Morgen um diese Zeit wissen wir, wie der erste Akt des absehbaren Trauerspiels namens Corona-Bundesliga für unseren Lieblingsverein ausgegangen ist. Klar, das interessiert mich natürlich. Ich hoffe selbstverständlich auch, dass Borussia nicht nur morgen gewinnt, sondern sich in dieser schwierigen Ausnahmesituation bestmöglich aus der Affäre ziehen kann. Aber...
Trotz des wirklich durchdachten, aufwändigen und teuren Konzepts, das die DFL vorgelegt hat und jetzt umsetzt: Es zeichnet sich von Tag zu Tag genau das ab, was ich schon in meinem letzten Blogbeitrag befürchtet hatte. Der Rest einer spannenden Saison droht zum Glücksspiel zu werden.
Fälle wie das Kabinen-Livevideo von Herthas Kalou mit einem Sackvoll Verstößen gegen die Hygieneregeln oder Heiko Herrlichs Zahnpastakauf, mit der der Augsburg-Trainer leichtfertig gegen die Quarantäneregeln verstieß, sind Wasser auf die Mühlen aller, die kritisieren, dass der Profifußball eine Sonderrolle bekommt, die er nicht verdient. Zugleich nähren solche Vorfälle die Zweifel, dass hinter den Kulissen penibel genau darauf geachtet würde, was die Liga an strengen Regeln so vorgibt. Auch Borussia hat ja bereits den ersten Fehltritt hinter sich - mit der verkürzten Quarantäne im eigenen Hotel. Konsequenzen hatte das zum Glück für uns erstmal nicht. Aber es kostet Glaubwürdigkeit. Und natürlich stellt es auch eine Gefahr für die Gesundheit aller Beteiligten dar. Und die müsste eigentlich über allem anderen stehen.
Der Saisonendspurt, der die Profiligen und ihre Vereine wirtschaftlich über Wasser halten soll und vielleicht auch wird, hat mit einem sportlich fairen Wettstreit jedenfalls nichts zu tun. In der zweiten Liga ist Dresden wegen positiver Tests bei Spielern für zwei Wochen aus dem Rennen genommen worden und wird es schwer haben, sich selbst in Form und damit konkurrenzfähig zu halten. Würde jedes andere Gesundheitsamt vor Ort genauso handeln? Fraglich. Aber wie geht es weiter: Müssen noch mehr Teams für eine zwei Wochen aus dem eng getakteten Spielplan genommen werden? Und was passiert dann. Nachdem die Ligavereine sich auch in dieser Woche noch nicht auf eine Wertung im Worst-Case-Szenario, dem Saisonabbruch, einigen konnten, ist diese Frage weiter völlig offen. Solidarität untereinander sieht anders aus, liebe DFL-Vereine.
Doch erheblich geschwächt werden Vereine zum Teil auch durch den Ausfall einzelner Schlüsselspieler. In Bremen geht gerade heute ein (noch unbekannter) Spieler in Quarantäne und kann nicht eingesetzt werden, weil eine Kontaktperson infiziert ist. In Düsseldorf ist der Kapitän Oliver Fink nicht dabei, weil er aus der Quarantäne zurück zu seiner Frau und dem neugeborenen Kind ging - er hatte sicher triftige Gründe dafür. Was kommt als nächstes, und wie wirkt sich das auf die ohnehin nur mäßig ausgeprägte Chancengleichheit in den Ligen aus?
Es kann und wird vielleicht schnell so weit kommen, dass wir gar nicht mehr hoffen, dass die Spieler unseres Teams im Spiel X ihre beste Leistung abrufen, sondern, dass sie überhaupt mit einer konkurrenzfähigen Mannschaft auflaufen können. Wir hoffen, dass unser Team die Auswirkungen der Corona-Krise am wenigsten zu spüren bekommt; dass unser Team den besten und erfolgreichsten Fußball spielt, spielt schon eine untergeordnete Rolle.
Das ist es, was den Titel und die Platzierungen, egal wer sie erringen wird, am Ende ein ganzes Stück weniger wert sein lässt, bei aller ehrlicher Arbeit und Bemühungen der Beteiligten. Das trübt meinen Blick auf die nächsten Wochen. Aber die Show muss weitergehen - also lassen wir schweren Herzens die Quarantäne-Spiele beginnen...
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