Borussia steht im Sechzehntelfinale der Europa League. Dahinter gehört ein dickes Ausrufezeichen. Denn auch wenn das in dem ganzen Gemaule über die verkorksten letzten Wochen etwas unterzugehen drohte: Das Überwintern im europäischen Geschäft war das Königsziel, spätestens nach der Auslosung der Gruppen. Das ist erreicht, Borussia tanzt also auch nächstes Jahr noch auf drei Hochzeiten.
Hätte, wenn und Aber: Klar, mit etwas mehr Glück oder Kaltschnäuzigkeit hätte der VfL sogar Platz zwei angreifen können. Die Reporter bemühten diese schon vor dem Spiel sehr unwahrscheinliche Option ja zur Genüge. Genommen hätten wir es natürlich, doch verdient wäre es unter dem Strich nicht gewesen.
Das Hinspiel in Manchester war eine heftige Klatsche, das 2:0 in Glasgow eine hervorragende Visitenkarte für die Königsklasse. Gegen Barcelona und im Heimspiel gegen Celtic fehlte das berühmte Quäntchen Glück und/oder Geschick, um mehr Punkte zu sammeln. Und das Spiel gestern war ein ganz spezielles, eine Partie, die unter sehr schwierigen Vorzeichen geführt wurde und am Ende völlig gerecht unentschieden endete. Diesmal erkämpften sich die Borussen den Punkt, den sie schon in der vergangenen Saison an gleicher Stelle gegen den gleichen Gegner unglücklich verpasst, aber verdient gehabt hatten - und der letztlich auch damals schon zum Euro-League-Platz gereicht hätte. Insofern schloss sich gestern Abend ein Kreis - mit einem Spiel und einem Ergebnis, das allen Gladbachern Mut machen sollte, auch wenn selbstverständlich nicht alles Gold war, was glänzte.
Denn lange sah es so aus, als ob auch dieses Spiel maßgeblich von Dingen beeinflusst werden würde, die nicht allein in der Macht der Spieler lagen. Da fehlte der quirlige Thorgan Hazard ganz auf dem Spielberichtsbogen, der gerade genesene Ibo Traoré humpelte früh vom Platz, sodass Gladbachs Flügelspiel schon in der guten ersten Hälfte merklich erlahmte. Den Rest zum Widrigkeiten-Cocktail steuerte der sehr unstet pfeifende Schiedsrichter bei, der beim Heimteam zwar die Verwarnungen korrekt zückte, dies bei Manchester allerdings viel zu lange unterließ. Der später vom Platz gestellte Fernandinho hätte schon den Pausenpfiff nicht mehr auf dem Rasen erleben dürfen, die zweite Gelbe war dagegen schon eher als eine Art Konzessionsentscheidung nach der sehr harten zweiten Karte gegen Stindl zu werten. Mo Dahoud und selbst Raffael standen irgendwann auch in der Gefahr, vom Platz zu fliegen, was den Trainer anderer taktischer Auswechslungsoptionen beraubte.
Doch dann war es plötzlich, als hätte zum ersten Mal in dieser Saison der Fußballgott ein Einsehen - als hätte er es über, immer und immer wieder mit dem VfL Schabernack zu treiben. Allen Widrigkeiten zum Trotz hielten Elvedi und Co den Punkt fest und hatten diesmal keinen weiteren bitteren Nackenschlag gegen ein Weltklasseteam zu erleiden - mit dem man sich einmal mehr um den Lohn der Mühen gebracht hätte.
Wird diese nicht spektakuläre, aber hoch einzuschätzende Leistung der gesamten Mannschaft von den Fans gebührend gewürdigt? Es ist zu hoffen. Doch das Verhalten von Teilen der Stadionbesucher lässt Zweifel aufkommen. Die Nordkurve kämpfte um Leben in der Bude, die Süd machte ein bisschen mit, der Rest saß über weite Teile des Spiels eher teilnahmslos dabei. Wieder machten sich hunderte nach der 80. Minute beim Stand von 1:1 vom Acker. Mit dem Aufstehen, zugleich eine Ehrenbezeugung und ein letztes aufpeitschendes Element für die kämpfenden Jungs auf dem Rasen, ließ sich das Stadion Zeit bis drei Minuten vor Schluss, während unten die Schubert-Schützlinge eine ganze Halbzeit lang verzweifelt auf die Zähne bissen und das Remis mit selbigen und Klauen verteidigten.
