2018-08-19

Gierige Generalprobe

Das war doch mal ein Start in die Saison! Elf Tore im DFB-Pokal, eine sehenswerte Partie ohne Ausscheidens-Ängste gegen einen krassen Außenseiter und, soweit ich sehen konnte, keine neuen Verletzungen. Am 11:1 beim sympathischen BSC Hastedt gibt es wirklich nichts zu meckern, nicht mal die noch ausbaufähige Effizienz vor dem Tor. Das war Spektakel genug - und seit sehr langer Zeit mal eine Gladbacher Mannschaft, die die Gier auf Tore bis zum Schluss konservieren konnte und nicht schon nach dem zweiten Tor auf spielerische Sparflamme schaltete.

Klar, der Spielverlauf in der Generalprobe für den Bundesliga-Auftakt wurde sehr deutlich von der interessanten Taktik des Gegners begünstigt, der erstaunlicherweise die Abwehr sehr hoch agieren ließ und den VfL förmlich dazu einlud, lange Bälle hinter die Abwehr zu spielen. So fiel das beruhigend schnelle 1:0, als der in die Tiefe gestartete Florian Neuhaus vom Torwart im Strafraum nur noch abgeräumt werden konnte und Hazard den fälligen Elfmeter sicher verwandelte.

Und auf diese einfache Art kam Borussia immer wieder in gute Positionen und zu schönen Abschlüssen, selbst wenn man ein paarmal zu häufig ins Abseits lief. Man muss kein Klugscheißer sein, um festzustellen, dass sich Hastedt mit einer fiesen Einigel-Taktik heute den größeren Gefallen getan hätte, vor allem weil das leidenschaftliche Verteidigen eines Underdogs das eigene Publikum vielleicht auch noch mehr mitgerissen und zum Faktor hätte werden lassen (so wie Drochtersen/Assel es gegen die Bayern gelang). Allerdings war der Käse auf Platz 11 nach den drei Treffern in der ersten Viertelstunde ohnehin früh gegessen.

Dass diese einfache Waffe im Spiel nach vorn so gut funktionierte, ersparte Strobl und Co. das Schicksal, sich - wie in vielen Spielen in der Bundesliga - gegen eine massierte Deckung auf engstem Raum erst mühsam Lösungen erarbeiten zu müssen. Insofern war es für das Spiel heute ein guter Schlüssel, den einfachen Ball in die Spitze spielen zu können - als Gradmesser und als gute Vorbereitung für die nächsten Spiele in der Liga taugte diese Partie aber nicht.

Wenn Dieter Hecking die mutige Verteidigungstaktik des Bremer Oberligisten vorher gekannt hätte, hätte er möglicherweise auch von Anfang an eher auf Johnson und Herrmann als schnelle Flügelzange gesetzt, die in der Vorbereitung schon sehr positiv aufgefallen waren. Aber der variable Dreiersturm Hazard, Raffael und Plea machte es auch so sehr gut, zumal er von den agilen Hofmann und Neuhaus, die ebenfalls gekonnt in Lücken stießen, sehr gut unterstützt wurde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das Quintett teilte die Tore unter sich auf und machte eindrucksvoll Werbung für sich in Hinblick auf einen Startelfplatz am Samstag gegen die Pillen aus Leverkusen.

Blenden lassen wir uns allerdings besser nicht von dieser Galavorstellung gegen einen Fünftligisten. Wie sattelfest die Abwehr ist, lässt sich Stand heute nicht seriös beantworten. In der Vorbereitung zeigte sie in verschiedenen Konstellationen Schwächen bei Kontern und Standards, davon war mangels Hastedter Angriffe heute nicht viel zu notieren. Das Gegentor schien vermeidbar, wobei kurz vor Schluss bei dem Spielstand vielleicht auch mal die Konzentration kurz nachlassen kann und es fast schien, als gönnten auch die Spieler des VfL inklusive Torwart Sippel den Gastgebern dieses kleine Erfolgserlebnis. Ich jedenfalls habe es dem BSC gegönnt, der trotz der Klatsche (bis auf zwei, drei etwas härtere Fouls) sehr fair spielte.

Wer hat sich heute - unabhängig von der Qualität des Gegners - in den Vordergrund gespielt? Aus einer konzentrierten, spielfreudigen, laufstarken und hungrigen Mannschaft muss man eigentlich niemanden herausheben. Doch weil es für die noch vakanten Positionen für die Startelf wichtig ist, muss Luis Jordan Beyer genannt werden. Er durfte heute ran und zeigte eine reife Leistung, sowohl im Spiel nach hinten wie in der Vorwärtsbewegung. Besonders auffällig ist, dass er nicht nur die Seite rauf- und runterrennt, sondern auch ein sehr gutes Auge für den Mitspieler und gute und überraschende Pässe in die Halbstürmerpositionen im Repertoire hat.

