2023-05-21

Gastgebergeschenke

Was begann wie die nächste derbe Klatsche, endete mit zwei lauten Lachern und einem seltsamen 2:2, das man nach dem Spielverlauf nun wirklich nicht hatte erwarten können. Aber was kann man schon erwarten in diesem Jahr?

Die erste Hälfte ist schnell erzählt: In den gemütlichen ersten 15 Minuten mitgehalten, mit der ersten Tempoverschärfung der Leverkusener in Rückstand geraten, nach 20 Minuten schon wieder mit 0:2 hinten und zur Halbzeit glücklich, dass es nicht schlimmer geworden war. Auch im vorletzten Saisonspiel zeigte Borussia eine erste Hälfte zum Kopfschütteln. 

Daniel Farke hatte von vornherein in Hofmann und Thuram nur zwei Offensivkräfte aufgeboten, dies führte in den ersten 45 Minuten insgesamt dreimal zu abgeschlossenen Angriffen, deren Torgefahr aber überschaubar war. Gegen den Ball hatte der VfL allerdings trotz der verstärkten Defensive immer wieder Probleme. Bayer schien nach dem 2:0 einem ungefährdeten Kantersieg entgegenzusteuern, das nächste Tor nur eine Frage der Zeit.
Doch das Team von Xabi Alonso ließ es in Halbzeit zwei vielleicht im Gefühl des sicheren Sieges etwas zu locker angehen. Das war durchaus nachzuvollziehen, denn zunächst war von der personell unverändert aus der Kabine gekommenen Borussia keine weitere Gefahr auszumachen.

Dass das Spiel dennoch ins nahezu Absurde kippte, lag an zwei eigentlich unfassbaren Aussetzern in der Leverkusener Abwehr und an den Wechseln, die zwischen der 64. und 72. Minute passierten. Erst profitierte Jonas Hofmann von einem unmotiviert und schlampig gespielten Rückpass von Bakker auf Torwart Hradecky, den der mit seinen limitierten fußballerischen Mitteln nicht kontrollieren konnte, aber offensichtlich auch nicht ins Aus klären wollte. Hofmann erlief den Ball und schoss ihn zum so überraschenden wie unverdienten Anschlusstreffer ins Tor (58.). Beeindruckt schien davon aber keine der beiden Mannschaften, das Spiel plätscherte weiter seinem scheinbar unvermeidlichen Ende und dem Heimsieg der Bayer-Elf entgegen. 

Nach knapp 65 Minuten kam dann Lars Stindl ins Spiel und damit auch mehr Herz in die Mannschaft. Kurz darauf gingen auf der anderen Seite die angeschlagenen Adli und Wirtz vom Feld, zwei Spieler, die in der ersten Hälfte den Unterschied gemacht hatten. Der Gladbacher Kapitän brauchte etwas, um seine Mannschaft zu wecken, doch der Gegner half, indem er schläfriger und passiver wurde und seine Stärken - Schnelligkeit und effiziente Zweikampfführung - nicht mehr ausspielte. 

Borussia nutzte dieses leichte Zurückweichen des Gegners, das in den Schlussminuten vielleicht auch mit dem Europacup-Spiel am Donnerstag zu tun hatte und kam etwas besser ins Spiel. Lars Stindl vergab in der 85. Minute die beste Chance zum möglichen Ausgleich. Und fünf Minuten später krönte er seinen erneuten Jokereinsatz auf Vorlage von Marcus Thuram zum 2:2-Endstand.

Dass und wie dieses Tor fiel, kann man eigentlich nicht glauben. Erneut liefen die Gladbacher sehr hoch an und Nadiem Amiri spielte unter Druck den Ball zurück zum Torwart. Doch vor diesem stand Thuram, der zuvor eine Hereingabe des eigewechselten Patrick Herrmann verpasst hatte, sich im Tornetz darüber eine Weile ärgerte, langsam zurück ins Spiel chillte und zum richtigen Zeitpunkt auf Höhe von Hradecky ankam, um Amiris Pass in Empfang zu nehmen und für den nachrückenden Lars Stindl aufzulegen.

Dieses Slapstick-Tor hatte damit auch irgendwie alles, wofür die verkorkste Saison von Borussia steht. Dass die Gäste nach diesem Treffer dem 3:2 näher gewesen wären als Bayer, wundert nicht wirklich, es wäre aber tatsächlich nach der Leistung der ersten 60 Minuten sehr peinlich gewesen, hier auch noch einen Sieg mitnehmen zu wollen. Daniel Farke kam dennoch nach dem Spiel wortreich zum Schluss, dass ein Sieg nicht unverdient gewesen wäre, was - sagen wir mal - eine sehr exklusive Sichtweise war. 

Den Schlusspunkt sezte aber ein anderer. Leverkusens Hincapie zog in der Nachspielzeit mit gestrecktem Bein wie ein Geistesgestörter gegen Weigl durch, sodass man sich echte Sorgen um den Gladbacher Mittelfeldgestalter machen musste. Zum Glück konnte er weiterspielen, im Gegensatz zu seinem Kontrahenten, den Schiri Daniel Siebert (dem die Gelbe Karte ansonsten ein bisschen zu locker saß) ohne Zögern und hochverdient mit Rot vom Platz schickte. Einmal mehr eine unnötige Entgleisung in dieser Mannschaft, die in jüngster Zeit einfach schon zu viele Gladbacher aus dem Spiel getreten hat.

Immerhin: Einmal noch, dann haben wir diese Saison endlich geschafft. Im Heimspiel gegen Augsburg heißt es noch einmal eine Einheit im Borussia Park zu sein und dem Kapitän Lars Stindl den verdienten warmen Abschied zu bieten. Wenn nichts mehr dazwischen kommt, werde ich auch im Stadion sein. Danach beginnt - wieder - eine neue Zeit, mit einer sichtbar veränderten Mannschaft, vielleicht auch schon wieder mit einem neuen Trainer und natürlich mit den üblichen Hoffnungen, dass es nach diesen turbulenten Jahren mal wieder in ruhige und gute Fahrwasser zurück geht. Den darin sind wir ja alle unverbesserlich - sonst wären wir keine Borussen.          

Saison 2022/23, Bundesliga, 33. Spieltag: Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach 2:2. Tore für Borussia: 1:2 Hofmann, 2:2 Stindl. 

Zwei Tor plus = neuer Spendenstand 117 Euro.

Das gilt in der Saison 22/23: Für jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal zahle ich 1 Euro. Für jedes Tor von Tony Jantschke oder Christoph Kramer: 10 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer, Jonas Omlin (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 10 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg: 10 Euro. Einstelliger Tabellenplatz am Saisonende: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 122 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.

 

1 Kommentar:

  1. Noch gechillter spielte allerdings Herr Hofmann. Ich habe ausschließlich ihn (vor Ort) einmal 10 Minuten während des Spiels ins Visier genommen. Unfassbar. Spazierengehen ist dagegen Hochleistungssport.

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