2022-01-15

Der Elferkiller allein reicht nicht

1:2 verloren, und trotz bester Chancen des Gegners in der Schlussphase bis zuletzt im Spiel geblieben. Zwei Elfmeter abgewehrt und noch eine Reihe anderer Weltklasseparaden gezeigt und trotzdem nicht belohnt: Der Ausgang des Spiels ist heute nicht nur für den allerallerbesten auf dem Platz - Yann Sommer - wirklich richtig ärgerlich.
Ja, natürlich haben wir heute einen Gegner gesehen, der verdient im Borussia Park gewonnen hat. Der die bessere Spielanlage, die zwingenderen Angriffe und in der Defensive den besseren Zugriff hatte - leider einmal mehr auch deshalb, weil der unparteiische Spielleiter Schwierigkeiten hatte, erlaubte Härte von nicht erlaubter Härte zu unterscheiden. Aber dazu später.

Denn hätte Borussia sich am Ende noch einen Punkt (oder mehr) gesichert, hätte sich Bayer Leverkusen darüber genausowenig beschweren können. Auch wenn es nicht in die Märchenwelt von Sky-Loddar und Co. passte - so abwegig war das gar nicht. Die Sky-Plauderer allerdings hatten heute nur einen Blick und ein Ziel: Gladbach schlechter zu reden als es war, weil Adi Hütter es gewagt hatte, Matthias Ginter für den Neuzugang Marvin Friedrich (by the way guter Transfer, Max!) auf die Bank zu setzen und man nach der Niederlage so ganz genüsslich darauf zeigen und behaupten konnte, dass vermeintlich nicht die beste Elf auf dem Platz gestanden habe und man sich das als abstiegsgefährdete Mannschaft nicht erlauben dürfte. Boulevardjournalismus pur, aber sportliche Expertise wird bei Sky ja leider inzwischen immer häufiger durch solche jämmerlichen Show-Experten ersetzt. Egal.

Dass es mit Ginter besser gelaufen wäre, kann man angesichts des Saisonverlaufs nicht seriös behaupten (ebensowenig natürlich wie das Gegenteil). Und zweitens ist es eine Randdiskussion, die den Blick vom Wesentlichen ablenken würde: Der Arbeit, die weiterhin auf die Mannschaft und das Trainerteam wartet, egal, wer gerade auf dem Platz steht und wer auf der Bank sitzt.
Es ist gut, dass Hütter personell wieder mehr Alternativen hat, auf die er zugreifen kann. Es ist gut, dass einige Spieler sich langsam wieder einer akzeptablen Form nähern. Es ist sogar fantastisch (und gleichzeitig schmerzhaft, so etwas betonen zu müssen), dass jeder offenbar jetzt verstanden hat, worum es im Moment IN ERSTER LINIE auf dem Platz geht: nicht um europäische Plätze oder hübsche Hacke-Spitze-eins-zwei-drei-Szenen für das nächste Bewerbungsvideo. 

Es geht darum, (füreinander) zu kämpfen, Lücken zu schließen, Fehler auszubügeln und mit allem, was zur Verfügung steht, erfolgreich zu sein, Punkte zu sammeln, egal, wie es nach außen aussieht. Bis auf letzteres war davon heute sehr viel zu sehen. Das ist gut.

Denn es geht um Stabilität im Gesamtgefüge, um defensive Griffigkeit, um Tore verhindern und erst in zweiter Linie darum, die Durchschlagskraft vergangener Monate nach vorne zurückzugewinnen. Da war das Spiel in Hoffenheim ein erster Schritt. Das Spiel gegen die Bayern trotz spielerischer Armut ein größerer zweiter. Und da war das Spiel heute ein dritter guter Schritt, auch wenn man am Ende mit leeren Händen dasteht und die Gegentore ärgerlich leicht durch individuelle Fehler bei Standardsituationen hergegeben hatte.

