2017-08-21

Von Null auf Hundert

Wer hätte das gedacht! Borussia Mönchengladbach hat das erste Saisonziel bereits am ersten Spieltag erreicht: Derbysieg und in der Tabelle wieder vor dem 1. FC. K***.
Ok, das heißt noch nichts für den Verlauf der neuen Saison. Dennoch gibt es nicht viel, was heute die Freude über den gelungenen Saisonstart trüben könnte. Der VfL erntete hochverdiente drei Punkte, das Ergebnis drückt die Überlegenheit gegenüber dem Erzrivalen aus der Domstadt nur unzureichend aus.
Was Lars Stindl und seine Kollegen "von Null auf Hundert" auf den Rasen brachten, war eindrucksvoll. Den Gegner über 70 Minuten völlig beherrscht, ein Dutzend erstklassiger Torchancen erspielt und am Ende auch mit Glück und imposanter Kampfkraft den knappen Vorsprung verteidigt. Das war nach dem unglücklichen Saisonausklang und der sichtbaren Schwächen in der Vorbereitung und im Pokal so nicht zu erwarten. Zu den Abstrichen, die man an der Gesamtleistung machen kann, komme ich etwas später.

An der Basis dieses Prestigeerfolgs stand eine bärenstarke Mannschaftsleistung, in der wirklich niemand abfiel. Die Viererkette glänzte mit kompromisslosen Zweikämpfern, die sich dem brachialen Sturmtank Cordoba erfolgreich entgegenstemmten und auch die Kölner Außen Risse und Bittencourt gut im Griff hatten. In Ginter und Vestergaard standen vor dem aufmerksamen Yann Sommer auch zwei sichere Aufbauspieler, die das Tempo und die Schärfe in den Pässen diesmal auch konsequent hoch hielten und so die FC-Spieler richtig ins Laufen brachten. 
Denis Zakaria und Christoph Kramer zeigten ein absolut abgebrühtes Doppelspiel im zentralen Mittelfeld, verdichteten die Räume, liefen Bälle ab und kurbelten nach vorne an. Besonders Zakaria hat schnell gelernt. Er leistete sich zwar wieder zwei, drei gefährliche Ballverluste, ging aber insgesamt sehr clever zu Werke und setzt gute Akzente in der gegnerischen Hälfte.  
Die Außenspieler waren defensiv wie offensiv ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg, weil auch hier stets mit Tempo agiert wurde und eben nicht, wie so oft zuvor, zu schnell abgebrochen und der Rückwärtsgang eingelegt wurde. Das quirlige und variable Spiel vor allem in der ersten Hälfte machte die Gäste mürbe und zeigte ihnen am diesem Tag die Grenzen auf. 
Natürlich ragte Torschütze Elvedi mit seinen unermüdlichen Läufen heraus, genauso wie die wie aufgedreht agierenden Traoré und Hazard. Doch auch Oscar Wendt stand viel stabiler als zuletzt, ließ sich einmal aber übel düpieren.
Raffael schaltete im Vergleich zu den Spielen zuvor gleich mehrere Gänge hoch, Stindl ist mit seiner Präsenz, Giftigkeit und Zielstrebigkeit als Verbindungsspieler nahezu unersetzlich. 

Alles sehr ansprechend also. Bis auf eins: Die Abschlussschwäche aus der letzten Saison ist offensichtlich in den Trikots hängengeblieben. Und nur deshalb können sich die Kölner einbilden, sie hätten tatsächlich heute einen Punkt mitnehmen können. Verdient wäre das natürlich nicht gewesen, noch weniger vielleicht als das glückliche 2:1 im Hinspiel der vergangenen Saison. Doch wenn der kantige Cordoba bei seinen neun Torschüssen nur einmal getroffen hätte, hätten wir gleich wieder eine andere Diskussion gehabt.

