Als Kind bin ich mit den letzten Ausläufern der 70er-Meisterfohlen zum Gladbach-Fan geworden, in den 80ern war ich noch stolzer Zeuge so manchen Galaauftritts unter Heynckes und Krauss. Danach wurde es für lange Zeit sehr dunkel. Es begann eine Ära, in der man als Borussia-Fan deutlich mehr Frust als Freude an seiner Mannschaft hatte. Dank Lucien Favre und Max Eberl und dem offensichtlich äußerst kompetenten Team drumherum nimmt der Verein seit 2011 eine fast märchenhafte Entwicklung. Doch das ist nicht ohne Risiko. Denn mit Erfolg steigen die Erwartungen - und es kommen auch mehr Menschen ins Stadion, die in erster Linie Fans des Erfolgs sind. Bleibt er irgendwann aus, ziehen auch sie weiter, zum nächsten "Event".
Bei Borussia ist das offensichtlich - noch - anders. Dafür spricht zumindest mein Eindruck vom Sevilla-Spiel und dem folgenden Heimspiel gegen Paderborn am Sonntag. Ich bin sehr froh, dass die allermeisten derer, die ins Stadion gehen, ihren Realitätssinn und auch ihren Fußballverstand im Aufschwung des VfL nicht verloren haben und das zähe Spiel gegen Paderborn ohne Pfiffe und mit der richtigen Einstellung hingenommen haben.
Es ist ja in den vergangenen Tagen schon viel über die Stimmung geschrieben worden, die während des Europacup-Fights am Donnerstag herrschte. Sie war über das ganze Spiel hinweg gigantisch, fordernd, nach vorne treibend, mitreißend - und verbindend. Die paar armen Menschen, die nach dem 2:3 eiligst von ihren Plätzen flüchteten, damit sie nicht auch noch im Stau stehen müssen, fallen da kaum ins Gewicht.
Das Beste aber war für mich am Ende die Verabschiedung der Mannschaft durch die vielen tausend Fans, die sich einen Scheißdreck darum scherten, dass sich ihre Abfahrt deutlich verzögert, wenn sie noch ein Weilchen länger bleiben. Die ihrem Team einfach nur ihren Respekt und Dank zeigen wollten, und sie minutenlang mit Sprechchören feierten. Weil sie wissen, dass die Mannschaft alles gegeben hatte und die die Leistung einschätzen konnten, die wissen, dass die Trauben manchmal einfach zu hoch hängen, auch wenn sie zum Greifen nah sind.
Sicher: Treue, Einsatz und bedingungslose Unterstützung gibt es auch bei Fans anderer Vereine. Aber bestimmt nicht so schön wie beim VfL. Nicht so schön wie letzten Donnerstag. Denn bei Borussia kommt über die Jahrzehnte ein Faktor erschwerend hinzu, den kein Bayern-Fan je spüren wird: Ob Büchsenwurf, van der Kroft, die Matthäus- oder Dante-Fahrkarten im Elfmeter-Lotto, das 5:1/0:4 gegen Madrid oder der K.o. gegen Sevilla: Keiner scheitert so legendär wie wir.
Euro League 2014/15, Sechzehntelfinale: Borussia Mönchengladbach - FC Sevilla 2:3 (26.2.15)
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