Das ist leicht zu analysieren, aber schwer zu trainieren und kann vor allem durch Erfolgserlebnisse und daraus folgend aus der Selbstverständlichkeit, besser in Zweikämpfe gehen zu können, minimiert werden. So kompliziert ist das manchmal im Fußball. Und deshalb muss man auch immer berücksichtigen, dass der VfL im Januar 2022 nicht wie selbstverständlich auf Augenhöhe mit dem gegnerischen Team sein kann.
Das hat eine Ursache sicher auch im Hinspiel, als der Gegner in skandalöser Weise ungestraft um sich treten durfte und zwei der wichtigsten Spieler Borussias für die nächsten Monate ganz aus dem Spiel nahm. Es ist müßig, aufzuzählen, warum es kein Wunder war, dass Bayer mit seiner beängstigend schnellen und talentierten Offensivabteilung auch heute die Gladbacher Hintermannschaft immer wieder in arge Schwierigkeiten bringen konnte. Denn der Kader ist nicht so besetzt, dass man die Speedy Gonzaleze aus der Bayer-Betriebsmannschaft ebenfalls mit Schnelligkeit aus dem Spiel nehmen könnte. Dazu bedarf es anderer Mittel, und die griffen überwiegend heute schon wieder ganz ordentlich - trotz oder wegen Friedrich oder Jantschke oder wem auch immer, ist erstmal wumpe.

Die Geschwindigkeit war unbestritten in Halbzeit eins des öfteren vor allem für Luca Netz und Tony Jantschke zu schnell. Aber was zählt, war die Gesamtverteidigung. Und die war effektiv. Und da zeigten gerade diese beiden wie schon in München, dass auf sie Verlass ist, auch wenn ihnen Fehler unterlaufen.

Es gelang nämlich immer wieder, die Angriffe im Strafraum zu stoppen, sodass Bayer eben nicht so viele klare Torchancen hatte, wie es nach den überfallartigen und oft aussichtsreichen Angriffen hätte sein müssen. Insofern war auch der Halbzeitstand von 0:0 völlig in Ordnung, zumal auch Gladbach ein paar wenige, aber gute Abschlüsse zu verzeichnen hatte.

Dass das Spiel in der zweiten Hälfte in die Richtung des Favoriten kippte, lag nicht nur, aber durchaus auch am Schiedsrichtergespann um Sascha Stegemann und seinem Kompagnon Tobias Stieler im Kölner Keller. Um das aber gleich nochmal deutlich zu sagen - auch weil sich nicht jeder vorstellen kann, dass man das durchaus trennen kann - ich rege mich sehr über solche unterirdischen Schiedsrichterleistungen auf. Ich verliere aber nicht aus dem Blick, dass das nicht (oder nur selten) der Hauptgrund dafür ist, wie ein Spiel ausgeht. Man kann aber Stegemann hier deutlich und aus meiner Sicht auch zu Recht kritisieren und zugleich wissen, wo die Unzulänglichkeiten im Gladbacher Spiel lagen, die am Ende zum 1:2 geführt haben.

Dass Yann Sommer heute gleich zwei Elfmeter auf exzellente Weise halten und damit auch der Mannschaft insgesamt ein bisschen zusätzliche positive Energie verleihen konnte, war insofern zwar schön. Doch beide Strafstöße hätte es absolut nicht geben dürfen. Der erste Elfmeter war ein ganz schlechter Witz, nicht zuletzt weil ja vor der Saison noch ausdrücklich betont wurde, dass genau solche leichten Berührungen eben nicht mehr gepfiffen werden sollten.
Doch Stegemann zögerte nicht (trotz sicher nicht idealem Blickwinkel) einen Moment, diesen Elfmeter zu pfeifen. VAR Stieler hinderte ihn auch nicht daran, obwohl ihm die Bilder ja noch viel deutlicher vor Augen geführt haben mussten, dass es sich hier um ein Musterbeispiel für das "Commitment" handelte, was die Schiris sich vor der Saison gegeben hatten: ein leichter Kontakt, der nicht einmal ausschlaggebend für das Straucheln war.
Aber mit diesen Commitments ist es ja sowieso immer so eine Sache, wie sich an Stielers einmaligem Disziplinierungsanfall gegen Plea damals gezeigt hat. Hätte er das noch im Blick gehabt, hätte allein Demirbay heute in einer Szene gelb und gleich rot gesehen, weil er nach der Verwarnung wegen Ballwegkloppens sich auch noch im Rücken des Schiedsrichters wie ein Rumpelstilzchen aufführte.

