2018-01-27

Nicht mehr witzig


Ich bin es langsam echt leid, jede Woche die gleichen Dinge zu schreiben: Unfähigkeit vor dem gegnerischen Tor, schwache Verteidigung bei den Gegentoren, viel Mühe für zu wenig Ertrag. Und was für die Rückrunde noch dazu kommt: krasse Benachteiligung durch Schiedsrichter. Und doch war es heute wieder anders als in den Wochen zuvor.

Vorweg: Frankfurts Sieg ist insofern nicht unverdient, weil Gladbach zu blöd war, die vielleicht bestmögliche Torchance zu nutzen - einen Elfmeter. Und weil die Eintracht es wie in den vergangenen Spielen gegen den VfL wieder geschafft hat, die Hecking-Elf zu einem Fußball zu zwingen, der ihr nicht liegt. Besonders deutlich wurde dass in der ersten Hälfte, wo gut zu erkennen war, dass Heckings Schachzug mit der Dreierkette und den beiden Außen Herrmann und Wendt vor allem als Mittel gedacht war, die schnellen Gegner Chandler und Wolf zu stellen. 
Das ging grandios in die Hose, vor allem der bedauernswerte Herrmann war mit der ungewohnt defensiven Rolle und der nötigen Zweikampfführung von Anfang an völlig überfordert. Das fand letztlich im ersten Gegentreffer seinen schlimmen Höhepunkt, auch wenn Vestergaard da in der Mitte eine Mitschuld trifft, weil er den Passweg für Chandler nicht zumacht. 
Nach einem guten Auftakt, etwa 5 Minuten, in denen sich Borussia um Spielkontrolle und frühes Pressing bemühte, erstickte der Gegner mit zunehmender Spielzeit die Gladbacher Versuche, gepflegt nach vorne zu kommen, sehr effektiv und kam selbst zu schnellen, klaren Angriffen, die wiederum Kramer und Co. vor Probleme stellten. Als der VfL sich gerade wieder stabilisierte und es so aussah, als würde Borussia ungeschoren in die Pause kommen, kam mit dem 0:1 der Nackenschlag.

An einem gelungenen Abend hätte Frankfurt da schon nur noch zu zehnt gespielt, Gladbach hätte nicht schon in der 16. Minute die erste Wechselmöglichkeit ziehen müssen und Oscar Wendt hätte sich nicht beim Gegentor verletzt, sodass zum Wiederanpfiff nur noch eine Wechseloption blieb.
Aber es war ein Scheißtag. Das Spiel wurde zwar besser - und dann auch wieder nicht. Nach einer erneut zittrigen Findungsphase löste Borussia ab der 55. Minute die Handbremse und dominierte für den Rest des Spiels das Geschehen so, wie es wohl von Anfang an der Plan war. Herrmann war nicht mehr so in der Defensive gebunden, Cuisance, der in Halbzeit eins auf der Raffael-Position kein Bein auf die Erde bekam, bekam Räume durch einen wie aufgedreht auf dem ganzen Spielfeld wuselnden und zweikampfstarken Lars Stindl. Und der junge Franzose nutzte sie, wie seine Teamkameraden, für eine erhebliche Leistungssteigerung. Sofern er nicht gerade - wie Hazard in der einen oder anderen Szene - irgendwelche überhastet-sinnlosen Fernkunstschüsse ansetzte.

Kurz gesagt: Die Frankfurter fanden nach der Pause, außer in Spielverzögerung und einigen rüpelhaften Fouls, nahezu nicht mehr statt, während der VfL sich in Halbzeit zwei wieder sechs bis sieben Riesenchancen herausspielte - und sie alle vergab, in der Tradition der gesamten bisherigen Saison. 
Wenn man also diese beiden sehr unterschiedlichen Halbzeiten zum Maßstab nimmt, wäre eine Punkteteilung heute sicher das gerechteste Ergebnis gewesen. Angesichts des Spielverlaufs und der frühen Verletzungen von Sommer und Wendt wäre ich damit heute auch hochzufrieden gewesen. 
Doch wenn man beste Chancen auslässt, einen Elfmeter bekommt und ihn dann an die Latte nagelt, dann hat man am Ende auch keine Argumente gegen eine Niederlage. 
Außer natürlich, zurecht zu lamentieren über diverse Benachteiligungen im Spiel durch das Schiedsrichtergespann (inkl. VAR), was in der Rückrunde ja offenbar zur Standardbehandlung Borussias durch den Verband gehören soll.
Das Paradoxe ist, dass das Schiri-Team um Marco Fritz eigentlich gut gepfiffen hat - zu vielleicht 95 Prozent. Die Assistenten an der Linie waren auf der Höhe, die allermeisten Entscheidungen im Spiel waren korrekt. Bis eben auf jene, die mir einmal mehr die Zornesröte ins Gesicht getrieben haben. Nachdem wir zu Ende der Hinrunde durch teils absurde Eingriffe per Videoassistent um Punkte gebracht wurden, schauen die Leute im Kölner Keller offenbar seit der Winterpause nur noch zwanglos und entspannt zu. Und wieder kostet das Punkte. Was aber ist der Videobeweis wert, wenn er nicht einmal dazu führt, dass wenigstens die offensichtlichsten Szenen, für die er geschaffen wurde, nochmal durch den Schiri auf dem Platz begutachtet werden? NICHTS!

