Natürlich ist es effektiver, wenn die Empfänger nicht zu viele Kleinspenden verwalten müssen. Es ist mir aber auch wichtig, mehrere Zwecke und verschiedene Organisationen zu unterstützen. Deshalb mache ich es so.
Das
galt für meine Saisonspende in der Saison 22/23: "Für jedes erzielte Tor von Borussia in
Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony
Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann
Sommer, Jonas Omlin (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1
Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder
Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger
Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am
Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50
Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro."
Lieber Michael,
AntwortenLöschenwie in jedem Jahr bin ich ganz bei Dir, was das Aufrunden angeht.
Und Deine Verteilung finde ich auch sehr gut, Hut ab für die ganzen wichtigen Projekte.
Ich spende in diesem Jahr weniger politisch, dafür umso emotionaler.
Meine Mutter ist im März verstorben und liebte das Geläut der Dorfkirche. Dies ist aber aus Statikgründen seit einiger Zeit verstummt, es brauch eine Sanierung des Glockenturms, deswegen geht meine komplette Spende in diesem Jahr an dieses Projekt.
Einen schönen Sommer und alles Liebe und gute bis zur nächsten Saison
Elke
Liebe Elke, zuerst natürlich mein Mitgefühl und mein Beileid zum Tod deiner Mutter! Ich finde, du hast eine tolle Idee gehabt und einen sehr schönen Spendenzweck gefunden. Wenn die Glocken wieder läuten, verbindet euch das weiterhin. Das finde ich einen tröstlichen Gedanken. Vielen Dank auch, dass du wieder mitgemacht hast und die Spende "mitgehst". Da erfreue ich mich jedes Jahr dran. Alles Gute, einen schönen Sommer und bis zur neuen Saison. Viele Grüße, Michael
AntwortenLöschenLieber Michael,
AntwortenLöschendanke für Deine lieben Worte.
Und ich erfreue mich nicht nur jedes Jahr, sondern jeden Spieltag und am Ende und am Anfang der Saison über Deine fundierten, wohlwollenden oder kritischen, aber nie verletzenden, sondern stets sehr respektvollen Texte. Ich bin oftmals sehr bei Dir, auch wenn ich nicht immer einen Kommentar hinterlasse.
Viele Grüße
Elke