2018-03-10

Abhaken oder gegenhalten

Nach längerer Zeit mal wieder eine verdiente Niederlage. Da muss man heute nicht drumherum reden, auch wenn die Leverkusener längst nicht so gut waren wie Borussia sie hat aussehen lassen. Das Beste heute war der Support der Gladbacher Fans und die hammerharte Choreo für Walli - Gänsehaut pur. Stark gemacht, Leute!

Für mich persönlich war das heute ansonsten dennoch der vorläufige Tiefpunkt dieser Saison. Das Leiden mit einer verunsicherten Mannschaft, deren Selbstvertrauen schon mit einem Gegentor geknackt wird. Spieler, die (warum?) beste Kontermöglichkeiten vorzeitig abbrechen, die vor dem Tor, oder schon vor dem Strafraum zuverlässig die falsche Lösung wählen. 
Dazu ein noch immer zu dünner Spielerkader mit Akteuren, die deshalb nicht auf ihren Stammpositionen spielen können. Und in der Startelf noch einige Spieler, die das nötige Niveau im Moment einfach nicht auf den Platz bringen. 
Heute ragte nur Denis Zakaria heraus, gefolgt von einem willensstarken Kapitän Stindl, der zwar keine Gefahr für das gegnerische Tor darstellt, aber irrsinnig viele Zweikämpfe führt, Bälle gewinnt und Angriffe einleitet - schon viel Licht und Schatten in der Leistung. Mit Abstrichen geht noch Bobadilla als wertvoller Prellbock durch. Zu Torgefahr kommt aber auch er nicht - weil auch kein anderer in der Mannschaft in der Lage ist, ihn in eine gute Position zu bringen. 
Dazwischen lauter Mittelmaß und sichtbares Bemühen, aber keiner, der in so einem Spiel den Unterschied machen kann. 
Und am Ende der Rangliste stehen Spieler, mit denen du nicht gewinnen kannst, weil sie überhaupt nicht ins Spiel reinfinden. Es sind nicht immer die gleichen, heute waren es Hazard, Grifo und Jantschke. Thorgan Hazard wird von Woche zu Woche schwächer, heute endete er als Totalausfall. Tony Jantschke hinkt der fußballerischen Entwicklung auf dem Platz deutlich hinterher, aber auch in den Zweikämpfen ist er zu oft der Unterlegene. 
Warum aber Vincenzo Grifo heute 90 Spielminuten sammeln durfte, ist für mich das größte Rätsel. Wegen ihm musste Hazard auf die rechte Angriffseite ausweichen, wo er noch nie so effektiv war wie auf der anderen Seite. Also musste man vom Italiener etwas erwarten können. Grifo, der sich offenbar im Training in dieser Woche reingehängt hatte, was andeutet, dass er dies vorher nicht genauso getan hatte, zeigte nichts von dem, weswegen wir ihn vor der Saison als Verstärkung für die Mannschaft eingeschätzt hatten. Im Gegenteil: Er schoss Standards genauso uninspiriert wie Hazard, verschleppte das Spiel, wo man es hätte schnell machen müssen, spielte schlampige Pässe und wirkte auch in der Defensivarbeit mehrfach desorientiert. Und als er einmal die Möglichkeit hatte, einen leichten Elfmeter zu ziehen, lief er weiter. 
Spätestens zur Halbzeit hätte man seinen Auftritt beenden sollen und Hofmann oder noch lieber Herrmann über rechts bringen müssen.
Stattdessen wurde erst Bobadilla vom Platz genommen, dann Jantschke und zum Schluss noch Zakaria. Der Effekt war bescheiden, denn nur Hofmann konnte Akzente setzen und das Spiel sichtlich beleben - er war aber auch maßgeblich am zweiten Gegentor beteiligt. 
Die anderen Wechsel rochen schon nach Verzweiflung. Drmic versemmelte die zweitbeste von drei Torchancen auf tragische Weise - ein perfekter Kopfball, nur leider stand das Tor zwei Meter weiter links. Die beste Torchance war bezeichnenderweise ein kurioser Kopfball des Gegners auf eigene Tor, den Leno nur mit Glück abwehren konnte.
Und zu Cuisance bleibt einmal mehr zu sagen, dass er noch immer nicht verstanden hat, was er auf dem Platz bringen muss: sicheres Aufbauspiel und überlegte und überraschende Pässe in die Spitze. Er aber will mit dem Kopf durch die Wand, sucht ständig Dribblings, die er nicht gewinnen kann und sorgt so eher für gefährliche Kontersituationen des Gegners als für Möglichkeiten des eigenen Teams. 
Ich weiß, der junge Franzose hat sich in der Vorrunde gerade mit seiner frechen Art in unsere Herzen gespielt. Aber so, wie er in den vergangenen Spielen aufgetreten ist, ist er keine Hilfe. Und das müsste ihm doch im Verein jemand erklären können.

So richtig nachvollziehbar waren die Wechsel für mich heute jedenfalls nicht, außer natürlich die Umstellung auf Dreierkette nach Jantschkes Auswechslung, die ja vielleicht auch verletzungsbedingte Gründe hatte. Aber auch insgesamt fehlte mir heute das spielerische Konzept, mit dem man die konterstarken Pillen knacken wollte. Der Auftritt heute war nicht Fisch, nicht Fleisch und wieder einmal, so schien es, ohne den unbändigen Willen und Mut, den Gegner zu dominieren und mit aller Macht den Torerfolg erzwingen zu wollen. Nicht mal über eine Standardsituation - heute landete jeder Ball auf dem Kopf eines Bayer-Spielers.

Ein enttäuschender Abend also, der auch die letzte vage Chance auf einen Champions-League-Platz kostete. Aber den hat Borussia nach diesem Saisonverlauf auch einfach nicht verdient (mal ganz unabhängig davon, ob ihn die Teams da oben mehr verdient hätten). Nein, mit etwas Glück kann es noch die Euro League werden. Aber auch danach sieht es heute nicht mehr unbedingt aus. 
Sollten uns am Sonntag auch noch die Nichtskönner aus Stuttgart in der Tabelle überholen, sollte jeder im und um den Verein herum wissen, was die Stunde geschlagen hat. Es gibt zwei Möglichkeiten: Saison abhaken und leichtfertig auch für die nächste Saiosn einen Rückschritt in der Entwicklung bei Borussia riskieren - oder drum kämpfen, dass sich endlich wieder was ins Gute dreht. 

Nur noch als Randnotiz: Drei gelbe Karten gab es für den VfL - keiner davon ging ein gelbwürdiges Foul voraus. Zakaria wurde in der Szene deutlich sichtbar gefoult. Doch statt Freistoß für sich bekam er die Karte gegen sich - für ein unbeabsichtiges Schlagen des Gegners hinter ihm, während ihm Alario in die Knochen trat. Christoph Kramer spielte in der fragliche Szenen sehr deutlich den Ball, der Gegner kam durch den von Kramer geblockten Ball zu Fall. Und Vestergaard hätte nicht für die geahndete Szene gelb sehen müssen, sondern, wenn schon, für eine  Szene davor an der Mittellinie, nach der er anschließend behandelt werden musste. Ach nein, Moment, das wäre ja auch nicht korrekt gewesen. Denn Schiri Robert Hartmann pfiff zwar Foul, aber Vestergaard hatte Havertz gar nicht getroffen, sondern nur leicht den Arm angelegt. Was zeigt, dass uns dieses Jahr noch nicht einmal ein guter Platz in der Fairplay-Tabelle gegönnt wird.



Bundesliga, Saison 2017/18, 26. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 2:0

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