2019-05-19

Spiegelbild der Saison


Er war ein gutes Spiegelbild der gesamten Saison, der letzte Auftritt der Fohlenelf in diesem Spieljahr. Eine gute Halbzeit, die mit einem eher unverdienten Tiefschlag endete. Und eine ziemlich schwache zweite Hälfte, die einmal mehr illustrierte, warum am Ende im und rund um den Borussia Park - trotz des sehr guten Abschneidens - eher gedrückte Stimmung herrschte und nicht die angemessene Feierlaune angesichts der bevorstehenden Europareisen.
Die Saison ist endlich rum, dieses Gefühl scheint uns alle zu einen. Und deshalb will ich auch nicht noch einmal an den Einzelheiten dieses Spiels abarbeiten und was wann wie hätte anders laufen sollen und müssen. Für mich gab es einen starken Auftritt in den ersten 25 Minuten und insgesamt eine tolle Körpersprache und geschicktes Zweikampfverhalten, mit dem Dortmund nicht zurecht kam. Erst nach und nach ließ sich der VfL mehr und mehr in die eigene Hälfte zurückfallen und überließ den Gästen damit mehr Spielkontrolle. Das war schlecht und sorgte dafür, dass sich der BVB in der Phase vor der Halbzeit auch mal gefährlicher vor den Gladbacher Tor zeigte.
Dass das Tor dann noch vor der Halbzeit fiel, war nicht gänzlich überraschend, aber zu diesem Zeitpunkt nicht verdient. Die beste Chance hatte bis dahin Ibo Traoré mit seinem Lattenschuss gehabt. 
Ich halte das Tor auch für irregulär, weil aus meiner Sicht der Ball schon im Toraus gewesen ist. Beweisen lässt sich das allerdings nicht.  Es bleibt allerdings rätselhaft, warum Schiedsrichter Gräfe, wenn er nach Ansicht der Videobilder das Tor schon gelten lässt, als Begründung ausgerechnet anführt, dass er sich dann letztendlich auf den Eindruck seines Linienrichters verlässt, der den Ball auch nicht im Aus gesehen hat. Nur damit das klar ist: Dieser Assistent stand Luftlinie gute 40 Meter weg vom Ball, hatte ein Torgestänge in seinem Sichtfeld und stand sicher auch zu diesem Zeitpunkt nicht direkt auf der Torlinie. Und: Er hatte in unmittelbarer Nähe bereits zweimal Bälle durchgewunken, bei denen ich aus 70 Metern Entfernung sehen konnte, dass zwischen Seitenlinie und Ball der Rasen durchscheint. 
Man kann heilfroh sein, dass dieses Tor und das Ergebnis im Borussia Park weder für uns noch für die Meisterschaftsentscheidung relevant wurde. Das hätte ein ziemliches Theater gegeben.
Sei‘s drum, an diesem Tor allein kann man nicht festmachen, was im Anschluss mit der Mannschaft passierte. Sie schien wie gelähmt und fiel in den Modus der vergangenen Wochen zurück. Harmlos, nervös, fehlerhaft und wieder viel zu passiv, was dem BVB erlaubte, zu schalten und zu walten, wie er wollte. Zum Glück war auch für Dortmund bald klar, dass es nichts würde mit der Meisterschaft, sonst hätten sie die Schwächen der Gladbacher sicher noch konsequenter ausgenutzt.
Trösten kann uns, dass selbst ein Sieg gegen Dortmund wohl nichts an der Endplatzierung geändert hätte. Aber genauso haarscharf rutschte die Hecking-Elf an einem schlechteren Platz vorbei: weil Wolfsburg trotz 8:1 (!) am Ende ein Tor fehlte, und weil Hoffenheim auf der Ziellinie erneut patzte. 
Deshalb hätten wir eigentlich Grund haben müssen, ausgelassen zu feiern. Denn Platz 5 ist für Borussia immer noch eine wahnsinnig gute Platzierung, die wir wohl vor der Saison sofort unterschrieben hätten. Doch das Gefühl ungetrübter Freude stellte sich aufgrund der vergangenen Auftritte und der schwachen zweiten Hälfte nicht so recht ein. 
Dazu kommt ein eher schwaches Bild, was wir heute im Stadion auf den Rängen abgegeben haben. Wenn wir immer fordern, dass sich die Mannschaft und der Trainer verbessern müssen – wir müssen das auch. Zumindest, wenn wir unseren Ruf als tolle Fans behalten wollen.
Die ersten 20 Minuten waren klasse, da ging das ganze Stadion mit, weil einfache Anfeuerungen gestartet wurden und das Team mit dem richtigen Feuer auf dem Rasen agierte und lautstarke Rückmeldung von den Rängen bekam. Balleroberungen wurden gefeiert, von den Gästefans war nichts zu hören. 
