2023-03-11

Drei Tore zu hoch

Es gibt Auswärtsfahrten, die könnten sich die Lizenzspieler von Borussia Mönchengladbach getrost schenken. Wie Freiburg ist Leipzig für den VfL ein schlechtes Pflaster, wo offenbar kein Sieg zu holen ist, egal wie der Spielverlauf sich darstellt. Auch heute war es ein Spielverlauf zum Vergessen.

Es war natürlich sehr ärgerlich, wie die Farke-Elf das Spiel hergegeben hat: durch einen kapitalen Fehler im Spielaufbau, kurz nachdem man eine eigene Elfmeterchance vergeben hatte. Durch einen ungeschickten Einsatz im eigenen Strafraum und eine schwach verteidigte Standardsituation.
Was die Sache für mich etwas erträglicher gestaltet, ist, dass zwischen den Leistungen in Mainz und Leipzig am Ende zwar nur ein Gegentor liegt, aber ein erheblicher Unterschied in den Leistungen. Es wird besser - wenn auch vielleicht nicht schnell genug.

Die konzentrierte Defensivarbeit der beiden jüngsten Spiele zeigt, dass Borussia auf einem richtigen Weg ist - auch wenn die drei Gegentreffer von heute dagegen sprechen mögen. Und ja: Der heutige Gegner hatte in Nkunku und Schlager zwei aggressive Offensivspieler nicht zur Verfügung, die Borussia in der Verfassung dieser Saison schon im Spielaufbau hätten weh tun können. Davon abgesehen machten es Kramer und Co. aber auch erheblich besser als noch vor zwei Wochen in Mainz.

Ob es wirklich Farkes neue Überzeugung ist, mit einem vorsichtigerem Ansatz die Räume in der eigenen Hälfte kompakter zu verteidigen, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht ist es auch ein Ergebnis interner Diskussionsprozesse nach den doch viel zu vielen Gegentoren in der bisherigen Saison. Gegen Freiburg stand dann ja auch die Null hinten. 

Auch heute hätte sie stehen können, denn der Gegner hatte im gesamten Spiel nicht viel Furchterregendes zu bieten. Dennoch gab es am Ende wieder drei Gegentore, bedröppelte Gesichter und jetzt 0:7 Tore aus den letzten drei Spielen. Die Jahresbilanz sieht mit 8 Punkten aus 9 Spielen aus wie die eines Abstiegskandidaten.

Heute war Leipzig fraglos besser im Nutzen der Torchancen, Gladbach darin enttäuschend. Daher ist der Sieg der Dosen am Ende auch irgendwo verdient. Andererseits war Borussia über 75 Minuten die bessere Mannschaft, der Spielausgang also irgendwie auch wieder nicht verdient; in jedem Fall aber drei Tore zu hoch, wenn Ihr versteht, was ich meine.

Wenn eins von Woche zu Woche gleich bleibt, ist es die Unbeständigkeit der Mannschaft. Das lässt sich an Formschwankungen und abwechselnd heldenhaften und wieder sehr unglücklichen Auftritten von Spielern wie Plea oder Koné ablesen. Alassane Plea hatte vor einer Woche noch die späte Niederlage mit einer tollen Abwehraktion verhindert. Heute vergab er den Elfmeter leichtfertig und verschuldete zudem den Strafstoß zum vorentscheidenden 0:2. 

Aber es bringt nichts, sich jede Woche irgendwelche Spieler als Sündenböcke herauszupicken. Es ist das ganze Team, das keine Konstanz in die Auftritte bekommt. Immerhin: Zwei Siege sollten reichen, um nicht mehr in die ganz unerfreulichen Tabellen-Gefilde abzurutschen. Dazu gehört zwingend das Derby, das versteht sich. Nach oben könnte es aber nur mit einer richtigen Serie gewonnener Spiele nochmal gehen. Und daran glaube ich nicht, trotz mancher Fortschritte im Spiel.

Positives gab es auch: Tobi Sippel scheint wieder der alte zu sein, er zeigte heute wieder eine sehr ansprechende und sichere Leistung. Dazu kam das Debüt von Oscar Fraulo in der Bundesliga und ein paar weitere Minuten für Semir Telalovic, der vor nicht allzulanger Zeit noch in der sechsten Liga unterwegs war, sich aber an den Bundesligakader herangearbeitet hat. Das ist sehr schön und ich gönne das den Jungs! Bis sie wirklich Alternativen für die Startelf sind, wird es aber noch ein Weilchen dauern.

Was war schlecht, außer dem Ergebnis? Dass der moderne Fußball-Todesstern wieder durchgekommen ist mit seinem Spiel. Dass sich dieses ganze Konstrukt inklusive des jämmerlichen Supports seiner Anhänger und Kunden in einem halbleeren, aber ausverkauft gemeldeten Stadion weiter durchsetzen und nach und nach Blechernes sammeln und mithilfe von DFB und DFL und der übertragenden Sender ehrlich wirtschaftende Vereine nach und nach an den Rand drängen wird. Aber das wissen wir ja alles schon. 

