Na, Prost Mahlzeit. Die zweite Derbyniederlage hintereinander, und zum zweiten Mal ist es doppelt ärgerlich, weil dieses (an sich seltene) Erfolgserlebnis des Gegners völlig überflüssig war. Das galt vor einem Dreiviertel Jahr, als eine zu lasche Rose-Elf knapp gegen einen fast ebenso schwachen, aber aufgeputschten Gegner verlor. Und es gilt heute, obwohl der Gegner diesmal eine ganz andere fußballerische Qualität auf den Platz zu bringen in der Lage war.
Heute endet das Spiel trotz erheblich besserer Leistung des VfL sogar 1:4 - die höchste Derbyniederlage seit 1996, wie es hieß (mit solchen Statistiken befasse ich mich selbstredend sonst gar nicht). Das ist einerseits deutlich zu hoch, weil das Spiel insgesamt vorne wie hinten relativ ausgeglichen war.
Der Unterschied zwischen beiden Teams war in den entscheidenden Situationen nicht groß. Es gab zwei Aluminumtreffer auf der einen Seite, die ins Tor gingen, zwei auf der anderen Seite, die wieder ins Feld zurück sprangen. Ein Abseitstor, das knapp weggepfiffen wurde, auf der anderen Seite war es einmal genauso knapp eben kein Abseits. Auf der einen Seite spielt Neuhaus dem Gegner den Ball so in die Füße, dass ein Tor daraus fällt. Auf der anderen Seite fehlt Plea ein Schritt, um einen verunglückten Kölner Rückpass zu erlaufen und ein Tor zu erzielen. Auch ansonsten waren die guten Torchancen auf beiden Seiten in etwa ausgeglichen. Aber das erklärt es nicht allein.
Denn man kann - andererseits - den Gastgebern kaum absprechen, dass sich sich diesen Sieg verdient haben. Sie liefen deutlich mehr, waren in den Zweikämpfen oft cleverer und besetzten nach der eher schwachen Anfangsphase die Räume im Mittelfeld einfach besser und kamen so zu vielen Ballgewinnen, zu Umschaltsituationen und beschäftigten die Borussen damit mehr, als es sein sollte.
Damit hinderten sie letztlich das Gladbacher Mittelfeld erfolgreich daran, eine spielerische Dominanz im eigenen Ballbesitz aufzuziehen, wie ihnen das in der Anfangsviertelstunde ansprechend gelungen war. Da schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es im Tor von FC-Torhüter Marvin Schwäbe klingeln würde.
Doch dann gab es einen - unerklärlichen - Bruch im Spiel des VfL, und bis zum Ausgleich gewann Köln mehr und mehr das Heft des Handelns, die Hütter-Truppe musste mehr reragieren, als sie selbst agieren konnte. Trotzdem kamen ansehnliche Chancen heraus. Doch dass eher der gegnerische Führungstreffer kommen würde, deutete sich lange an.
Koné und Zakaria wurden aggressiv und zunehmend effektiver gepresst, genauso wie die Dreierkette, die, davon beeindruckt, dann auch nur noch selten den Passweg nach vorne fand (oder suchte) und stattdessen immer wieder zu Quer- und Rückpässen griff, mit denen sich die Mannschaft aber weitgehend seiner offensiven Stärken beraubt. Und selbst dort, beim sicheren Zirkulieren des Balles in der Abwehrkette, waren heute erstaunlich viele Unsicherheiten zu sehen - wenn man es im Fall von Bensebaini nicht sogar schlampig oder aufreizend arrogant nennen will, wie er sich teilweise mit Ball in Zweikämpfen präsentierte.
Es dauerte ironischerweise tatsächlich bis zum Kölner Führungstreffer, bis sich die Borussen im Spiel nach vorne wieder so bissig und zielstrebig zeigten, dass sie den Gegner richtig in Verlegenheit bringen konnten. Als ob ausgerechnet ein Gegentor und der Zwang, mehr machen zu müssen, einige Bremsen löste. Der Ausgleich war schön herausgespielt und verdient, danach schien das Momentum auf Gladbacher Seite zu sein, Köln hatte echte Schwierigkeiten, sich der beherzteren Angriffe der Gäste zu erwehren. Und in diese Phase hinein setzte Florian Neuhaus seinen Bock-Pass, der zum 2:1 führte und eigentlich schon der K.o. war, selbst wenn Borussia danach noch nennenswerte Torchancen erspielte.
Natürlich ist so was eine Katastrophe für das Spiel, für das damit den Bach runtergehende Derby. Und für den Spieler. Gerade eingewechselt, so einen Fehlpass zu fabrizieren, zumal, wenn man ohnehin unter besonderer Beobachtung steht. Das ist ein Tiefschlag.
Neuhaus weiß natürlich selbst, was er da für einen Geißbock geschossen und wie er seiner Mannschaft einen Bärendienst erwiesen hat. Es darf eigentlich nicht passieren, passiert aber doch immer wieder - weil da Menschen spielen und keine Computer.
In der Szene konnte man ahnen, dass er zwei Dinge im Kopf hatte, als er den Ball spielte: den langen Ball nach vorne und auch den sich aus der Abwehr lösenden Gladbacher, für den das Zuspiel aber viel zu kurz geraten war.