Als in der 30. Minute Rebic im Mittelfeld Patrick Herrmann umtrat und Fritz nur Gelb zog, hätte Köln reagieren müssen. Es gibt da keine zwei Meinungen: Der Ball ist weit weg, Rebic hat keine Chance, ihn zu spielen und er grätscht trotzdem - von hinten, ohne Rücksicht auf die Gesundheit des Gegners. Es ist ein Riesenglück für unsere Nummer 7, das er nach dieser Szene überhaupt weitermachen konnte. Das hätte übel ausgehen können. Für so ein Foul kann es nur Rot geben. Nichts also mit der möglicherweise spielbeeinflussenden Kleinigkeit, eine ganze Stunde in Überzahl spielen zu können. 


Doch das war noch nicht alles. Kevin-Prince Boateng kam aus diesem Spiel ohne Verwarnung davon, obwohl er wie gewohnt auf alles trat, was sich bewegte. In Frankfurt ist man darauf stolz und nennt es Kämpfermentalität. Ich nenne es übertriebene Härte. Damit war er bei den Gastgebern zwar - ebenfalls wie gewohnt - auch nicht alleine. Und ja, die Gladbacher langten auch bisweilen ordentlich zu. Sie wurden aber auch dafür angemessen mit gelben Karten bedacht. 
Bei Boateng hingegen summierten sich die Foulaktionen, alleine nach offizieller Zählung waren es fünf. Für einen absichtlichen Bodycheck im Mittelfeld gegen Vestergaard - keine Karte. Für ein taktisches Foul - keine Karte. Für das Foul an Stindl beim Elfmeter - keine Karte (wobei das noch am ehesten nachvollziehbar war). 
Und dann war ja noch die Geschichte mit dem zweiten Elfmeter, den es hätte geben müssen. Boateng reißt Vestergaard bei der Ecke um, Pfiff bleibt aus, Videobeweis bleibt aus, Karte bleibt aus. Platzverweis bleibt natürlich auch aus.
Ja, und wenn man dann noch ganz kleinlich sein will, hätte es auch noch für einen Check von Salcedo gegen Cuisance Elfmeter geben können. Der stieß den Gladbacher erst um und bezichtigte ihn dann lautstark und gestenreich einer Schwalbe.  

Ich fasse zusammen: an einem gelungenen Abend wäre Borussia nicht ohne Punkte und mit zwei verletzten Spielern zurück nach Gladbach gereist. Denn dann hätte Frankfurt geschätzte 40 Minuten zu zehnt und 20 Minuten zu neunt gespielt, während  Borussia noch zwei weitere Versuche vom Elfmeterpunkt bekommen hätte. Man muss kein Träumer sein, dass unter diesen Voraussetzungen mehr herausgesprungen wäre.
So bleibt uns nur, uns wieder einmal - zum dritten Mal hintereinander - um bessere Ergebnisse betrogen zu fühlen. Und uns darüber zu ärgern, dass der VfL es wieder nicht geschafft hat, sich der ekligen Spielweise der Kovac-Truppe über die gesamte Spielzeit zu entziehen oder souveräner zu erwehren. Das ist der Stachel, der bei mir noch viel tiefer sitzt, weil man aus bitterer Erfahrung ja inzwischen wissen müsste, was man gegen Frankfurt besser machen muss, wenn man gewinnen will. 

Dem Offenbarungseid des Videobeweis-Systems kann ich dagegen wirklich langsam nur noch mit Galgenhumor begegnen. Früher hat der Schiedsrichter auf dem Feld gepfiffen, und wenn er falsch lag, dann gab es eben eine Fehlentscheidung. Jetzt gibt es diese Fehlentscheidungen immer noch, aber man hat die Chance, dies zu korrigieren - und tut es nicht. Und das, obwohl man in der Hinrunde noch wie wild interveniert und das Spiel damit zum Teil bis zur Lächerlichkeit zerpflückt hat. Wenn man hier doch nur noch mehr Ungerechtigkeit mit anderen Mitteln schafft, wäre es wirklich ehrlicher, die Spiele auszuwürfeln. Dann müsste ich mich nicht jedes Mal so aufregen.

 Bundesliga, Saison 2017/18, 20. Spieltag: Eintracht Frankfurt - Borussia Mönchengladbach 2:0

1 Kommentar:

  1. Spricht mir aus der Seele... Kann dem nichts wirklich hinzufügen. Gruß, Fohlen

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