Und dann lief vor dem Spiel dort auch noch "Die Elf vom Niederrhein". Das ist dann die andere, peinliche Seite derer von Leipzig-Fuschl am See. Es ist der Versuch, sich durch Anbiederung dazugehörig machen zu wollen. Ganz ehrlich: Ich brauche keine Gladbach-Songs in fremden Stadien. Auswärts ist auswärts. Es ist dann eine Ehre, wenn befreundete Clubs sie dort spielen, wie es der FC Liverpool regelmäßig tut. Aber keinesfalls und niemals Red Bull Leipzig!

Dass es zwischen dem Ex-Manager und Borussia(s Fanszene) keinen Weg mehr für ein normalen Umgang miteinander geben wird, ist in den vergangenen Monaten auch immer wieder deutlich geworden. Bei diesem Spiel, dem ersten direkten Aufeinandertreffen seit Eberls Abgang, kochten die Emotionen daher absehbar wieder hoch. Ich bin froh, dass es von Seiten der Fanszene weitgehend im Rahmen blieb. Das war nicht unbedingt zu erwarten. Dafür goss Max Eberl vor dem Sky-Mikrofon unnötig Öl ins Feuer und trieb sofort wieder den Puls aller Gladbacher in die Höhe.

Das korrekte Zitat lautete: "Wenn diese Thematik dann einfach negiert wird und es einfach nur als Wechsel von Gladbach zu Leipzig zusammengefasst wird, ist es einfach verkehrt. Das passiert von Menschen, die andere ins Fadenkreuz nehmen, mit Eisenstangen durch die Städte laufen und Feuer zünden. Da braucht es keine weiteren Kommentare dazu."

In den "sozialen Medien" machte dann aber eine falsche Wiedergabe die Runde und entzündete den Furor vieler Fans aufs Neue. Da hieß es dann "Gladbach-Fans sind Menschen, die Leute ins Fadenkreuz nehmen, mit Eisenstangen durch die Straßen laufen und Feuer zünden." Beides ist absolut unter der Gürtellinie und sehr enttäuschend, zumal es nicht aus der Emotion heraus, sondern mit Bedacht so gesagt wurde. Und Max Eberl es besser weiß. Aber es ist ein Unterschied, ob Eberl alle Gladbachfans so bezeichnet oder "nur" eine Gruppierung, die zugegeben auch nicht zimperlich mit ihm umgegangen ist.

Mich nervt dieses ständige Vorwürfe-Pingpong inzwischen nur noch, und ich fände es wichtig, wir würden das endlich ruhen und hinter uns lassen, um unsere ganze Kraft wieder in den eigenen Verein stecken. Die Argumente und auch die Beschimpfungen sind ausgetauscht - keiner gewinnt in dieser Konstellation mehr etwas, es geht nur noch um die eitle Selbstbestätigung, dass man vor sich selbst recht haben will

Die letzten Worte gehören auch heute dem Schiri. Dr. Matthias Jöllenbeck gehört aus meiner Sicht zu den besseren Schiedsrichtern in der Bundesliga. Heute war es aber sicher nicht sein bester Tag. Nichts Spielentscheidendes dabei, aber seine Pfiffe hatten einen merklichen RB-Drall. Katastrophal fand ich allerdings, dass er den VAR-Hinweis und den Gang zum Monitor brauchte, um Gladbach den klarsten Elfmeter seit langer Zeit zuzusprechen. Da lag er in Realgeschwindigkeit bemerkenswert daneben. Und weil ja sonst immer schnell gemotzt wird: Was wäre das erst für eine Diskussion gewesen, wenn es keinen VAR gäbe und dieser Elfmeter nicht gegeben worden wäre? Ich bin nach wie vor froh, dass es ihn gibt.

Der Rest ist zu vernachlässigen, von mir aus auch die wieder lächerlich kurze Nachspielzeit. Positiv ist immerhin, dass der Schiri es tatsächlich schaffte, mal keinem Gladbacher eine Verwarnung zu zeigen. Das war auch völlig ok, aber doch sehr ungewöhnlich. Es ist, glaube ich, noch keinem anderen Referee der Liga in dieser Saison geglückt. Was nicht immer an den Borussen liegt.
 

Saison 2022/23, Bundesliga, 24. Spieltag: "RB" Leipzig - Borussia Mönchengladbach 3:0. 

Der Spendenstand bewegt sich nicht weiter: 102 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer Jonas Omlin (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

3 Kommentare:

  1. Schade, mal wieder. Bestimmt wäre wenigstens ein Punkt verdient gewesen. Ein unglücklicher Plea, wieder ein verlorenes Spiel.
    Bin gespannt, wie sich Eberl am kommenden Samstag im Sportstudio präsentieren wird.
    Ach übrigens : Viele unserer momentanen Sorgen sind seine Altlasten. Vielleicht war Eberl doch gar nicht so brillant wie viele immer behaupten.

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  2. Vieles ist richtig beschrieben worden. Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass die momentan brenzlige Lage seinen Verursacher in Max Eberl hat. Der von Vielen hochgeschriebene Manager war im Nachklang doch nicht so genial und musste auch deshalb die Borussia verlassen.

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