2019-10-27

Im Gewinnermodus

Gladbach und die Tabellenführung - das passt. Im Moment jedenfalls. Und das hat mit einigen bemerkenswerten Entwicklungen in der Mannschaft zu tun, für die wahrscheinlich zu einem großen Teil der Trainer mit seiner Persönlichkeit und seiner Art, mit Menschen umzugehen, verantwortlich ist. Dass Marco Rose ein "Menschenfänger" ist, merkt man in jedem Statement, und wenn man es nicht hört, sieht man es an seinem Umgang mit Spielern, Mitarbeitern und den Fans.

Doch was hat sich verändert, seit Dieter Hecking das Amt abgegeben hat und der Salzburg-Trainer am Borussia Park das Zepter übernahm?

Zuerst natürlich das Gesicht: Die Neuzugänge Embolo, Thuram und Lainer haben viel zum Aufschwung beigetragen, auch weil Stindl, Hofmann, Raffael und Traoré lange nicht zur Verfügung standen. Doch die Neuen sind nicht nur gute Fußballer, die die Qualität in der Mannschaft heben.

Sie sind Mentalitätsspieler und Mannschaftssportler, die wichtig für die Gruppe sind - weil sie Leistung vorleben, aber sich zugleich nicht für etwas Besseres halten. Es ist auffallend. Seit dem Abgang des Spielers mit den offenen Schuhen ist diese Mannschaft eine noch verschworenere Gemeinschaft, in der sich jeder für jeden freut, jeder für den anderen kämpft und alle zusammen feiern, wenn ein Tor fällt. Das, was in diesem Momenten an überbordender Freude und Teamgeist aus der Spielertraube sprüht, das ist etwas, was den Unterschied machen kann, wenn es Spitz' auf Knopf steht.  

Überhaupt die mentale wie physische Stärke: Die Mannschaft kämpft, in jeder Minute, unermüdlich bis zum Schluss, auch gegen Widerstände, auch wenn es mal nicht läuft. Und weil sie sich damit immer wieder auch belohnt - wie kurz vor Schluss in Istanbul und Rom, wie nach Rückstand in Mainz oder gegen Düsseldorf -, zieht sie daraus neue Motivation und Selbstvertrauen. Das ist die Erfolgsformel, die alle "Champions" auszeichnet. Womit ich nicht sage, dass der VfL schon dazu gehört. Doch wer nicht felsenfest von seinen Fähigkeiten überzeugt ist und nicht daran glaubt, jede Herausforderung bestehen zu können, wird im Mannschaftssport Fußball keinen Titel gewinnen.

Das zeigt sich bisher zum Beispiel daran, dass die Mannschaft zwar immer wieder Phasen im Spiel hat, wo sie unter Druck und ins Schwimmen gerät, so wie heute nach dem Frankfurter Anschlusstor zum 1:2. Doch im Gegensatz zu den Vorjahren ist sie gefestigt und abgeklärt genug, in diesen Situationen kühlen Kopf zu bewahren. Wir wissen alle, wie oft Borussia in der Vergangenheit nach gutem Beginn durch einen Gegentreffer angeknockt wurde und schnell einen zweiten schluckte oder das Spiel ganz aus der Hand gab.
Das hätte auch heute passieren können, denn Frankfurt kam nach dem Tor mit einfachsten Mitteln und langen Bällen zu einigen guten Gelegenheiten. Der VfL wankte auch heute für ein paar Minuten merklich, aber er fiel nicht. 

Im Gegenteil: Borussia war sogar in der Lage, nach eher dünnen 15 Minuten nach der Pause mit einer Standardsituation zurück ins Spiel zu finden und der Eintracht einigen Wind aus den Segeln zu nehmen. Natürlich, das 2:3 fiel auch schnell danach. Allerdings merkte man da dann auch schon, dass die Gäste nicht noch mehr zuzusetzen hatten. Borussia schon.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass Gladbach den Sieg heute gegen eine gewohnt unangenehme FRankfurter Mannschaft verdient hatte. Es war bis auf die Phase nach der Halbzeit eine recht souveräne Partie der Rose-Schützlinge. Allerdings wird es nicht immer gelingen, ein solches Spiel auch siegreich nach Hause zu schaukeln, wenn man vorher den entscheidenden Schlag verpasst wie in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit, wo unbedingt das 3:0 hätte fallen müssen.
Und das darf deshalb auch trotz der jüngsten Erfolgsserie und der vierten Woche auf dem Platz an der Sonne nicht vergessen werden: Es braucht in einem solchen Spiel nicht viel und es läuft ganz anders. Borussia hat in manchem Spiel bisher schon auch mal das Glück zur richtigen Zeit auf der Seite gehabt. Das kann sich auch mal ändern. Das wird auch mal anders sein. Denn bei aller Mentalität und "Krieger"-Mentalität, wie es Marco Rose in der Pressekonferenz vor dem Frankfurt-Spiel bezeichnete, es lässt sich nicht alles damit erzwingen.