Dann aber brach die Stimmung zusammen, das Stadion wurde ruhiger und ruhiger und es gelang kein gemeinsames Anfeuern mehr. Für mich auf der Südtribüne sah das so aus, dass der harte Kern im Norden nicht mehr direkt auf die Dynamik im Stadion einging und fortan nicht mehr die einfachen Gesänge durchs Stadion schickte. So wurde im ganzen Spiel weder der VfL-Wechselgesang gestartet noch „Die Seele brennt“, was sicher heute angemessen gewesen wäre. 
Stattdessen wurden längere Sprechchöre angesagt, die im Süden wenn überhaupt nur bruchstückhaft ankamen. Damit war der Faden zwischen den willigen Fans gerissen. Ich kenne mich mit den Notwendigkeiten nicht aus, wie sie in der Nordkurve herrschen. Aber ich merke (und sehe), dass dort ein Teil der Fans irgendwann ihre eigene Party macht (die die Spieler sicher auch mitbekommen), der Rest der Nordkurve aber nur halbherzig einsteigt und das übrige Stadion so nicht mitgenommen wird. Selber etwas zu starten, ist von außerhalb der Nordkurve kaum möglich, und das führt dazu, dass die Power erlahmt und wie heute dann der Gästeblock viel zu bestimmend wird.
Daran müssen wir arbeiten, genauso wie an dem Umgang mit Spielern und der eigenen Erwartungshaltung. Wenn ich sehe, dass am letzten Spieltag 15 Minuten vor Schluss Hunderte die Blöcke verlassen und so der Mannschaft den verdienten Applaus nach Schlusspfiff für eine lange und letztlich gelungene Saison verweigern, ist das armselig.
Richtig ärgern kann ich mich darüber, dass Thorgan Hazard in seinem letzten Spiel für uns mit einem gellenden Pfeifkonzert zur Auswechslung begleitet wird. Geht’s noch? Der Junge hat Gladbach über fünf Jahre fraglos verstärkt, er hat viele Tore geschossen, viele vorbereitet und sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Auch wenn er auch gestern unglücklich agierte und fast Angst davor zu haben schien, dass er vor dem Dortmunder Tor zum Abschluss kommen könnte: Das rechtfertigt niemals einen solch bitteren Abschied. Das hat er nicht verdient, das ist unterste Schublade und ich schäme mich dafür. Auch dieses Verhalten unserer Fans hat mir heute ein bisschen die Freude über das glückliche Ende der Saison vermiest. 
Freunde, das darf so nicht weitergehen. Wir müssen wieder kompromisslos zusammenhalten und die Mannschaft bedingungslos unterstützen. Absichtlich spielt keiner schlecht oder stellt schlecht auf. Aber wir haben mit in der Hand, ob sich die Mannschaft etwas zutraut oder nicht. Das bleibt auch so, wenn ein neuer Trainer kommt, auf den wir große Hoffnung setzen. Ohne das Stadion und die treuen Auswärts-Fans wird keine Erfolgsgeschichte daraus. Darüber müssen wir in der Sommerpause nachdenken - und die richtigen Schlüsse ziehen. Ich bin gerne mit meinen Möglichkeiten bereit, dazu beizutragen. 

Bundesliga 2018/19, 34. Spieltag: Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund 0:2

2 Kommentare:

  1. Stimme dir im Großen und Ganzen zu. Die Pfiffe nerven mich auch. Aber Hazard hat in der letzten Zeit AUF und NEBEN dem Platz unglücklich agiert bzw. selber Porzellan zerbrochen.

    Wer in der entscheidenden Phase wo es noch um den CL Einzug geht in den belgischen Medien ein Interview gibt, was augenscheinlich dazu gedacht ist seinen Kaufpreis für seinen zukünftigen Arbeitgeber zu reduzieren (und damit vielleicht auch sein Handgeld oder Salär aufzubessern?), muss damit rechnen, das das bei den Fans nicht gut ankommt.

    Und zustzlich kommt dann schon der Eindruck auf, das er mit dem Kopf mehr bei seinem neuen Arbeitgeber ist und ihm das letzte Herzblut zum Erreichen der CL abgeht.

    Ich finde es blöd Ihn auszupfeifen, aber ein bisschen Selbstkritik könnte Ihm da m.E. nicht schaden!

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  2. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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