Seit einer guten Woche ist die Bundesliga-Saison 2022/23 Geschichte. Und Borussia steht - um einige zwiespältige Erfahrungen reicher - fast wieder da, wo sie vor einem Jahr stand: zwischen allen Stühlen. Der Neustart, erst ohne Marco Rose, dann auch noch ohne Max Eberl, er will dem Verein nicht so recht gelingen.
Die Ära Farke, die den Borussia-Weg neu planieren und dessen Leitplanken neu einziehen sollte - sie endet nach einem Jahr, also genauso schnell und unbefriedigend wie die Ära Hütter. Über die Gründe will ich hier nicht viel Worte verlieren. Das haben andere schon ausgiebig getan, man kann sich stunden- oder tagelang darüber streiten, wer nun was nicht richtig gemacht hat, und wo was besser gewesen wäre. Ich persönlich habe da aber keine Lust mehr drauf, die Saison ist rum - und von meiner (vereinsfernen) Seite wäre alles, was sich nicht direkt mit der Beobachtung der Leistungen in den Spielen beschäftigt, auch mehr Spekulation als wissende Analyse.
Mir geht es mehr darum, nach vorne zu blicken, mit dem, was Borussia derzeit anbietet. Und da ist leider Stand heute noch nicht allzuviel, das hoffen lässt.
Denn am Ende dieser Saison, die mit anderen Personen, anderen fußballerischen Mitteln und anderen Nebengeräuschen nahezu das gleiche mittelmäßige Ergebnis eingebracht hat wie die davor, steht Borussia wieder am Anfang des Neuanfangs.
Der ist natürlich bei weitem nicht so dramatisch wie bei einem Team, das abgestiegen ist und erst wieder aufsteigen muss. Doch als Gladbach-Fan hat man genau dieses Szenario und die Furcht davor im Hinterkopf fest eintätowiert. Wir wissen schließlich, wo wir herkommen.
Bei uns wird sich nun ab Juli ein weiterer hochqualifizierter Übungsleiter - erwartet wird allenthalben Gerardo Seoane - an diesem Kader versuchen. Der wird diesmal immerhin schon deutlich anders aussehen als der Champions-League-Kader, den man bis in dieses Jahr hinweg noch hoffte, ab und zu im Borussia-Dress neu aufflackern zu sehen.
Aber es ist besser, sich von solchen Erwartungen für die nächste Zeit zu verabschieden. Sommer, Ginter, Zakaria, Embolo, jetzt Stindl, Thuram und Bensebaini, weitere Abgänge wie Plea, Elvedi nicht ausgeschlossen: bei diesem Aderlass verblassen die aufregenden Europapokalabende schon fast von selbst in der Erinnerung. Endlich, möchte man sagen. Denn so lässt sich leichter auch mit hakeligem Spiel und Rückschlägen umgehen.
Vorerst aber bleibt viel Ratlosigkeit, denn der wortgewaltige Trainer, von dem der neue Sportdirektor gleich so angefixt war, hätte ja eigentlich mehr Zeit und Vertrauen bekommen und eine neue Ära einleiten sollen, mit einem borussiaaffinen schönen Kombinationsfußball. Wie das aussehen sollte, konnte man immer wieder mal kurzzeitig sehen. Viel zu oft sah man aber das, was auch schon zeitweise unter Favre und Hecking die geneigte Fanseele gelangweilt und erzürnt hatte: billigen Ballbesitz mit viel Ballgeschiebe in der eigenen Hälfte und wenig Durchschlagskraft nach vorne.
Die richtige Balance für seine Fußballidee mit dem einen oder anderen neuen Spieler zu finden, das bleibt Daniel Farke nun versagt, genauso wie ein Jahr zuvor schon Adi Hütter.
Wahrscheinlich gibt es im Verein gute fachliche Gründe dafür, die nichts mit den Pfiffen im Stadion und dem Furor in sozialen Medien zu tun haben. Ich will das auch gar nicht bewerten. Ich hätte mir aber durchaus vorstellen können, dass Team und Trainer in der zweiten Saison in die Spur gefunden hätten. Insofern bedauere ich die Trennung auch eher, als dass ich sie begrüße. Allerdings: Ich kenne die gesamte Geschichte nicht und weiß daher nicht, was aus Vereinssicht sonst noch gegen Daniel Farke gesprochen haben könnte.
Für mich stellt sich nun aber grundsätzlich die Frage, wie resilient und geduldig Vereinsführung und Management wirklich sind, wenn es um den schwierigen Umbruch und Neuaufbau bei einer über die Zeit sehr in sich verwachsenen Mannschaft geht. Ein Vorhaben, das möglicherweise eben auch mal mehr als 12 Monate Zeit benötigt und das man gegenüber Fans und Öffentlichkeit eben auch gut moderieren muss.
Das hat unter beiden Trainern zuletzt gefehlt, und beide wurden am Ende ziemlich alleingelassen und teilweise sozusagen stellvertretend mit der Außenkommunikation betraut, während der Verein sich vornehm zurückhielt. Das lief insbesondere zuletzt unter Daniel Farke nicht besonders gut, wobei ihn an den Misstönen, die sich aus manchen seiner weitschweifigen Aussagen heraus entwickelten, auch nicht die alleinige Schuld trifft.
Wie dem auch sei: Viel weitergebracht haben die beiden Trainerexperimente Borussia am Ende nicht. Es bleiben viele Fragen und hohe Abfindungen für Trainer, die den ohnenhin nicht so üppigen Spielraum für die Neuentwicklung des Kaders wieder etwas einschränken.
Der notwendige personelle Umbruch, von dem seit drei Jahren gesprochen und geschrieben wird, muss nun aber wirklich kommen. Und die nächste Trainerentscheidug muss passen, sonst wird es auch für Roland Virkus ungemütlich. Doch um wirklich viel bewegen zu können und dem Team neue Qualitäten hinzufügen zu können, muss man auch einen Teil der vorhandenen Qualität zu Geld machen, etwa, indem man Manu Koné oder Lasso Plea bei anständigen Angeboten ziehen lässt.
Ob dafür adäquater Ersatz zu finden ist, ist völlig offen. Am Scouting sollte es eigentlich nicht liegen, wohl aber an Konkurrenz, die bessere Perspektiven zu bieten hat - und an der Frage, wer wann als Trainer feststeht.
Viel mehr lässt sich jetzt nicht seriös sagen. Erst, wenn Trainer und und mehr Zugänge bekannt sind, lässt sich damit so etwas wie Aufbruchsstimmung erzeugen. Die Grundlagen sind da: Mit Omlin, Itakura, Weigl, Neuhaus und Hofmann ist - Stand heute - eine Achse da, an der die neue Borussia sich ausrichten ließe. Der Rest ist gutes Scouting, Überzeugungskraft und Verhandlungsgeschick.
Und vielleicht lässt sich dann in einem Jahr sagen, dass der Umbruch funktioniert. Aber bis dahin braucht es von uns Fans noch viel Vertrauen und Geduld.
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