Da fragt man sich schon: Was erwarten diese Leute eigentlich? In welcher Realtität befinden sie sich? Wofür wird denn das Glasgower Publikum so bewundert und gefeiert? Für den nicht nachlassenden Support auch in ausweglosen Situationen. Die Mannschaft und das letzte Heimspiel in der Königsklasse (vielleicht für längere Zeit) hätten gestern ein enthusiastischeres Publikum wirklich verdient gehabt. Eins, das den Gegner mit schierer Lautstärke beeindrucken und vielleicht auch einschüchtern kann. Phasenweise geht das im Borussia Park, vor allem in den ersten zehn Minuten des Spiels. Dann aber wird es oft wieder erstaunlich still. Und wenn die Mannschaft mal dringend Unterstützung braucht, reagiert das Stadion gern mal phlegmatisch. Nein, Borussia Park, das war nicht Champions-League reif. Und das können wir viel besser.
Zu notieren war in diesem Spiel aber auch, dass die Mannschaft allen Unkenrufen zum Trotz funktioniert, dass kritisierte Spieler (Dahoud, Wendt, auch Jantschke) langsam wieder auf Touren kommen und Yann Sommer ganz stark auf die unglücklichen Gegentore vom Wochenende reagiert hat. Es zeigt sich, dass André Schubert nicht nur einen Plan hat, sondern die Mannschaft ihn auch flexibel umsetzen kann. Die Defensive stand bis auf wenige Ausnahmen gegen diese Weltauswahl äußerst nervenstark und sicher, und nach vorne ging in der ersten Hälfte erstaunlich viel, auch wenn die letzte Präzision auch diesmal zu oft fehlte.
Darauf lässt sich aufbauen, das zählt. Und mit einem Sieg gegen Hoppenheim am Samstag lässt sich hoffentlich auch eine Krisendiskussion wieder abschütteln, die der Borussia einfach unwürdig ist.
Champions League, Gruppenphase, 5. Spieltag (23.11.16): Borussia
Mönchengladbach - Manchester City 1:1 (Tor für Borussia: 1:0 Raffael)
Der Kommentar: 1. Sahne, aber:
AntwortenLöschenEin wenig Verständnis habe ich auch für ein paar Pfiffe. Die "Weltklassemannschaft" hat zumindest keinen guten Tag gehabt und wenn man weiß was für tolle Kombinationen wir vorne spielen können, dann tut jeder Fehlpass einfach weh. Es waren ein paar ganz einfache Sachen dabei wo man sah das z.B. Stindl und Elvedi doch nicht in Topform sind weil eben der letzte Pass zu schwach gespielt wurde. Auch ein Fabian Johnson ist nicht wirklich gut in Form aber eine bessere Alternative ist wohl auch nicht da. Das man den Punkt besser verteidigt als auf Sieg zu spielen ist doch richtig, korrigier mich jemand aber zählt nicht in der CL der direkte Vergleich? Glaubt jemand der da gepfiffen hat das wir noch 6:1 gewonnen hätten? Das Risiko mit leeren Händen bei einer Niederlage da zu stehen war ungleich größer, also denke ich mal Schubert hat alles richtig gemacht. Einige Zuschauer waren vielleicht nicht im Thema was diese Sache anbelangt.
Guter Punkt - Manchester war nicht so stark wie im Hinspiel, das stimmt. Ich denke, dass zwei Dinge dafür maßgeblich waren: die viel bessere Defensivleistung von Borussia (als beim 0:4) plus ein wenig Glück bei den Abseitstoren (jeweils haarscharf) und die Gewissheit, dass City ein Punkt zum Weiterkommen reichte. Deshalb sind sie auch nicht unnötig ins Risiko gegangen. Gut für uns.
AntwortenLöschenZum direkten Vergleich: Du hast recht, den hätten wir nicht mehr gewinnen können. Allerdings wären wir mit einem Sieg punktgleich mit City gewesen. Gesetzt den Fall, sie hätten im letzten Spiel gegen Celtic gepatzt und wir hätten in Barcelona gepunktet, wäre der zweite Platz noch drin gewesen. Allerdings kann man die Wahrscheinlichkeit dafür ziemlich niedrig ansetzen. Insofern wäre das dem Risiko, noch einen Konter zu fangen und das Spiel zu verlieren, sicher nicht angemessen gewesen.