Bei der Effektivität vor dem Tor wird Dieter Hecking kaum im Training ansetzen können. Sein Augenmerk wird allerdings auf dem Gladbacher Spiel nach der Führung liegen, als sich der VfL zu tief in die eigene Hälfte zurückzog und den Gästen zu viele Torgelegenheiten erlaubte. Sofern man die sich bietenden Konter verwertet, kann auch das ein gutes Rezept sein. Doch gestern zeigte sich einmal mehr, dass man
sich auf das erlösende zweite Tor bei Borussia nicht verlassen kann. Und damit kann die ganze Brillanz des spielerischen Auftritts ganz schnell in Ernüchterung umschlagen. 
Aber noch einmal:  Das sind Dinge, die man heute anmerken kann, aber nicht bekritteln sollte. Eine Topleistung in einem Derby quasi im Kaltstart-Modus am 1. Spieltag - da muss man auch die Kirche im Dorf lassen. Was ich mir aber auf jeden Fall wünsche ist, dass die Mannschaft den Einsatz von gestern auch gegen andere Gegner auf den Platz bringt. Aber da bin ich eigentlich ganz optimistisch.

Am Rande: Noch etwas anderes Negatives hat sich in die neue Saison gerettet - die Benachteiligung Borussias bei gelben Karten. Zakaria sah die Karte früh für ein risikoreiches, aber blitzsauberes Tackling, bei dem der Ball klar getroffen wurde. Es war überhaupt sein erstes "Foul" im Spiel. Das hätte später leicht zu Gelb-Rot und einer klaren Beeinflussung des Spiels durch den Schiri führen können. Und in diesem Fall bringt natürlich auch ein Videobeweis keine Gerechtigkeit im Spiel. Auch die Gelbe Karte, die Deniz Aytekin wegen Zeitspiels gegen Yann Sommer verhängte, war ein Witz. Das führt am Ende dazu, dass Gladbach wieder einmal mehr Verwarnungen kassierte als der Gegner - was den Spielverlauf und die Zweikampfführung in keiner Weise widerspiegelt. Heute hat das noch keine Auswirkung - aber es wird früher oder später zu Sperren führen.

Zum Abschluss noch etwas Positives, weil man nicht darüber sprechen muss. Das Hochrisikospiel kam ohne negative Schlagzeilen aus, der Pyroeinsatz im K***er Block und die Randale im Zug waren wohl die einzigen derartigen Randerscheinungen. 
Und die Stimmung im Stadion habe ich am Fernseher wieder so wahrgenommen, wie sie sein muss: Bedingungsloser Support und alle gemeinsam für Borussia. Angesichts dessen kann ich mich auch wieder richtig auf die Saison freuen. Der Grundstein ist gelegt. Machen wir was draus!

Bundesliga, Saison 2017/18, 1. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - 1. FC K*** 1:0 (Tor für Borussia: 1:0 Elvedi)

3 Kommentare:

  1. Dieser Meinung kann ich mich nur anschließen. Zakaria hat sich in der Tat einige - wenige - Böcke erlaubt, die allerdings keine Folgen hatten (glücklicherweise). Allerdings gehört dies für mich noch unter die Rubrik "Welpenschutz", denn 1. ist er noch sehr jung und 2. kommt er "nur" aus der Schweizer Liga. Ein wenig Eingewöhnungszeit muss man ihm schon geben. Ginter hat mir sehr gut gefallen, war wirklich sehr präsent und clever. Zur Gelben Karte gegen Zakaria (und auch gegen Sommer) muss ich ebenfalls sagen: Ein Witz - zumal es für das grobe Wegchecken an Ginter nur eine Ermahnung gab. Im Großen und Ganzen hatte Aytekin wohl das Spiel im Griff, aber diese beiden Karten waren in der Tat ein Witz, zumal Sommer nun nicht übermäßig oder provokant getrödelt hat!
    Über die mangelnde Chancenverwertung kommt das Team hoffentlich in absehbarer Zeit hinweg - ich war im Stadion und alle um mich herum waren schon am Verzweifeln ("da MUSS doch mal einer rein!!!") und die notorischen Nörgler hinter mir (oh würden sie sich doch woanders hinbegeben!) waren zwar etwas später, aber doch schon in der 1. Halbzeit (!!) am Meckern. Ich wünschte, sie würden das lesen und mal in sich gehen... aber gut.
    Unterm Strich hat mir die Leistung der Mannschaft gefallen und wenn man darauf aufbaut... dann ist das definitiv ein Schritt nach vorn. Wer war nochmal Dahoud?
    Boba hätte seinen Wieder-Einstand beinah noch mit einem Tor gekrönt, schade, dass er den mitgelaufenen Hofmann übersehen hat - das hätte vermutlich zum sehr beruhigenden 2:0 geführt. Aber ehrlich gesagt, selbst ich hatte Hofmann nicht auf dem Schirm von der Tribüne aus. Und da das 1:0 ja gehalten hat. war es ein sehr schöner Einstand und die Fahrt hat sich gelohnt.
    Zum Abschluss noch: Wendt, den ich schätze, hat aus meiner Sicht aber definitiv noch / wieder Luft nach oben (Ballannahme und bitte wieder solider nach hinten) - die Vertragsverlängerung sollte ihm doch Auftrieb geben und nicht zum Schlendrian einladen, zumal man ja leider Nico Schulz weggegeben hat...
    Und nun, die Ambitionen hochhalten und nächste Woche hoffentlich endlich die Serie in Augsburg reißen lassen. Ein Sieg dort ist lange überfällig... Gruß, vom fröhlichen Fohlen