In der Vorbereitung hat mir auf der Position Manny Egbo zwar noch einen kleinen Tick besser gefallen, weil er auch ein Stück erfahrener ist. doch Egbo ist ein Verlierer des DFB-Pokal-Spieltags. Da in Jantschke, Strobl oder Ginter gleich drei Spieler dabei waren, die Beyer im Fall einer Verletzung auf der Rechtsverteidigerposition hätten vertreten können, bekam der junge Engländer diesmal nicht einmal einen Kaderplatz. Da Michael Lang bis Samstag voraussichtlich nicht fit sein wird, deutet alles auf ein Bundesligadebüt von Beyer hin.

Die zweite Vertretungskraft, die gegen Leverkusen wohl spielen wird, ist der unverwüstliche Tony Jantschke. Er macht es für meine Begriffe sehr gut in der Innenverteidigung neben Ginter. Heute war er extrem oft der erste Aufbauspieler und leitete sogar mit einem feinen Steilpass das zweite Tor von Alassane Plea ein. Dennoch muss man berücksichtigen, dass ihm Leverkusens Stürmer deutlich mehr zusetzen werden und ihn mit Pressing zu schnelleren Abspielen zwingen werden. Das könnte eine Schwachstelle sein. Aber wer weiß, dass Jantschke sich in den ganzen Jahren immer wieder ins Team spielen konnte, weiß auch, dass er sich auch da wieder anpassen kann.

So offensiv wie Tobi Strobl heute den Sechser intepretierte, wird dieser am Samstag zum Bundesligastart sicher nicht agieren, egal ob er Kramer, Strobl oder Zakaria heißt. Es müsste im Normalfall Chris Kramer sein, aber das Rennen zwischen den dreien scheint derzeit ziemlich eng zu sein. Davor spricht einiges für den Dauerläufer Jonas Hofmann und im Moment auch für Florian Neuhaus. Beide waren heute Aktivposten, zeigten in den Testspielen aberauch schon mal schwächere Auftritte. Es wird spannend zu sehen, ob Hecking dort auf die beiden setzt oder ob er Zakaria und/oder Cuisance vorzieht. Solange Stindl noch fehlt, sind es wohl diese vier, die um die beiden Achterplätze konkurrieren.

Gleiches gilt auf den Flügeln für Hazard, Herrmann, Johnson und entweder Raffael oder Plea, wenn der andere das Sturmzentrum besetzt. Dass das in den Positionen nicht so festgemeißelt ist, zeigte sich heute, wo jeder der drei Stürmer mal über die Flügel kam und mal im Zentrum lauerte. Josip Drmics Fehlen heute deute ich einfach mal so, dass nun doch die Zeichen auf Abschied stehen.

Und der Rekordeinkauf? Er kommt langsam ins Rollen. Die Tore waren eines Torjägers würdig, es hätten aber auch gut und gerne noch zwei bis drei mehr sein müssen. Was ihn auszeichnet, ist schon zu sehen, allerdings braucht er sicher noch etwas, um ausreichend handlungsschnell zu werden. Heute funkten ihm die unterklassigen Gegner schon recht häufig dazwischen, in der Bundesliga hat er noch weniger Zeit zum Abschluss. Könnte also gut sein, dass er gegen Leverkusen von der Bank kommt und vielleicht dafür der Bayer-Schreck Patrick Herrmann den Vorzug erhält.

So, eine knappe Woche noch, dann geht es wieder richtig los in der Liga. Es wird Zeit. Und mit dem Spiel von heute im Sack lässt sich ein ganzes Stück besser auf Optimismus schalten. Ich hoffe, dass der neue Geist, die zitierte Gier, die sich die Mannschaft eingeimpft haben will, auch dauerhaft erhalten bleibt. Das Spiel heute hat bewiesen, dass die Mannschaft brennt und dass der Funke auch zu den Fans wieder richtig zünden kann. Am besten gelänge das mit einem Heimsieg am ersten Spieltag. Und auch wenn es vermessen wäre, das Ergebnis von Bremen zu hoch zu hängen: Es lässt sich schon mal gut an. Also, jetzt gilt's: Auf eine tolle neue Saison!

DFB-Pokal, 1. Runde: BSC Hastedt - Borussia Mönchengladbach 1:11. Tore für Borussia: 0:1 Hazard (FEM), 0:2 Plea, 0:3, 0:4 Raffael, 0:5 Neuhaus,0:6 Hazard, 0:7 Plea, 0:8 Hofmann, 0:9 Raffael, 0:10 Plea, 0:11 Hazard

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