Egal, Sommer hielt den Elfmeter genauso wie den zweiten, der zwar in der Sache grundsätzlich berechtigt gewesen wäre, bei der der VAR allerdings zwingend hätte eingreifen müssen, weil in der Szene zuvor Elvedi klar ersichtlich gefoult wurde und ja nur durch diesen Treffer am Bein letztlich der Ball in den Strafraum zum dann gefoulten Leverkusener Spieler kam.
Zwei krasse Fehlentscheidungen, die dank Sommers Klasse glimpflich ausgingen. Auch wenn nach dem ersten Elfer der Führungstreffer nach der folgenden Ecke fiel, die es logischerweise nicht hätte geben dürfen: das kann man natürlich nicht dem Schiedsrichter ankreiden, hier hatte Borussia ja die Möglichkeit, besser zu verteidigen.

Doch natürlich beeinflussen solche Szenen ein Spiel und die (Aufmerksamkeit der) Spieler, genauso wie unberechtigte Verwarnungen auf der einen und viel zu wenige berechtigte auf der anderen, die zum Teil auch noch nur deshalb nicht zustande kamen, weil ein nicht gerechtfertigter weil nahezu nicht vorhandener Vorteil nach taktischem Foul gegeben wurde. Ständige ungeahndete Fouls zermürben auch so einen Schrank wie Embolo mit der Zeit, und so ließe sich der unbefriedigende Auftritt Stegemanns noch fortsetzen. Aber letztlich bringt es auch nichts, den halben Text damit zu füllen, denn in der kommenden Woche warten andere Gegner und andere Schiedsrichter, Und da heißt es aufs Neue, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen, sich der eigenen Fehler bewusst zu sein und an ihnen zu arbeiten. Das ist der Teil, den man als Borussia Mönchengladbach beeinflussen kann, den Rest (leider) nicht.

Und abgesehen von der verheißungsvollen Gelegenheit, am Mittwoch in Hannover eine Pokalrunde weiterkommen zu können, wartet am nächsten Wochenende ohnehin ein ganz andere knifflige Aufgabe auf Stindl und Co. Union Berlin wird dem VfL - im Gegensatz zu Hoppelheim, Bayern und Bayer - nicht den Gefallen tun, selbst das Spiel zu machen. Da scheint eine taktische Anpassung und mehr Schärfe in den eigenen Angriffsbemühungen nötig.
Denn wie auch in München und heute deutlich zu sehen war: Gladbach hat sich zwar - mit Ausnahmen - in der eigenen Hälfte gegen den Ball inzwischen wieder stabiler und besser präsentiert. Doch die Verbindung zu und die Unterstützung der drei Offensivsten - Embolo, Stindl und Neuhaus - klappt auch aus diesem Grund oft nicht schnell und präzise genug. Die bessere Defensivleistung geht eindeutig zu Lasten der eigenen Chancenfabrik. Beides ist aber wichtig, um Spiele zu gewinnen. 

Es wartet also wie gesagt weiterhin eine Menge Arbeit aufs Team und das bedeutet wohl auch: eine lange nicht mehr benötigte Leidensfähigkeit für uns Fans. Aber was tut man nicht alles für den Herzensverein. In diesem Sinne: Mund abputzen und nach vorne schauen!    

Bundesliga, 19. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Bayer Leverkusen 1:2. Tor für Borussia: 1:1 Elvedi.

Saisonspende: Ein Euro für ein Tor, aber gleich 5 für Yann Sommers gehaltene Elfmeter. Weil das so selten vorkommt und die Elfmeter zudem noch richtig stark gehalten wurden, verdoppele ich die Yann-Sommer-Summe diesmal auf 10 Euro. Der Spendenstand erreicht damit 95 Euro (+11).

Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.