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  2. Eine absolut passende Spielbeschreibung! Ich glaube ich werde Sky kündigen. 1-2 mal mehr ins Stadion fahren und wenn ich wissen will, wie das Spiel war, hier den Block lesen.
    Eine total gelungene Mannschaftsleistung. Obwohl mir viele absolut top gefallen haben, will ich einen heruausheben: Zakaria hat ein tolles Spiel gemacht. Super Einsatz, tolle Ansätze im Spielaufbau, Zweikampfstark am Boden und in der Luft. Einige simple Fehler will ich nicht überbewerten - kann er drann arbeiten. Allerdings muss er das auch, da es echt Folgen haben könnte. Unsere lieben K**** konnten es an dem Tage nicht nutzen.
    Die Einwechslung von Baba hat in den paar Minuten alles gezeigt warum ich bei dem Transfer glücklich gegrinst und ungläubig die Augen verdreht habe. Boba hält den Ball an der Eckfahne - manchmal halt auch Minuten lang. Wenn Aytekin nicht abgefiffen hätte, hätte er wahrscheinlich sich auf den 2qm häuslich niedergelassen - mit Ball versteht sich. Andererseits übersieht (?) er Hofmann oder will einfach selber abschließen - was eben nur die 2. beste Lösung in dem Falle war. Aber den Abschlusswillen und den Biss brauchen wir. An alle, die die "Gier" vermissen lassen - viel Spass im Training :-).
    Nun zum Schiri: Die Einschätzung zu Vergabe der Verwarnungen teile ich! Hoffe, dass es sich nicht durch die Saison durchzieht, denn die Spielleitung war doch ein typischer Aytekin: Spiel im Griff, viele richtige Entscheidungen und dann Pfiffe bzw. Karten, die keiner versteht! Ob er sie in der Nachbetrachtung noch versteht, würde mich mal interessieren!? Aber da das schon "immer" so war, macht er entweder keine oder versteht sich halt nur selbst ... Allerdings ist unsere Statistik unter seiner Leitung für uns gar nicht übel ....

    Wie auch immer, weiter so Borussia! Jetzt in Augsburg den ersten Sieg landen! Ich erwarte ein enges Spiel, da Augsburg muß und wir wollen müssen, um da zu gewinnen.

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  3. Vielen Dank für euer Lob und die Ergänzungen, die ich völlig teile. Was Boba angeht: Ich mache ihm keinen Vorwurf, denn er hat in der Szene eigentlich alles richtig gemacht. Horn hätte gegen den Lupfer keine Chance gehabt und dass der Verteidiger den Ball noch an den Körper bekommt, war einfach Pech. Ich glaube, dass es auch nur einen ganz kurzen Moment gegeben hat, wo der Passweg zu Hofmann offen gewesen wäre. Im Strafraum selbst war der Weg nach innen dann zu. Und als früherer Stürmer kann ich gut nachvollziehen, dass Raul in der Position selbst abschließen wollte.

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