Und auch wenn wir bisher darauf bauen konnten, dass alle verletzungsbedingten Ausfälle gut kompensiert werden konnten - inzwischen sieht es in manchem Mannschaftsteil schon wieder äußerst knapp aus bzw. ist die Belastung bei einzelnen angeschlagenen Spielern doch ziemlich hoch.
Heute mussten Embolo und Jantschke raus - und beides war qualitativ im Spiel zu bemerken, auch wenn Lars Stindl und Jordan Beyer ihre Sache natürlich gut gemacht haben. Doch in der Spitze fehlte Embolos Wucht und Schnelligkeit, und hinten in mancher Szene die Kompromisslosigkeit des "Fußballgottes". 

Gemeinsam gelang es Elvedi und Co. zwar, den Gegner im Zaum zu halten. Doch langsam gehen die Atempausen aus, die die hoch belasteten Spieler zunehmend brauchen. Am Mittwoch wartet der Pokalbrocken in Dortmund, dann die Highspeedtruppe aus Leverkusen, dann wieder Rom. Da kann man kein einziges Prozent zurückfahren.
Das ist im Moment aber meine einzige Sorge. Und ich hoffe, dass sie mir genommen wird, wenn nach und nach personelle Alternativen wie Strobl, Traoré, Raffael Ginter und natürlich Plea wieder zur Verfügung stehen. Und hoffentlich weiter an der tollen Geschichte der neuen Borussia schreiben.
        
Bundesliga 2019/20, 9. Spieltag: Borussia  Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt 4:2 (Tore für Borussia: 1:0 Thuram, 2:0 Wendt, 3:1 Elvedi, 4:2 Zakaria)

4 Kommentare:

  1. Genau so habe ich es (im Stadion) auch gesehen. Das 2:0 zur Pause war eminent wichtig für den Kopf! Hat mich gefreut, dass Wendt seine Chance genutzt hat. Als ich ihn so heranrauschen sah... da dachte ich, bei DER Entschlossenheit MUSS es doch einfach klingeln!

    Nach dem Anschlusstreffer zum 2:1 hatten die Unsrigen offensichtlich daran zu knabbern - plötzlich sah alles irgendwie fahrig aus und ein wenig nach, nun ja, Angsthasenfußball. Angst vor dem Ausgleich vielleicht? Das 3:1 machte alle Borussen auf den Rängen glücklich und beruhigter - was ja leider nur 4 Minuten währte (schon klar, dass wieder mal einer unserer Ex-Spieler treffen würde - das hat irgendwo leider Programm).

    Nach dem 4:2 durch Zakaria (was ein Strahl!!) war sicher nicht nur ich heiser - der Block ging komplett steil! Ein lachendes und ein weinendes Auge, wenn ich Zakaria sehe - ich befürchte, der Junge ist schon bald nicht mehr bei uns. Schön, ich muss es nochmal betonen, dass er seine Chance bei Borussia genutzt und sich so grandios weiterentwickelt hat (im Gegensatz zum oben erwähnten Spieler mit den offenen Schuhen, you-know-who). Ich musste gestern einfach feststellen, dass er konstant gute und sehr gute Leistungen zeigt - ich kann mich in der letzten Zeit an kein Spiel erinnern, wo Denis irgendwie Grütze gespielt hätte. Er geht jedem Ball hinterher, erobert sie zurück, spielt zumeist kluge Pässe: Herrlich. Manchmal denke ich, er müsste sich eigentlich in seinen eigenen langen Beinen verheddern - tut er aber nicht! Gestern machte er einfach einen federleichten Satz über irgendwelche Frankfurter Beine und jagte einfach weiter mit dem Ball...

    Aber lassen wir das - zurück zum Thema. Ein Merkmal der "neuen Rose-Mannschaft" ist tatsächlich dieses unbedingte Wollen, das EIN TEAM sein, das füreinander Rackern, das miteinander Feiern (auch die Reservespieler, wie ein strahlender Kramer beim Feiern des Sieges inmitten der Mannschaftskette bezeugte) - das ist schön, zu sehen.

    Da kann ich nur sagen: Weiter so, Borussia - und immer schön daran denken, wo wir dereinst hergekommen sind. Aus einer Zeit, wo in (un)schöner Regelmäßigkeit in der Sportschau das Wort "Abstiegsgespenst" zumeist mit den Worten "Borussia Mönchengladbach" liiert war. Und jetzt? Na, einmal geht noch: Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey! Das wird zwar sicher nicht so bleiben, aber als echte Borussen geht einem dabei einfach nur das Herz auf. Ich bin jedenfalls noch heiser von gestern... Gruß, Fohlen

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  2. PS Ich vergaß: Auch Bénes hat einen großen Schritt voran gemacht. Die Zeit bei Holstein Kiel hat ihm offensichtlich viel gebracht. Und: Hurra - wir haben wieder jemanden, der gute Freistöße und Ecken treten kann! Wurde auch Zeit - in manchen Situationen wird ein Arango immer noch schmerzlich vermisst...

    Und, nicht zu vergessen: "Terrier" Lainer, der auch gestern wieder große Leidenschaft zeigte.

    Und an der Stelle: Gute Besserung an Tony "Fußballgott" Jantschke und Breel Embolo. Hoffentlich nichts Ernstes!!!

    Gruß, Fohlen

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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