Aber solche Szenen ziehen sich bei Flo auch schon durch das gesamte Jahr. Denoch muss man bei aller berechtigter Kritik aufpassen, dass man ihn nicht weiter in eine Negativspirale reinredet oder ihn von außen aufs Unflätigste beschimpft, wie das in den sozialen Medien leider heute auch schon wieder ausgiebig passiert ist.
Was er fußballerisch kann, wissen wir alle. Bisher hat er in seinen Aktionen auf dem Platz - auch wenn die daneben gingen - selbst zumindest noch immer Selbstvertrauen ausgestrahlt. Wenn das aber flöten geht, hilft das keinem. Nicht ihm, nicht dem Team und auch nicht, falls jemand ihn aus seinem Vertrag herauskaufen und Borussia damit einen vernünftigen finanziellen Spielraum in Coronazeiten verschaffen würde. Im Moment ist daran ohnehin kaum zu denken.
Doch es geht an dieser Stelle nicht nur um Flo Neuhaus, denn aus verschiedensten Gründen haben die Auswechslungen zum wiederholten Mal nicht funktioniert. Hütter wechselt oft spät und oft nicht sein gesamtes Kontingent. Und wenn er es tut, dann verfehlt es oft seine Wirkung. Der Power-Boost bleibt aus. Thuram und Lainer konnten heute keine Impulse setzen, was nicht verwundert, sie sind noch lange nicht wieder bei 100 Prozent. Neuhaus hatten wir schon. Das bedeutet, einzig Luca Netz hielt von den frischen Spielern halbwegs die Qualität des heute aber auch etwas überspielt wirkenden Joe Scally.
Es ist zu hoffen, dass sich die Verletztenliste bald weiter reduziert und die Genesenen sich schnell wieder in Topform bringen können. Denn ein Spiel wie gegen kampfstarke Kölner erwartet die Mannschaft auch in den restlichen Spielen bis zur Winterpause: gegen Freiburg, Leipzig, Frankfurt und Hoffenheim.
So, für heute reicht es mir. Es gab zwar schon Derbypleiten, die mich deutlich mehr aufgeregt haben. Aber das Spiel heute hat einmal mehr gezeigt: die Unsicherheit bleibt. Wir können weiterhin nicht einschätzen, wie der Weg der Borussia mittelfristig weitergeht. Das Team kann die besten Mannschaften auseinandernehmen und es kann auch gegen grottenschlechte locker verlieren. Und auch dazwischen gibt es viel Streuung. Bei Spielen auf Augenhöhe - wie heute - hängt es von vielen Kleinigkeiten, manchmal Zufällen ab. Das haben Stindl und Co. zuletzt zwar oft gut hinbekommen. Insofern ist das heute ein Rückschlag, aber sicher kein Untergang. Denn dass das Pendel sich in engen Spielen nicht immer zu unserer Seite neigt, ist ja auch klar.
Doch ob der Werkzeugkasten von Adi Hütter derzeit ausreicht, um die Stabilität in die Leistungen zu bringen, die es braucht, um Anschluss an die oberen Tabellenplätze zu halten, wenn man sich mal rangekämpft hat, das wissen wir nicht. Borussia bleibt eine Wundertüte. Das heute war ein blaues Wunder. Hoffentlich eins mit weiterem Lerneffekt für alle.
P.S. Dass der Schiedsrichter heute auch ein rot-weißes Leibchen hätte tragen können, so einseitig, wie er die Regeln für Köln auslegte, ist noch eine andere Geschichte. Aber an Robert Schröder lag es nicht, dass das Spiel verloren ging. Und ich habe deshalb auch keine Lust, mich heute damit noch groß aufzuhalten. Ärgerlich war es dennoch.
Bundesliga, 13. Spieltag: 1. FC K*** - Borussia Mönchengladbach 4:1. Tor für Borussia: 1:1 Hofmann.
Saisonspende: Eine bittere Klatsche und nur ein Euro Spende dazu: Neuer Zwischenstand sind 68 Euro.
Folgendes gilt für die Saison 2021/22: Ich spende am Ende der Saison einen Betrag X für einen (oder mehrere) gute(n) Zweck(e), auf den/die ich mich später festlege. Die Spendensumme setzt sich wie folgt zusammen: Jedes erzielte Tor von Borussia in Bundesliga oder DFB-Pokal: 1 Euro. Jedes Tor von Tony Jantschke: 10 Euro. Platzverweis von Max Eberl: 2,50 Euro. Gehaltener Elfmeter von Yann Sommer (oder einem Ersatzmann): 2,50 Euro; Zu-Null-Spiel: 1 Euro. Derbysieg gegen K***: 5 Euro. Siege gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig: 10 Euro. Ein Sieg in Freiburg oder Wolfsburg: 10 Euro. Internationaler Startplatz am Saisonende: 20 Euro. Deutsche Meisterschaft: 121 Euro. DFB-Pokalsieg: 50 Euro. Gladbacher Torschützenkönig: 30 Euro.
Ohne den kapitalen Fehler von Neehaus hätte die Borussia mindestens einen Punkt geholt, das ist die Wahrheit und basta.
AntwortenLöschenAlles andere können wir uns sparen,
beste Grüße
Peater